Benutzer:Jesusfreund/Judenfeindlichkeit

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RAUL HILBERG: "Die Ziele des Antisemitismus"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1. 4. JH: Die Konstantinische Wende. Das Christentum wird Staatsreligion. Der Staat treibt Kirchenpolitik. Mit dem Dogma „Christus = Gott“ (Nicea und Chal-cedon) ist die Trennung vom Judentum vollendet. Die Kirche bestimmt über die Juden: Sie hat das Religionsmonopol. Juden werden nun zu den „Ketzern“ gerechnet. Die „wahre“ Religion gebietet die Gewaltmission. Da die Zwangsbekehrungen wenig erfolgreich waren, griff die Kirche zu „Schutz“-Maßnahmen: Juden wurden ghettoisiert. Woher die Angst der mächtigen Mehrheit vor der machtlosen Minderheit?

2. 16. JH: Die Reformation. Zwischen 13. und 16. JH wurden Juden immer öfter vor die Wahl gestellt: Bekehrt euch oder ihr werdet vertrieben! Luther deutet das Leiden der Juden als Strafe Gottes für Unglauben und Verstocktheit. Er übernimmt damit das Judenbild des Mittelalters.

3. 18. und 19. JH: Die Neuzeit. Das Religionsmonopol der Kirche ist gebrochen. Doch die „Emanzipation“ des Bür-gers schließt die Juden weiterhin aus. Ihre Vertreibung bleibt das Ziel! Romantik und Nationalismus machen den bürgerlichen Antisemitismus ohne Gott zur Norma-lität. Rassistische Theorien gewinnen an Boden.

4. 20. JH: Der Nationalsozialismus. Vor dem Weltkrieg ging es den Nazis überwiegend um die Entrechtung und Enteig-nung der Juden. Der Vernichtungsplan nahm erst während des Krieges Gestalt an. Die „Endlösung“ war einfacher und billiger als die Vertreibung... So lässt sich Europas Verhalten zum Judentum rückblickend in 3 Phasen einteilen:

1. Phase: Christliche Mission (3.-12. JH)

„Ihr habt kein Recht, als JUDEN unter uns zu leben!“ Bekehrungszwang.

2. Phase: Spätes Mittelalter bis Neuzeit (13.-19. JH) „Ihr habt kein Recht, unter uns zu leben!“ Vertreibung und Pogrome von Fall zu Fall, ähnlich wie Hexenverfolgung bei Pestepidemien.

3. Phase: Nazipolitik im Krieg (20. JH)

„Ihr habt kein Recht, zu leben!“

Der Holocaust war nur der logische Schlusspunkt einer langen Vorgeschichte. Er war kein absolutes „Novum“, kein „Betriebsunfall“, keine „Katastrophe“ usw. Die deutsche Bürokratie konnte ihn nur darum so schnell und gründlich durchführen, weil sie auf jahrhundertelange Erfahrungen der Kirche mit diesem Vorgehen zurück-greifen konnte.

Das kanonische Recht der katholischen Kirche enthält sämtliche Maßnahmen, die die Nazis übernahmen:

  • Ghettos (Judenviertel),
  • Boykott jüdischer Geschäfte,
  • Synagogen in Brand stecken,
  • Enteignungen,
  • gelbe Sterne,
  • Schriften verbrennen,
  • aus Ämtern entfernen,
  • Apartheid in Schulen,
  • Lager, ...

Nur die Vergasung fehlte mangels technischer Möglichkeiten noch!

Luthers Judenbild ist die Summe des antiken und mittelalterlichen Judenhasses. Es wanderte fast unverändert in den Rassismus des 19. JH´s (Darwin u.ä.).und von da aus in die Nazi-Ideologie (Hitler, Streicher, Stürmer usw.) ein.

1. Die Juden sind (immer) Christusmörder.

Der „Christusmord“ erinnert daran, dass Jesus als der Christus in Israel historisch tatsächlich abgelehnt wurde. Das wurde mit der Kreuzigung gleichgesetzt, also mit dem Glaubenszentrum der Christen! Die Erinnerung an Jesu Kreuz war unangenehmer Hinweis auf den jüdischen Ursprung der Heidenkirche. Sie bedrohte ihren Siegeszug seit Konstantin real. Darum wurden die Züge des wehrlosen Juden aus dem Bild des Christus Triumphator ge-tilgt. Denn der Gekreuzigte zeigte unübersehbar die Unvereinbarkeit von Glaube und Macht. Gerade Luther hatte das wiederentdeckt. Doch die Juden wurden auch nicht evangelisch: Luther trennte „das Gesetz“ so vom Evangelium, dass das Judentum nur noch Beispiel des Gerichtsfluchs sein konnte.

2. Die Juden sind heimtückische Verbrecher („Satanisten“).

Sie üben mit ihren hinterhältigen Verbrechen „Rache“ an den Christen: Rache wofür? In Wahrheit übte die Kirche Rache für die erfolglose Zwangsbekehrung der Juden, indem sie uralte Klischees auf sie projizierte:

a. Brunnen vergiften,

b. Kinder entführen,

c. Hostien schänden u.ä.

Es sind vorchristliche Motive einer religiösen Kriminalität. Solche Verbrechen lastete die römische Propaganda vor Konstantin den Christen an, um ihre Verfolgung zu rechtfertigen.

a. Brunnen vergiften variiert das Motiv des Brunnenverstopfens, das schon in der Antike verbreitet war. Es tauchte zur Erklärung der Pest immer wieder auf. Sauberes Wasser war gerade in den jüdischen Ghettos Mangelware.

b. Kinder entführen (Rattenfänger-Motiv) projiziert den eigenen Bekehrungseifer. Tatsächlich nahm die Mission und später die Inquisition Ketzern und Juden ihre Kinder durch Zwangstaufe oder Zwangsadoption weg, um sie deren „gottlosen“ Einfluss zu entziehen.

c. Hostien schänden projiziert das Ritualmord-Motiv der Römer auf die Juden und variiert das Gottesmord-Motiv in Form der katholischen Eucharistielehre.

3. Die Juden sind eine Plage, eine Pest, ein Unglück. Sie belasten durch ihr Dasein die Allgemeinheit: Das beweist die Tatsache, dass sie überall vertrieben werden! Hier projizieren die Täter ihr eigenes Tun auf ihre Opfer zurück. Christen vertrieben die Juden, bewirkten also ihr Unglück. Luther nimmt den Nazi-Topos „Die Juden sind unser Unglück“ vorweg. Das böse Tun (sie vergiften Lebensmittel) wird zum Bösesein (sie sind Gift für uns alle) ausgedehnt.

4. Die Juden sind Ausbeuter, Blutsauger, Nutznießer fremder Arbeit. Dieses Klischee variiert das 2. Motiv ökonomisch. Es reflektiert die kirchliche Judenpolitik. Juden wurden gezwungen, die von Christen verachteten Berufe zu übernehmen: Geldbranche, Kreditwesen. Die christlichen Herrscher nahmen die Kredite jüdischer Handelshäuser gern an, um ihre Raubzüge zu finanzieren. Das geraubte Gold legten sie dann wieder in denselben Kreditinstituten an. Hier wurzelt die Gleichung von Judentum und Großfinanz.

5. Die Juden wollen die Weltherrschaft. Die katholische Kirche besaß die Weltherrschaft. Nur die Juden entzogen sich ihrem Absolutheitsanspruch. An der Reformation zerbrach dieser. Luther hatte aber offen-bar nur Erfolg, weil er Grundelemente der katholischen Lehre (Zwei-Naturen-, Trinitäts-, SakramentenLehre) beibehielt. Nachdem die Reform der katholischen Kirche gescheitert und die Kirchenspaltung besiegelt war, übernahm er die Intoleranz der Kurie: Nicht der Papst, sondern die jüdische Minderheit stand dem vollständigen „Sieg“ des wahren Glaubens im Weg!

Das religiöse Motiv (1) und das machtpolitische Motiv (4) bedingen sich gegenseitig: Beide berühren die historische Wurzel der Trennung von Juden- und Christentum. Diese ermöglichte den „Sieg“ der Kirche. Danach projizierte sie ihr Machtstreben auf die Juden, um ihre eigenen Maßnahmen zu rechtfertigen: Die Juden wurden ausgegrenzt, weil sie nicht integrierbar waren. So wurden die Vorurteile von „Fremdheit“ und „Heimtücke“ dauernd bestätigt und vertieft. Die jüdischen Ghettos bewirkten das Elend der Juden. Das wurde als legitime Reaktion der Völker auf ihr hinterhältiges Machtstreben erklärt und gerechtfertigt: Es diente angeblich dem „Schutz“ der Mehrheit vor der Minderheit und sollte diese „eindämmen“. So ließ sich die Ghettoisierung als sozialpolitisches “Ventil“ für Pogrome bei Bedarf aktivieren!

Der rassische Antisemitismus übernahm alle Motive aus Luthers Judenbild:

2. sie sind Kriminelle,

3. sie sind Unglück,

4. sie sind Ausbeuter,

5. sie sind oder wollen Weltherrscher sein.

Dabei wurde der religiöse Hintergrund der Gottesmord-Theorie (1. ) nicht ersetzt, nur umgedeutet. Die Juden ermorden Gott hieß nun: Sie ermorden den arischen Gottmenschen. Dessen Rasse ist zur Verwirklichung der Weltherrschaft und Veredelung der Menschheit berufen. Hitler sah sich als Vollstrecker der abendländischen Kultur und Zivilisation. Der Rassismus deutet also den „Gottesvolk“-Anspruch der Christen, die damit Israel „beerbten“, sozialdarwinistisch um. Die Ausrottung dieses „Ungeziefers“ im „Volkskörper“ erschien dann als angemessene Antwort.


(meine Anfrage: Die Nazis vernichteten auch andere Minderheiten: Kommunisten, „Zigeuner“, Homosexuelle, Slawen, Behinderte, Zeugen Jehovas. Warum? Ging es nur um „Ventile“? Was verband diese Gruppen miteinander in ihren Augen?

Sie waren anders, „fremdartig“, nicht integrierbar, unbequem, stellten die spießbürgerliche „Normalität“ in Frage!)