Benutzer:Mirianu/Pythagoreerinnen

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Pythagoreerinnen sind Pythagoreer weiblichen Geschlechts.

Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Klärung der Mitwirkung und Bedeutung von Frauen in der pythagoreischen Lehre gestaltet sich aufgrund der wenigen historischen Quellen als recht schwierig. Dass es Pythagoreerinnen gab und einige wohl auch zum inneren Zirkel gehörten, wird heute kaum noch bestritten, ist aber für die einzelnen Frauen nicht zu klären. Die pythagoreische Lehre geht auf ihren Gründer Pythagoras zurück, der Frauen und Männer um sich versammelte, mit ihnen zum Teil in einer Gemeinschaft zusammenlebte und in verschiedenste Bereiche der Philosophie vordrang. Namentlich lassen sich mindestens 28 Frauen ausmachen, die zu verschiedenen Zeit der griechischen Antike zu den Pythagoreerinnen zu zählen sind. Zum engsten Kreis der Familie gehörten seine Frau Theano von Kroton sowie die Töchter Myia, Damo, Arignote und die Enkelin Bitale, alle im 6./5. Jh. v.Chr. lebend. Von Iamblichos werden namentlich 17 Pythagoreerinnen genannt, d.h. neben Frau und einer Tochter noch 15 weitere Frauen, die verschiedenen Generationen angehörten (Timycha, Philtys, Okkelo, Ekkelo, Cheilonis, Lasteneia, Habroteleia, Echekrateia, Tyrsenis, Peisirrhode, Theadusa, Boio, Babelyka, Kleaichma und Kratesikleia).[1] Die drei Lehrbrief-Schreiberinnen Theano II, Myia II und Melissa[2] gehören dazu, vermutlich im 4. Jh. v.Chr. oder später lebend, sowie die späteren Pythagoreerinnen Aisara von Lukanien (4./3. Jh. v.Chr.) und Ptolemais von Kyrene (2./1. Jh. v.Chr.). Gilles Ménage verfasst in seiner Geschichte der Philosophinnen einen eigenen Artikel zu den Pythagoreerinnen mit anschließender Auflistung von 25 Namen.[3] Es stehen kurze Artikel über Leben und Werk von Phintys von Sparta, Periktione und Rhodope. Außerdem wird eine Sarah als Tochter es Pythagoras genannte; es könnte sich hier aber um eine fehlerhafte Schreibweise von Aisara handeln. Als früheste Pythagoreerin wird Themistokleia von Ménage als Lehrerin des Pythagoras erwähnt, die im eigentlichen Sinne jedoch noch keine Pythagoreerin war. Beim Namen Periktione haben wir eine ähnliche Problemlage wie bei Theano und Myia. Bei diesen beiden können wir von zwei zu unterscheidenden Pythagoreerinnen ausgehen, Theano I und Myia I zur Familie des Pythagoras gehörend, Theano II und Myia II als Lehrbrief-Schreiberinnen im 4. Jh. v.Chr. oder später lebend. Aufgrund der überlieferten Fragmente in verschiedenen griechischen Dialekten verfasst, können wir wiederum von zwei Philosophinnen mit Namen Periktione ausgehen, deshalb vereinfachend Periktione I, mit ihrer Schrift Über die Harmonie der Frauen, und Periktione II, keine Pythagoreerin, sondern eine Philosophin des 4. Jh. v.Chr., mit dem Werk Über die Weisheit, unterteilt. Die Mutter Platons, ebenfalls mit Namen Periktione, bleibt ohne philosophische Ausweisung. M.E. Waithe setzt sie gleich mit Periktione I und ordnet Periktione II aufgrund ihres Namens ebenfalls in die Reihe der Pythagoreerinnen ein, obwohl in dem erhaltenen Fragment ihres Werkes keine pythagoreische Lehre zu finden ist.

Bei Okkelo und Ekkelo müssen wir annehmen, dass es sich nur um den Pythagoreer Ekkelo mit einer Schrift Über die Gerechtigkeit handelt und es in der Überlieferung zu verschiedenen Abschreib- und Übersetzungsfehlern kam.[4]

In der pythagoreischen Gemeinschaft waren die Frauen vorrangig für die Harmonie und Ordnung in der Familie, für die Erziehung der Kinder und die Haushaltsführung zuständig. Die Familie wurde nicht als privater Lebensraum, sondern als Teil der Gesellschaft verstanden, die dem Gemeinwohl diente.

Die philosophischen Beiträge zur pythagoreischen Philosophie sind weitgehend nur bei direkter Namensnennung auszumachen, da zahlreiche Lehren, die in der späteren Geschichtsschreibung Pythagoras zugeschrieben wurden, nicht aufgrund der Quellenlage auf ihn verweisen. Bei den frühen Pythagoreern gab es keine Autorenschaft, es ist nicht einmal gesichert, ob Pythagoras selbst Schriftliches hinterlassen hat oder nur Mitschriften von seinen Schülern und Schülerinnen überliefert wurden.

M.E. Waithe u.a. diskutieren ausführlich die Echtheit der Überlieferungen und die Zuweisung dieser zu Frauen als Autorinnen.[5] Von M. Nühlen werden historische und philosophische Einordnungen diskutiert.[6]

Die erhaltenen Texte, Briefe und Fragmente von Pythagoreerinnen befassen sich mit der Lebenswelt der Frauen in Familie, Partnerschaft, Ehe und Kindererziehung, mit Sitte und Moral von Frauen, mit der Harmonie und der Dreiteilung der Seele, der Gerechtigkeit, der Zahlenlehre und dem Kanon in der Musiktheorie.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Porphyrius. De Vita Pythagorae. [1886] 1963. Porphyrii Philosophi Platonici opuscula selecta. Hrsg. von Augustus Nauck. Stuttgart: Teubner; Hildesheim: Olms Verlagsbuchhandlung.
  • Iamblichos. 1963. Pythagoras, Legende, Lehre, Lebensgestaltung. griech./dt. Hrsg., übers. u. eingel. Michael von Albrecht. Zürich/Stuttgart: Artemis Verlag.
  • Ménage, Gilles. [1690/1692] Geschichte der Philosophinnen. (Menagius, Aegidius. Historia Mulierum Philosopha­rum) Hrsg. 2019. Christian Kaiser. Hamburg: Felix Meiner Verlag.
  • Poestion, Josef Calasanz. 18761. 18822. Griechische Dichterinnen. Ein Beitrag zur Geschichte der Frauenliteratur. Wien / Pest / Leipzig: A. Hartleben's Verlag.
  • Waithe, Mary Ellen (Ed.). 1987. A History of Women Philosophers. Vol. 1: An­cient Wo­men Philosophers 600 B.C. - 500 A.D., Dordrecht / Boston / Lan­ca­ster: Martinus Nijhoff Publishers.
  • Plant, Ian Michael (Ed.). 2004. Women Writers of Ancient Greece and Rome. An Anthology. London: Equinox.
  • Brodersen, K. Hrsg. 2010. Theano. Briefe einer antiken Philosophin. Stuttgart. Reclam jun.
  • Pomeroy, Sarah B. 2013. Pythagorean Women. Their History and Writings. Baltimore: Johns Hopkins University Press.
  • Maria Nühlen: Philosophinnen der griechischen Antike. Eine Spurensuche. 2021. Wiesbaden. Springer. ISBN 978-3-658-34133-6.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Vgl. Iamblichos. Pythagoras. XXXVI. 267.
  2. Vgl. Ménage. Pythagoreerinnen. In: Geschichte der Philosophinnen, S. 83.
  3. Vgl. Ménage. Pythagoreerinnen. In: Geschichte der Philosophinnen, S. 83.
  4. Vgl. Nühlen, M., Philosophinnen der griech. Antike, S. 186-190.
  5. Vgl. Waithe, M.E., A History of Women Philosophers, 1987, S. 59–74.
  6. Vgl. Nühlen, M., Philosophinnen der griech. Antike, S. 144-153.

Kategorien:

Philosophinnen/griechische Antike