Benutzer:Gamma/Wissenschaft und Enzyklopädie
Wissenschaft und Enzyklopädie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Verhältnis zwischen „Wissenschaft“ und dem Erstellen einer Enzyklopädie wird in der Praxis der Wikipedia auf eine ganze Reihe von unterschiedlichen Arten interpretiert. Da nicht alle Interpretationen explizit gemacht werden, ergibt sich daraus in mehrfacher Weise ein großes Konfliktpotential zwischen den Autoren. Hier ein Versuch in diese Zusammenhänge etwas mehr Transparenz hineinzubringen.
Wissenschaft allgemein
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sogar die aktuelle Definition von Wikipedia: „Wissenschaft ist der Erwerb von neuem Wissen durch Forschung, seine Weitergabe durch Lehre, der gesellschaftliche, historische und institutionelle Rahmen, in dem dies organisiert betrieben wird, sowie die Gesamtheit des so erworbenen menschlichen Wissens.“ Geht weit über das hinaus, was viele sich unter Wissenschaft vorstellen. So sind auch zentralasiatische Schamanen, babylonische Astrologen, mittelalterlichere Handwerker, theosophische Spiritisten und Maler der Renaissance allesamt Wissenschaftler und werden in seriösen Lexika in den meisten Fällen auch so bezeichnet. Also Wissenschaft auch als intuitives Wissen des Künstlers, als tranzendentes Wissen, als praktisches Erfahrungswissen, usw.
1.Einschränkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wissenschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dieser weite Begriff von Wissenschaft hat sich in den letzten 200-300 Jahren in den meisten Lehren und wissenschaftstheoretischen Ansätzen deutlich eingeschränkt. Wesentliche Charakterisierungen, die heute im Zusammenhang mit dem Begriff Wissenschaft, bzw. den meisten Wissenschaften üblich sind, sind: intersubjektive (messbare) Überprüfbarkeit, Mathematisierung (der Theorie), Reduktion (der Theorie), Allgemeingültigkeitsanspruch und ein paar mehr. Es ist klar, dass die Wissensformen der Schamanen oder der Spiritisten diesen Filter nicht mehr passieren. Dies ist aber keine Aussage über die Güte, die Sinnhaftigkeit oder den Wahrheitswert dieser Wissensformen. Es ist eben nur die Tatsache wichtig, dass der Begriff des Wissens und ebenso der Wissenschaft eingeschränkt wurde.
Enzyklopädie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine ganz ähnliche Einschränkung existiert für die Abbildung von Wissens und Wissenschaft in einer Enzyklopädie. So ist der Anspruch zwar oft „die Abbildung des Wissens der Welt“ oder ähnlich pathetisch, aber Fakt ist, dass durch die Struktur und andere Vorgaben nur ein sehr begrenzter Teil des Wissens überhaupt Eingang in eine Enzyklopädie finden kann. Diese Einschränkungen sind für die Wikipedia hauptsächlich in WP:WWNI, in WP:Q, in der Forderung der intersubjektiven Überprüfbarkeit des Wissens und natürlich in der sprachlich-logischen Darlegung zusammengefasst. Dabei ist es ein metaphysischer im Sinne von unhintergehbarer Glaube, dass das in WP:Q angegebenen Wissens richtig und nützlich ist. Es existiert also keine logische und kritisch-rationale Argumentation, die die Literatur aus den Bibliotheken der Universitäten als „bessere“ Wissensquellen verteidigen kann als beispielsweise die Meditation oder die heilige Schriften der Religionen. Klar ist aber, dass durch diese Einschränkungen wesentliche Wissensformen keinen Eingang in die Darstellung in einer Enzyklopädie wie der Wikipedia finden können. Das ist kein Urteil, sondern eine Tatsache.
2. Einschränkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wissenschaft ist ergebnisoffen. Das bedeutet, dass im Idealfall keine metaphysischen Voraussetzungen die wissenschaftliche Praxis behindern. Jede Untersuchung beginnt bei Null und kann bei einem beliebigen Ergebnis und einer beliebigen Interpretation enden. Die betrachteten Hypothesen und Theorien sind dagegen immer an ein bestimmtes Welt- oder Menschenbild gebunden.
Wissenschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nun haben verschiedenen Einflüsse wie gesellschaftliche (wirtschaftliche, politische und kulturelle) Zwänge wie auch Bedürfnisse der Menschen wie die nach Sicherheit und Bequemlichkeit in den letzten Jahrhunderten die ergebnisoffenen Instrumente der Wissenschaft dazu geführt, dass die Theorien immer materialistischer, reduktionistischer und naturalistischer interpretiert wurden. Hinzu kommt auch eine strukturelle Affinität zwischen einer (materiellen) Überprüfbarkeit und (mentalen) Theoretisierung. (Niemand kommt im Gegensatz dazu auf die Idee Emotionen, die auch ein Teil des Geistes sind, materiell zu überprüfen). Im Lauf der Zeit ist also „Wissenschaft“ für viele gleichbedeutend mit einer materialistischen Interpretation der Welt und jede idealistische oder transzendente Interpretation gilt als „nicht-wissenschaftlich“. Das trifft allerdings meist nur auf diejenigen zu, die noch nie eine philosophische Fakultät von innen gesehen haben, aber es gibt auch prominente Ausnahmen – bis heute.
Enzyklopädie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Diese 2. Einschränkung von Wissen schlägt sich besonders auch in der Wikipedia nieder. Das hängt vermutlich stark mit der demoskopischen Struktur der Mitarbeiter zusammen, die dieser materialistischen, reduktionistischen und naturalistischen Interpretation deutlich stärker zugeneigt scheint als die Gesamtbevölkerung. Der Effekt für die Enzyklopädie ist folgender: Wissensformen, die nicht in diese zweite Einschränkung „passen“ werden entweder gar nicht wahrgenommen (also nicht dargestellt ->SLA), oder sie werden verstärkt oder sogar ausschließlich in einem materialistischen Zusammenhang interpretiert. Während sie 1. Einschränkung weitgehend zwingend ist für eine sprachliche Darstellung in einer Enzyklopädie ist diese 2. Einschränkung nicht nur unsinnig und verfälschend, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes unwissenschaftlich, da voreingenommen.
Fazit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Will man Wissen möglichst breit, neutral und objektiv darstellen, dann ist es erstens nötig die 1. Einschränkung in Artikel zu Themen, die diese nicht „passieren“ transparent zu machen. Das bedeutet konkret z.B. handwerkliches oder astrologisches Wissen als solches (d.h. mit Standortbezeichnung) und ohne eine weitere Interpretation darzustellen, soweit dies möglich ist. Wo es sinnvoll ist, muss natürlich auch erwähnt werden, dass dieses Wissen im heutigen Wissenschaftsbetrieb, also nach er 1. Einschränkung, nicht weiterverfolgt und reflektiert wird.
Und natürlich darf man in einer seriösen Enzyklopädie und äquivalent natürlich auch in der seriösen Wissenschaft nicht der zweiten Einschränkung folgen. Andersrum ist es natürlich auch unsinnig naturwissenschaftliche Themen idealistisch zu interpretieren! Ich würde aber sogar soweit gehen, in vielen Artikeln über naturwissenschaftliche Themen an verschiedenen Stellen eine Formulierung wie „Wissenschaftler glauben…“ oder besser „Teilchenphysiker nehmen an…“ einzufügen, um die Relativität der Wissensform transparenter zu machen.