Benutzer:GerhardSchuhmacher/Lit.Werke

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[[Datei:Benediktinerabtei Kreuzgang Schaffhausen110515.JPG|mini|Kreuzgang im Kloster Allerheiligen]] Das '''Schaffhauser Stifterbuch''' umfasst die Darstellung der Geschichte des [[Kloster Allerheiligen (Schweiz)|Klosters Allerheiligen]] in [[Schaffhausen]] (Schweiz) in der Zeitspanne von der Gründung 1049 bis zum Ende der Herrschaft der [[Grafen von Nellenburg]] 1105. Das Stifterbuch liegt in drei Handschriften des 14./15. Jahrhunderts vor sowie in einigen kürzeren, jüngeren Abschriften. Das Original ist nicht erhalten. Das Leben des Stifters und Erbauers des Klosters, Graf [[Eberhard VI. von Nellenburg|Eberhard von Nellenburg]], steht im Mittelpunkt der Überlieferung, die zeitgemäß göttliche Fügungen, Wunder und eine dementsprechende Lebensweise betont, doch auch persönliche und politische Konflikte beschreibt und dem Historiker eine Vielfalt an Informationen gibt. Nach Auffassung des aktuellen Editors, ''Heinz Gallmann'', „will das Stifterbuch nicht Geschichtsquelle sein, sondern erhebt literarischen Anspruch“, doch erweist sich „die Schilderung der historischen und politischen Hintergründe als zuverlässig.“<ref>Heinz Gallmann: ''Das Schaffhauser Stifterbuch. Legende um Stifter und Stiftung des Klosters Allerheiligen'', Universitätsverlag Konstanz (UVK), Konstanz 1995, S. 20.</ref> == Hinweise auf Quellen == Die inhaltlichen Schichtungen der Handschriften lassen erkennen, dass sie sich auf ein Original bezogen: ;Deutsche und Lateinische Vorlagen * Die älteste ''Handschrift A'' ist sprachlich „nicht einheitlich, ältere Formen stehen neben neueren; die Hs. erweist sich demnach als Abschrift einer deutschen Vorlage […] die sprachliche Analyse läßt als gesichert annehmen, daß sie [die Hs. A] um 1350 entstanden ist, auch wenn das Wasserzeichen auf eine Erstehung erst gegen 1380 zu weisen scheint.“<ref>Heinz Gallmann: ''Das Schaffhauser Stifterbuch'', Universitätsverlag Konstanz (UVK), Konstanz 1995, S. 20.</ref> {{Zitat|Als älteste Handschrift und Ausgangspunkt der Überlieferung (Archetypus) ist eine deutsche Handschrift aus dem frühen 14. Jahrhundert anzunehmen, die sich wahrscheinlich in freier Bearbeitung auf eine oder mehrere lateinische Quellen stützte. […] Es konnte dies aber nicht ein lateinisches Original des Stifterbuchs sein.|H. Gallmann: ''Das Schaffhauser Stifterbuch'', UVK, Konstanz 1995, S. 19.}} * Was dem Verfasser der ''Handschrift B'' neben der Hs. A vermutlich vorlag, ist eine Quelle, die vom Leben Eberhards und von Wundern zu seinen Lebzeiten berichtete. Im Schreibvermerk wird auf einen lateinischen Quellentext hingewiesen – „alli die nit latin verstond, die dis buoch lesind oder hortind lesen“ –, eine Quelle, die wahrscheinlich 1438 noch vorhanden war.<ref>H. Gallmann: ''Schaffhauser Stifterbuch'', Konstanz 1995, S. 19 f.</ref> * Die 1467 entstandene ''Handschrift C'' von Hans Trechsel in Schaffhausen ... {{Zitat|... weist gegenüber den beiden anderen Handschriften deutliche Unterschiede auf. Beträchtliche inhaltliche Abweichungen [… sind] wahrscheinlich vom Schreiber der Hs. C nach mündlicher Überlieferung eingefügt [worden], da es sich sprachlich, lexikalisch und syntaktisch vom übrigen Text unterscheidet. Die Verkürzungen und die Stellen, wo Trechsel seine Vorlage falsch las, geben Grund zur Annahme, daß seine Vorlage beschädigt war. Damit kommen sowohl die Hs. A als auch die Hs. B als Vorlage nicht in Frage. […] Sprachlich hat H. C ältere Bestandteile als Hs. B, ja als Hs. A. Deshalb ist für Hs. C eine Vorlage anzunehmen, die nur das Stifterbuch enthielt und älter war als Hs. A […] Es kann dies das Original gewesen sein.|H. Gallmann: ''Schaffhauser Stifterbuch'', 1995, S. 21 und 24.}} Fazit: das Schafhauser Stifterbuch ist in der in den drei Handschriften überlieferten Form um 1300 wohl im Kloster Allerheiligen in deutscher Sprache entstanden.<ref>H. Gallmann: ''Schaffhauser Stifterbuch'', 1995, S. 24.</ref> [[Datei:Schaffhausen - Kloster Allerheiligen - Kreuzgang 2010-06-24 17-07-00 ShiftN.jpg|mini|Vorhalle des Münsters im Kloster]] === Die Handschriften === * Die ''Handschrift A'' ist Teil eines „prachtvollen Codex [… der] in der [[Reformationszeit]] in Privathände gelangte [… und] später der Bibliothek von [[Aegidius Tschudi]] an(gehörte)“. Mit seinem Nachlass kam das Werk in die [[Stiftsbibliothek St. Gallen]] (Cod. 604). Die Annahme, dass die Schrift im Kloster Allerheiligen entstand, „wird gestützt durch das Fehlen eines Schreibervermerks. […] Das Stifterbuch ist auf den Seiten 3 - 43 dieses Bandes von Papierhandschriften zu finden.“ <ref>H. Gallmann: ''Schaffhauser Stifterbuch'', 1995, S. 15 f.</ref> * Aus dem Schreibervermerk des Codex mit der ''Handschrift B'' geht hervor, dass er „1438 in Schaffhausen vom [[Franziskaner in Deutschland|Franziskanerbruder]] Heinrich von Hüffingen, genannt Zaffrer, geschrieben“ wurde. Er ist eine Abschrift der ''Handschrift A''. In der Reformationszeit gelangte er ebenfalls in Privathand und gehört jetzt „der [[Kantonsbibliothek Thurgau|Thurgauischen Kantonsbibliothek Frauenfeld]]. Die Initialien des schön geschriebenen Codex sind reich mit Rankenwerk verziert.“<ref>H. Gallmann: ''Schaffhauser Stifterbuch'', 1995, S. 15 und 19. In der Bibliothek: Manuscriptband Y 146.</ref> * Die ''Handschrift C'' von 1467 ist eine Abschrift einer älteren Vorlage als Hs. A und Hs. B: Bei deren Kenntnis, – so Gallmann – hätte Trechsel „wohl [auch] Interesse an den dem Stifterbuch [in A und B] folgenden Legenden gehabt.“ Die Handschrift im Umfang von 78 Seiten „befindet sich mit Signatur Allerheiligen F 2 im [[Staatsarchiv Schaffhausen]].“<ref>H. Gallmann: ''Schaffhauser Stifterbuch'', 1995, S. 15 f.</ref> === Editionen === * [[Franz Joseph Mone]] nahm die ''Handschrift A'' in seine 1848 erschienene ''Quellensammlung der badischen Landesgeschichte'' auf, „wobei die Lesarten der anderen zwei Handschriften z.T. im Apparat angemerkt wurden.“ * [[Karl Schib]] gab das ''Buch der Stifter des Klosters Allerheiligen'' als schmale Beilage 1933/34 der [[Kantonsschule Schaffhausen]] mit dem Text der ''Handschrift A'' neu heraus. „Einige Varianten aus den Handschriften B und C wurden hinter dem Text angemerkt.“ * „Heinz Gallmann unternahm mit dem ''Stifterbuch des Klosters Allerheiligen zu Schaffhausen'' 1993 eine kritische Neuedition unter Erfassung aller drei Handschriften, deren Bestand in lexikalischer und sprachlicher Hinsicht ausgewertet wurde.“<ref group="Anm">H. Gallmann, Berlin 1993: siehe Literaturliste. Die Angaben hier im Artikel beziehen sich auf die Ausgabe „in übersichtlicher Weise“ in: Gallmann, Konstanz 1995. Zitate im Kapitel, S. 27 f.</ref> == Inhalt == Berichtet wird von der Klostergründung, ihrer Vorgeschichte und dem weltlichen und geistlichen Leben des Gründers, Eberhard von Nellenburg, als auch von „der Reform und dem raschen Aufschwung des Klosters zur Zeit Graf Burkhards von Nellenburg [Sohn und Nachfolger Eberhards]. Das Stifterbuch schließt mit der Weihe des [[Kloster_Allerheiligen (Schweiz)#MünsterkircheSchaffhauser|Münsters]] und dem Tod der Gräfin Ita, der Witwe Eberhards.“ ''Heinz Gallmann'': „Die Zeit, mit der sich das Stifterbuch beschäftigt, ist in ihren wichtigsten Daten gut belegt.“<ref>H. Gallmann: ''Schaffhauser Stifterbuch'', 1995, S. 85.</ref> Sprachlich wertet Gallmann insbesondere „die Übergangszeit von der spätmittelhochdeutschen zur frühneuhochdeutschen Sprachstufe im Spannungsfeld zwischen dem Schwäbischen und Alemannischen.“<ref>Gallmann: ''Stifterbuch'', 1995, S. 9f.</ref> [[Datei:Wappenscheibe Nellenburg Museum SH.jpg|mini|Nellenburger Wappenscheibe im Museum zu Allerheiligen]] === Die Nellenburger Grafenfamilie === Der familiäre Bericht setzt ein mit den Eltern Eberhards, dem [[Eberhardinger|Graf Eppo]] als einem „hohen Grafen im Schwabenland“ und seiner Frau Hedwig, Nichte des [[Heinrich II. (HRR)|Kaisers Heinrich II.]]. Bereits hier wird der Zwiespalt einer Ausrichtung von Lebensweise an „weltliche Ehre und Ruhm“ oder „nach Gottes Willen“ thematisiert. Dieser scheinbare Widerspruch wird dann zum Lobe [[Eberhard VI. von Nellenburg|Eberhards des VI.]] [im Stifterbuch „Graf Eberhard“) harmonisiert, dessen christliche Tugenden früh zum Vorschein gekommen sein sollen. Dennoch wird er hervorgehoben als „an Adel und Reichtum“ kaum vergleichbar: „Im ganzen Schwabenland war sein Name wohlbekannt, denn vor Kaisern und Königen wurde er sehr oft deshalb erwähnt.“ (Versprolog). Dass die Klostergründung in Schaffhausen nicht nur eine göttliche Diensterweisung bedeutete, sondern auch in des Grafen Machtstreben und in wirtschaftlichen Interessen gründete, war im 11. Jahrhundert kaum zu reflektieren und auch in der Entstehungszeit der Handschriften im 15. Jahrhundert allenfalls in Ansätzen zu beschreiben. == Klostergründung Allerheiligen == 1049 stiftete Graf Eberhard im Schachwald, zwischen dem Ort Schaffhausen und dem Rhein, ein [[Benediktiner|Benediktinerkloster]]. Am 22. November 1049 weihte [[Papst]] [[Leo IX.]], ein Onkel des Stifters, „einen Altar zu Ehren der [[Auferstehung Jesu Christi|Auferstehung Christi]], die sog. Urständs- oder Erhardskapelle“.<ref group="Anm">„Papst Leo IX. war am Tag zuvor in Basel, am folgenden Tag auf der Reichenau.“ In: H. Gallmann, S. 182 (Anm. 89). Gallmann nennt als Quellen: ''Hirsch'': ''Studien über die Privilegien süddeutscher Klöster'' sowie ''Gamper'': ''Studien zu den schriftlichen Quellen des Klosters Allerheiligen''.</ref>, „und damit wohl auch den zukünftigen Bauplatz des Klosters. […] Bereits 1050 war das Kloster im Bau.“<ref>Heinz Gallmann: ''Das Schaffhauser Stifterbuch. Legende um Stifter und Stiftung des Klosters Allerheiligen'', Konstanz, 1995, S. 83.</ref> „Als 1050 der [[Zürichgau]]graf Eberhard ‚von Nellenburg‘ mit dem Bau des Klosters St. Salvator und Allerheiligen in Schaffhausen begann, nutzte er Baumaterial von einem Gelände, das der [[Bamberger Dom#Der erste Dom (Heinrichsdom)|Bamberger Kirche]] gehörte. Als der hierzu zuständige Vogt bereinigte [[Berthold I. (Zähringen)|Bertold]] [von Zähringen] die Angelegenheit in einer Tauschaktion mit Eberhard.“<ref>Thomas Zotz: ''Die Zähringer. Dynastie und Herrschaft'', Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2018, S. 42. ISBN 978-3-17-022066-9.</ref> ;Hintergrund Im 10. Jahrhundert – im zeitlichen Vorfeld der „Konsolidierung der staatlichen Ordnung um die Jahrtausendwende“ – waren die gesellschaftlichen Strukturen und Einrichtungen in der Alemannia, dem neu geformten [[Herzogtum Schwaben#Alaholfinger, Burchardinger, Konradiner und Ottonen|Herzogtum Schwaben]], durch die [[Ungarneinfälle]] zwischen 917 und 954 weitgehend vernichtet: Ortschaften, Städte und Klöster waren geplündert und verbrannt, die Bevölkerung abgeschlachtet, sodass es nach dem Sieg [[Otto der Große|Ottos des Großen]] in der [[Schlacht auf dem Lechfeld]] 955 noch Jahrzehnte bis zu Erholung und Wiederaufbau dauerte. {{Zitat|Die Konsolidierung der staatlichen Ordnung nach der Jahrtausendwende bewirkte, daß die Handelswege an Bedeutung gewannen. Schaffhausen lag im Schnittpunkt von zwei wichtigen Achsen, die hier auf ein Hindernis stießen: Auf der Nord-Süd-Achse mußte der [[Hochrhein|Rhein]] zwischen Schaffhausen und [[Rheinbrücke Schaffhausen–Feuerthalen#Erste_Flussübergänge|Feuerthalen]] überquert werden; die Ost-West-Achse, der Wasserweg auf dem Rhein, machte oberhalb des [[Rheinfall|Rheinfalls]] und der Stromschnellen einen Umschlagplatz notwendig, denn die Waren mußten umgeladen und bis unterhalb des Rheinfalls auf dem Landweg transportiert werden. Bei der Schifflände […] mußte ein Stapelplatz entstehen; daß sich in der Nähe ein Markt entwickelte war naheliegend.|H. Gallmann: Stifterbuch, 1995, S. 83 f.}} [[Datei:Nellenburg 2.JPG|mini|Nellenburg, Rest der talseitigen Frontmauer, vom Burghof aus]] Eberhard als Günstling des Königs [[Heinrich III. (HRR)|Heinrich III.]] hatte in ''Villa Scafhusin'' 1045 das Münzrecht erhalten und baute mittels des selbst prägbaren Kapitals seine neue Stammburg „vor 1050“ als Zentrum seiner schon weit umliegenden Besitzungen und – nachdem das [[Kloster Reichenau]] sein Ansinnen auf Verbund abwies – gründete und finanzierte er sein eigenes Kloster Allerheiligen in persönlicher Anwesenheit von Papst [[Leo IX.]]<ref>H. Gallmann: ''Stifterbuch'', 1995, S. 84 f.</ref> === Politökonomische Strategie === Zwar versucht das Stifterbuch die „naiv-volkstümliche Erzählweise der Legende [… mit] dem Anspruch der Frömmigkeit […] vermitteln zu wollen, vor der weltliche Probleme verblassen“, doch die „realistische Schilderung“ legte es auch nahe, „das Stifterbuch als historische Erzählung zu betrachten“: {{Zitat|Die angedeuteten Hintergründe politischer Art sind [..] recht komplex, es geht um Machtstellung und Dominanz des Nellenburger Geschlechts und des Klosters Allerheiligen. Dieser hohe Anspruch führte zwar zu einem raschen Aufblühen des Klosters, nicht aber zu dauerhafter Klosterkultur. [… Das Buch] stellt Stifter und Stiftung hinein ins Spannungsfeld von geistlichem und weltlichem Anspruch.|H. Gallmann: ''Schaffhauser Stifterbuch'', 1995, S. 13.}} Der schon unmittelbar nach Erbauung des Klosters 1050 rasch wachsende Einfluss Allerheiligens im nahen Umfeld wird von [[Helmut Maurer]] aus der Sicht des [[Klettgau]]s beschrieben: „Es bekam von seinen Gründern weitreichende Besitzungen und Rechte auch im nördlichen Klettgau zugewiesen; vor allem aber übertrugen ihm die Nellenburger das ausgedehnte Forstgebiet auf dem [[Randen (Gebirge)|Randen]] und dem Laufenberg. Hierin lagen die Keime zu dem spätmittelalterlichen Stadtstaat Schaffhausen begründet, und damit indirekt auch schon die Elemente zu der bis heute dauernden Aufteilung des Klettgau in zwei staatsrechtlich getrennte Gebietsteile. [[Hallau]], [[Guntmadingen]], [[Neuhausen am Rheinfall|Neuhausen]], [[Beringen]], [[Dangstetten]] und [[Rheinheim]] wiesen im Klettgau den meisten Besitz Allerheiligens auf.“ Der Einfluss der [[Zähringer]] mit der Vogtei über das [[Kloster St. Blasien (Schwarzwald)|Kloster St. Blasien]] und des von ihm abhängigen [[Kloster Berau|Frauenklosters Berau]] konnte damit noch nicht konkurrieren.<ref>Helmut Maurer: ''Der Klettgau im frühen und hohen Mittelalter'' in: ''Der Klettgau'', herausgegeben vom Bürgermeister Franz Schmidt der Stadt Tiengen/Hochrhein, 1971, S. 94 und 96.</ref> {{Zitat|Hinter der markanten Schwerpunktverlagerung des Interessengebiets der Nellenburger sind wirtschaftliche, kulturelle und territoriale Absichten zu erkennen: die wirtschaftliche Absicht, den Handelsweg Neckar – Schaffhausen – Zürich zu kontrollieren, wird ersichtlich daraus, daß Graf Eberhard, nachdem er 1045 das [[Münzrecht]] von Schaffhausen erhalten hatte, 1059 auch das von [[Kirchheim unter Teck|Kirchheim]] im [[Neckargau]] erwarb.<ref>Urkunde vom 22. November 1059 im Staatsarchiv Schaffhausen: UR 7, BAUMANN Nr. 5. in ''Stifterbuch'', S. 100, Anm. 111 auf S. 186.</ref> Damit waren gute Voraussetzungen zur Kontrolle des Handels auf der Nord-Süd-Achse gegeben.|H. Gallmamm: ''Schaffhauser Stifterbuch'', 1995, S. 100 f.}} Licht auf dazu vorgenommene Maßnahmen fällt im Südschwarzwald durch die lokale Überlieferung zur Gründung – wahrscheinlich war es der Ausbau einer schon länger bestehenden Siedlung – mit dem heutigen Namen „Grafenhausen“: [[Datei:Rathaus Grafenhausen.jpg|mini|Das Rathaus in Grafenhausen, 2013]] == Gründung von Grafenhausen == Nach einer Urkunde wurde die Siedlung [[Grafenhausen]] im Jahre 1078 von dem „Grafen von Nellenburg“ gegründet. Dieser habe 1050 das [[Kloster Allerheiligen (Schweiz)|Kloster Allerheiligen]] in [[Schaffhausen]] gestiftet und erbauen lassen und 1082 „erfolgte die Gründung des Benediktinerklosters in Grafenhausen, abhängig von Allerheiligen, als Vorposten gegen das bedeutende [[Kloster St. Blasien (Schwarzwald)|Kloster St. Blasien]] mit einer Außenstelle in Berau.“ Da Eberhard „vermutlich 1078“ starb und zuvor noch sechs Jahre im Kloster lebte, wird die Stadt- und auf jeden Fall die Klostergründung nicht mehr sein Werk, sondern seinem Sohn und Nachfolger Burkhard zuzuschreiben sein. Planung und Vorbereitung zur Stadt- und Klostergründung können noch in der Hand Graf Eberhards gelegen haben. „Grafenhausen im südbadischen Schwarzwald wurde von Papst [[Urban II.]] 1095 als Besitztum von Allerheiligen bestätigt.“<ref>H. Gallmann, ''Stifterbuch'', S. 179, Anm. 66.</ref> Die Gründung von Grafenhausen war eine Maßnahme der Nellenburger gegen die zunehmende Einflussnahme des Klosters St. Blasien unter der Herrschaft der [[Zähringer]]. Zwar waren St. Blasien und Allerheiligen beide Reformklöster und zählten wie auch der Graf zur päpstlichen Partei, doch ging das Kloster St. Blasien mit Rückendeckung der Zähringer ständig in die Offensive und hatte auch in der Nähe von Grafenhausen mit Neubesitz in [[Staufen (Grafenhausen)|Staufen]] Fuß gefasst. [[Datei:Roggenbach Steinegg.jpg|mini|Roggenbacher Schlösser: Steinegg (links) und Roggenbach (rechts), 1829.]] {{Zitat|Das entscheidende Motiv dieser Siedlungspolitik mag weniger der dringende Bedarf an Neuland gewesen sein als der Umstand, daß man dem Kloster St. Blasien, das sich aus einer einfachen Zelle am Ufer der Alb im Laufe von zwei Jahrhunderten zu einem erheblichen Machtfaktor entwickelt hatte, nicht kampflos das Terrain überlassen wollte. Wegen der tief eingeschnittenen, ja schluchtartigen Täler von [[Steina]], [[Schlücht]], [[Mettma]] und [[Schwarza]], die sich im Mittel- und Unterlauf als äußerst verkehrsfeinlich erwiesen, stieß man von Schaffhausen her in den Schwarzwald so weit nördlich vor, daß man die Flüsse im Oberlauf queren konnte, wo es unkomplizierter war. Zur Sicherung des Steina-Übergangs, von wo die Straße das Erlenbachtal hinaufführte entstand die [[Burg Roggenbach]]. Daraufhin erbauten die Zähringer als gegnerische Partei der Nellenburger nicht weit davon die [[Burg Steinegg (Bonndorf)|Burg Steinegg]].|Reinhard Caspers: ''Die Gemeinde Grafenhausen'', Heimat am Hochrhein, Band XI, 1985, S. 14.}} === Herrschaft Kirchheim === Zielort der Nellenburg'schen Handelsstraße war der [[Neckargau]] mit der Stadt [[Kirchheim unter Teck|Kirchheim]], in der Eberhard 1059 wie in Schaffhausen schon 1045 das Münzrecht erhalten hatte. Eberhard besaß dort von 1053 an die Verwaltung durch seine Vormundschaft noch unmündiger Grafensöhne. Nach dem Tod von „[[Werner II. (Maden)|Graf Werner II. vom Neckargau]]“ in der Schlacht bei Civitate (1053)<ref>Quelle: [http://www.regesta-imperii.de/id/1053-06-18_4_0_3_5_2_750_1078 Regesta Imperii Online RI III,5,2 n. 1078]).</ref> bis etwa 1072 übernahm Eberhard VI. von Nellenburg, genannt ''der Selige'',<ref>{{ADB|23|418|421|Nellenburg, Eberhard III., Graf v. N., zubenannt der Selige|Georg von Wyß|ADB:Nellenburg, Eberhard VI. von}}</ref> jeweils als Vormund von [[Werner III. (Maden)|Graf Werner III.]] und [[Werner IV. (Maden)|Graf Werner IV.]] die Verwaltung des Neckargaus.<ref>[http://www.regesta-imperii.de/id/1059-11-22_1_0_3_2_3_179_179 Regesta Imperii Online RI III,2,3 n. 179].</ref> Verstärkt wurde die Sicherung des „Vorposten“ in Grafenhausen zeitgemäß durch eine Klostergründung durch die Nellenburger Abtei Allerheiligen: [[Datei:St. Fides mit Pfarrhaus in Grafenhausen.jpg|mini|Kirche St. Fides mit heutigem Pfarrhaus]] === Klostergründung St. Fides === Nach dem ''Stifterbuch, Kap. 42, S. 71'': „stiftete Abt Siegfried zwei Nebenklöster, eines zu Ehren der Himmelskönigin Maria in [[Propstei Wagenhausen|Wagenhausen]]<ref group="Anm">Wagenhausen bei [[Stein am Rhein]] kam 1083 durch Tausch zu Allerheiligen (Gallmann, S. 179, Anm. 65 mit Quelle: B. Meyer, ''Touto und sein Kloster Wagenhausen''. Die Stiftung war somit keine Gründung, sondern erfolgte als Übergabe unter Bedingungen.</ref>, das andere zu Ehren [[Kloster St. Fides Grafenhausen|St. Fides in Grafenhausen]].“ Siegfried war 1082–1096 Abt in Allerheiligen. Die Gründung von St. Fides fand 1082 unter Graf Burkhard statt. „Die Zelle St. Fides zu Grafenhausen wird erstmals 1111 erwähnt.“<ref>H. Gallmann, ''Stifterbuch'', S. 179, Anm. 66.</ref> ;Hintergrund ''Artur Riesterer'' bezeichnete „die Gründung des Benediktinerklosters in Grafenhausen, abhängig von Allerheiligen, als Vorposten gegen das bedeutende St. Blasien mit einer Außenstelle in [[Berau (Ühlingen-Birkendorf)|Berau]].“ Der Gegensatz, der in der Formulierung zum Ausdruck kommt, kann nicht im Zusammenhang mit dem damaligen [[Investiturstreit]] zwischen Kaiser und Papst stehen, denn beide Klöster waren Parteigänger der päpstlichen Seite, beide Benediktinerabteien, beide gregorianische Reformklöster. Grafenhausen war jedoch schon zuvor zum Schutze der Nord-Süd-Verbindung als ‚Wirtschaftsachse‘ gegen St. Blasien gegründet worden – die Klöster waren damals auch Wirtschaftszentren – und die Gründung von St. Fides bedeutet für Grafenhausen eine Verstärkung seiner Position als „Vorposten“, die noch durch die päpstliche Bestätigung 1095 durch Urban II. stark an Wert gewann. St. Blasien war zu jener Zeit bereits offensiv in der Einverleibung von Territorien und steuerte den Gewinn von [[Bonndorf]] an. Diese Dynamik wurde nach 1125 durch den Vogtherr [[Ulrich I. von Kyburg-Dillingen]] als [[Bistum Konstanz|Bischof von Konstanz]] und [[Konrad I. (Zähringen)|Konrad I. von Zähringen]] als erster Schirmvogt – als der weltliche Arm St. Blasiens – weiter verstärkt: Dies hätte ein Übergreifen in der West-Ost-Richtung bedeutet und damit eine Blockierung der Nord-Süd-Verbindung ermöglicht. Obwohl Graf Burkhard von Nellenburg am 21. Januar 1101 als letzter seines Geschlechts starb und damit die Verbindung der Nellenburger mit Grafenhausen beendet war, blieb Grafenhausen weiterhin 'im Weg'. Diese Sperre hielt über Jahrhunderte und wurde 1285 durch die Besitzübertragung des Ortes Grafenhausen an das Kloster St. Fides noch durch das [[Stadtrecht]] vervollständigt. Grafenhausen wurde zu einem Zentrum der Region.<ref>Artur Riesterer: ''Städte und Gemeinden. Grafenhausen'' in: Hrsg.: Landrat [[Norbert Nothhelfer]]: ''Der Landkreis Waldshut. Heimat und Arbeit'', Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1975 (2. Auflage 1979), S. 248. ISBN 3-8062-2024-4.</ref> [[Datei:HRR 10Jh.jpg|mini|Die europäischen Mächte und Territorien im 11. Jahrhundert]] === Blütezeit Allerheiligen === {{Zitat|Die rasche Entwicklung vom nellenburgischen Eigenkloster zu einem der führenden Reformklöster im Raume Bodensee – Schwarzwald […] muß vor dem Hintergrund der kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklung gesehen werden. Noch im 11. Jahrhundert bildeten die Klöster durch die wissenschaftlich-theologische Arbeit der Mönche, den Aufbau von Bibliotheken und der Gründung von Schreibschulen Zentren des sich entwickelnden Bildungswesens. Mindestens bei Beurkundungen hatte der Klerus auch Beamtenfunktion auszuüben. [… In] diesen geistigen Zentren entwickelte sich auch ein hohes Maß an Geschmack und geistigem Adel, der uns in den mittelalterlichen Handschriften entgegentritt. […] Darüber hinaus waren die Klöster auch Zentren des Gewerbefleißes, durch die zentrale Verwaltung und Aufsicht über ein breiten Grundbesitz in verschiedenen Regionen konnten Synergien im landwirtschaftlichen Bereich genutzt werden.|H. Gallmann: Stifterbuch, S. 87 f.}} Die ökonomische Beschäftigung führte „zwangsläufig zu einer gewissen Verweltlichung“ und daraufhin durch starke innere Fraktionen zu Reformbewegungen, in denen „eine deutliche Grenze gezogen war zwischen geistlicher und weltlicher Tätigkeit und Ausstrahlung, wobei der geistliche Anspruch dem weltlichen übergeordnet war.“ Allerheiligen entschied sich für die [[Hirsauer Reform]]. Zu Beginn der Umgestaltung durch die Reformen wurde das Kloster auch wirtschaftlich eigenständig, denn Graf Burkhard von Nellenburg berief „im Jahr 1079 den Abt [[Wilhelm von Hirsau]] zur Reform des Klosters und verzichtete auf die Eigenklosterrechte. Dadurch erlangte das Kloster eine eigene Rechtspersönlichkeit, die verstärkt wurden durch Schenkungen zur wirtschaftlichen Ausstattung.“ In Eintracht „(wurde) zwischen 1080 und 1092 [..] von Abt Siegfried und Graf Burkhard das nördlich der Stadt gelegene ''Nonnenkloster St. Agnes'' gestiftet, weitere Filialgründungen waren Sankt Fides zu Grafenhausen und das Klösterchen Wagenhausen.“ Vor allem die von Burkhard abgetretenen „Hoheitsrechte über die Stadt Schaffhausen brachten dem Kloster ansehnliche Einkünfte.“ Die Hoheitsrechte brachten Einkünfte aus „[[Münzrecht|Münz-]], [[Zollrecht|Zoll-]], [[Marktrecht (historisch)|Markt-]], [[Wegerecht (Sachenrecht)#Geschichte|Fähr-]] und [[Stapelrecht]]. […] Verschiedene dieser Rechte gingen aber schon bald als [[Erbpacht#Entwicklung|Erblehen]] an angesehene Stadtbürger über.“<ref>H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S.84 bis 88.</ref> Doch trafen diese zunehmenden Machtverschiebungen, die auch ‚reichsweit‘ durch die Abtretungen der kleineren Adelsfamilien an die Klöster zugunsten temporärer Vorteile erfolgten, auf massive Widerstände des Hochadels und nicht zuletzt des Kaisers. == Investiturstreit == Kaiser [[Heinrich III. (HRR)|Heinrich der III.]] hatte durch eine Intervention 1046/47 in Rom zugunsten die Papsttums, das in der Stadt in fatale Abhängigkeiten geraten war, „die ordnende Macht des Kaisertums auch bei der Papstwahl durchgesetzt, zugleich aber Widerspruch hervorgerufen“. Die geistige und auch weltliche Agonie der Kirche rief den „[[Cluniazensische Reform|Reformgeist der Cluniazenser]] hervor“, der im Klerus sowie in Teilen des Adels und auch in der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden fiel und der sich bald auch gegen den Einfluss des Kaiser- bzw. Königtums richtete. Auch die Nellenburger Grafen Eberhard und sein Sohn Burkhard schlossen sich der von der [[Abtei Cluny]] hervorgerufenen Reform an und gerieten damit in den Gegensatz zum Kaisertum. Von Papst [[Gregor VII.]] (im Amt 1073 – 1085) wurde 1075 der „Anspruch auf das Primat des Papstes auch im weltlich-politische Bereich“ („[[Dictatus papae]]“) verkündet. Die Besetzung der Bistümer „war von politischer Bedeutung, da der König damit Geistliche seines Vertrauens als Kirchenfürsten mit weltlichem Macht- und Verantwortungsbereich einsetzen konnte. Diese [[Laieninvestitur]] wurde vom ‚Dictatus papae‘ verboten.“ Der frühe Tod Heinrichs III. 1056 hatte dann zur Folge, dass sein Sohn im Kindesalter Nachfolger wurde „und seine Mutter, die Kaiserin Agnes, ein schwaches, kurzsichtiges Regiment (führte).“ Auch der anfolgende Regentschaftsrat durch zwei Erzbischöfe schien den dann jugendlichen König [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] nur „zum Spielball der Fürsten“ zu machen. „In vielerlei Auseinandersetzungen hatte er sich zu behaupten; vor diesem Hintergrund ist auch der Kampf mit dem Papsttum zu sehen.“<ref>H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 109 f.</ref> {{Zitat|Daß Heinrich IV. 1077 in Canossa als Büßer vor den Papst trat, wurde damals nicht so sehr als Unterwerfung gewertet – auch andere deutsche Herrscher hatten öffentlich Buße getan –, von Gregor VII. aber als Zeichen seines Sieges betrachtet. Der Machtkampf zwischen Kaiser und Papst war damit allerdings nicht entschieden; der Investiturstreit endete erst mit der Einigung im [[Wormser Konkordat]] von 1122.|H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 110 f.}} === Kämpfe im Raum Bodensee–Schwarzwald === {{Zitat|Die Auseinandersetzungen zwischen kaiserlicher und päpstlicher Partei wirkten sich stark im Raum Bodensee-Schwarzwald aus, „weil die Hirsauer Reformklöster deutlich auf gregorianischer [..] Seite standen, das Kloster Hirsau der Hauptstützpunkt der gregorianischen Seite in Deutschland war. Auf kaiserlicher Seite standen im oberdeutschen Raum das Kloster St. Gallen mit Abt [[Ulrich von Eppenstein|Ulrich]] an der Spitze.|H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 111.}} [[Datei:Schaffhausen - Kloster Allerheiligen - Nellenburger 2010-06-24 17-04-14.JPG|mini|Grablege der Nellenburger: In der Mitte Graf Eberhard, rechts seine Gemahlin Ita, links Sohn Burkhard]] Die Conversio von Graf Eberhard vom Kaiser zum Papst führte im Konflikt zu herben Verlusten, da dem Grafen von König Heinrich IV. die Güter im [[Elsaß]] und ein Lehen in [[Kreuznach]] entzogen wurden. „1078 ging seiner Familie auch die Grafschaft im Zürichgau verloren“, Eberhard lebte in diesem Jahr bereits im Kloster und starb auch 1078. Seinem Sohn Burkhard (erstmals 1077 als Graf erwähnt) verblieb jedoch ausreichend Vermögen, um das Kloster Allerheiligen „durch seine Schenkungen […] auf neuer Basis“ auszubauen.<ref>H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 86 u. 89 sowie 105 bis 108.</ref> ;Hintergrund Doch schon bald wirkte sich im [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]] aus, dass König [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] (1056–1106) sich gegen den 1077 gewählten Gegenkönig Herzog [[Rudolf von Schwaben]] (auch Rudolf von Rheinfelden) nach mehreren Schlachten durchsetzen konnte. Rudolf fiel in der [[Rudolf von Rheinfelden#Das Gegenkönigtum Rudolfs 1077–1080|letzten Schlacht 1080]]. Nach mehreren erfolglosen Versuch gelang es Heinrich, 1084 [[Heinrich IV. (HRR)#Heinrichs Kaiserkrönung und Gregors_Ende|Rom einzunehmen]], den Reformpapst Gregor zu vertreiben, den [[Gegenpapst]] [[Clemens III. (Gegenpapst)|Clemens III.]] einzusetzen und sich von ihm zum Kaiser krönen zu lassen. Der Kaiser, der 1084 Rom eingenommen hatte, musste sich zwar vor den in Sizilien herrschenden Normannen, die der vertriebene Gregor zur Hilfe gerufen hatte, zurückziehen. Diese eroberten Rom 1085 auch zurück, plünderten und verwüsteten die Stadt jedoch so intensiv, dass Gregor fliehen musste und wenig später starb. Seine Ideen blieben jedoch lebendig und nachdem Mittelitalien seine Agonie überwunden hatte, kam mit [[Urban II.]] 1089 wieder eine starke Persönlichkeit auf den Papstthron. Doch im Reich konnte Heinrich die Verhältnisse noch weiter zu seinen Gunsten wenden. === Reaktionen im süddeutschen Raum === 1084 wurde der sich im Gefolge von Abt ''Wilhelm von Hirsau'' befindliche papsttreue ''Gebhard von Zähringen'' – ein Mönch aus Hirsau – als [[Gebhard III. von Zähringen|Gebhard III.]] zum Bischof von Konstanz gewählt. Darauf folgten kriegerische Auseinandersetzungen des Konstanzer und des Reichenauer Abts gegen das Kloster St. Gallen: Noch 1084 überfiel Graf Burkhard das Kloster St. Gallen und schädigte es schwer. [[Datei:Schaffhausen Münster Ostseite.jpg|mini|Münster im Kloster, Bauzeit Ende 11. Jahrhundert]] Noch „kurz nach 1083“ war in Schaffhausen „der Bau einer fünfschiffigen Basilika in Angriff genommen“, das Projekt stagnierte jedoch infolge der Depression nach der Verwüstung Roms und dem Tod Papst Gregors 1085 und wurde um 1092 auf eine dreischiffige Kirche, reduziert. In Deutschland dominierte wieder die kaiserliche Partei und in diese Zeit fiel auch die Reaktion auf die kriegerischen Handlungen Graf Burkhardts – er verlor durch den Kaiser seine eigentliche Machtbasis, die Grafschaft Nellenburg. „Wie weit sein Besitz geschmälert wurde, ist unklar, rechtzeitig hat er offensichtlich noch wesentliche Teile davon dem Kloster übermacht und führte fortan, wie das Stifterbuch [Kap. 45] berichtet, ein gar demütiges, einfaches Leben.“ Er starb 1101. Nun wurde Heinrich auch gegen die abtrünnigen Klöster aktiv: So setzte er St. Gallens Anführer, den Mönch „Arnold von Heiligenberg“, 1092 „als Gegenbischof von Konstanz ein“. Diesem gelang es 1102, den Zähringer Gebhard aus Konstanz zu vertreiben. Im Zusammenhang dieses kaiserlichen Eingreifens „verlor die päpstliche Partei in Süddeutschland an Boden. Für das Kloster Allerheiligen spitzte sich die Lage derart bedrohlich zu, daß Abt Siegfried 1093 […] ein Kloster östlich von Limoges erwarb, um notfalls mit seinen Mönchen dahin auszuwandern.“<ref>H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 86 und 111 f.</ref> [[Datei:Herrschaftsübergabe von Heirich IV. an Heinrich V.jpg|mini|Heinrich IV. übergibt seinem Sohn Heinrich V. die kaiserlichen Insignien]] ;Hintergrund Inzwischen erlitt Heinrich IV, der 1087 seinen Sohn Konrad zum Mitkönig gekrönt, bei einem erneuten Zug nach Rom gegen die norditalienischen Städte 1092 eine Niederlage, die sich verheerend auswirkte, da sich sein Sohn im Folgejahr mit dem Papsttum verbündete. Konrad ließ sich auch von der päpstlichen Partei krönen, doch konnte er sich weder in Italien noch in Deutschland durchsetzen. Urban II. organisierte mittlerweile den [[Erster Kreuzzug|Ersten Kreuzzug]], Heinrich regelte 1096 einen Ausgleich mit dem alten bairischen Rivalen Welf IV. Seinen Sohn Konrad enterbte er 1099 und setzte den jüngeren Sohn Heinrich zum Mitkönig ein. Urban II. starb im selben Jahr zwei Wochen nach der [[Belagerung von Jerusalem (1099)|Rückeroberung Jerusalems]] durch das Kreuzfahrerheer. Der nächste Papst [[Paschalis II.]] griff nun wieder in die Auseinandersetzungen um die Investitur ein und bannte Kaiser Heinrich, da er sich den Reformen nicht gebeugt hatte. Selbst eine Wallfahrt Heinrichs nach Jerusalem änderte nichts. Zum Unglück wuchs sich aus, dass sein Sohn Heinrich sich dem Papsttum zuwandte, ihn 1105 festnehmen ließ und zur [[Abdikation|Abdankung]] zwang. Heinrich konnte fliehen, doch starb der Kaiser im August 1106 unerwartet in [[Lüttich]]. 1105 konnte nun auch Gebhard nach einem Ausgleich wieder als Bischof von Konstanz zurückkehren. Doch schon bald darauf wechselte der junge König [[Heinrich V. (HRR)|Heinrich V.]] wieder die Seiten und setzte zunächst die Politik seines Vaters fort: er nahm Papst [[Paschalis II.]] gefangen und erzwang die Anerkennung der Laieninvestitur und seine Krönung.<ref>Althoff, Gerd: Heinrich V. (1106–1125), in: Schneidmüller, Bernd, Stefan Weinfurter (Hrsg.): ''Deutsche Herrscher des Mittelalters, Historische Portraits von Heinrich I. bis Maximilian I.'', (919–1519), Kempten 2003, S. 190 f.</ref>. Zwar wurden die Zugeständnisse im Folgejahr auf einem Römischen Konzil wieder annulliert, doch war die Auseinandersetzung wieder eröffnet. Erst 1122 lenkte Heinrich im Streit mit dem [[Calixt II.|Papst]] endgültig ein. == Allerheiligen: Stillstand und Niedergang == Die Lösung, die Burkhardt für sich persönlich realisierte – Abkehr von der Welt und geistige Klausur – führte für das Kloster zu unlösbaren Widersprüchen: Die Dominanz der Wertvorstellungen des Geistigen nach der benediktinischen Regel, sollte durch materielle Autonomie nach außen gesichert werden. Wenn die materielle Unterstützung durch den Adel nachließ oder zu gering war, blieb nur die Verweltlichung der klösterlichen Organisation durch Gewerbe und ertragreiche Verwaltung des Grundbesitzes. „Mindestens bei Beurkundungen hatte der Klerus auch Beamtenfunktion auszuüben. Mit dem wachsenden Bildungsgrad der Stadtbürger wurde seine Bedeutung zurückgedrängt.“ Doch vor allem gewann das ungebrochen wirtschaftlich tätige Bürgertum ab Mitte des 12. Jahrhunderts zunehmend die Oberhand und dies „war letztlich der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung des Klosters abträglich.“ Der Abt Siegfried (1082 – 1096) verkörperte noch die „lebenskräftige Klostergemeinschaft“ und „wirtschaftliche Kraft des Klosters“, die Entwicklung der „Filialen Grafenhausen, Sankt Agnes und Wagenhausen“ und er sah auch, dass aufgrund der ungünstiger werdenden Gesamtlage die „großzügige Erweiterung von Kirche und Kloster […] zurückgestellt und redimensioniert werden (mußte).“ Das Münster wurde erst 1103 geweiht. Siegfried war es auch, der 1093 vorsichtshalber das Exilklösterchen in Südfrankreich kaufte. Der nachfolgende Abt Gerhard (1096 - 1098) scheiterte schon bald am Konflikt „mit dem Konvent, in dem eine reformfeindliche Partei mehr Gewicht erhalten hatte.“ Er bat Papst Urban II. um Entlassung, trat ins Kreuzfahrerheer ein, wurde „Wächter des Heiligen Grabes [… und] zählte zu den Großen des Königreichs Jerusalem.“<ref>H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 87 ff. sowie 93 f.</ref> Danach verließen viele Mönche das Kloster und erst der Adlige ''Adalbert von Messingen'' (1099 – 1131), der als Abt „den Klosterbesitz erheblich vergrößerte“ zeigte sich auch neuen politischen Verhältnissen gewachsen. 1102 begannen die Auseinandersetzungen mit den Zähringern, vermutlich weil deren Herzog [[Berthold II. (Zähringen)|Bertold II.]] nach dem Tod Graf Burkhardts von Nellenburg dessen Güter bei Kirchheim und Nabern beanspruchte. Dazu gehörte auch die [[Burg Teck]].<ref>Thomas Zotz: ''Die Zähringer. Dynastie und Herrschaft'', Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2018, S. 73.</ref> [[Datei:Schweiz Frühmia Adel.svg|mini|In der Historie gelten Klettgau und Albgau um 1200 als Herrschaftsgebiet der Zähringer (grün)]] Auch [[Konrad I. (Zähringen)|Herzog Konrad]] – damals noch als Bruder des mittlerweile regierenden Herzogs [[Berthold III. (Zähringen)|Bertold III.]] – versuchte den zähringischen Einfluss nach Osten beidseitig des Rheins auszudehnen: {{Zitat|Im Februar 1120 führte Konrad einen militärischen Angriff auf Schaffhausen und das dortige Kloster Allerheiligen durch, offenbar um alte Ansprüche, auf die sein Vater 1102 verzichtet hatte<ref group="Anm">Diese Ansprüche lassen sich in den Quellen nicht fassen.</ref>, erneut geltend zu machen. Dieser Versuch, den zähringischen Machtbereich am Hochrhein zu erweitern, scheiterte.|Thomas Zotz: ''Die Zähringer'', 2018, S. 75.}} Zwar fielen Stadt und Kloster in die Hand Konrads, doch stellten sich hier Papst [[Calixt II.]]<ref group="Anm">Abt Adalbert bezeichnete Konrad „in seinem Beschwerdebrief an den Papst als Jüngling (puer adolescens).“ (Thomas Zotz: ''Die Zähringer'', 2018, S. 75.).</ref> und Kaiser Heinrich V. zusammen hinter das Kloster und „der Zähringer (mußte) seine Eroberung wieder aufgeben.“ In dieser Gemeinsamkeit von Papst und Kaiser zeichnete sich auch schon das endgültige Ende des Investiturstreits ab, der 1122 mit dem [[Wormser Konkordat]] abgeschlossen wurde.<ref>H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 94 f.</ref> == Schluss des Stifterbuches == „Im Stifterbuch wird vom raschen Aufschwung des Schaffhauser Klosters […] nicht aber von der folgenden Zeit des Verlusts an religiösem und politischen Einfluß und vom wirtschaftlichen Niedergang (berichtet).“ Der Autor Heinz Gallmann führt diese Entwicklung nicht nur auf äußere Zeitumstände zurück – „einer politisch und wirtschaftlich längerfristig erfolgreichen Rolle des Klosters stand der Grundsatz der Weltverachtung entgegen.“ Es entwickelte keine eigenständige kulturelle Leistung. {{Zitat|Der Zugang zur sich im 12. Jahrhundert entwickelnden kulturelle Blütezeit des Mittelalters blieb durch die Hirsauer Reform verschlossen. […] Auch die Stifter, Graf Eberhard von Nellenburg und sein Sohn Burkhard (waren) stark von dieser christlichen Entsagung geprägt und wenig berührt von der kulturellen Entfaltung des Adels. […] Nach der Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation versuchte man den Grundbesitz zu konzentrieren, hauptsächlich durch Tausch, später durch Kauf und Verkauf.“ |H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 99 und 87.}} Im 12. Jahrhundert geriet das Kloster in eine gewisse Abhängigkeit von der Stadt, die sich im 13. Jahrhundert verstärkte. „Die wachsende Abhängigkeit von der Stadt zeigt sich darin, daß im 13. Jahrhundert bei Rechtshandlungen, die das Kloster betreffen, immer auch Stadtbürger als Zeugen auftraten und neben dem Abtssiegel das Stadtsiegel hängt.“ Das Kloster spielte keine selbstständige politische Rolle mehr, auch als religiöses Zentrum verlor es an Bedeutung.<ref>H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 84 f. und 87.</ref> Der Text des Stifterbuchs endet mit der Wiedereinsetzung des Abts Gebhard als Bischof von Konstanz (Kap. 54) [1105], und dem Tod der Gräfin Ita (Kap. 55) [im Februar, „wahrscheinlich nach 1105“). Der Schreiber vermerkt zum Abschluss: „vollendet am Donnerstag vor der alten Fasnacht im Jahr 1467. Jo[hannes] T[rechsel]. – [[Deo gratias]].“ („Dank sei Gott“).<ref>H. Gallmann: ''Stifterbuch'', S. 80 ff.</ref> == Anmerkungen == <references group="Anm" /> == Literatur == * Heinz Gallmann: Das ''Sitfterbuch des Klosters Allerheiligen zu Schaffhausen. Kritische Neuedition und sprachliche Einordnung'', Berlin 1993. * Heinz Gallmann: Das ''Sitfterbuch des Klosters Allerheiligen zu Schaffhausen. Kritische Neuedition und sprachliche Einordnung''. In: Quellen und Forschungen zu Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker, NF 104. Berlin 1994. * Heinz Gallmann: ''Das Schaffhauser Stifterbuch ˑ Legende um Stifter und Stiftung des Klosters Allerheiligen'', Universitätsverlag Konstanz (UVK), Konstanz 1995. ISBN 3-87940-520-4. * Helmut Maurer: ''Der Klettgau im frühen und hohen Mittelalter'' in: ''Der Klettgau'', herausgegeben vom Bürgermeister Franz Schmidt der Stadt Tiengen/Hochrhein, 1971. * Artur Riesterer: ''Städte und Gemeinden. Grafenhausen'' in: Hrsg.: Landrat [[Norbert Nothhelfer]]: ''Der Landkreis Waldshut. Heimat und Arbeit'', Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1975 (2. Auflage 1979). ISBN 3-8062-2024-4. * Thomas Zotz: ''Die Zähringer. Dynastie und Herrschaft'', Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2018. ISBN 978-3-17-022066-9. == Einzelnachweise == <references /> [Kategorie:Schweizer Chronik]] [Kategorie:Literatur (15. Jahrhundert)]] [Kategorie:Schweizerische Geschichte (Mittelalter)]] [Kategorie:Christentumsgeschichte (Schweiz)]] [Kategorie:Geschichte (Schaffhausen)]] [Kategorie:Sakralbau in Schaffhausen]] _____________________________________________________________________________________________________________________________ == Materialien == === Wahrnehmung in der Lokalgeschichte === „Der Graf von Nellenburg“ wird im südlichen Schwarzwald (im Norden des heutigen [[Landkreis Waldshut|Landkreises Waldshut]]), im ehemaligen [[Alpgau]] 1078 als Gründer der Ortschaft [[Grafenhausen]] genannt. Nach einer Urkunde 1095 wurde die Siedlung Grafenhausen wurde im Jahre 1078 von dem [[Grafen von Nellenburg|Grafen Eberhard??]] gegründet. === Gründung von Grafenhausen === und 1082 „erfolgte die Gründung des Benediktinerklosters in Grafenhausen, abhängig von Allerheiligen, als Vorposten gegen das bedeutende Kloster St. Blasien mit einer Außenstelle in Berau.“ (Gallmann?) Zwar waren St. Blasien und Allerheiligen beides Reformklöster und zählten wie auch der Graf zur päpstlichen Partei, doch können Konkurrenzen im engeren Bereich durchaus bestanden haben, so dass es zur Gründung kommen konnte, um den Einfluss St. Blasiens im Bereich der Hochebenen einzudämmen. – gegen die zunehmende Einflussnahme des (päpstlichen) Klosters St. Blasien sowie der [[Zähringer]] als deren Vögte im Bereich der Oberläufe der Flüsse Mettma, Schlücht und Steina, die dort – im Gegensatz zu ihrem südlichen Schluchtenverlauf – einfache Ost-West-Verbindungen zuließen und somit den Nord-Süd-Verkehr, der im Interesse des Grafen lag, hätten abriegeln können: {{Zitat|Das entscheidende Motiv dieser Siedlungspolitik mag weniger der dringende Bedarf an Neuland gewesen sein als der Umstand, daß man dem Kloster St. Blasien, das sich aus einer einfachen Zelle am Ufer der Alb im Laufe von zwei Jahrhunderten zu einem erheblichen Machtfaktor entwickelt hatte, nicht kampflos das Terrain überlassen wollte. Wegen der tief eingeschnittenen, ja schluchtartigen Täler von Steina, Schlücht, Mettma und Schwarza, die sich im Mittel- und Unterlauf als äußerst verkehrsfeindlich erwiesen, stieß man von Schaffhausen her in den Schwarzwald so weit nördlich vor, daß man die Flüsse im Oberlauf queren konnte, wo es unkomplizierter war. Zur Sicherung des Steina-Übergangs, von wo die Straße das Erlenbachtal hinaufführte entstand die Burg Roggenbach. Daraufhin erbauten die Zähringer als gegnerische Partei der Nellenburger nicht weit davon die Burg Steinegg.|Reinhard Caspers: ''Die Gemeinde Grafenhausen'', Heimat am Hochrhein, Band XI, 1985, S. 14.}} Der Graf schuf mit Grafenhausen somit einen Stützpunkt, der die Verbindung vom Hochrhein (Schaffhausen) zu seiner Herrschaft in Kirchheim im [[Neckargau#Grafen im Neckargau|Neckargau]] absichern sollte. Er besaß dort von 1053 an die Verwaltung durch seine Vormundschaft noch unmündiger Grafensöhne.</ref> Vorübergehend war der Kampf von Papst und Kaiser um das Einsetzen von Äbten und Bischöfen im Jahr 1077 entschieden und die Vertreter der päpstlichen Partei – so auch Eberhard – konnten sanktioniert werden. (Verlust Zürichgau). Auch St. Blasien ging in die Offensive<ref group="Anm">In der Nähe fasste das Kloster mit Neubesitz in [[Staufen (Grafenhausen)|Staufen]] Fuß.</ref> und somit sah der Graf seine Verbindung in den Norden gefährdet. Das Freihaltung dieser Wegverbindung erfolgte auf der Grundlage von Wirtschaftsinteressen des Nellenburgers, der 1045 von Kaiser Heinrich III. das [[Münzrecht]] für Schaffhausen und 1059 von Kaiser Heinrich IV. das Münzrecht von [[Kirchheim unter Teck]] im Neckargau erhalten hatte. Durch die Rechte zur Geldprägung konnte er Märkte schaffen und sie untereinander verbinden. Auch nach der Rückgabe des Neckargaus 1072 behielt er das Münzrecht von Kirchheim. A. Riesterer, ''Kreis Waldshut'', 248, bezeichnete „die Gründung des Benediktinerklosters in Grafenhausen, abhängig von Allerheiligen, als Vorposten gegen das bedeutende St. Blasien mit einer Außenstelle in Berau.“<ref>Artur Riesterer: ''Städte und Gemeinden. Grafenhausen'' in: Hrsg.: Landrat [[Norbert Nothhelfer]]: ''Der Landkreis Waldshut. Heimat und Arbeit'', Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1975 (2. Auflage 1979), S. 248. ISBN 3-8062-2024-4.</ref> ;Hintergrund Der Gegensatz, der in der Formulierung zum Ausdruck kommt, kann nicht im Zusammenhang mit dem Investiturstreit stehen, denn beide Klöster waren Parteigänger der päpstlichen Seite, beides Benediktinerabteien, beide sogar noch Reformklöster. Grafenhausen war jedoch schon 30 Jahre zuvor zum Schutze der Nord-Süd-Verbindung als ‚Wirtschaftsachse‘ gegen St. Blasien gegründet worden – die Klöster waren damals Wirtschaftszentren – und die Gründung von St. Fides bedeutet für Grafenhausen eine Verstärkung seiner Position als „Vorposten“, die noch durch die päpstliche Bestätigung stark an Wert gewann. St. Blasien war zu jener Zeit sehr offensiv in der Einverleibung von Territorien und steuerte den Gewinn von Bonndorf an<ref group="Anm">Diese Dynamik wurde nach 1124 durch die Vogtei im Besitz der Zähringer – der weltliche Arm St. Blasiens – weiter verstärkt: Dies hätte ein Übergreifen in der West-Ost-Richtung bedeutet und damit eine Blockierung der Nord-Süd-Verbindung ermöglicht. Allerdings starben die Zähringer 1218 aus und verschwanden als Machtfaktor.</ref> Grafenhausen lag weiterhin 'im Weg'. Diese Sperre hielt über Jahrhunderte und wurde 1285 durch die Besitzübertragung des Ortes an das Klosters St. Fides noch durch das Stadtrecht vervollständigt. Grafenhausen wurde zu einem Zentrum der Region. == Klostergründung St. Fides == Nach dem Stifterbuch, 43, „stiftete Abt Siegfried zwei Nebenklöster [eines in Wagenbach …] das andere zu Ehren St. Fides in Grafenhausen.“ Siegfried war 1082–1096 Abt in Allerheiligen. Nach Gallmann, Anm. 66: „Die Zelle St. Fides zu Grafenhausen wird erstmals 1111 erwähnt.“ Doch muss die Stiftung zu Amtszeiten Siegfrieds erfolgt sein. Nach der Reihenfolge der Aufzeichnungen des Stifterbuchs fand die Stiftung vor dem Baubeginn „spätestens 1090“ des Schaffhauser Münsters statt. (Stifterbuch, 44, Gallmann: Anm. 67). „Grafenhausen im südbadischen Schwarzwald wurde von Papst Urban II. 1095 als Besitztum von Allerheiligen bestätigt.“ (Gallmann, Anm. 66). Damit war auch die Klostergründung legitimiert. Sie ist somit entsprechend vor der unmittelbaren urkundlichen Erwähnung vor 1111 anzusetzen. [Gleichzeitig zur Gründung der Cella in Detzeln] _____________________________________________________________________________________________________________________________ Graf Burkhard von Nellenburg starb 21. Januar 1101 als letzter seines Geschlechts, damit war die Verbindung der Nellenburger mit Grafenhausen beendet. == Rückgang der Machtpositionen == (zu: Nellenburger?) Die erlahmende Kraft des Nellenburger Geschlechts „Der soziale Aufstieg des Adels war verbunden mit der kulturellen Entfaltung, die ihren Ausdruck fand in der ritterlichen Ethik, die zur kulturellen Hochblüte des Rittertums um 1200 führte Sie stand im Gegensatz zur christlichen Lebensverneinung, die in den Klöstern gepflegt wurde. nach dem Zeugnis des Stifterbuchs waren die Stifter, Graf Eberhard und sein Sohn Burkhardt, stark von dieser christlichen Entsagung geprägt und wenig berührt von der kulturellen Entfaltung des Adels.“ (101 f.) >> '''Absichten des Stifterbuches''' Das verlorengegangene Original des Stifterbuches, nach Gallmann um 1300 existierend, war „in seiner ursprünglichen Konzeption streng und ausgewogen gefügt –, wie eine dem cluniazensisch-hirsauischen Denken in nachhöfischer Zeit zutage tritt. (Sprachgeschichte) Diese Konzeption ist durch die Anreicherung mit Wundern, die zu Lebzeiten und am Grabe Eberhards geschehen sein sollen, und durch eine Akzentverschiebung zugunsten der Äbte und ihres Wirkens teilweise aufgelöst worden. Die Gestalt des tugendhaften Grafen Eberhard, seine Conversio und sein Wirken treten nun stärker in den Vordergrund. […] Die politische Absicht, Eberhard von Nellenburg, dessen heroischer Tugendgrad dargestellt ist, als Heiligen zu etablieren, wird damit evident. Auch dass die Gestalt des Grafen Burkhard in den Hintergrund tritt, ist politisch bedingt, gehörte er doch in den Auseinandersetzungen zur Zeit des Investiturstreits zu den Verlierern.“ (9 und 11). == Anmerkungen == <references group="Anm" /> == Einzelnachweise == <references /> _____________________________________________________________________________________________________________________________ == Nellenburger == {{Zitat|Hinter der markanten Schwerpunktverlagerung des Interessengebiets der Nellenburger sind wirtschaftliche, kulturelle und territoriale Absichten zu erkennen: die wirtschaftliche Absicht, den Handelsweg Neckar – Schaffhausen – Zürich zu kontrollieren, wird ersichtlich daraus, daß Graf Eberhard, nachdem er 1045 das Münzrecht von Schaffhausen erhalten hatte, 1059 auch das von Kirchheim im Neckargau erwarb.<ref>Urkunde vom 22. November 1059 im Staatsarchiv Schaffhausen: UR 7, BAUMANN Nr. 5. in ''Stifterbuch'', S. 100, Anm. 111 auf S. 186.</ref> Damit waren gute Voraussetzungen zur Kontrolle des Handels auf der Nord-Süd-Achse gegeben.|H. Gallmamm: ''Das Schaffhauser Stifterbuch'', 1995, S. 100 f.}} Die kulturelle Abstützung wurde offenbar zunächst durch die Annäherung an das Kloster Reichenau, eine der bedeutensten alten Kulturstätten gesucht (Anm 112). Offenbar gelang die Annäherung an die Reichenau nicht im erwünschten Sinne, darum erfolgte die eigenständige kulturelle Abstützung in Schaffhausen. (101) Als zentrale Absicht muß aber die territoriale Konsolidierung des Herrschaftsbereiches gesehen werden. Graf Eberhard war begütert im Zürichgau, Aargau, Thurgau, Klettgau, Hegau, in der Bertholdsbaar, im Breisgau und im Neckargau dazu im Westen und Nordwesten im Elsaß, im Nahegau und im Linzgau, im Südosten in Rätien und in Chiavenna. Die Standortwahl des Stammsitzes – nicht im Schwerpunkt des Herrschaftsbereichs, sondern am östlichen Rand von dessen Kerngebiet liegend – ist erstaunlich und nur verständlich, wenn dahinter die strategische Absicht einer territorialen Erweiterung nördlich [und östlich] des Bodensees gesehen wird. (101) == Hintergrund (HM) == „Die letzten im Klettgau in königlichem Auftrag ihres Amtes waltenden Grafen, […] waren darangegangen, ihr Amt innerhalb ihrer Familie zu vererben und so für ihren eigenen Herrschaftsaufbau nutzbar zu machen. Sie benannten sich künftig nach dem in ihrem Eigentum stehenden Sitz. […] Das Amt war verschwunden, ist verherrschaftlicht worden.“<ref group="Anm">Als Beispiel nennt Maurer die Grafen von Rüdlingen,</ref> Aus der amtsrechtlichen Grafschaft […] war eine gräfliche Adelsherrschaft hervorgegangen. […] Das spätmittelalterliche ''Land''grafenamt war etwas völlig Neues. Eine Neubildung des endenden 13. Jahrhunderts, die außer dem gleichen Wirkungsbereich mit dem alten, in fränkischer Zeit geschaffenen Grafenamt kaum etwas gemein hatte.<ref>Helmut Maurer: ''Der Klettgau im frühen und hohen Mittelalter'', in: Franz Schmidt (Hrsg.): '' Der Klettgau'', Tiengen 1971, S. 96.</ref> Die aus den alten, dem König verpflichteten und von ihm immer wieder neu berufenen, Grafen mit zeitlich begrenzten Ämtern entstehenden „Adelshäuser, deren Wirken während des 11. und 12. Jahrhunderts von entscheidender ''politischer'' Bedeutung wurde“, waren keine lokalen (Gau-)Machthaber mehr, sondern durch Vererbung wachsende, überregionale Herrscherfamilien. Das gilt im Bereich Hochrhein-Südschwarzwald „für die [[Zähringer]] als Vögte von [[Kloster St. Blasien|St. Blasien]], [..] die [[Lenzburger]] als Vögte von [[Kloster Rheinau|Rheinau]] und die [[Nellenburger]] als Gründervögte von [[Kloster Allerheiligen|Allerheiligen]] zu Schaffhausen.“ Konstituierend für die neuen Machtgebilde war die Verbindung mit Klöstern als Kultur- und Wirtschaftszentren, auch im Gegensatz zu den sich entwickelnden Städten. Ihnen standen die an die 15 im Klettgau verwurzelten, einheimischen Adelshäuser gegenüber, die mit den ebengenannten Familien zwar den gleichen Stand, aber nicht die gleiche Macht gemein hatten.<ref group="Anm">Maurer nennt – außer den Krenkingern – die Herren von Degernau, von Wutöschingen, von Lauchringen, von Küssenberg, von Rheinau, von Lienheim, von Herdern, von Wasterkingen, von Rafz, von Jestetten, von Rüdlingen, von Balm, von Beringen, von Löhningen, von Ergoltingen [bei Neunkirch], von Haslach (bei Wilchingen), von Weißenburg, von Erzingen, von Grießen. (S. 97).</ref> „Von diesen, in der 1. Hälfte des 12. Jh. noch etwa 15 gleichzeitig im Klettgau lebenden edelfreien Häusern sind freilich gegen Ende desselben Jahrhunderts nur noch 3 oder 4 übrig geblieben. […] Die wenigen ‚übriggebliebenen‘ Adelshäuser der Landschaft waren [… im 13. Jh] die Grafen von Küssenberg und die Herren von Krenkingen. […] beides waren Geschlechter, die sich an die Herzöge von Zähringen anlehnten, denen es 1198 gelungen war, zu der Vogtei über die reiche Schwarzwaldabtei St. Blasien auch die Vogteirechte über das nicht weniger bedeutende Kloster Allerheiligen zu Schaffhausen zu gewinnen.“ Die scheinbar vorgezeichnete Bahn in einen „mächtigen Zähringerstaat“ beendete das „Aussterben des zähringischen Herzogshauses im Jahre 1218 […] Die nun klaffende Lücke im politischen Gefüge des Landes“ füllte ein Adelshaus, „das mehr als 100 Jahre hindurch die Landstriche links und rechts der Wutach, den Alpgau also ''und'' den Klettgauzu einer gewissen Einheit zusammenzuschließen vermochte. Dieses adelige Haus war das der Herren von Krenkingen.“<ref>Zitate im Kapitel: Helmut Maurer: ''Der Klettgau im frühen und hohen Mittelalter'', in: Franz Schmidt (Hrsg.): '' Der Klettgau'', Tiengen 1971, S. 96 ff.</ref> == Literatur == * Franz Schmidt (Hrsg.): ''Der Klettgau'', Stadt Tiengen (Hochrhein) 1971. == Anmerkungen == <references group="Anm" /> == Einzelnachweise == <references />