Benutzer:GerhardSchuhmacher/Ursprung

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Sammlung Kloster Rheinau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zusammensetzung zur Gründung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Klostergründung war ein Akt von hoher gesellschaftspolitischer Bedeutung. Im Süden Alamanniens kam zu den Altklöstern auf der Reichenau, dem Kloster St. Gallen und dem bischöflichen Zentrum in Konstanz relativ spät das Kloster Rheinau hinzu – eine Gründung, die anfangs mit nur undeutlich benannten Schwierigkeiten zu kämpfen hatte:

Erstgründung 778[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Errichtet wurde das Kloster 778 von Herzog Wolfhard, dem Sohn Ruthards und Schwiegervater Ludwigs des Frommen. Das erste halbe Jahrhundert der Gründung scheint wenig glücklich verlaufen zu sein, so daß Wolfhards Sohn Wolfinus oder Ethico und Enkel Wolfenus das Kloster von Grund auf wiederherstellen mußten“. (Sauer, 67).
  • Brigitte Matt-Willmatt/Karl-Friedrich Hoggenmüller schreiben: „Wolvene, ab 870 als Abt genannt, der das von seinen Vorfahren gestiftete, aber durch Streitigkeiten auch fast zugrunde gerichtete Kloster 852 wiederherstellte und es an König Ludwig den Deutschen übergab, der es als Königskloster 858 in seinen Schutz nahm. (LN, 69)
  • Nachgewiesen ist die Unterstellung Rheinaus unter den König des Ostfrankenreichs ist mit „einer Urkunde Ludwig des Deutschen vom 12. April 858.“: „Der König stellte fest, dass Graf Wolvene ihm sein Eigenkloster Rheinau übergeben habe, nachdem Feinde es fast zugrunde gerichtet hatten. (Schib, 14).
  • Im Zusammenhang dieser unsicheren Lage, die auch den Widerstand gegen die Normannen erschwerte, stellte die alamannische Wolvene/Gozbert-Familie das zerstörte oder krisenhafte Kloster Rheinau 858 wieder her. Dies kann eine Vorsichtsmaßnahme in der weltlich-politischen Krise der Herrscherhäuser gewesen sein, denn die Kirche hatte sich nun auch den Königen als an Einfluss überlegen gezeigt (Riche, 211).

Was hier „unglücklich“ verlief oder „fast zugrunde gerichtet“ wurde, ist nicht zu benennen, doch kann der politische Hintergrund im Frankenreich Aufschlüsse zulassen.

Die Gründung „um 778“ fällt in eine konfliktreiche Zeit:

Hintergrund 8. Jhdt.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem „in frühfränkischer Zeit […] die Bischöfe unbeschränkte Vollmacht über die Klöster ausübten“, erlitt dieses jedoch nicht „einheitlich geregeltes […] Rechtsverhältnis nun durch den Einbruch der Columba-Klöster ins fränkische Reich eine starke Verschiebung. […] Die Gründung (erfolgte) ohne die sonst vorgeschriebene Genehmigung der Bischöfe; auch in disziplinären, vemögensrechtlichen und selbst liturgischen Fragen stellen sich diese Klöster möglichst unabhängig hin und reklamierten für sich Freiheit des Besitzrechts und freie Abtswahl. Luxeuil[Anm 1] schaltet ausdrücklich und prinzipiell jeden Einfluß des Bischofs aus. […] Auch nach Übernahme der Benediktinerregel erhielt sich dieser Zustand fort. Da nun die Klöster vielfach großen Einfluß auf das Volk ausübten und in pastoreller Hinsicht häufig tätig waren, mußte es, sobald der Bischof seine volle Jurisdiktionsgewalt in der Diözese im Sinne der Canones wahrnehmen wollte, zu einem Konflikt mit diesem kommen.“ (Sauer, 81 f.).

Der Karolingerkönig Karlmann, der den Aufstand (?) niederschlug, und in der Folge der Vater Karls des Großen, Pippin, schlugen eine Politik ein, die „auf eine Festigung, allseitige Anerkennung und Erweiterung der bischöflichen Gewalt hinauslief. So haben die Konstanzer Bischöfe im 8. Jahrhundert mühelos die zwei mächtigsten Klostergründungen in der Nähe ihres Sitzes in ihre Abhängigkeit gebracht, Reichenau und St. Gallen […] Auf dem bischöflichen Stuhl von Konstanz saß Johannes II. (760–782), der bisherige Abt von St. Gallen, der der auch Abt der Reichenau wurde, so daß er die Leitung der beiden wichtigsten klösterlichen Niederlassungen wieder in seiner Hand vereinigte. […] Erst 782 erhielt die Abtei [Reichenau] wieder einen eigenen Abt, aber die Unterordnung unter den Diözesanbischof war offenbar vollendete Tatsache.“ (J. Sauer, 83).

Machtkampf um St. Gallen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Härter noch war der Konflikt um das Kloster St. Gallen: Der Anlass für den Streit „scheint die Wegnahme von Gütern durch die [neu eingesetzten fränkischen, also königstreuen?] Grafen Warin und Ruthard gewesen zu sein; als der tüchtige Abt Otmar dagegen Beschwerde erhob, ließ ihn Bischof Sidonius, angeblich wegen sittlicher Verfehlungen, auf der Insel Werd bei Stein festsetzen, wo er noch im gleichen Jahr (759) starb. […] Von jetzt an erscheint das Kloster unbedingt als bischöflich.“ (Sauer, 83 f.).

Doch unmittelbar nach dem Tod von Johannes II. (782), Bischof und gleichzeitig Abt von St. Gallen, wurde im Kloster „im Widerspruch mit dem [neuen Konstanzer] Bischof Egino (782–811) der Mönch Waldo zum Abt erwählt; da er sich der bischöflichen Autorität überhaupt nicht zu unterwerfen gewillt war, trotzdem ihn Karl der Große dazu bewegen gesucht hatte, nötigte Egino ihn kurzerhand zum Rücktritt und gab ihm als Nachfolger den Weltpriester Werdo.“ Nach dessen Tod (812) blieb der „Abtsposten vier Jahre unbesetzt“ und wurde vom Bischof verwaltet; „erst 816 konnte, wohl unter dem Druck der veränderten, den Klöstern wieder günstigen Kirchenpolitik Ludwigs des Frommen, die Abtswahl von den Brüdern wieder selbst vorgenommen werden, die auf Gozbert fiel.“ (84 f.). Diesem gelang es, die Machtstellung des Kloster wieder neu aufzubauen.

Zu erkennen ist, dass die (versuchte) Gründung von Rheinau 778 unmittelbar im Vorfeld dieses länger andauernden Machtkampfes zwischen den vom König gestützten Bischöfen und den Klöstern erfolgte. ((Dazu könnte es eine Rolle gespielt haben, dass die Gründung des Klosters durch den Alamannen Wolfene (Wolvene) bzw. der „Wolvene-Gozbert-Sippe“, die als alamannisch gilt, vorgenommen wurde.))?


[Anm 2]

((Regine Kemmerich-Lortzing, die eine „Gotsbert-Wolvene-Familie“ als „Rheinauer Stiftersippe“ voraussetzt, bezieht sich nicht auf diesen Grafen, sondern mit dem Datum 858 bereits auf dessen Sohn: „Wie bekannt hatte Wolvene das wohl um 800 gegründete Kloster Rheinau nur deshalb gegen den Willen seiner Verwandten [852] wieder herstellen und dem Schutz Ludwig des Deutschen (König: 843–876) unterstellen können [858], weil dieser die opponierenden Verwandten, allen voran wohl Gozbert, mit Grafenwürde und Besitz zufriedenstellte.“[1]))

Erst 818 wurde dem Kloster „die Immunität verliehen und damit der volle Charakter einer Reichsabtei. Der letzte Rest, der noch an das alte Abhängigkeitsverhältnis zu Konstanz erinnert, fiel 854 mit der Aufhebung des Zinsrechtes; damals wurde auch eine neue Abgrenzung des Gebiets von St. Gallen und der Diözese Konstanz vorgenommen; von jetzt an erstreckte sich die bischöfliche Jurisdiktion nur auf seine Diözesanrechte.“ (Sauer, 85).

Diese grundsätzliche Regelung der Verhältnisse könnte die Voraussetzung dafür geschaffen haben, dass die bisherige Klosteranlage 858 erneuert werden konnte. Ganz funktionsunfähig war die Einrichtung offensichtlich schon eine Weile zuvor nicht, denn 844 dokumentiert eine Urkunde einen Gütertausch:

  • „844 […] tauschte der Edle Rinloz seine Güter zu ‚Louchiringa‘ mit dem Kloster Rheinau gegen dessen Besitz im Dorfe Detzeln, wozu der Graf Gotsbert seine Einwilligung gab.“[Anm 3]

Neugründung des Klosters[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dem Enkel des Erstgründers Wolfhard, „Wolfenus, stand als geistiger Berater der Schottenmönch Fintan zur Seite […] Nach der Neugründung und Neubesiedelung (mit Mönchen von St. Gallen und der Reichenau) [858] erlangte Wolfenus durch Vermittlung Hrabans, des Konstanzer Bischofs Salomon und des Reichenauer Abtes Folkwin von Ludwig dem Deutschen das Recht der freien Abtswahl und die Bestellung eines eigenen Vogtes.

Um die gleiche Zeit wurde der Leib des hl. Blasius von Rom nach Rheinau übertragen und verschaffte dem Kloster nicht geringen Ruhm; ein Teil davon wurde 866 oder 870 nach der Albzelle verbracht, aus der sich 100 Jahre später St. Blasien entwickelte. Von den Äbten der ersten Zeit [Rheinaus] sind nur die von der Neugründung durch Wolfenus an noch feststellbar; es scheint, daß ursprünglich nur eine kleine Einsiedelei bestanden hat, sonst hätte sich doch mindestens eine Erinnerung an die Vorsteher in die für das Verbrüderungsbuch von St. Gallen abgefaßte Mönchsliste hinüberretten müssen. Als erster Abt begegnet uns um die Mitte des 9. Jahrhunderts der von St. Gallen durch Wolfen berufene Gozbert, ihm folgen Anwart, Wolfen, der Wiederhersteller des Klosters († 878), Wichram; im 10. Jahrhundert (963–975) der als Bischof von Konstanz und als Heiliger berühmt gewordene Konradus.“[2]

Anfänge des Klosters Rheinau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufzeichnungen über Führungspersönlichkeiten jener Epoche entstanden nun durch die zahlreichen, zu beurkundenden Eigentumsübertragungen auch auf regionaler Ebene – zumeist vom Adel an die Kirche, an die Klöster als Stützpunkte der Königsmacht. Dabei ging es nur vordergründig um das oft beschworene „Seelenheil“ der Schenkenden – es ging um Dispositionen der regionalen Herrscher zur weltlichen Zentralgewalt und ihren Fraktionen, die sich wiederum im Wechselspiel mit den religiösen Machthabern, auf höchster Ebene den Bischöfen, befand.

8. und 9. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Errichtet wurde das Kloster 778 von Herzog Wolfhard, dem Sohn Ruthards und Schwiegervater Ludwigs des Frommen. Das erste halbe Jahrhundert der Gründung scheint wenig glücklich verlaufen zu sein, so daß Wolfhards Sohn Wolfinus oder Ethico und Enkel Wolfenus das Kloster von Grund auf wiederherstellen mußten; Wolfenus stand als geistiger Berater der Schottenmönch Fintan zur Seite, der 878 im Geruche der Heiligkeit gestorben ist. (Sauer, 67).

Nach der Neugründung und Neubesiedelung (mit Mönchen von St. Gallen und der Reichenau) [858] erlangte Wolfenus durch Vermittlung Hrabans, des Konstanzer Bischofs Salomon und des Reichenauer Abtes Folkwin von Ludwig dem Deutschen das Recht der freien Abtswahl und die Bestellung eines eigenen Vogtes. Um die gleiche Zeit wurde der Leib des hl. Blasius von Rom nach Rheinau übertragen und verschaffte dem Kloster nicht geringen Ruhm; ein Teil davon wurde 866 oder 870 nach der Albzelle verbracht, aus der sich 100 Jahre später St. Blasien entwickelte. Von den Äbten der ersten Zeit [Rheinaus] sind nur die von der Neugründung durch Wolfenus an noch feststellbar; es scheint, daß ursprünglich nur eine kleine Einsiedelei bestanden hat, sonst hätte sich doch mindestens eine Erinnerung an die Vorsteher in die für das Verbrüderungsbuch von St. Gallen abgefaßte Mönchsliste hinüberretten müssen. Als erster Abt begegnet uns um die Mitte des 9. Jahrhunderts der von St. Gallen durch Wolfen berufene Gozbert, ihm folgen Anwart, Wolfen, der Wiederhersteller des Klosters († 878), Wichram; im 10. Jahrhundert (963–975) der als Bischof von Konstanz und als Heiliger berühmt gewordene Konradus.“[3]

Die Aufzählung im 9. Jahrhundert endet im vorangegangenen Zitat mit Wichram – unerwähnt bleibt hier der dann anderweitig festgestellte Graf Gozbert als Abt von Rheinau von 888 bis 912. Gleichzeitig soll er – zumindest bis 892 – auch noch Graf des Klettgau gewesen sein.

Wie Borgolte (Michael Borgolte: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit – Eine Prosopographie. 1986, S. 134 f.) unter Berufung auf Schmid betont, sind Personen namens Gozbert, Wolvene, Liutold und Berengar Angehörige der ‚Rheinauer Stifter‘ und miteinander verwandt; auch der Nibelgaugraf Gozbert von 855 gehört dazu, der wohl am meisten Widerstand gegen die Wiedererrichtung des Klosters Rheinau leistete (Borgolte, 135 f.). Da der König die Gegner Wolvenes mit Grafschaften entschädigte, dürfte Gozbert der Hauptnutznießer dieser ‚Entschädigung‘ geworden sein. Später ist auch im Klettgau ein Graf Gozbert nachgewiesen, der seit 888 zugleich als Laienabt dem Kloster Rheinau vorstand (Borgolte, S. 138). Maurers Ansicht, dieser habe als Gaugraf im Klettgau amtiert, widerspricht er jedoch, denn die Grafenformel ‚coram Cozperto comite‘, die Maurer (Helmut Maurer: Das Land zwischen Schwarzwald und Randen im Frühen und Hohen Mittelalter. In: Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte, Bd. 14, 1965, S. 46 f.) für eine Besitzübertragung in Wunderklingen anführe, tauche auch in einer anderen Urkunde auf, in der ausdrücklich ein anderer als Graf im Klettgau bezeichnet werde. Seines Erachtens ist der Grafenrang Gozberts wohl eher auf seine vormalige Tätigkeit als Graf im Nibelgau und dazu auf das Rheinauer Immunitätsprivileg von 858 zurückzuführen und beschränkt sich damit auf die klösterlichen Besitzungen. Erstaunlich dabei ist für Borgolte (Michael Borgolte: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. 1984, S. 20.), daß Gozberts Tätigkeit als comes nun wohl nicht nur potentiell, sondern auch tatsächlich die Kompetenz seiner als Grafen im Klettgau, Thurgau und wohl auch im Alpgau und Hegau amtierenden Verwandten Adalbert II. und Adalbert III. eingeschränkt haben dürfte und dennoch offensichtlich ein konfliktfreies Einvernehmen zwischen dem Abtgrafen und den Adalberten bestanden haben muß. Er zieht daraus den Schluß, daß der Klettgau vermutlich gar kein eigener Comitat im Sinne eines königlichen Amtes war (Borg, 1984, 211). Aus den Rheinauer Akten ist jedenfalls nicht ohne weiteres zu schließen, daß Gozbert einen eigenen Comitat hatte bzw. wo er gelegen haben könnte. Wenn es sich dabei nun aber um einen Bezirk handelt, der als Entschädigung von dem später als ‚fiscus regalis Schleitheim‘ bezeichneten Königsgut abgetrennt worden war, enthält vielleicht der Name ‚Stühlingen‘ einen Hinweis darauf. […] Wenn man also zu dem Schluß kommt, daß Stühlingen im 9. Jh. im Sinne einer ‚Abfindung‘ für die Restaurierung des Klosters Rheinau von dem Karolinger Ludwig dem Deutschen als ‚Stuhlbezirk‘ und damit als Grafschaft an die Rheinauer Stifterfamilie gegeben worden war – obwohl darüber keine Urkunde vorhanden ist –, so würde sich dadurch doch für viele Fragen eine Erklärung anbieten ...[4]

Leben Gozberts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Literatur herrscht zu Vorgängen Mitte des 9. Jahrhunderts Unsicherheit über die Identität eines Gozbert, da zum einen ein Mann mit diesem Namen in den Urkunden oft als „Graf“ oder aber genauer bestimmt als „Klettgaugraf“ über einen längeren Zeitraum hin (844 bis 892) mit Bezug auf Rheinau erwähnt wird.(?)

Zum anderen soll ab 837 ein Abt von St. Gallen mit Namen Gozbert auf Veranlassung Wolvenes dann der erste Abt von Rheinau gewesen sein (eventuell bis 850). Als Möglichkeit gilt, dass dieser mit dem oben genannten Klettgaugrafen Gozbert identisch ist.

Vater und Sohn (?) mit Namen Gozbert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „844 […] tauschte der Edle Rinloz seine Güter zu ‚Louchiringa‘ mit dem Kloster Rheinau gegen dessen Besitz im Dorfe Detzeln, wozu der Graf Gotsbert seine Einwilligung gab.“[Anm 4]

Wenn nun der hier genannte Graf Gozbert als Klettgaugraf gesetzt wäre, so stünde die Zeitangabe 844 im Widerspruch mit der von 850, denn Landfrid gilt seit 827 und noch 850 als Klettgaugraf. Gozbert wird jedoch in der Lauchringer Urkunde 844 nur als „Graf“ bezeichnet, sodass er zu diesem Zeitpunkt gemäß den Besitzverhältnissen um Lauchringen und Detzeln verortet werden könnte. Da beide Orte nördlich (rechts) der Wutach liegen, könnte es sich beim Gozbert von 844 um den Alpgau-Graf gehandelt haben.

Regine Kemmerich-Lortzing, die eine „Gotsbert-Wolvene-Familie“ als „Rheinauer Stiftersippe“ voraussetzt, bezieht sich nicht auf diesen Grafen, sondern mit dem Datum 858 bereits auf dessen Sohn: „Wie bekannt hatte Wolvene das wohl um 800 gegründete Kloster Rheinau nur deshalb gegen den Willen seiner Verwandten [852] wieder herstellen und dem Schutz Ludwig des Deutschen (König: 843–876) unterstellen können [858], weil dieser die opponierenden Verwandten, allen voran wohl Gozbert, mit Grafenwürde und Besitz zufriedenstellte.“[5]

Zu dieser Zeit waren die Grafschaften noch nicht erblich, d.h., sie wurden jeweils vom König wieder neu vergeben und so könnte Sohn Gozbert nach seinem gleichnamigen Vater erneut zum Graf geworden sein. Unklar ist, mit welcher „Grafenwürde“ er belehnt wurde. Diese Belehnung als Ausgleich für die Bevorzugung von Wolvene, versucht Kemmerich-Lortzing – da die Grafenämter ringsum besetzt erscheinen – auf eine bestehende oder neu eingerichtete Herrschaft Stühlingen zu beziehen, vermutlich auf Königsgut mit seinem Umfeld. Daraus könnte dann – gleichermaßen ‚amtlich‘ eine Grafschaft Stühlingen entstanden sein. Demnach wäre also der Sohn Gozbert mit Stühlingen belehnt worden und – vermutlich noch auf ‚territoriale Kosten‘ der Grafschaft Alpgau – zum Grafen ernannt worden.

Siehe: Regine Kemmerich-Lortzing zur Gründung des Klosters: Wiederherstellung des Klosters

Zu Wolvene, der 858 auch „Graf“ genannt wird:

Nachgewiesen ist die Unterstellung Rheinaus unter den König des Ostfrankenreichs ist mit „einer Urkunde Ludwig des Deutschen vom 12. April 858.“: „Der König stellte fest, dass Graf Wolvene ihm sein Eigenkloster Rheinau übergeben habe, nachdem Feinde es fast zugrunde gerichtet hatten. Wolvene verschaffte dem Kloster eine sichere wirtschaftliche Grundlage durch die Schenkung ausgedehnten Grundbesitzes zwischen der Thur und dem Schaffhauser Rhein. […] Durch die Unterstellung unter königlichen Schutz wurde Rheinau Königskloster. In eindringlichen Untersuchungen wurde versucht, genealogische Zusammenhängen zwischen den Stiftern des neunten Jahrhunderts und dem Personenkreis festzustellen, der in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts Rheinau zu einem Stützpunkt der Reichspolitik zu machen versuchte.“[6]

Die Schenkungsorte könnten darauf hinweisen, das Wolvene Graf des Thurgau gewesen ist.

Lage im Karolingerreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Teilung des Fränkischen Reiches im Jahre 843

Nach dem Tod Karls des Großen 814 führte sein Sohn Ludwig der Fromme das Frankenreich noch fast 20 Jahre einheitlich, obwohl schon Karl eine Lösung nach dem Prinzip der Erbteilung als die einzige Möglichkeit zur Bewältigung der zunehmenden äußeren und inneren Probleme ansah. Erst 843 teilten Ludwigs Söhne mit dem Vertrag von Verdun das fränkische Territorium in drei voneinander getrennte Königreiche. Das rechtsrheinisch von der Ostsee bis an die Alpen umgrenzte Ostfrankenreich mit Alamannien erhielt Ludwig der Deutsche. Schon bald darauf begannen sich die Brüder untereinander zu bekämpfen.

Hintergrund
„Der König des Ostfrankenreiches [Ludwig der Deutsche] entwickelte sich immer mehr zum ‚starken Mann‘ des Abendlandes. Die Zunahme der Normanneninvasion und einen aquitanischen Adelsaufstand nahm er im Jahr 858 zum Anlaß für einen Vorstoß in die Francia occidentalis [Karl des Kahlen]. Erneut war also wieder ein Bruderkrieg ausgebrochen und die Kirche mußte einschreiten, um die Reichseinheit zu retten. […] Ludwig der Deutsche beschloß, den hohen Klerus der gesamten Francia occidentalis nach Reims einzuladen.[…] Aber die hohe Geistlichkeit, deren herausragende Persönlichkeit Erzbischof Hinkmar von Reims war, verweigerte ihr Kommen und richtete zudem ein ausführliches Schreiben an Ludwig. Darin wurde der König an seine Pflichten erinnert und es wurden die Bischöfe als jene herausgestellt, die über Heil und Einigkeit der Christen zu wachen hätten. […] Ludwig war vom Widerstand des Episkopats überrascht, er mußte sich nach Osten zurückziehen und ließ dabei die mit ihm verbündeten Adligen im Stich, die wieder zu Karl dem Kahlen übertraten.“ (Ri 209 f.)

Im Zusammenhang dieser unsicheren Lage, die auch den Widerstand gegen die Normannen erschwerte, stellte die alamannische Wolvene/Gozbert-Familie das zerstörte oder krisenhafte Kloster Rheinau 858 wieder her. Dies kann eine Vorsichtsmaßnahme in der weltlich-politischen Krise der Herrscherhäuser gewesen sein, denn die Kirche hatte sich nun auch den Königen als an Einfluss überlegen gezeigt: „Am 7. Juni 860 (schwor) jeder der Könige einen Eid […] und versprachen, einander in ihren Königreichen Gesetz, Recht und Sicherheit zu garantieren. So hatten die Bischöfe unter Hinkmars Führung die Einigkeit der Christenheit wieder hergestellt.“ (Ri 211) 860 konnte Karl der Kahle auch zum Gegenangriff gegen die Normannen antreten, deren Angriffe bis 879 vorerst zurückgeschlagen werden konnten.

Nach seinem Misserfolg 858 verblieb Ludwig der Deutsche – „zutreffender wäre ‚Ludwig von Bayern‘.“ (Riché) –, der König im Ostfrankenreich [auch Francia orientali genannt]: „Seine Machtbasis war Bayern mit Regensburg als Hauptort. […] In den übrigen Gebieten des Reiches teilten sich die großen Adelsgeschlechter in die Führungspositionen. Die Nachfahren von Karls des Großen Schwager Gerold waren Grafen in den alamannischen Gebieten. […] Alles in allem konnte Ludwig seinen Herrschaftsanspruch durchsetzen, doch es fehlten ihm die Mittel, um überall eine wirksame Kontrolle ausüben zu können. Es gab keine missi [Königsboten und Kontrolleure], keine allgemeinen Reichsversammlungen und die Grafschaften waren meist sehr großräumig zugeschnitten. Er stützte sich auf die Kirche und die großen Abteien, die regelrechte Klosterstädte bildeten. […] In Alamannien waren St. Gallen und Reichenau gleichzeitig große Grundherrschaften und Zentren des kulturellen Lebens.“ (Ri 224-226).

Im Osten war es seit 830 zu einer Staatsbildung in Mähren gekommen, die auch die Tschechen in Böhmen vereinnahmte und die „Autorität des ostfränkischen Königs“ untergrub. Ludwigs ältester Sohn Karlmann „erhob sich 861 im Bündnis mit dem Herzog von Mähren. Ein weiterer Aufstand folgte 864.“ (Ri, 226 f.)

„865 entschloß sich Ludwig dann, das karolingische Teilungsprinzip zu befolgen. Vorgesehen wurde eine Dreiteilung des Reiches nach seinem Tod: Karlmann sollte König von Bayern werden und die Slawenmarken erhalten; an Ludwig den Jüngeren sollten Franken, Thüringen und Sachsen fallen; für Karl III. blieb als Anteil Alemannien und Churrätien, also das künftige Herzogtum Schwaben. Nach Ludwig des Deutschen Tod 876 wurde dieser Teilungsplan verwirklicht.“

Pierre Riché: Die Karolinger. 1992, S. 227.

Teilungsjahr 876
Eine derartige Reichsteilung war ein Vorgang, der für alle führenden Persönlichkeiten Folgen haben musste, die heute möglicherweise und im einzelnen nicht mehr zu rekonstruieren sind – in diesem Zusammenhang kann die ‚Schenkungswelle‘ Gozberts 876 als eine politische Entscheidung verstanden werden. Die alamannischen Grafen bauten als ‚kirchliche Basis‘ ihr Kloster Rheinau aus.

Karl III. gelang ab 879 nochmals kurzfristig eine Reichseinigung, doch nach einem Kompromiss mit den Normannen (gegen hohen Tribut und die freie Plünderung von Burgund) verlor er die Unterstützung der Adligen und starb 888 – „das noch einmal zusammengefasste Reich löste sich nun endgültig auf.“[7]

Wiederum ist am Hochrhein eine „Schenkungswelle“ zu verzeichnen, 888 soll in einer Urkunde auch die Küssaburg genannt sein.[Anm 5]

Wiederherstellung des Klosters[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brigitte Matt-Willmatt/Karl-Friedrich Hoggenmüller schreiben: „Wolvene, ab 870 als Abt genannt, der das von seinen Vorfahren gestiftete, aber durch Streitigkeiten auch fast zugrunde gerichtete Kloster 852 wiederherstellte und es an König Ludwig den Deutschen übergab, der es als Königskloster 858 in seinen Schutz nahm. Die Vergabungen von Wolvene und des mit ihm verwandten Klettgaugrafen Gotsbert waren Grundstock des mit der Zeit vor allem durch Tausch und Schenkungen erweiterten Klosterbesitzes im Klettgau, der Rheinau bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts erhalten blieb.“[8]

R. Kemmering-Lortzing stellte nun fest: „In der zweiten Hälfte des 9. Jh.s entwickelten sich die Beziehungen zwischen dem Inselkloster und der Rheinauer Gründerfamilie […] sehr eng und erreichten ihren Höhepunkt, als der Edle Gozbert, wohl ein Nachfahre des vorigen, zugleich als Laienabt (888) und als Klettgaugraf (892) fungierte. Rheinau wurde so zum Stützpunkt der Reichspolitik.“[9]

Bei ‚Rheinau als Stützpunkt der Reichspolitik‘ kann es sich um eine Fehleinschätzung der Historikerin handeln, denn das Reich befand sich in Auflösung – Rheinau war eher ein Stützpunkt der alamannischen Grafen, die in der Krisensituation ihre regionale Herrschaft damit abzusichern versuchten.

Ursprung Stühlingen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bezug zum Kloster Rheinau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachweisbar ist in einer Rheinauer Urkunde von 1181 der Bezug auf einen „Hildibold von Stulingin“, der den Historiker Gustav Häusler zur Annahme veranlasste, ”Stühlingen sei wohl vom Kloster Rheinau aus kirchlich betreut worden.“ (R. K.-L., S. 80) Diese (relativ späte) „Spur zum Kloster Rheinau“ lenkte den Blick auf das um 800 gegründete Kloster und seine Vorgeschichte.

Nachweisbar ist dort die Existenz der so genannten „Rheinauer Stiftersippe“ – die Gozbert-Wolvene-Familie – deren Bezeichnung als „Sippe” bereits auf deren alamannische Herkunft Bezug nimmt. Nach der Kloster-Zerstörung durch die Ungarn (xy) stellte Wolvene das Kloster wieder her und unterstellte es dem Schutz des (fränkischen) Karolinger-Königs Ludwig des Deutschen.

Die Ende des 5. Jahrhunderts über die Alamannen siegreichen Franken (damals unter den Merowinger-Königen) hatten Alamannia zwar besetzt, doch konnten sie das Land nur stützpunktartig beherrschen: über strategisch wichtige (Verkehrs-)Knotenpunkte und vor allem über die Klöster. „Rheinau wurde so zum Stützpunkt der Reichspolitik“, doch hatte die Wiederherstellung des Klosters in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts durch den Alamannen Wolvene den Ärger des wohl zweiten Sippenoberhauptes Gozbert (nachgewiesen 855) hervorgerufen, den der König (Ludwig) dann „mit Grafenwürden und Besitz zufriedenstellte.“

Diese Besitzübertragung durch den König erfolgte über einen Zwischenschritt, denn „ausgedehnter Besitz der Gozbert-Wolvene-Familie” befand sich in der „Verfügungsgewalt Kunos von Öhningen“, der – 1987 durch den Historiker Eduard Hlawitschka nachgewiesen – „mit dem Herzog Konrad von Schwaben identisch ist.” Der Herzog war der Stellvertreter des Karolingerkönigs in Alamannia und der „Klettgaugraf“ war damals Teil der fränkischen Hierarchie. (R. K-L, S. 85 und 87). Die Frage, um welchen Besitz es sich dabei handelte, beantworten spätere Dokumente nicht eindeutig: Ein Edler namens Gozbert (der allerdings als Nachfahre des obigen gedeutet wird) ist 892 als Graf („coram Cozperto comit“) überliefert, gleichzeitig sind jedoch Grafen im Klettgau, Thurgau und auch im Alpgau und Hegau bekannt, so dass die Vermutung besteht, dass der „Graf Gozbert“ eine andere Zuweisung erhalten haben musste. (Borgolte I. und II., angeführt bei R. K-L., S. 88).

Nun herrscht unter den Historikern Einigkeit, dass der Name „Stühlingen- Stulingin“ tatsächlich auf einen Begriff „Stuhl“ zurückzuführen ist und dieser galt auch als „Sprengel eines Richters“, d.h., es könnte sich bei Gozberts Herrschaftsbereich um einen „Stuhlbezirk“ gehandelt haben, einem „Verwaltungsbezirk, in dem ein Burggraf […] Verwalter, Richter und Heerführer war.“ (nach Haberkern/Wallach, zit. in R. K-L., S. 88). Solch ein „Komitat“ (s.o.: „comit“) war nach Haberkern/Wallach (S. 209) auch „Freigut – ein von allen Lasten völlig oder teilweise befreites Grundstück (also Allod, Vogteigut o.ä.) definiert.“

Rheinheim (W. Pabst)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rheinheimer Schenkungsurkunden 892[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Urkunde vom 13. Februar 892, betreffend Liegenschaften in Altenburg und im heutigen Wunderklingen (im Wutachtal gegenüber von Untereggingen, auf dem Schweizer Wutachufer gelegen), die Gotsbert dem Kloster überschrieb.
  • Urkunde vom 18. Juni 892. Sie betrifft eine Liegenschaft in Bietingen, die Gotsbert gehörte und die ebenso dem Kloster Rheinau überlassen wurde.[10]
  • „Die dritte Urkunde stammt ebenfalls vom 18. Juni 892. Sie hat zum Inhalt Gotsberts Besitzungen in Laufen, Mörlen, Fluringen, Eglisau, dazu eine weitere Liegenschaft in Bietingen und Besitzungen in Rheinheim. Auch diesen Besitz vermachte Gotsbert seinem Kloster. Zu den Rheinheimer Liegenschaften gehörte auch Rebland an der Küssaburg.“ (Seite 6, Fußnote 2 des Buch über das 1000jährige Jubiläum des Klosters Rheinau, 1778.)

Die Urkunde selbst ist verschollen, doch existiert eine lateinische Übersetzung: „Die Mönche fertigten bereits im 12. Jahrhundert Abschriften ihrer wichtigen Urkunden an. Diese Sammlung von Abschriften blieb erhalten und wird als Rheinauer Kartular bezeichnet. […] Der ‚Geheimschreiber‘ des Klosters, der erstmals die drei Urkunden mit den zugehörigen Abschriften im 9. Jahrhundert ausfertigte war, der Mönch Luitbert. Wer im 12. Jahrhundert die Abschriften fertigte, ist nicht überliefert. Alle drei Schriften wurden ‚im Wäldchen Hunirislo‘ geschrieben. In der Rheinheimer Urkunde heißt die Örtlichkeit ‚Hönresloh‘. Der Ort liegt, wie die Urkunde berichtet, im Thurgau.“[11]

Lateinischer Text der „Rheinheimer“ Urkunde: Gemeinde Küssaberg Webseite pdf. (W. Pabst: Rheinheim, 2011, S. 26 f. (Abbildung der Urkunde auf S. 28).

Im Buch, das zur Tausendjahrfeier des Klosters Rheinau im Jahre 1778 herausgegeben wurde, ist zu lesen, dass die Stifter des Klosters zum Adelsgeschlecht der Welfen gehörten, also zum Süddeutschen Hochadel. Gotsbert war ebenfalls Welfe. Er wird in diesem Buch ausdrücklich als Gaugraf des Klettgaus und des Alpgaus bezeichnet. Seine umfangreichen Besitzungen in unserer Gegend hatte er erworben, indem er Besitz, den die Familie andernorts hatte, gegen Liegenschaften unserer Region tauschte. Bei den Tauschgeschäften werden die Namen von Kaiser Karl III (Karl der Dicke), und Abt Wolfen von Rheinau erwähnt. Wolfen war der dritte Abt von Rheinau (858 bis 878). […] Gotsbert hatte einen Sohn namens Folker, der als Mönch ebenfalls im Kloster Rheinau lebte.[12]

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

8. Jhdt.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Karolingerkönig Karlmann, der den Aufstand niederschlug, und in der Folge der Vater Karls des Großen, Pippin, schlugen eine Politik ein, die „auf eine Festigung, allseitige Anerkennung und Erweiterung der bischöflichen Gewalt hinauslief. So haben die Konstanzer Bischöfe im 8. Jahrhundert mühelos die zwei mächtigsten Klostergründungen in der Nähe ihres Sitzes in ihre Abhängigkeit gebracht, Reichenau und St. Gallen. […] Erst 782 erhielt die Abtei [Reichenau] wieder einen eigenen Abt, aber die Unterordnung unter den Diözesanbischof war offenbar vollendete Tatsache.“[Anm 6] (82).

Härter noch war der Konflikt um das Kloster St. Gallen: Der Anlass für den Streit „scheint die Wegnahme von Gütern durch die [neu eingesetzten fränkischen] Grafen Warin und Ruthard gewesen zu sein; als der tüchtige Abt Otmar dagegen Beschwerde erhob, ließ ihn Bischof Sidonius, angeblich wegen sittlicher Verfehlungen, auf der Insel Werd bei Stein festsetzen, wo er noch im gleichen Jahr (759) starb. […] Von jetzt an erscheint das Kloster unbedingt als bischöflich.“ (83 f.).

Doch unmittelbar nach dem Tod von Johannes II. (782), Bischof und gleichzeitig Abt von St. Gallen, wurde im Kloster „im Widerspruch mit dem [neuen] Bischof Egino (782–811) der Mönch Waldo zum Abt erwählt; da er sich der bischöflichen Autorität überhaupt nicht zu unterwerfen gewillt war, trotzdem ihn Karl der Große dazu bewegen gesucht hatte, nötigte Egino ihn kurzerhand zum Rücktritt und gab ihm als Nachfolger den Weltpriester Werdo.“ Nach dessen Tod (812) blieb der „Abtsposten vier Jahre unbesetzt“ und wurde vom Bischof verwaltet; „erst 816 konnte, wohl unter dem Druck der veränderten, den Klöstern wieder günstigen Kirchenpolitik Ludwigs des Frommen, die Abtswahl von den Brüdern wieder selbst vorgenommen werden, die auf Gozbert fiel.“ (84 f.). Diesem gelang es, die Machtstellung des Kloster wieder neu aufzubauen.

Bereits 806 hatte „Warins Sohn Isenhard – sein Vater hatte dem Kloster Güter entzogen –, größere Schenkungen an das Kloster [ge]macht zur Sühne für das diesem zugefügte Unrecht.“ (83 f.).

Mitten im Konflikt zwischen den vom König gestützten Bischöfen und den Klöstern erfolgte die Gründung des Klosters Rheinau 778 durch den Alamannen Wolfene (Wolvene) bzw. der „Wolvene-Gozbert-Sippe“, die als alamannisch gilt.[Anm 7]

Es liegt nahe, diese Gründung als eine gezielte Maßnahme von alemannischer Seite aus zu begründen.

Neuformierung der Macht im Ostfrankenreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Ausgang des 9. jahrhunderts geriet das Karolingerreich in eine Krise, die es nicht überlebte. Nicht nur wurde es seit langemdurch fastjährliche Invasionen, vor allem der Normannen, schwer heimgesucht und durch nicht enden wollende innere Kämpfe verwüstet. Als eine Gruppe von Verschwörern aus Bayern, Ostfranken, Alemannien und Sachsen Ende 887 den schwerkranken Kaiser Karl III. abgesetzt hatten und dieser kurz danach starb, schien es keinen thronfähigen Karolinger mehr zu geben.[13] ISBN 3-406-44746-5.

„Es gab unmittelbar Versuche, eine neue Königsherrschaft zu etablieren, seit 888 wurden zugleich in allen teilen des Karolingerreiches Männer zum Königtum erhoben, deren Väter keine Könige gewesen waren [und …] nicht nur das Karolingerreich zerfiel; auch die Teilreiche, in die es zum Schluß gegliedert war.“

Hintergrund Ende des 9. zum 10. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Tode Ludwig des Deutschen 876 als Herrscher von Ostfranken wurde dieser Teil des ehemaligen fränkischen Reiches noch einmal dreigeteilt – neben seinen zwei Brüdern hatte Ludwig III. Alamannien und Churrätien erhalten. Innerhalb kurzer Zeit starben nicht nur die karolingischen König des West- und mittleren Reiches, sondern auch seine Brüder als Teilherrscher Ostfrankens, so dass Ludwig noch ein letztes Mal das ehemalige Gesamtreich vereinigen konnte und 881 sogar zum Kaiser gekrönt wurde, doch erkrankte er schon bald und starb am 13. Januar 888: „Der Traum von der Erneuerung des Kaisertums war damit ausgeträumt, das noch einmal zusammengefaßte Reich löste sich endgültig auf. […] Aber diesmal waren es nicht mehr Karolingerherrscher, von denen die Trümmer des Reiches beansprucht wurden, […] nun ließen sich die Oberhäupter der führenden Familien vom Adel wählen.“ (Ri, 257 f.). Der regionale Adel stellte die Herrscher.

In der ehemaligen Gebietseinheit, „zu der drei alte merowingische Dukate gehörten: Alemannien, Rätien und Elsaß […] stritt sich nach 888 das bedeutende Geschlecht der Hunfridinger, vertreten durch Adalbert, Graf im Thurgau und dessen Bruder Burchard, Markgraf in Rätien mit Salomon III. (890–919, dem mächtigen Bischof von Konstanz und Abt von St. Gallen.“

Abschrift:

„Das bedeutende Geschlecht der Hunfridinger, vertreten durch Adalbert, Graf im Thurgau und dessen Bruder Burchard, Markgraf in Rätien stritt sich nach 888 mit Salomon III. (890–919, dem mächtigen Bischof von Konstanz und Abt von St. Gallen. Der Bischof konnte die beiden Adligen töten lassen, ihre Erben wurden verbannt. Der Versuch, Burchards I., das land seiner Ahnen wieder in Besitz zu nehmen, führte zum Konflikt mit Erchanger, dem neuen Herzog von Schwaben. Für König Rudolf II. von Hochburgund war dies die Gelegenheit zum Eingreifen, aber er wurde 919 von Burchard bei Winterthur besiegt.“ (Ri, 268).

Zuletzt setzte sich ein Erchanger, nun als Herrscher des neu gefassten Herzogtum Schwaben durch. (Ri, 268).

In Kenntnis dieser Vorgänge gewinnt die ‚Schenkungspolitik‘ des Grafen Gozbert an Rheinau bei gleichzeitiger Übernahme der Klosterführung den Charakter eines „politischen Schachzuges“ – er sicherten seinen oder einen Teil seines gräflichen Besitzes durch die Übertragung an eine Instanz der kirchlichen macht, deren Kontrolle er gleichzeitig übernahm. In diesem Licht sind die Urkunden von 876 bis 892 zu verstehen. Es war eine langfristige familiäre Strategie im Auflösungsprozess des fränkischen Reiches seit der Mitte des 9. Jahrhunderts.

Erst 919 gelingt es mit Heinrich I. einen Mann aus sächsischem Adel zum König zu erheben, dem es gelingt, „die Herrschaft an seine Nachkommen weiterzugeben. Doch nicht nur alle seine Söhne werden Könige, sondern nur einer“. (14 f.)

Damit „formten sich bei den Königs- und Herzogsfamilien neue Strukturen aus: Die Herrschaft über ein Königreich, über ein Herzogtum wurde nicht mehr geteilt, sollte sie erblich sein, konnten jeweils nur ein Sohn dem Vater folgen.“ Heinrich I. war somit Stammvater eines neuartig strukturierten Königshauses „und obwohl er und seine Nachkommen sächsischer Herkunft sind, ist ihr Reich kein Reich der Sachsen. […] Die in ihm vereinten Völker – die Franken an Mittelrhein und Main, die Sachsen mit den Thüringern, die Bayern, die Alemannen oder Schwaben – sind der Königsherrschaft gleichberechtigt zugeordnet.“[14]

Textblock Frühmittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Lothars Tod 855 erbte sein ältester Sohn Lothar II. das Mittelreich. Nach dessen Tod 869 kam es zum Konflikt zwischen Karl und Ludwig um das Erbe, was 870 zur Teilung im Vertrag von Meerssen führte. Damit formierten sich endgültig das West- und das Ostfrankenreich, während in Italien von 888 bis 961 separat Könige regierten. Die Idee der Reichseinheit hatte weiterhin einige Anhänger. Unter Karl III., der 881 die Kaiserkrone errang und seit 882 über ganz Ostfranken herrschte, war das gesamte Imperium für wenige Jahre noch einmal vereint, als er 885 auch die westfränkische Königskrone erwarb. Doch blieb diese Reichseinigung eine Episode, zumal Karl die zunehmenden Wikingerangriffe nicht effektiv abwehren konnte (Frieden von Asselt 882 und Belagerung von Paris 885–886) und Ostfranken Ende 887 an seinen Neffen Arnolf verlor (reg. 887–899).[15] In der „Regensburger Fortsetzung“ der Annalen von Fulda ist zum Jahr 888 abschätzig vermerkt, nach dem Tod Karls (im Januar 888) hätten viele reguli (Kleinkönige) in Europa nach der Macht gegriffen. Arnolf bestätigte die Herrschaft der neuen Könige, so in Westfranken, Burgund sowie Italien. Seine Herrschaftsbasis war Bayern. Er beschränkte seine Herrschaft explizit auf Ostfranken, wo er Slawen und Wikinger abwehrte. Einen Italienzug lehnte Arnolf zunächst ab. Erst 894 begab er sich einem päpstlichen Hilferuf folgend nach Italien; 896 erwarb er sogar die Kaiserkrone.[16] Dennoch war der Zusammenbruch des Karolingerreichs unübersehbar.

Auch kulturell trat im späten 9. Jahrhundert ein Niedergang ein, vor allem in Ostfranken, wo es zu einem spürbaren Rückgang der literarischen Produktion kam. Im Osten starb der letzte Karolinger Ludwig das Kind im Jahr 911; ihm folgte Konrad I. nach. Konrad war bemüht, Ostfranken zu stabilisieren, wobei er sich gegen den mächtigen Adel behaupten und gleichzeitig die Ungarn abwehren musste, die wenige Jahre zuvor ein Reich gegründet hatten. Am Ende erwies sich seine Herrschaft, die durchaus an karolingischen Traditionen orientiert war, als bloße Übergangszeit zu den Ottonen, die von 919 bis 1024 die ostfränkischen Könige stellten. In Westfranken regierten die Karolinger mit Unterbrechungen noch bis zum Tod Ludwigs V. 987, hatten jedoch schon zuvor ihre Macht weitgehend verloren. An ihre Stelle traten die Kapetinger, die anschließend bis ins 14. Jahrhundert die französischen Könige stellten. Allerdings war das französische Königtum zunächst weitgehend auf seinen Kernraum in der Ile de France beschränkt und übte nur eine nominelle Oberherrschaft über die Machtbereiche selbstbewusster Herzöge aus.

Textblock II[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Reich der Ottonen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ostfränkisches Reichsgebiet in ottonischer Zeit

Nach dem Tod des ostfränkischen Königs Konrad im Jahr 919 bestieg mit Heinrich I. das erste Mitglied des sächsischen Hauses der Liudolfinger („Ottonen“) den ostfränkischen Königsthron; sie konnten sich in der Folgezeit bis 1024 im Reich behaupten.[17]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Luxeuil wurde 732 von den Sarazenen zerstört und später von Karl dem Großen als Bendiktinerabtei wieder hergestellt.
  2. Siehe Regine K-L.: Der hier zugehörige Gozbert ist mit dem St. Galler Abt Gozbert (816–837) identisch, der dann als „erster Abt von Rheinau“ genannt wird.?
  3. Hans Matt-Willmatt: Chronik des Kreises Waldshut. 1957, S. 65. (= HMW, 65).
  4. Hans Matt-Willmatt: Chronik des Kreises Waldshut. 1957, S. 65. (= HMW, 65).
  5. Dies nennen Lokalhistoriker wie Hermann Ruppaner, Horheim, und Wolf Pabst, Rheinheim. Andere ordnen eine „Erstnennung der Küssaburg“ dem Jahr 1141 zu. Das spätere Datum befindet sich auch in publizistischen Veröffentlichungen und in gegenwärtigen Verlautbarungen vor Ort. Eine Klärung könnte nur eine erneute Sichtung der Urkunden bringen.
  6. „Nachfolger auf dem bischöflichen Stuhl von Konstanz wurde Johannes II. (760–782), der bisherige Abt von St. Gallen, der der auch Abt der Reichenau wurde, so daß er die Leitung der beiden wichtigsten klösterlichen Niederlassungen wieder in seiner Hand vereinigte.“ (J. Sauer, 83).
  7. Siehe Regine K-L.: Der hier zugehörige Gozbert ist mit dem St. Galler Abt Gozbert (816–837) identisch, der dann als „erster Abt von Rheinau“ gilt..??
  1. Regine Kemmerich-Lortzing: Stühlingen in der Karolingerzeit – eine „Grafschaft“ der Rheinauer Stifterfamilie?, in: Heimat am Hochrhein, Jahrbuch des Landkreises Waldshut 1991, S. 85. (= RKL, 85).
  2. Josef Sauer: Die Anfänge des Christentums und der Kirche in Baden. Heidelberg 1911, S. 67.
  3. Josef Sauer: Die Anfänge des Christentums und der Kirche in Baden. Heidelberg 1911, S. 67.
  4. RKL, 87–89.
  5. Regine Kemmerich-Lortzing: Stühlingen in der Karolingerzeit – eine „Grafschaft“ der Rheinauer Stifterfamilie?, in: Heimat am Hochrhein, Jahrbuch des Landkreises Waldshut 1991, S. 85. (= RKL, 85).
  6. Karl Schib: Geschichte der Stadt und Landschaft Schaffhausen. 1972, S. 14.
  7. Pierre Riché: Die Karolinger. 1992, S. 257.
  8. Brigitte Matt-Willmatt/Karl-Friedrich Hoggenmüller: Lauchringen. Chronik einer Gemeinde. Hrsg.: Gemeinde Lauchringen, Bürgermeister Berthold Schmidt, Lauchringen 1985, S. 69.
  9. Regine Kemmerich-Lortzing: Stühlingen in der Karolingerzeit., 1991, S. 85.
  10. Beide Übertragungen nach: W. Pabst: Rheinheim., Küssaberg 2011 (1985), S. 24.
  11. W. Pabst: Rheinheim, Küssaberg 2011 (1985), S. 25.
  12. W. Pabst: Rheinheim., Küssaberg 2011 (1985), S. 27. (Seite 6, Fußnote 2). Der Band befindet sich in Privatbesitz in Küssaberg-Reckingen.
  13. Hagen Keller: Die Ottonen, Verlag C.H. Beck, München 2001, S. 14.
  14. Hagen Keller: Die Ottonen, München 2001, S. 22 und 15.
  15. Siehe Simon MacLean: Kingship and Politics in the Late Ninth Century: Charles the Fat and the End of the Carolingian Empire. Cambridge 2003, speziell S. 123 ff.
  16. Zu Arnolf siehe Franz Fuchs, Peter Schmid (Hrsg.): Kaiser Arnolf. Das ostfränkische Reich am Ende des 9. Jahrhunderts. München 2002.
  17. Zum Folgenden allgemein siehe Gerd Althoff: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. 2. Aufl., Stuttgart u. a. 2005; Helmut Beumann: Die Ottonen. 5. Aufl. Stuttgart u. a. 2000; Gerd Althoff, Hagen Keller: Spätantike bis zum Ende des Mittelalters. Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen. Krisen und Konsolidierungen 888–1024. Stuttgart 2008.