Benutzer:Kriselol/Christburger Straße 31

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Das Haus Christburger Straße 31

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Das Haus 1991

Das in der Christburger Straße 31 im Prenzlauer Berg befindliche Mehrfamilienhaus wurde ca 1890 errichtet. Nach der Entmietung des Nachbarhauses Christburger Straße 32 im Jahre 1976 und dessen Abriss Anfang der Achtziger Jahre war auch das Haus Christburger Straße 31 Ende der achtziger Jahre für den Abriß vorgesehen und wurde daher von engagierten Bürgern instandbesetzt - wie zahlreiche andere damals leerstehende und unmittelbar vom Abriss bedrohte Häuser in Berlin. Nach Verhandlungen mit der Wohnungsverwaltung WiP erhielten die Besetzer Anfang der neunziger Jahre temporäre Verträge und investierten jahrelang Arbeit und Eigenmittel in den bloßen Erhalt des sehr maroden Hauses. In den Jahren 1995 bis 1996 wurde das Haus im Rahmen eines Projektes zur Selbsthilfesanierung saniert. Dazu wurden Verträge mit dem Land Berlin, der WiP und schließlich auch dem Alteigentümer geschlossen, dem das Haus während der Förderverhandlungen rückübertragen wurde. Die Sanierung wurde vom Berliner Senat mit Mitteln in Höhe von fast 1,8 Mill DM gefördert. Die zur Sanierung des Hauses bereitgestellten Fördergelder wurden durch eine "Muskelhypothek" der Mitglieder des Nutzervereins Christburger Straße 31 e.V. ergänzt.

Nutzervereinigung Christburger Straße 31 e.V.

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Die Fassade zu Beginn der Sanierungsarbeiten

Der Verein wurde im Februar 1990 gegründet. Ziel des Vereins war der Erhalt und Sanierung des Wohnhauses zur anschließenden Nutzung durch die Bewohner. Das ursprünglich zum Abriss frei gegebene Haus (Baujahr ca. 1890) wurde von den Bewohnern, in Abstimmung mit der verwaltenden Wohnungsbaugesellschaft (WIP) und mit Zustimmung des in Rückübertragung befindlichen Besitzers, saniert. Die finanzielle Unterstützung durch den Senats zur Modernisierung und Instandsetzung von Wohngebäuden (Förderung von besonderen wohnungspolitischen Projekten) belief sich auf 1.782.976,26 DM bezogen auf eine Fläche von 1006,54 qm in Vorderhaus und Seitenflügel. Hinzu kamen Eigenleistungen im Wert von 609.306,82 DM, vor allem im Bereich gering qualifizierter Arbeiten erbracht. Der abgeschlossene Sanierungsvertrag umfasste die Zeit der Bauphase und die daran anschließende 20jährige Pachtphase. Baubeginn war der 1.12.1995 Das planmäßige Bauende konnte zwei Jahre später trotz aufwendiger Schwammsanierung eingehalten werden. Die Verwaltung des Hauses liegt in den Händen des Vereins und seiner Mitglieder. Alle Mieter des Hauses kümmern sich als Vereinsmitglieder gemeinschaftlich um Betriebskostenerfassung und -abrechnung, anfallende Reparaturen, die Pflege des begrünten Innenhofes. Die durch Muskelhypothek sozialverträglich gestalteten Mieten und die Selbstverwaltung des Hauses durch den Nutzerverein führten zu einem familienfreundlichen Klima im Haus und zu der angestrebten sozialen Mischung der Hausbewohner. Als die Selbsthilfesanierung startete, gab es drei Kinder unter den Hausbewohnern - daraus wurden vierzehn. Zur Absicherung der notwendigen Instandhaltungsarbeiten wird vom Nutzerverein eine Instandhaltungspauschale erhoben, über deren Verwendung gemeinsam mit dem Eigentümer des Hauses entschieden wird. Als notwendige Maßnahmen zur Verbesserung von Energiebilanz und Bausubstanz erfolgten im Jahr 2002 eine Giebeldämmung der Brandmauer im Vorderhaus, 2005 Feuchtigkeitssperren an den durch Trümmerversturz schlecht zugänglichen Giebelwänden und 2010 die Giebeldämmung der Brandmauer im Seitenflügel. All diese weiteren Sanierungsmaßnahmen erfolgen in Absprache und im Einvernehmen mit dem Eigentümer des Hauses, der sich jeweils anteilig an den Kosten beteiligte - entsprechend seinem unabhängig vom Nutzerverein vermieteten Flächenanteil im Dach- und Erdgeschoß des Hauses.

Energetische Sanierung

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Ein Mitglied des Nutzervereins bei Selbsthilfearbeiten im späteren Heizungsraum.

Im Zuge der Arbeiten erfolgte auch eine umfassende energetische Sanierung des Hauses. Die Giebelwand, die Durchfahrt, die Fensternischen, das Dachgeschoß, die Kellerdecken und die Kelleraußenwände wurden gedämmt und der Keller mit einer Perimeterdämmung versehen. In den Jahren nach Fertigstellung des Hauses wurden auch noch vorhandene Originalfenster durch solche mit niedrigen k-Werten und mit hochwertigen Mehrfachverglasungen ersetzt. Die während der Sanierung durch den Wärmelieferant Vattenfall installierte Haustechnik wurde nach 2010 durch eine noch effizientere Wärmeerzeugungsanlage ersetzt. Als Ergebnis all dieser Maßnahmen verfügt das Haus heute laut Energieausweis über einen hervorragenden Energieverbrauchskennwert von 102 kWh/(m²a), der fast dem Wert eines neu errichteten Mehrfamilienhauses entspricht.

Massiver Hausschwammbefall

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In den Bereichen mit Schäden an Putz und Fugen trat starker Hausschwammbefall auf
Zahlreiche Holzbalkendecken mussten wegen Schwammbefall komplett erneuert werden - zu alleinigen Lasten des Nutzervereins. Im Bild sind die für die thermische Behandlung komplett vom Putz befreiten Wandflächen zu sehen.

Entgegen einem sehr optimistischen Holzschutzgutachten kam bei den Sanierungsarbeiten ein umfassender Befall des Hauses mit Hausschwamm zum Vorschein. Am massivsten vom Hausschwamm befallen waren die Wohnungen in den unteren Geschossen des Vorderhauses, aber auch die "Berliner Zimmer" der höher gelegenen östlichen Vorderhauswohnungen und große Teile des Seitenflügels. Die Maßnahmen zur Schwammbekämpfung waren sehr aufwändig: zahlreiche Holzbalkendecken mussten teilweise oder sogar komplett entfernt werden, anschließend wurde der Innenputz hüfthoch entfernt und das Mauerwerk über einen definierten Zeitraum erhitzt. Die Mehrkosten für diese umfassende Hausschwammsanierung betrugen 121.523,12 DM und wurden ausschließlich vom Verein getragen. Der Senat lehnte weitere Zuschüsse ab. Trotzdem konnte das planmäßige Bauende nach zwei Jahren Bauzeit eingehalten werden. Trotz der großen Aufwendungen für die Schwammsanierung trat nach einigen Jahren im unteren Bereich des Seitenflügel-Treppenhauses erneut Hausschwamm auf, der mit Putzentfernung, einer aufwändigen und langwierigen elektrothermischen Trockenlegung und anschließender Dämmung von Kelleraussenwand und Hinterhausgiebel erneut bekämpft werden musste.

Nach der Sanierung erhielten alle Vereinsmitglieder Mietverträge und die von der Nutzervereinigung verwalteten Flächen sind somit seit Jahrzehnten voll vermietet. Die unter Anrechnung der öffentlichen Förderung und der Muskelhypothek für diese Flächen gezahlten Mieten liegen - trotz der zusätzlichen Erhebung einer Instandhaltungspauschale - erheblich unter der ortsüblichen Miete. Auch die durch den Eigentümer verwalteten Flächen im Erd- und Dachgeschoss sind langjährig voll vermietet.

Milieuschutz und Umwandlungsverbot

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Das Haus liegt im seit dem 03.03.2015 festgelegten Millieuschutzgebiet Winsstraße des Bezirks Pankow. Damit greift die Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt für die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum in Erhaltungsgebieten. Eine Umwandlung der Wohnungen in Eigentumswohnungen ist damit faktisch ausgeschlossen.

Öffentliche Durchwegung des Grundstücks

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Die Christburger Straße 31 in 10405 Berlin im Jahr 2014.

Im Rahmen des geförderten Selbsthilfeprojektes wurde der ursprünglich voll versiegelte Hof entsiegelt und begrünt - auch, um einen günstigeren Biotopflächenfaktor zu erreichen. Der Hof entwickelte sich nach Abschluss der Bauphase weiter: Im Zuge der Modernisierung und ursprünglich geplanten Privatisierung einer neben dem Grundstück befindlichen Kita entstand eine Quartiersdurchwegung mittels eines öffentlichen Weges, der diagonal über die Grundfläche des nicht mehr existenten Hinterhauses der Christburger Straße 31 führt.

ein berühmter Zeitzeuge und Bewohner: Einar Schleef

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Über das Leben in der Christburger Straße 31 und den Abriss des Nachbarhauses berichtete der berühmte deutsche Regisseur und Bühnenbildner Einar Schleef in seinen Tagebüchern (Schleef, Einar: Tagebücher 1964-1976. Frankfurt/Main 2006). Im Nachbarhaus Nummer 32 befand sich das Atelier des Künstlers, dass ihm zum September 1974 wegen Abriss gekündigt wurde. Bei den Sanierungsarbeiten im Vorderhaus wurde 1995 ein handschriftlich mit "Einar" beschrifteter Handtuchhaken zwischen übereinander liegenden Farbschichten gefunden.