Benutzer:Funck77/Allegorie

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Allegory on the State of Berne, Joseph Werner, 1682

Die Allegorie 1682.

In den Jahren 1679 bis 1683 wurde die Burgerstube im Rathaus erneuert. Hauptsächliche Neuerungen waren immobile, gepolsterte Bänke für die Mitglieder des Grossen Rates, der neue Schultheissenthron und eine dem Thron gegenüberliegende Portalädikula. Die Umgestaltung der Burgerstube liess den Berner Maler Joseph Werner Augsburg verlassen und in seine Geburtsstadt zurückkehren.

Werner führte für die Obrigkeit 1683 zwei Allegorien auf die Stadt Bern und die Weisheit aus. Das grössere, hauptsächliche Bild mit der allegorischen Darstellung Berns zeigt eine für Bern völlig neue allegorische Bildsprache auf höchstem künstlerischem Niveau. Aus heutiger Sicht erkennen wir darin exakt das absolutistische bernische Staatswesen, wie es sich im 18. Jahrhundert herausgebildet hat, quasi den Paukenschlag zum Staadtstaat, der mit seiner fast zeitgleichen Souveränitätserklärung den Grossen Rat direkt den der göttlichen Macht unterstellte. Das Bild wurde von der Vennerkammer jedoch nicht ohne weiteres hingenommen. Jürgen Glaesemer hat in seiner Monographie über Joseph Werner bereits darauf hingewiesen.

Hans Christoph von Tavel hat 1995 die Umstände dieses Auftrages kontextualisiert und näher erörtert. Der Seckelschreiber hielt am 15. Mai 1683 im Manual der Vennerkammer fest, ihm sei befohlen worden, mit Werner «zu reden, und demselben anzudeuten, dass Me[ine] h[och]g[eehrten] H[erren] dafür hallten, dass Er sich mit 50 Duplonen anstatt 70 so geforderet, wohl werde contentiren können, und die antwort zu referiren.» Die bernischen Machthaber wurden durch die in anderen Ländern längst verbreitete Stilsprache offensichtlich nicht angesprochen. Die Vennerkammer drückte den Preis der beiden Bilder um fast einen Drittel. Der Seckelschreiber erhielt den Auftrag zur Aussprache im Mai, die Zahlung an Werner erfolgte jedoch erst im September. Da wurde zweifelsohne gestritten. Die Details sind nicht bekannt, möglicherweise störten sich die Auftraggeber an der fehlenden Souveränitätskrone oder der vielen nackten Haut. Die Obrigkeit monierte in der Reformationszeit auch schon fehlende Krallen an den Füssen des Wappentiers . Joseph Werner erhielt in den kommenden Jahren jedenfalls vorerst keine Aufträge mehr. Möglicherweise lag es auch am hochmütigen Gebaren Werners, welches er nach Wilhelm Stettler an den Tag legte. Werners Karriere verlief nicht gradlinig, sondern in Aufstiegen und Abstürzen. Joseph Werners Allegorie auf den Staat Bern darf nicht ohne weiteres als Beispiel staatlicher Selbstdarstellung genommen werden. Allegorien auf Bern waren beim Rat immer wieder schwer zu vermitteln. Dies musste Jacques Sablet (1749–1803) beinahe hundert Jahre später nochmals erfahren.

Sein Lehrer Joseph Werner war mit der Augsburgerin Anna Mayr verheiratet und verbrachte dort 13 Jahre seines Lebens.

Als 1707 mit dem Tod Maries von Nemours das Haus Longueville – und damit das Fürstengeschlecht Neuenburgs – erlosch, stellten der preussische König Friedrich I. und verschiedene französische Prätendenten Thronfolgeansprüche. Der neuenburgische Erbfolgestreit war ausgebrochen. Dem bernischen Venner und Gesandten Johann Friedrich Willading gelang es indes, nachdem sich für kurze Zeit bernische und französische Truppen an der Grenze Neuenburgs gegenüber gestanden hatten, durch diplomatisches Geschick zu erreichen, dass Frankreich den von der neuenburgischen Ständeversammlung beschlossenen Übergang des Fürstentums an das protestantische Preussen akzeptierte. Damit sicherte Bern die Anbindung Neuenburgs an die Eidgenossenschaft, wie dies früher auch im Falle Genfs und der Waadt der Fall war. Aus diesem besonderen Anlass beschloss der bernische Rat im August 1707, «zu handen des hochen stands ein anständiges schenk- und gnadenpfennig präg machen zelassen».

Die Vennerkammer erteilte diesen Auftrag den beiden aus Basel stammenden Herren Justin de Beyer und Johann Rudolf Huber: «so fürderlich möglich mit Herrn de Payer, dem pitschiergraber, des verlangenden prägs halber, so er nach mit kommenden Herrn Hubers zeichnungen fleissig einzerichten haben wird, bestens ze accordieren [...].» Leider hat Huber diesen Entwurf in seinem Register nicht verzeichnet. Die Vorderseite des «Schenk- und Gnadenpfennigs» zeigt eine vierfigurige Allegorie auf die Staatskunst und die Glaubenstreue (Abb. 89). Der Abschnitt der Vorderseite trägt folgenden Hexameter als Inschrift: ARCTA FIDES VIRTVS / CONSTANS FVLCIMINA / PACIS / MDCCVIII» (Gezügelte Tapferkeit und beständiger Glaube sind die Säulen des Friedens, 1708). Die Rückseite zeigt einen Berner Wappenschild in einer Blatt- und Rollwerkkartusche, der von zwei Bären flankiert wird. Am unteren Rand der Medaille hat de Beyer seine Signatur angebracht: «DE BEY / ER FEC[it]».

Viele kompositorische Elemente der Verdienstmedaille erinnern an Joseph Werners grosse Staatsallegorie aus dem Jahre 1683: Werner stellt Berna (Athene) in einem ähnlichen Prunkharnisch dar wie Virtus und Fides. Die Federn sind als Kopfputz auch für Berna ein sehr deutliches Element der Bekleidung. Ein geharnischter Bär als Hellebardier, wie er auf der Rückseite der Verdienstmedaille neben dem Bär mit Zweihänder als Schildhalter vorkommt, finden wir in Werners Allegorie als Beschützer der Berna. Der Pileus wird Berna durch Felicitas gereicht.

  • Jürgen Glaesemer: Joseph Werner 1637-1710. Ein Beitrag zur Geschichte der Barockmalerei. Schweizerisches Institut f. Kunstwiss., Zürich 1974, ISBN 3-7913-0070-9.
  • André Holenstein (Hrsg.): Berns mächtige Zeit. Das 16. und 17. Jahrhundert neu entdeckt. Bern 2006.
  • Manuel Kehrli: Vier (fünf) Helden - die Berner "Zwölfergeneräle" und ihre Rezeption in der bildenden Kunst, In: Der Geschichtsfreund, Bd. 166 (2013), S. 89-104.
  • Thomas Maissen
  • Hans Christoph von Tavel: Zur Selbstdarstellung des Standes Bern im 17. Jahrhundert, in: Im Schatten des goldenen Zeitalters. Künstler und Auftraggeber im bernischen 17. Jahrhundert, Bd. I [Essays zur Ausstellung im Kunstmuseum Bern, 1995], hrsg. von Georges Herzog, Elisabeth Ryter et al., Bern: Kunstmuseum Bern 1995, S. 293–304.