Benutzer:Freikolben/Freikolben-Lineargenerator

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Der Freikolben-Lineargenerator (auch Freikolbenlineargenerator, kurz FKLG, englisch Free Piston Linear Generator, FPLG) ist eine Freikolbenmaschine, an der mit Stand 2015 geforscht und entwickelt wird. Die Maschine dient dazu, die in einem Kraftstoff chemisch gebundene Energie in elektrische Energie zu wandeln.

Grundprinzip Freikolben-Lineargenerator (schematische Darstellung des DLR)
Funktionsdemonstrator des Freikolben-Lineargenerators für den Proof of Concept (Versuchsaufbau beim DLR in Stuttgart)

Begriffliche Einordnung und Abgrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Freikolben-Lineargenerator ist der Gruppe der Freikolbengeneratoren zuzurechnen, die wiederum in die Klasse der Freikolbenmaschinen fällt. Der Begriff des Freikolbenlineargenerators wurde seit Anfang der 2000er Jahre insbesondere vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geprägt, welches einen großen Anteil der entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im deutschsprachigen Raum erbringt. Gemäß der Begriffsverwendung des DLR wird eine Freikolbenmaschine dann Freikolbenlineargenerator bezeichnet, wenn sie folgende Teilsysteme aufweist[1][2]:

  1. Einen Brennraum (oder mehrere) mit innerer Verbrennung in Einzel- oder Gegenkolbenbauweise
  2. Einen elektrischen Lineargenerator (oder mehrere)
  3. Eine Rückfedereinheit (oder mehrere), die typischerweise als Gasfeder ausgeführt ist.

Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufbau und Funktionsweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Freikolben-Lineargenerator besteht aus den drei Teilsystemen Verbrennungsteil, Lineargenerator und Gasfeder. Diese sind über eine in sich starre Kolben-Läufer-Einheit miteinander verkoppelt. Diese Kolbeneinheit schwingt zwischen zwei Gaspolstern, die sich im Verbrennungsteil bzw. in der Gasfeder aufbauen. Im Verbrennungszylinder wird ein Kraftstoff-Luft-Gemisch gezündet, sodass der Druck ansteigt und die Kolbeneinheit in Richtung der Gasfeder beschleunigt. Dadurch wird das Gas im Gasfederzylinder komprimiert, sodass der Druck im Gasfederzylinder ansteigt. Die Kolbeneinheit wird zunächst verzögert und dann zurück in Richtung des Verbrennungszylinders beschleunigt. Während des Umkehrvorgangs erfolgt im Verbrennungszylinder der Ladungswechsel, d.h. das Abgas wird durch Frischladung verdrängt. Danach beginnt der Prozess von neuem. Während jeder Bewegung der Kolbeneinheit entnimmt der Lineargenerator dem System kinetische Energie und wandelt diese in elektrische Energie. Damit dies sowohl während der Expansion als auch während der Kompression (auf Seiten des Verbrennungsteils) geschehen kann, wird ein Teil der Energie als potenzielle Energie in der Gasfeder zwischengespeichert.

Varianten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die meisten Anwendungen, insbesondere Anwendungen im Kraftfahrzeug, sind aus Gründen des Massenausgleichs zwei gegenläufige Kolbeneinheiten zu verwenden und über eine entsprechende Regelung zu synchronisieren. Im einfachsten Fall wird dabei eine zweite Einheit spiegelbildlich aufgebaut, die keinerlei funktionale Verbindung zur ersten hat. Alternativ können Funktionsräume der beiden Gasfedern oder der beiden Verbrennungsteile zusammengelegt werden. Im Falle von zwei Kolbeneinheiten mit gemeinsamem Verbrennungsteil entsteht dann ein Gegenkolbensystem, welches wiederum die Möglichkeiten zum Ladungswechsel einschränkt. Anstelle einer Ventilsteuerung ist dann ausschließlich eine Schlitzsteuerung möglich.

Weiterhin ergeben sich alternative Anordnungen des Gesamtsystems durch Variation des Lineargenerators. Dieser kann beispielsweise rund oder flach ausgeführt werden.

Hinsichtlich des Verbrennungsteils ist grundsätzlich sowohl ein Betrieb im Zweitaktverfahren als auch im Viertaktverfahren denkbar. Letzteres erfordert allerdings einen deutlich höheren Aufwand zur Zwischenspeicherung der Energie nach dem Arbeitstakt bzw. zur Beschleunigung der Kolbeneinheit in den Takten „Ansaugen“ und „Verdichten“. In aktuellen Forschungsprojekten wird deshalb der Zweitaktprozess favorisiert. Auch hinsichtlich des Brennverfahrens sind mehrere Varianten denkbar:

  • Fremdzündung (Otto)
  • Selbstzündung (Diesel)
  • Homogene Kompressionszündung („HCCI“)

Stand der Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Freikolbenmotoren, die in ihrem Aufbau den oben genannten Kriterien entsprechen, sind unter verschiedenen Bezeichnungen aus mehreren Forschungs- und Entwicklungsprojekten bekannt[3][4][5]:

  • Jarret, Frankreich, 1971
  • Free Piston Engine, Van Blarigan, Sandia National Laboratory, seit 1995
  • Free-Piston Engine Project, Sir Joseph Swan Institute for Energy Research, Newcastle, GB, 1999
  • Freikolben-Lineargenerator, DLR, seit 2002
  • Internal Combustion Linear Generator Integrated power System, Xu, Nanjing, China, 2010
  • Active Crank Train Free Piston Engine, University of Lincoln / Lotus Engineering, GB, 2012
  • Free Piston Engine Linear Generator “FPEG”, Toyota Central R&D, Japan, 2014

Im Februar 2013 erbrachte das DLR weltweit erstmalig den “Proof of Concept” (Funktionsnachweis) auf seinen Prüfständen in Stuttgart. Dabei wurde erstmals ein System der betrachteten Bauweise erfolgreich in Betrieb genommen[6][7]. Bei den ersten Versuchen konnte aus dem Einzelkolbensystem eine elektrische Leistung von 8 kW entnommen werden. Toyota Central R&D veröffentlichte im April 2014 ebenfalls die Inbetriebnahme des ersten „FPEG“[8], wohingegen ein Großteil der sonstigen weltweiten Projekte sich auf Simulationen oder einzelne Hardwareaspekte beschränkte und kein Gesamtsystem in Betrieb nehmen konnte.

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit Stand 2015 wird aufgrund des aktuellen Entwicklungsstadiums noch kein Freikolben-Lineargenerator in einer Produktivanwendung eingesetzt. Zukünftige Anwendungsszenarien erstrecken sich jedoch beispielsweise auf folgende Bereiche:

  • Antrieb von Straßenfahrzeugen (PKW, LKW, Busse usw.). Die gesamte Antriebsstrangtopologie wird dabei als „Range Extended Electric Vehicle (REEV)“, „Serial Hybrid Vehicle“ (SHEV) oder „Free Piston Electric Vehicle“ (FPEV) bezeichnet. Der Frei-Kolben-Lineargenerator erzeugt dabei die gesamte oder einen Teil der elektrischen Energie, die zur Versorgung der elektrischen Traktionsmotoren benötigt wird.
  • Antrieb von Schienenfahrzeugen. Die Funktionsweise des Antriebsstrangs entspricht dabei den heute verbreiteten diesel-elektrischen Lokomotiven, wobei die Verbrennungsmotor und Generator durch einen oder mehrere Freikolben-Lineargeneratoren ersetzt werden.
  • Antrieb von Schiffen. Die Funktionsweise des Antriebs entspricht dabei den bekannten diesel-elektrischen Schiffsantrieben, wobei die Verbrennungsmotor und Generator durch einen oder mehrere Freikolben-Lineargeneratoren ersetzt werden.
  • Stationäre Energieversorgung, insbesondere zur Bereitstellung von Regelenergie und Abdeckung der Spitzenlast
  • Kraft-Wärme-Kopplung in Blockheizkraftwerken
  • Mobile und stationäre (Not-)Stromversorgung, beispielsweise in Krankenhäusern, Katastrophengebieten oder auf Großveranstaltungen
  • Hilfsenergieversorgung (Auxiliary Power Unit, APU) für Verkehrsflugzeuge oder LKW

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sven-Erik Pohl: Der Freikolbenlineargenerator - Theroretische Betrachtungen des Gesamtsystems und experimentelle Untersuchungen zum Teilsystem der Gasfeder, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg, 2007
  2. Cornelius Ferrari: Entwicklung und Untersuchung eines Freikolbenlineargenerators unter besonderer Berücksichtigung des verbrennungsmotorischen Teilsystems mit Hilfe eines neuartigen vollvariablen Prüfstands, Universität Stuttgart, Stuttgart, 2012
  3. Florian Kock: Steuerung und Regelung des Freikolbenlineargenerators - Entwicklungsmethode und Regelungskonzept für den Betrieb eines neuartigen Energiewandlers, Universität Stuttgart, Stuttgart, 2015
  4. R. Mikalsen, A. P. Roskilly: A review of free-piston engine history and applications, Applied Thermal Engineering, 2007, 27, 2339-2352
  5. H. Kosaka, T. Akita, K. Moriya, S. Goto et al.: Development of Free Piston Engine Linear Generator System Part 1 - Investigation of Fundamental Characteristics, SAE World Congress 2014, SAE World Congress 2014
  6. Florian Kock, Alex Heron, Frank Rinderknecht, Horst E. Friedrich: Der Freikolbenlineargenerator - Potenziale und Herausforderungen, Motortechnische Zeitschrift mtz, 10/2013
  7. Denise Nüssle, Horst E. Friedrich: DLR-Forscher stellen neuartigen Range-Extender für Elektroautos vor, DLR Presse Portal, Meldung vom 19.02.2013, abgerufen am 08.05.2015
  8. H. Kosaka, T. Akita, K. Moriya, S. Goto et al.: Development of Free Piston Engine Linear Generator System Part 1 - Investigation of Fundamental Characteristics, SAE World Congress 2014, SAE World Congress 2014