Benutzer:Holgertautschergroh/Johann Baptist Schweitzer

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Johann Baptist Schweitzer war ein herausragender Geigenbauer und prägender Lehrmeister des Geigenbaus der Österreichisch-Ungarischen Monarchie im 1. und 2. Drittel des 19. Jahrhunderts.

Neueste Nachforschungen (Stand 5/2023) haben bestätigt, dass Schweitzer als Sohn des aus dem Bezirk Hartberg (Steiermark) stammenden und ab 1797 in Graz ansässigen bürgerlichen Schuhmachermeisters I.Schweitzer am 28.2.1798 in Graz (Steiermark) geboren wurde. Er starb im Alter von 60 Jahren am 1.8.1858 in Pest (Budapest). In den zuvor erschienenen Fachbüchern und Nachschlagewerken ist als Geburtsort fälschlicherweise entweder Wien oder Fünfkirchen/Pécs (Ungarn) auch anders datiert angegeben.

Dass Schweitzer Schüler und Mitarbeiter des aus Füssen stammenden und in Wien ansässigen bedeutenden Geigenbauers Franz Geissenhof war, zeigen unter anderem manche seiner Geigenzettel, auf denen er sich selbst als Schüler oder als Discipulus F. Gaissenhoff ausgibt.

Die Werkstatt in der Schweitzer bei F. Geissenhof gelernt hatte, befand sich in der Singerstrasse 28 im 1. Wiener Gemeindebezirk, die zuvor schon Johann Georg Thir als Arbeitsstätte gedient hatte. Wie schon damals existiert dort bis heute das berühmte Gasthaus "Zu den Drei Hacken", in dem illustre Stammgäste wie Johann Nestroy, Moritz v. Schwind, Franz Kupelwieser, Franz Schubert u.a. verkehrten.

Schweitzer dürfte sich schon kurz nach Geissenhofs Tod (1821) vorerst in Fünfkirchen/Pećs (1822) und schließlich dauerhaft in Pest (Budapest) niedergelassen haben. Gesichert ist der Beginn seiner dortigen Tätigkeit als Geigenbaumeister am 2.6.1823. Erst 12 Jahre später erhielt Schweitzer das Pester Bürgerrecht (1835).

Als Geigenbauer zeigte sich Schweitzer in Bezug auf Modell und Lackierung sehr experimentierfreudig. Er fertigte viele Instrumente auf einem konstanten hohen handwerklichen Niveau mit einer Reihe von ihm ausgebildeten Mitarbeitern wie Gábor Lemböck, Samuel Nemessányi, Johann Baptist Dvořák, Anton Sitt und Thomáš Zach an. Diese waren selbst höchst erfolgreich entweder als Geigenbauer, Restauratoren und Lehrmeister zeitweilig an anderen Orten wie in Prag, Bukarest, Fünfkirchen/Pećs, Leipzig oder Wien tätig und ansässig.

Neben eigenen Modellen fertigte Schweitzer solche von Franz Geissenhof (im Stil von Stradivari), Nicola Amati, Sanctus Seraphin, Antonio Stradivari und Giovanni Paolo Maggini an.

Die Beschaffenheit der Wölbung ist vom jeweiligen Modell abhängig und reicht von mittlerer Höhe bis flach. Die Boden- und Deckenplatten sind oftmals etwas dicker im Holz und wurden aus diesem Grund zu einem späteren Zeitpunkt von Geigenbauern nachgearbeitet. Die Innenarbeit seiner Instrumente zeichnet sich durch Genauigkeit aus. Das Material der Klötze ist meist aus Fichte, das der Reifchen aus Weide, Nuß oder Fichte.

Der Öllack der Instrumente variiert von gelblich-kastanienbraun über etwas trüb und hell, braun-rot stark schattiertet, etwas glasig orange-braun, braun-rot, bräunlich-rot bis dick gelblich-bräunlich-rot.

Die Einlagen der Instrumente sind meist sehr zierlich, fein und besonders schön eingelegt (wenn dicker dann trotzdem fein und zierlich wirkend). Die Einlagenspitzen verlaufen mittig in den Ecken.

Die Schnecken der Instrumente sind in der Ausarbeitung meist zierlich, klein und schön.

Seine Violoncelli zeichnen sich durch besondere Schönheit aus und erinnern an die Arbeiten alter italienischer Meister wie etwa nach Sanctus Seraphin. Die Hälse sind mit Schrauben befestigt und somit witterungsbedingt verstellbar (allerdings zum klanglichen Nachteil), auch bekannt als sogenanntes "Wiener Patent". Die Zargen der Celli wurden von innen ähnlich wie im alten Gambenbau mit Leinen verstärkt.

Schweitzer hat auch Kontrabässe gebaut. Ein Kontrabass aus dem Jahre 1834, welcher im Ungarischen Nationalmuseum ausgestellt ist, zeigt eine Decke mit 5-teiligen Einlagen und einen Boden ohne Einlagen. Die Ränder sind dabei ohne Überstand.

1856 zog sich Schweitzer in den Ruhestand zurück, dürfte aber noch weiter gearbeitet haben. 1857 wurde schließlich Thomáš Zach Schweitzers Werkstättennachfolger, nachdem dieser bereits vorher dessen Geschäftspartner gewesen war. 1862 verkaufte Zach die Werkstatt an József Schunda weiter.

Quellen:

Taufbuch 1791–98 der Pfarre Hl. Blut (Graz), fol. 256;

Sterbebuch 1855–59 der Pfarre Budapest-Innere Stadt, fol. 243;

Mitt. Mark Chou (9/2022; betreffend Dokumente im Budapester Hauptstadtarchiv)

Christian Fastl, Art. „Schweitzer, Johann Baptist‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 22.9.2022)

Ferdinand Prochart: Der Wiener Geigenbau im 19. und 20. Jahrhundert (1979)

Peter Benedek: Ungarischer Geigenbau (1997)

Archiv der Stadt Graz