Benutzer:Johannes Bahn/Story (McKee)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Robert McKees "Story. Prinzipien des Drehbuchschreibens" (1997) ist ein Ratgeber für das Schreiben guter Drehbücher für Spielfilme. Unter einem guten Drehbuch wird hier (im Gegensatz zu bspw. Fields "Das Drehbuch", wo "gut" soviel wie "gut verkaufbar" bedeutet) ein Drehbuch verstanden, dass dem Anspruch genügt eine "Metapher für bedeutungsvolles Leben"(S.170) zu sein, mit der der Drehbuchautor dem Publikum ein Problem mitteilen möchte, das ihn wahrhaftig nicht mehr loslässt. Die Mitteilungsform Spielfilm erfordert es, die Aussage als emotional wie kognitiv tiefgreifendes Erlebnis zu gestalten. Es stellt also hohe moralische wie auch ästhetische Anforderungen an den Drehbuchautor.

McKee schrieb drei volle Jahre an diesem Buch und er schrieb es erst, als er über genügend Erfahrung im Drehbuchschreiben verfügte, die ihm mitteilungswert erschien (vgl. Eick 2006, S. 245). Mit seinen fast 500 relativ dichtbedruckten Seiten ist "Story" auf jeden Fall eines, wenn nicht das umfangreichste Werk zur zeitgenössischen Filmdramaturgie.

I. Autor und Kunst der Story[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einleitung (S.10 bis 17)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

McKee setzt sich gleich in den ersten Absätzen stark von kommerziell orientierten Drehbuchratgebern ab. Seiner Meinung nach, ist es unsinnig seinen Schülern zu versprechen, ihnen eine narrensichere Schablone beizubringen, weil es eine solche offensichtlich nicht gibt. Denn wäre sie vorhanden, dann wären alle Diskussionen um gute Drehbücher überflüssig und alle wären sich einig und wüssten Bescheid - das ist aber eindeutig nicht der Fall, wie die vielen verschiedenen Drehbuchratgeber deutlich belegen.

Es geht nicht um das Verfassen stereotyper Drehbücher, sondern um die Schöpfung eines Kunstwerks. Es gibt "Prinzipien"(S. 10), die ein Drehbuchautor beachten muss, damit sein Werk ein Filmklassiker werden kann, der über alle Zeiten und Kulturen hinweg erfolgreich ist. Es gibt jedoch keine eindeutigen Regeln, deren kleinschrittige Befolgung den Erfolg garantieren könnte.

1. Story-Problem (S.18 bis 39)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um eine gute Story zu schreiben braucht der Autor angeborenes Talent. Zusätzlich zu diesem angeborenem Talent ist noch Fleiß notwendig. Dieser Fleiß besteh in Schulung über die Prinzipien der Story und lebenslanger fortwährender praktischer Schreibübung.

"Die Story ist eine Metapher für das Leben." (S. 34). Storys bieten "Unterhaltung". Unterhaltung ist aber nichts Minderwertiges, sondern ein Zustand gedankflicher und gefühlsmäßiger Versenkung (vgl. Immersion). Gute Storys sind nicht oberflächlich, in ihnen ist jedes gesagte Wort und jedes gezeigte Bild mit mehr Bedeutung aufgeladen, anders als im Alltag. Storys sind keine Realitätsflucht, sondern beantworten ihrem Publikum Sinnfragen des menschlichen Lebens. Naturwissenschaft kann keine Sinnfragen, über das Ziel des Lebens, beantworten, sondern nur über Fragen zu den besten Mitteln Auskunft geben. Religion bietet in der heutigen (westlichen) Gesellschaft den meisten Menschen keine Sinn-Antworten mehr, welche diese zufrieden stellen könnten. Daher steigt der Konsum von Literatur.

Storys (Erzählungen) können in allen Medien kommunuziert werden, mit denen Kommunikation möglich ist, bspw. als Roman oder Theaterstück oder eben auch als Drehbuch. Wobei das Drehbuch die schwierigste Kommunikationsform ist. Das Publikum wendet sich nur guten Erzählungen zu. Die zeitgenössische Kunst des Drehbuchschreibens verfällt, weil es erstens keine guten Ausbildungsmöglichkeiten für Drehbuchautoren gibt und weil zweitens die moderne pluralistische Gesellschaft keine Werte mehr anerkennt (Wertezerfall): Es entstehen immer mehr Filme, die fast nur noch aus spektukalären aber bedeutunsleeren Sepzialeffekten bestehen und schnell wieder in Vergessenheit geraten.

II. Story-Elemente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2.Struktur-Spektrum (S.40 bis 79)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

"Werte sind die Seele des Story-Erzählens. Letztlich besteht unsere Kunst darin, der Welt eine Werteauffassung mitzuteilen."(S.43). Die Story zeigt nur die sinnschwangeren Momente im Leben einer Figur: Alles Gezeigte muss entweder ein tiefes Gefühl oder einen tiefen Gedanken beim Publikum auslösen. Auslösen können solch tiefe Seelenbewegungen nur wahrhaftige (glaubwürdige, weil authentische) Wertkonflikte. Im Actionfilmen geht es um "öffentliche Werte" wie "Gerechtigkeit"(S. 46). Im Melodramen geht es um "innere Werte" wie "Selbsterkenntnis" (S. 46).

Die Story besteht aus Akten, die aus Sequenzen bestehen, die widerum aus Szenen bestehen, die widerum aus "Beats"(S.47) bestehen. Es gilt hier das Prinzip der Steigerung: Während der Beat die Handlungswende (durch eine einzelne Handlung oder Dialogzeile) in einer Szene darstellt, von denen die meisten wieder umkehrbar (reversibel) sind, ist ein Akt insgesamt eine große (unumkehrbare) Wende im Leben der Hautptfigur. Die größte Wende findet dabei im letzten Akt statt.

Storys können in Form eines "Story-Dreiecks"(S.53) geordnet werden. Die Spitze des Story-Dreiecks bildet der "Archeplot"(S. 55), die beste Form für Storys (die Klassiker werden wollen), weil er die verständlichste Kommunikationsform ist. Der Archeplot ist gekennzeichnet durch eine kausale (Naturgesetzen gehorchende) Welt mit einem aktiven Helden darin und einem geschlossenen Ende. Die beiden Schenkel des Story-Dreiecks sind der "Miniplot"(S.57) und der "Antiplot"(S.57). Der Miniplot ist gekennzeichnet durch eine kausale Welt mit einem passiven Helden darin und einem offenen Ende. Der Antiplot ist gekennzeichnt durch eine nicht-kausale Welt der Zufälle. Mini- sowie Antiplot können Nonplots sein. Im Nonplot durchläuft die Hauptfigur keinerlei inneren Wandel im Leben. Mini- und Antiplots sind schwerer und damit schlechter verständlich für die Mehrheit des Filmpublikums, daher schrumpft die Zielgruppe des Films und mit ihr schrumpft auch das Geld, das Geldgeber bereit sind, in den Film zu stecken.

McKee ordnet die Storyarten Kulturen zu: Während der Archeplot mit Happy End typisch US-amerkikanisch ist, sind Mini- und Antiplots mit tragischem Ende typisch europäisch. Die Ursache sieht er im unterschiedlichen Weltbild der Kulturen: Die Amerikaner sind Optimisten, die Europäer Pessimisten. Amerika stiftet daher Unterhaltung und ist kommerziell erfolgreich, Europa ist hingegen langweilig und kommt ohne staatliche Filmförderung nicht über die Runden. Trotz dieser starken Wertung, betont McKee, dass jeder Drehbuchautor, ehrlich mit sich selbst sein muss, bei der Wahl der Art der Story, die er schreiben will, denn ein Pessimist, der eine optimistische Story schreiben will, scheitert zwangsläufig.

3. Struktur und Setting (S.80 bis 92)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jede Story hat ein ihr zu ihr passendes Setting. Das Setting besteht aus den Elementen Ort (bspw. Mars), Zeit (bspw. Zukunft), Dauer (bspw. zehn Jahre im Leben der Hauptfigur in 120 Minuten Filmzeit) und Konfliktart (öffentlicher Konflikt: Krieg auf dem Mars). Damit die Story eine Tiefenbedeutung erlangen kann, muss der Autor sich sehr viel Wissen zu dem ihn umtreibenden Problem aneignen. Er kommt daher um das Lesen vieler Bücher (Recherche) nicht herum, die bloße Alltagserfahrung (samt Medienerfahrung) reicht hierfür bei weitem nicht aus und führt für sich genommen nur zu einer stereotypen Nachahmung, statt zu einem originell-neuem Werk.

4. Struktur und Genre (S.93 bis 115)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Film-Genre sind ein Versuch Ordnung in die Vielfalt der Filme zu bringen. Es gibt unzählige Genre-Systeme, McKee stellt hier das in der Drehbuchpraxis übliche vor. Das in der (Hollywood-)Praxis übliche Genresystem lässt sich auf vier ebenen Gliedern, wobei die oberste ebene die allgemeinste mit den wenigsten Genretypen-Unterscheidungen ist, die unterste hingegen die konkreteste mit den meisten Genretypen.

Die oberste Genreschicht enthält die seit der Antike übliche Unterscheidung von Komödie und Tragödie. Die zweite Genreschicht besteht aus sogenannten "Supragenres", deren Gliederung auf Film-Produktionsbedinungen beruht: Musical, Sportfilm, Historienfilm, Biographiefilm, Dokudrama, Pseudodoku (Mockumentary), Science-Fiction-Film, Fantasyfilm, Animationsfilm. Die dritte Genreschicht besteht aus sogenannten "Metagenres": Komödie, Action, Krimi und Drama.Auf der untersten (und am stärksten gegeliederten) Genreschicht ordnen Drehbuchautoren ihre Storys nach Setting (vor allem nach dem zentralen Wertkonflikt): Liebesfilm, Horrorfilm, Kriegsfilm, Western, Epos, Reifungsplot, Erlösungsplot, Bestrafungsplot, Erziehungsplot, Desillusionierungsplot.

Die Genre-Übersicht schließt mit dem Hinweis, dass jeder sogenannte Kunstfilm - auch ein wenn er dies bestreitet - ein Genrefilm ist: Kunstfilme sind Anti-Genrefilme, sie brechen ganz bewusst ganz bestimmte Genreregeln. Dieser Genrebruch hat eine gute und eine schlechte Seite. Die gute Seite ist die "Genreevolution" (S.108). Genreevolution besteht in einem Ver-Stoß, der festgefahrenen (und langsam das Publikum langweilenden) Genreregeln gilt: neue Genreregeln frischen alte Genres auf (Mutation), lassen überholte Genres (bspw. Western) absterben (Selektion) oder aber ganz neue Genres (bspw. Splatterfilme) entstehen (Evolultion). Die schlechte Seite des Genrebruchs besteht im Verlust an Verständlichkeit, der bis in völlige Unverständlichkeit getrieben werden kann. Solche Filme schrecken die Mehrheit des Publikums ab und sind unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sogenannte "Flops".

Jede Story hat ihr passendes Genre (bspw. ein Gerechtigkeitskonflikt passt eher in einen Krimi oder einen Actionfilm als in eine Komödie oder ein Drama). Klassiker sind zeitlos erfolgreiche Filme, weil sie einen zeitlosen Grundwert in der ihm am besten passenden Genreform bieten. Dieser Grundwert ist zum einen ein allgemein menschlicher und zum anderen ein im Lebenslauf des Drehbuchautors konkret verwurzelter: Es ist ein Wert-Problem, das den Autor Zeit seines Lebens umtreibt (bei Dickens war es die Frage, wie man gerecht mit der Armut umgehen kann, weil er als kleines Kind erlebte, wie sein Vater ins Schuldengefängnis gesperrt wurde).

Etwas später spricht sich McKee aber gegen das Genre des Actionfilms aus, weil es (vermutlich wegen seiner Spezialeffekt-Lastigkeit) nur eine sehr oberflächliche Beschäftigung mit dem Wert-Konflikt zulasse, was sich an den (angeblich) flachen Hauptfiguren zeigt. Was mit Flachheit und Tiefe von Figuren gemeint ist, klärt der folgende Abschnitt.

5. Struktur oder Figur (S.116 bis 127)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der alte Streit, ob eher die Figuren (characterdriven) oder eher die Handlung (storydriven) wichtiger sei, ist ein Scheingefecht: Eine Erzählung (Story) ohne Figuren ist genau so wenig möglich wie eine Story ohne Handlung (Taten der Figuren). Tatsächlich können Figuren das, was sie im Innersten ausmacht (ihren Charakter), im Film nur durch ihre Handlungen glaubwürdig zeigen. Damit der Film nicht langweilig wird, muss dazu ein Zwist im Inneren des Charakters der Figur toben. Dieser Zwist zwischen Oberflächen- und Tiefencharakter gibt der Figur Tiefe. Diese Tiefe bewirkt zum einen Glaubwürdigkeit der Figur beim und zum anderen Spannung für das Publikum (Wie wird die Figur in der Situation nun handeln?). Die Story ist die Handlung einer Figur, um eines Wertes willen (den sie mit der Handlung zu erreichen trachtet). Dem Prinzip der Steigerung folgend, benutzt die Literatur ein allgemeines Abfolgeschema in der inneren Wandlung der Figur weg von ihrem am Anfang dominierenden Oberflächencharakter hin zum Tiefencharakter am Ende der Erzählung:

  1. Ziele (Wünsche) des Oberflächencharakter wird ausgiebig gezeigt, der Tiefencharakter (die geheimen Wünsche) angedeutet.
  2. Durch Handlungsdruck gerät der Oberflächencharakter mit dem Tiefencharakter in Konflikt (unvereinbare Handlungsziele).
  3. Der Handlungsdruck wird immer stärker (Prinzip der Steigerung) und der Tiefencharakter setzt sich letztendlich (am Höhepunkt) durch.

6. Struktur und Bedeutung (S.128 bis 154)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kunst des Storyschreibens geht es um Schönheit. Schönheit vermählt gedankliche Wahrheit mit moralischer Gutheit (Bedeutung und Gefühl). Damit befriedigt Kunst ein allgemeines Grundbedürfnis des Menschen überhaupt, dem gedankliche Analyse allein nicht ausreicht, um den Sinn von etwas zu erfassen, sowie ein besonderes Bedürfnis des modernen Menschen nach Schönheit, die er in seiner alltäglichen Lebenswelt nicht mehr erlebt (vgl. Entfremdung).

Ein Drehbuch ist "lebendige Philosophie"(S.134), daher kann niemand eine gute Story schreiben, der keinen klaren und tiefsinnigen Standpunkt zum in der Story verhandelten Werte-Konflikt hat. Die Klarheit über den Werte-Konflikt ist erreicht, wenn der Autor seine Story in einem Satz zusammenfassen kann. Die Tiefsinnigkeit der Story wird in ihrer Struktur klar: "Das Erzählen von Storys ist die schöpferische Demonstration von Wahrheit."(S.132) und im Film wird mit Taten (nicht bloß Worten) argumentiert.

Jede in einer Szene gezeigte Idee muss "Wert plus Begründung"(S.139) und das heißt, da im Film durch Taten begründet wird, "Wert plus Ursache"(S.134) beinhalten. Die Hauptursache für die Handlungen im Film ist die Hauptfigur und der Hauptgrund (Tiefencharakter) ihres Handelns liegt in ihrer Vergangenheit (Backstorywound). In der Story müssen die stärksten Argumente und Gegenargumente zu einer Idee ins Feld geführt werden, deren der Autor habhaft werden kann. Das Ende der "dialektischen Debatte" der Ideen ist der Höhepunkt.

Der Höhepunkt des Films ist der Knackpunkt des Figuren-Charakters, aber auch der des Drehbuchautors. Hier erreicht der Wert-Konflikt des Films seine größte Zuspitzung (und zugleich seine Beantwortung). Diese Antwort ist nicht nur eine, welche der Drehbuchautor dem Publikum gibt, sondern auch eine die er selbst beim Niederschreiben erhält. Beim Niederschreiben erhält der Drehbuchautor Klarheit über den ihn umtreibenden Wertekonflikt. Deshalb sollten 75% aller Schreibbemühungen dem Höhepunkt der Story gelten. Trotzdem heißt das nicht, dass diese Film-Antwort eine endgültige und abschließende ist, sie ist eher ein Schritt in Richtung auf mehr Klarheit hin zu verstehen. Drehbuchautoren, die sich bewusst sind, keine endgültigen Wahrheiten gepachtet zu haben, schreiben daher keine eindeutigen Happy Ends oder tragische Enden, entziehen sich aber auch nicht der (auch gesellschaftlichen) Verantwortung eine Antwort auf die von ihnen im Film aufgeworfene Wertfrage zu geben durch offene Enden, sondern schreiben ein ironisches (mehrdeutiges) Filmende. Die Ironie kommt der Wahrheit am nächsten, die Menschen möglich ist, sie trägt der wirklichen Welt Rechnung, die sich als widersprüchlich (dialektisch) erweist, je tiefer man sie zu verstehen versucht.

"Die Klassiker aller Zeitalter geben uns keine Lösungen, sondern Klarheit, keine Antworten, sondern poetische Offenheit; sie decken mit unterbittlicher Klarheit die Probleme auf, die jede Generation wieder neu lösen muß, um menschlich zu sein."(S.142).

III. Storydesign[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

7.Story-Substanz (S.154 bis 195)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

"Die Substanz der Story ist die Kluft, die aufbricht zwischen dem, was ein Mensch an Geschehen erwartet, wenn er eine Hanldung ausführt und dem, was wirklich geschieht"(S. 194) Die Kluft sind die Konflikte der Figur während der Filmhandlung, ohne sie wäre der Film langweilig, eine Abfilmung von allen Zuschauern vertrauten Alltäglichkeiten. Die Filmwelt reagiert aber in guten Filmen entgegen (dialektisch) den Erwartungen der Filmfigur (wie auch des Publikums). Durch die Kluft der Filmwelt macht die Kluft im Charakter der Filmfigur (zwischen Oberflächen- und Tiefencharakter) sichtbar.

Nur der Tiefencharakter der Filmfigur kann die Probleme der Filmwelt in den Griff bekommen. Damit der Übergang vom Oberflächencharakter zum Tiefencharakter glaubwürdig wird, muss sich der Autor gemäß dem "Risiko-Imperativ"(S.170) Situationen überlegen, die ihn dazu bringen würden bestimmte (oberflächliche)Wünsche zu ändern und andere wichtigere (tiefere)Ziele vorzuziehen. Im ständigen inneren Monolog muss die "emotionale Wahrheit" (S. 174), also die Glaubwürdigkeit der Motiviation der Figur, geprüft werden: Was würde ich tun, wenn ich in diese Situation geriete? Der Autor muss also von innen nach außen Schreiben, was durch eine Schauspielerausbildung stark verbessert werden kann. Die besten Storyschreiber sind demnach Schauspieler, da nur sie die totale Identikation mit ihrer Filmfigur vollziehen können (Clint Eastwood wäre sicher ein gutes Beispiel für ein erfolgreichen Schauspieler-Regisseur).

8. Auslösendes Ereignis (S.196 bis 225)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zuerst muss man sich klar werden, auf welcher Ebene der Konflikt im Film angesiedelt ist: Ist ein eher persönlicher Konflikt, der innerhalb der Familie angesiedelt werden kann (und bspw. im Genre Drama oder Komödie) oder ist es ein eher öffentlicher Konflikt, der innerhalb des Berufslebens oder der Politik angesiedelt werden kann (und bspw. im Genre Krimi oder Actionfilm).

Sobald ein passendes Austragungsfeld für den Konflikts gefunden wurde, kann eine (fiktive) Biographie für eine Figur geschrieben werden. Dabei sollte das Prinzip der "Polarisierung" (S.199) beachtet werden, das besagt, dass alle Figuren Konflikte miteinander haben sollten (Konfliktmaximierung in der Figurenkonstellation).

Das auslösende Ereignis ist das Zweitschwerste beim Schreiben eines Drehbuchs. Es ist der erste Konflikt, der das Publikum fesseln muss (Hook), indem es den Filmkonflikt zu ihrem Konflikt macht (Immersion). Er findet in Erzählungen medienunabhängig immer im ersten Viertel der Erzählung statt, bei einem zweistündigen Spielfilm also in den ersten 30 Minuten. In guten Spielfilmen findet er schon in den ersten 15 Minuten statt, indem die Exposition eingespart und mitten im Geschehen (medias in res) eingesetzt wird. Hier wird dem Prinzip der "äußersten Ökonomie"(S.221) gefolgt, dass von der üblichen Konfliktdarstellung den Vorlauf (setup), also die für das Verständnis des Konflikts nötigen Informationen (vgl. Exposition), aufs Kleinstmögliche beschneidet.

Der auslösende Konflikt wird vom Antagonisten verursacht und bringt die alltägliche Filmwelt der Filmfigur aus dem Gleichgewicht. Die Filmfigur versucht aufgrund ihres Oberflächencharakters in die alltägliche Filmwelt wieder zurückzukehren, weigert sich also die ihr vertraute Filmwelt zu verlassen. Das entspricht laut McKee der urkonservativen Natur jedes Menschen, bei auftretenden Problemen immer bestrebt zu sein, den Status Quo beizubehalten.

Die Verbindung des ganzen Filmes stiftet der Haupt-Wert-Konflikt, der im Film verhandelt wird. Am greifbarsten wird er im Höhepunkt am Filmende und im auslösenden Ereignis am Filmanfang, weil hier der Tiefencharakter am stärksten zum Vorschein tritt. Am Anfang in starkem Kontrast zum Oberflächencharakter am Ende in Reinform. Der Tiefencharakter kann also als "Rückgrat der Story"(S.211) verstanden werden.

9. Aktdesign (S.226 bis 252)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein typischer Film hat drei oder vier Akte, 12 bis 18 Sequenzen und 40 bis 60 Szenen. Diese Länge ist nötig, um "die ganze Breite und Tiefe des Lebens"(S.236) filmisch zu fassen. Miniplot mit nur ein (wie Kurzfilme) oder zwei Akten (wie Sitcoms) und Antiplots (wie Actionfilme) mit fünf und mehr Akten werden dem nicht gerecht.

Der erste Akt ist 30 Minuten lang, der zweite 70 Minuten und der dritte 20 Minuten. Wie McKee im 12. Kapitel erklärt, ist das steigende Tempo im Zeit-Rhytmus des Films wichtig, damit der Höhepunkt emotional als am spannendsten erlebt wird. Die Langatmigkeit des 2. Aktes mit 70 Minuten ist dafür ein Problem, weil ein Akt nie länger als 30 Minuten (also so lang wie der längste, der Anfangsakt des Films) sein darf. Daher ist es in der Drehbuchpraxis den sogenannten "Mid-Point-Climax"(S.239) einzubauen.

Beim Mid-Point-Climax entsteht aber ein Folgeproblem: Die Häufigkeit von großen Akt-Wendepunkten entwertet deren Wirkung beim Publikum ("Gesetz der abnemenden Wiederkehr"(S.265)), weil ein Aktwendepuntk ein Punkt ohne Wiederkehr (point of no return) für das Leben der Filmfigur sein muss, bei zu vielen Wendungen aber eine Unordnung und Ungewissheit des Ziels der Filmhandlung entsteht. Um dieses Folgeproblem zu lösen, wird meist ein Subplot (Nebenhandlung) eingeführt. Die Nebenhandlung ist formal genau wie die Haupthandlung aufgebaut (hat also auch auslösendes Ereignis, Konflikte und Auflösung als Phasen), hat aber insgesamt weniger Landwandzeit und findet zeitlich versetzt zur Haupthandlung statt (entweder früher oder später), um einen Wendepunkt an der Stelle der Mitte des zweiten Aktes zu haben.

Alle Akte durchzieht das "Gesetz des Konflikts"(S.228), also das Rückgrat, dessen "Rippen"(S.247) sie bilden. Minderwerige Spielfilme konzentrieren die Filmhandlung auf eine Konfliktebene, so handeln Actionfilme nur von äußeren, Seifenopern nur von persönlichen und Kunstfilme nur von inneren Konflikten. Klassiker hingegen bedienen alle Konfliktebenen, blähen dazu aber die Anzahl von Schauplätzen oder Figuren nicht auf, sondern folgen dem Prinzip der äußersten Ökonomie.

10. Szenen-Design (S.253 bis 273)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

"Eine Szene ist eine Miniaturgeschichte [...]."(S.253). Jede Szene hat kleine Wendepunkte und soll so geschrieben sein, dass sie ein Erlebnis vermittelt, das beim Zuschauer "einen Ansturm von Einsichten in Figur und Welt"(S.255) sowie negative (Schmerz) oder positive (Freude) Gefühle bewirkt. Dem Prinzip der Steigerung zu Folge muss das Erlebnis von Szene zu Szene intensiver werden, dem Gesetz der abnehmenden Wiederkehr zufolge müssen verschiedene (neue) Einsichten und Gefühle einander abwechseln (Dialektik).

Bei den Wendepunkten innerhalb der Szene (den "Beats") müssen mindestens Dilemmas für die Figuren sein, weil jeder Mensch sich normalerweise immer für das entscheidet, was er für gut hält. Selbst der Schurke (Antagonist) muss sein Ziel und die Handlungen dazu für eine gute Sachen halten, sonst ist er unglaubwürdig. Weil jedoch Dilemmas immer nur zweiseitige Entweder-Oder-Entscheidungen abverlangen und ein ständiges Hin-und-Her-Wechseln auf Dauer langweilig wird, benutzen gute Spielfilme Trilemmas. Trilemmas sind Zwickmühlen, bei denen jede Entscheidungsmöglichkeit, die der Figur zur Verfügung steht, mit unerwünschten Nebenfolgen verbunden, die der Figur im Moment der Wahl zumindest teilweise bewusst sind (sonst wäre es keine Zwickmühle für die Figur).

11. Szenen-Analyse (S.274 bis 308)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Subtext einer Szene liegt im Tiefencharakter der in der Szene handelnden Figuren verborgen. Gute Spielfilme verfügen über viel Subtext, er erweckt die Figuren erst zum Leben, denn im wirklichen Leben sagen und handeln nur Verrückte so wie sie es im Innersten wirklich wollen (Tiefencharakter). In schlechten Filmen fehlt der Tiefencharakter und Figuren wirken flach und unglaubwürdig, weil die Schauspieler nichts zu spielen haben.

Um eine gute Szene schreiben zu können, muss man:

  1. Klären, was die (oberflächlichen wie tiefen) Ziele der Figuren sind, die in der Szene handeln.
  2. Den Anfangswert (die Absichten der Figuren zu Beginn) der Szene im Gegensatz zum Endwerts der Szene stellen (Dialektik).
  3. Möglichst viele kleine Handlungsumschwünge (Beats) in die Szene einbauen.

12. Komposition (S.309 bis 325)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon im 11. Kapitel erwähnt McKee, dass Szenen miteinander zu Sequenzen verbunden werden müssen, dass die Folgeszene Antworten auf die Fragen liefert, welche die vorausgehende Szene aufwirft. Neben dieser gedanklichen Verknüpfung der Szenen, tritt ein gefühlsmäßiges Verknüpfungsmuster. Das Publikum braucht einen steten Wechsel (Dialektik) zwischen Spannung und Entspannung im Verlauf des Films. Bei endloser Entspannung wird der Film langweilig, endloser Anspannung erschöpft das Publikum. Da jeder Akt in einen Höhepunkt (Spannung) mündet, muss jeder Folgeakt mit Entspannung beginnen. Das gilt nicht für den ersten Akt, der mit einem Paukenschlag (medias in res) beginnen kann, weil ihm ja kein Akt vorausgeht.

Das Prinzip der Steigerung gilt auch für das Tempo (den Rhythmus) der Szenen: Insgesamt muss das Tempo steigen (also die Szenen kürzer werden), im Verlauf müssen längere und kürzere Szenen einander abwechseln. Die Handlungsfolgen der Figuren müssen immer größere Wirkkreise ziehen. Die Figuren müssen einen tiefen inneren Wandel durchmachen (vom Oberflächen- zum Tiefencharakter), der aber immer wieder von Weigerungen bzw. Hindernissen erschwert wird. Inhaltlich wird das Gezeigte mit immer tieferer Bedeutung (Symbole) aufgeladen (bspw. wird Sarah Connor am Ende von Terminator als eine Art neue Jungfrau Maria gekennzeichnet).

Formal können Szenen laut dem "Prinzip des Übergangs" entweder durch Kontinuität miteinander verbunden werden (Kontinuitäts-System), indem ein Element der Szene (eine Figur, der Schauplatz, die Filmmusik usw.) gleich bleibt, oder durch Kontrapunktion, indem die Folgeszene mit einem völlig neuen Element (harter Schnitt, schrille Filmmusik) beginnt.

13. Krise, Höhepunkt, Auflösung (S.326 bis 338)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Krise zeigt den Hauptwert-Konflikt in Reinform und mit größtmöglicher gefühlsmäßiger Spannung. Die Vorgang der Behandlung der Krise (die endgültige Reaktion der Figur auf sie) ist der Höhepunkt des Spielfilms. Der Höhepunkt soll sich in die Erinnerung des Publikums als "Schlüsselbild"(S.336) einprägen. Dabei kann sie durchaus den gesamten letzten Akt lang sein. Vor allem hier sollte der Autor sich klar machen: Bedeutung (und nicht Spezialeffekt) erzeugt Emotion (S.332).

Die Idee für einen guten Höhepunkt zu einem Wertekonflikt, der den Autor umtreibt, kommt als plötzlicher Einfall (Intuition). Erst mit der Erkenntnis dieser Idee als Zielpunkt, kann man den Rest des Drehbuchs quasi von rückwärts schreiben. Ohne ihn bleibt das Schreiben ein ungeordneter, weil eben ziel-loser Vorgang und kann nie in ein gutes Drehbuch münden.

Die Auflösung ist das Ende des Films. Das Ende muss alle Filmhandlungen (also nicht nur die Haupthandlung, sondern auch alle Nebenhandlungen) abschließen. Die Auswirkung der Höhepunkthandlung wird dem Publikum bei der Auflösung gezeigt. Das dient als Geste der Höflichkeit, um dem Publikum zu zeigen, dass der Spielfilm jetzt vorbei ist. Das Happy End liefert darüber hinaus noch die gefühlsmäßige Entspannung, um den spannungsgeladenen Höhepunkt sacken zu lassen.

IV. Autor bei der Arbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

14. Prinzip des Antagonismus (S.340 bis 355)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gegenspieler der Hauptfigur (Antagonist) verkörpert den Gegenwert. Der Gegenwert ist das Gegenteil des Wertes, den die Hauptfigur (Protagonist) im Film verfolgt (Tiefencharakter). Mit Gegenteil ist hier kein Entweder-Oder gemeint, sondern eine mindestens dreifach abstufbare Skala vom "Gegensatz" über den "Widerspruch" bis zur "Negation der Negation". Dem Prinzip der Steigerung folgend durchläuft eine gute Story alle diese drei Abschnitte: Vertritt die Hauptfigur bspw. den Wert "Wahrheit" kann der Gegenspieler im ersten Akt bspw. mit einer Notlüge versuchen ihn aufzuhalten, im zweiten Akt benutzt der Gegenspieler dann schon eine vollbewusste Lüge, im dritten Akt hält er dann sein Lügengewebe selbst für wahr (Selbsttäuschung).

15. Exposition (S.356 bis 369)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gute Storys beginnen dem Ratschlag des Aristoteles folgend mit einer "unsichtbaren Exposition"(S. 356) (medias in res). Die für das Verstehen der Handlung notwendigen Informationen werden nicht in einer vor- oder dazwischengeschalteten Szene gesondert gezeigt oder durch einen in der Szene nicht vorkommenden Erzähler (Off-Sprecher) einfach erzählt, sondern in den Verlauf der Handlung eingeflochten. Ein Off-Kommentar kann nur zu einem Zweck sinnvoll eingesetzt werden, indem er das Gegenteil von dem erzählt, was man in der Szene vor Augen geführt bekommt (also zur Ironisierung), sonst produziert man nur ein Millionen Dollar teures Hörbuch, keinen guten Film.

Die stärksten (wirkmächtigsten) Wendepunkte der Story (also die Aktwendepunkte), sollten Enthüllungen der Hauptfigur über deren Vergangenheit (Backstory) sein. Die wirkmächtigste Enthüllung (der Höhepunkt) betrifft ein schreckliches Erlebnis aus der Vergangenheit der Hauptfigur (Backstorywound). Dieses sollte formal als Rückblende (Flashback) gestaltet werden, also als eingenständige Szene, welche die Vergangenheit der Hauptfigur dem Publikum lebendig vor Augen führt (und damit das geradlinige Vorwärtsschreiten der Filmhandlungszeit kurzzeitig unterbricht).

16. Problem-Lösungen (S.370 bis 401)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die gefühlsmäßige wie gedankliche Wirkung der Story, die Spannung (vgl. auch Immersion), kann sich nur dann entfalten, wenn das Publikum erstens Erwartungen über den Fortgang der Handlung aufbaut, die fortwährend überraschenderweise enttäuscht (Red Hering) oder auf ungewöhnliche Weise erfüllt werden und wenn das Publikum zweitens Mitgefühl (Empathie) mit den Figuren aufbaut. Empathie kann das Publikum aber nur dann mit den Figuren aufbauen, wenn diese Ziele mit ihren Handlungen verfolgen, welche die Figuren für eine gute Sache halten und dieser Glauben (sei er auch ein Irrglauben wie im Falle des Gegenspielers) dem Publikum nachvollziehbar und glaubwürdig erscheint.

Wenn das Publikum während des Filmschauens über weniger Informationen als die im Film handelnden Figuren verfügt und keinerlei Empathie zu ihnen hegt, entsteht nur kurz andauernde "Neugier". Wenn das Publikum über gleichviel Informationen wie die Figuren verfügen und Empathie mit ihnen besteht, dann entsteht fortwährende "Spannung". Weiß das Publikum hingegen mehr als die Figuren und hegt starke Empathie mit ihnen, entsteht "Ironie". Diese dramaturgische Ironie ist "Hitchcocks Lieblingstrick"(S.379) (vgl. Suspense). Die meisten Genres eignen sich aber weder für Hitchcocks Lieblingstrick noch für bloße Neugier.

Die sehr kurzzeitige "Überraschung" ensteht, wenn das Publikum und die Fokus-Figur (aus deren Blickwinkel die Szene gezeigt wird) nichts wissen, das Publikum aber Empathie mit der Fokus-Figur empfindet, bspw. wenn sich die Hauptfigur an einen Tisch setzt und urplötzlich eine Bombe neben ihr in die Luft fliegt. Die Genres Thriller, Horror und Fantasy leben von diesen kurzzeitigen Überraschungsmomenten (Schocks).

Ein großes Problem beim Storyschreiben ist der Umgang mit dem Zufall: Gute Storys (Archeplots) dürfen Zufälle nur bis maximal zur Hälfte der Filmzeit beinhalten. Der Höhepunkt darf auf keinen Fall durch einen Zufall entschieden werden (deus ex machina). Antiplots leben hingen vom Zufall. Löcher in der Kausalkette des Films schmälern seine Glaubwürdigkeit und damit seine Wirkung ( Immersion). Unglaubwürdig sind auch auf eher schwache Reize übertrieben stark reagierende Figuren (soweit es nicht durch ihre Backstory erklärbar ist), diese unglaubwürdigen Überreaktionen nennt man im Alltag "melodramatisch"(S.398).

Ein weiteres Problem beim Storyschreiben ist die Fokus-Figur, also die Festlegung vor dem Schreiben, aus der Perspektive welcher Figur die Szene gezeigt wird. Die Perspektivierung (POV) ist für das Publimkum notwendig ist, um Empathie zu einer Figur aufzubauen.

Jedes Medium eignet sich für die Darstellung bestimmter Art von Konflikt besonders gut und für die Darstellung anderer Arten von Konflikten eher schlecht: Prosa (bspw. Romane) eignen sich sehr gut zur Darstellung innerer Konflikte. Theaterstücke eignen sich sehr gut zur Darstellung persönlicher Konflikte, innere Konflikte können nur behelfsmäßig (als gekünstelt wirkende) innere Monologe dargestellt werden und äußere nur sehr begrenzt, weil der Bühnenraum sehr beengt ist. Filme eignen sich sehr gut zur Darstellung äußerer Konflikte (bspw. Verfolgungsjagden), innere Konflikte können sie nur behelfsmäßig durch Nahaufnahmen von Schauspielergesichtern (als Spiegel der Seele) darstellen.

Aus den Überlegungen zur medientauglichkeit verschiedener Konfliktarten ergibt sich auch die Erklärung für das Problem der Verfilmung hoher Literatur (Adaption). Hohe Literatur lebt von der exzessiven Nutzung ihres mediengemäßen Konfliktfeldes, der inneren Konflikte von Figuren. Weil gute Spielfilme aber von äußeren Konflikten (nicht dem Denken, sondern der Handlung) leben, ist hohe Literatur schlecht direkt verfilmbar (im Gegensatz zu Trivialliteratur, die stärker handlungsbetont schreibt). Jedoch kann man auch hohe Literatur angemessen verfilmen, wenn man den "Geist des Originals"(S.396) fasst, also jenen zentralen Werte-Konflikt aufspürt, welchen der Autor in seinem Buch verhandelt.

17. Figur (S.402 bis 416)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

"Eine Figur ist [...] eine Metapher für die menschliche Natur."(S.403) Das bedeutet, dass jede gute Figur allgemeinmenschliche Züge trägt, also Eigenschaften und Verhaltensweise, die der Zuschauer im Alltag auch teilt. "Figuren entstehen aus Selbsterkenntnis."(S.415). Pragmatisch gedeutet, bedeutet dieser Satz, dass der Drehbuchautor darauf achten muss, dass alle Figuren über eine glaubwürdige Motivation verfügen. Dies kann er durch das Vorlegen der Testfrage: "Was würde ich tun, wenn ich in dieser Situation wäre?". Etwas tiefer gedeutet, bedeutet dieser Satz, dass der Drehbuchautor beim Schreiben seines Drehbuchs und der Figuren (besonders der Hautpfiguren) viel über den Werte-Konflikt, der ihn umtreibt, lernt und letztlich zu einem klaren Standpunkt in dieser Wertfrage gelangt (die sich im geschlossenen Ende nach dem Höhepunkt im Film ausdrückt). Das ist die Selbsterkenntnis, die der Drehbuchautor beim Schreiben eines guten Drehbuchs erfährt.

Neben diesen allgemeinmenschlichen Teil der Figur, muss sie (um nicht flach und unglaubwürdig zu wirken) etwas Besonderes auszeichnen. In guten Storys liegt diese Besonderheit in einem Erlebnis aus der Vergangenheit der Figur (Backstorywound) (und ergänzend lässt sich sagen: sie liegt nicht in Superkräften).

Der Oberflächencharakter einer Figur bezieht sich auf Äußerlichkeiten (wie etwa Aussehen oder Besitztümer), der Tiefencharakter bezieht sich hingegen auf die innersten Werte (Wünsche und Ziele) der Figur. Schauspieler können Figuren nur zum Leben erwecken, wenn die Figuren einen Tiefencharakter haben. Gute Schauspieler geben ihrer Figur (in schlechten Storys) notfalls selbst einen Tiefencharakter, der auch im Widerspruch zur Aussageabsicht des Drehbuchautors stehen kann.

Die Hauptfiguren (Protagonist und Antagonist) einer guten Story müssen Tiefencharakter besitzen. Die Nebenfiguren können hingegen flasch gehalten werden, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf die Hauptfiguren und deren Handlungen zu bündeln. Nebenfiguren dienen dabei der Profilierung der Hauptfiguren. Sie bieten also der Hauptfigur Handlungsanlässe, die den Tiefencharakter der Hauptfigur zum Vorschein bringen.

18. Text (S.417 bis 439)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gute Film-Dialoge klingen zwar wie alltägliche Rede, sind in Wahrheit jedoch hochkonzentriert und bedeutungsschwanger, dem Ratschlag des Aristoteles gemäß "Sprich, wie die gewöhnlichen Menschen sprechen [...], doch denke wie die Weisen denken."(S.418). Da ein Standbild innerhalb von 10 Sekunden für den Zuschauer langweilig wird, müssen Dialoge dem Prinzip der äußersten Ökonomie gemäß sehr kurz gehalten werden. Monologe scheiden von vornherein aus, da sie (wenn die Figur nicht gerade ein Verrückter ist) lebensweltfern und gekünstelt wirken, also das Filmerlebnis (Immersion) zerstören. Beim Filmdialog muss die neue wichtige Information am Ende der Dialogzeile stehen ("Spannungssatz"(S.422)).

Generell gilt, dass Drehbuchautoren zu 80% "fürs Auge schreiben"(S.423) und nur zu 20% fürs Ohr. Daher muss das Hauptaugenmerk des Drehbuchautors dem Sichtbaren im Film gelten. Das Sichtbare muss soviel wie möglich mit Bedeutung (Symbolträchtigkeit) aufgeladen werden. Die Häufigkeit mit der etwas im Film gezeigt wird, ist eine Andeutung (Indiz) für seine Symbolträchtigkeit. Symbole dürfen aber nicht zu aufdringlich in Szene gesetzt werden, weil sie unbewusst die größte gefühlsmäßige Wirkkraft entfalten.

Es kann zwischen innerfilmischen Symbolen (bspw. das Medaillion der Mutter der Hauptfigur) und außerfilmischen Symbolen (bspw. einer Justitia-Statue) unterschieden werden, wobei die innerfilmische Symbolik eines Gegenstands (sobald sie aufgebaut ist) die außerfilmische Bedeutung im Bewusstsein des Zuschauers während des Sehens des Films verdrängt. Der Titel eines Films liegt meist nicht in den Händen des Drehbuchautors, sondern in denen von Wirtschaftsfachleuten (Marketing), er bietet dem Publikum daher keinen verlässlichen Hinweis auf die Symbolhaftigkeit im Film. Der Drehbuchtitel hingegen liegt zwar in der Macht des Drehbuchschreibers, gelangt aber meist nur bis zum Regisseur und diesen interessiert eher das Genre und der Schauplatz.

19. Methode (S.440 bis 448)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kurzfassung des Drehbuchs muss für sich gefühlsmäßig und gedanklich stark wirken, sonst wirkt die Langfassung erst recht nicht. Im zehnseitigen Treatment werden die Szenen, die in der Kurzfassung nur einen Satz lang sind, zu einem Absatz aus mehreren Sätzen (im Präsens) ausgebaut und der Dialog wird durch indirekte Rede erstmals angedeutet.

Generell gilt das Prinzip Von-Innen-Nach-Aussen-Schreiben. Voraussetzung hierbei ist, den zentralen Wertkonflikt der Story klar zu kennen und als erstes ein Idee zum Story-Höhepunkt zu haben, auf den dann der Rest der Story als Zielpunkt hin geschrieben wird. Dieses Prinzip lässt sich sehr gut mit der Kärtchen-Methode verwirklichen. Jede Karte beinhaltet die Quintessenz einer Szene in einem Satz. Hat man genug Karten, beginnt man sie so anzuordnen, dass sie die maximale Wirkung (Immersion) erzielen. Dann beginnt man erst das Drehbuch in Kurzform zu schreiben. Die umgekehrte Variante (Von-Aussen-Nach-Innen-Schreiben) fängt hingegen gleich beim Dialog an, bleibt in Details stecken, verliert das Gesamtmuster aus den Augen und mündet im Regelfall in ein schlechtes Drehbuch.

Abblende (S.449f)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein guter Drehbuchautor schreibt (und recherchiert) jeden Tag seines Lebens, um sein angeborenes Talent durch Übung zu vervollkommenen.

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

McKee erntet dafür Kritik, dass bis heute keines seiner Drehbücher verfilmt wurde [1][2]. Seine Standardantwort darauf ist, dass er aber bis heute seine meisten Drehbücher verkaufen konnte, der Rest läge ja schließlich nicht in seiner Hand [3].

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Primärliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • McKee, Robert (1997): Story: Prinzipien des Drehbuchschreibens. Berlin: Alexander Verlag 2011 (7.Auflage).

Sekundärliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eick, Dennis 2006: "Drehbuchtheorien. Eine vergleichende Analyse". Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 'Basic Instinct' — New York Times Artikel von Joe Queenan, September 17, 2006
  2. 'BBC.co.uk — Filmprogramm Interview, 9 February 2007'
  3. Michigan Today - June 1995 — Interview mit Brett Forrest

Kategorie:Film