Benutzer:Nilakos Lasch/Entwurf Orest

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Iphigenie in Tauris (auch Die taurische Iphigenie oder Iphigenie bei den Taurern) ist eine

Tragödie des griechischen Dichters Euripides, die wahrscheinlich um 412 v. Chr. entstand.

  • Pylades, Vetter und Freund des Orest
  • Thoas, König der Taurer
  • Bote, taurischer Krieger
  • Rinderhirt
  • Chor gefangener griechischer Frauen

Aufbau und Inhalt

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  • Prolog (Vers 1 - 123)

Iphigenie tritt auf und berichtet über ihre Abstammung aus dem Hause der Atriden, von der Entführung Helenas nach Troja, der Strafexpedition der Griechen nach Troja und der Forderung Artemis nach einem Opfer, damit die Expedition gelinge. Iphigenie wurde als Opfer ausersehen, doch während der Opferzeremonie wurde sie vom Altar entrückt und ins Taurerland versetzt. Dort dient sie jetzt als Priesterin der Artemis und muss alle Griechen opfern, die nach Tauris kommen. Weiter berichtet Iphigenie von einem Traum der letzten Nacht, aus dem sie den Tod ihres Bruders Orest deutet. Sie geht in den Tempel ab und Orest und Pylades treten auf. Sie erkennen den Altar auf dem gewöhnlich griechische Fremdlinge geopfert werden. Orest mahnt zur Vorsicht und begründet seine und Pylades Anwesenheit in Tauris mit dem Auftrag Apollos, das Artemis-Standbild aus dem taurischen Tempel zu stehlen und nach Athen zu bringen. Nur so könne sich Orest laut Apollon endgültig vom Frevel des Muttermordes reinigen.

  • Parodos (Vers 124 – 142 )

Der Chor zieht ein und die Frauen besingen ihre Herkunft aus dem zivilisierten Griechenland und ihre jetzige Aufgabe als Tempeldienerinnen in Tauris.

  • 1. Episodion (Vers 143 - 391)

Iphigenie berichtet dem Chor von der Deutung ihres nächtlichen Traums. Sie vollzieht mit den Tempeldienerinnen ein Trankopfer für den vermeintlich verstorbenen Bruder. Sie beklagt den Untergang des Atriden-Geschlechts und ihr eigenes Los. Ein Rinderhirt tritt auf und verkündet die Ankunft von zwei Jünglingen in Tauris. Er beschreibt genau, wie er mit anderen Hirten die beiden gefangen hat und berichtet auch, dass einer von beiden offenbar vom Wahnsinn befallen sei, weil er sich wie wild gebärde und ihm Schaum vor dem Mund stehe. Er geht ab um die beiden zu holen. Iphigenie erklärt ihren Grimm auf alle Griechen, der durch den Traum und die Gewissheit um den Tod Orests entflammt ist. Sie zählt alles Leid auf, dass ihr durch die Griechen, ihre Volksgenossen wiederfahren ist und ergeht sich in Rachefantasien gegen Helena und Menelaos. Dann beklagt sie die Grausamkeit der Götter gegenüber den Menschen. Sie geht in den Tempel ab.

1. Stasimon (Vers 392 - 455)

Der Chor fragt sich, wie und woher die beiden Jünglinge an den Strand gekommen sein mögen und was sie in Tauris suchen. Auch sie sehnen sich nach Rache an Helena und nach einem Retter aus Griechenland

2. Episodion (Vers 456 - 1089)

Orest und Pylades werden gefesselt hereingeführt. Iphigenie kommt wieder aus dem Tempel. Sie gibt den Tempeldienerinnen die Anweisung alles für das Opfer vorzubereiten. Dann befragt sie Orest und Pylades über ihre genaue Herkunft. Aus dem Gespräch erfährt Iphigenie alles über den Mord der Klytämnestra an Agamemnon und dem folgenden Mord des Orest an Klytämnestra. Darüber hinaus erfährt sie, dass Orest noch lebt, doch erkennen sich die Geschwister zunächst nicht wieder. Iphigenie schlägt vor, nur einen der beiden zu opfern, wenn der andere im Gegenzug einen Brief für sie zu ihrer Familie nach Argos bringt. Iphigenie geht in den Tempel um den Brief zu holen. Orest und Pylades wundern sich zunächst über ihr seltsam vertrautes Wesen und diskutieren dann, wer für den anderen sterben solle. Beiden scheint es besser für den anderen zu sterben, als mit seinem Tod auf dem Gewissen zu leben. Schließlich überzeugt Orest Pylades weiterzuleben, da er eigentlich der von den Göttern beauftragte ist. Iphigenie kommt mit dem Brief aus dem Tempel. Sie schwört Pylades lebendig aus dem Taurerland zu entlassen. Im Gegenzug muss Pylades schwören, den Brief ihrer Familie zu bringen. Damit er, im Fall eines Verlusts des Briefes, die Botschaft trotzdem übermitteln kann, liest ihm Iphigenie den Brief, in dem sie ihre Identität enthüllt und Orest um Rettung bittet, in Orests Gegenwart vor. Orest erkennt sie nun und begrüßt sie freudig, doch Iphigenie fordert einen Beweis, dass er wirklich ihr Bruder ist. Er beschreibt ihr Haus und ihre Kammer in Argos und ein Tuch, das Iphigenie einst gewebt hat. Nun glaubt ihm Iphigenie. Die Geschwister beginnen Fluchtpläne zu schmieden. Sie verwerfen schließlich gewalttätige Varianten und ersinnen eine List. Iphigenie soll behaupten der durch den Muttermord befleckte Orest habe das Artemis-Standbild entweiht. Sie soll es zusammen mit den beiden Opfern zur Reinigung an den Strand bringen lassen. Von dort wollen sie mit dem Boot von Orest fliehen.

2. Stasimon (Vers 1090 - 1151)

Der Chor beklagt seine Verbannung und die Tatsache, dass er nicht mit Iphigenie nach Argos fliehen kann.

3. Epeisodion (Vers 1152 - 1234)

Thoas kommt herbei als Iphigenie das Artemis-Standbild aus dem Tempel trägt. Er erkundigt sich nach dem Grund und zeigt sich zunächst misstrauisch, lässt Iphigenie aber gewähren. Iphigenie gibt verschiedene Anweisungen, die scheinbar verhindern sollen, dass sich ein Taurer durch den Anblick der Frevler befleckt. Sie begibt sich mit Orest und Pylades an eine verborgene Stelle am Strand.

3. Stasimon (Vers 1235 - 1283)

Der Chor besingt Apollos Herkunft und lobt ihn als Gott der Vorhersage.

Exodos (Vers 1284 - 1499)

Ein Bote kommt gelaufen und berichtet von der Flucht der Priesterin mit dem Standbild und den beiden Fremden. Thoas befielt ihre Verfolgung und droht dem Chor wegen Mitwisserschaft Strafe an. Da erscheint Athene und hält Thoas auf. Er soll die Flüchtigen ziehen lassen, damit sie an der Grenze Attikas einen neuen Artemis-Tempel gründen und einen neuen Kult stiften können. Iphigenie soll in diesem Tempel als Priesterin dienen. Auch die gefangenen Frauen sollen entlassen werden um ebenfalls im Tempel zu dienen. Thoas beugt sich demütig dem Willen der Göttin.

politisch-historisch

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Auf politischer Ebene ist wohl vor allem die Präsentation des Griechentums gegenüber den Barbaren relevant. Zu den Dionysien, bei denen die Tragödien zur Aufführung kamen, versammelte sich einerseits die ganze athenische Bevölkerung, aber auch Fremde, die z.T. kamen, um Tribute an Athen zu entrichten [1] . In diesem Rahmen werden die pro-griechischen Aspekte des Stückes (Sieg der Griechen durch geistige Überlegenheit) sicher als Selbstbestätigung gewirkt haben, die Ironisierung griechischer Vorurteile wird dagegen als direkte Kritik verstanden worden sein. Die letztendliche Lösung der problematischen Schlussszene durch die Göttin Athene kann als direkte Darstellung der Überlegtheit Athens gegenüber allen anderen aufgefasst werden.

religiös-kultisch

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Auf religiöser Ebene ist v.a. die für Euripides typische Götterkritik auffällig. Sowohl Orest als auch Iphigenie hadern mit den Göttern, die ihnen ein allzu hartes Schicksal auferlegt haben. [2] Auch die dea ex machina, die schließlich ein glückliches Ende beschert, steht im Verdacht eher eine ironische Anspielung auf die rettenden Gottheiten zu sein, als eine ernst gemeinte Huldigung an die Gottheit.

Neben der Götterkritik beschreibt Euripides die Entstehung eines neuen Kultes in Griechenland, als Athene die Neugründung eines Artemis-Tempels und ein bestimmtes Ritual anordnet. [3] Diese Kultgründung verweist einerseits auf die Wurzeln der Tragödie selbst, die auf das archaische Menschenopfer zurückgeht. In seinem Stück zeigt Euripides, wie sich das Menschenopfer im Lauf der Zeit zu einer rein symbolischen Opferhandlung entwickelt, die jedoch im Kern die gleiche Funktion erfüllt wie auch das Menschenopfer. Die Tragödie stellt einen weiterer Abstraktionsschritt weg vom Opferritual selbst dar. Auf der anderen Seite zeigt Euripides aber auch deutlich, wie die Griechen eine Tradition von den Barbaren importieren, indem die barbarische Artemis der Taurer umbenannt und mit einem abgewandelten Ritual bei den Griechen eingeführt wird. Er verweist so auf die z.T. „barbarischen“ Ursprünge der griechischen Kultur [4].

Anthropologisch

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Oberflächlich betrachtet zeigt Euripides die häufig in Tragödien dargestellte Differenz zwischen den primitiven Barbaren auf der einen und den zivilisierten Griechen auf der anderen Seite. Die Taurer werden von einem willkürlichen Monarchen regiert, praktizieren grausame, archaische Rituale, achten das Gastrecht nicht und werden schließlich durch griechische Intelligenz und Gewandtheit überlistet. Soweit folgt Euripides gängigen Darstellungen der Barbaren. Betrachtet man die Darstellungen jedoch genauer, so ist Thoas durchaus um das Wohl der Gemeinschaft besorgt, zeigt Vertrauen zu Iphigenie, die dieses Vertrauen jedoch missbraucht und fügt sich sofort in das Urteil der Göttin. Zudem zeigt er sich äußerst Entsetzt über Orests grausamen Muttermord, ein Delikt, was sogar ihm, dem Barbaren zu entsetzlich scheint [5]. Zieht man diese gegensätzlichen Darstellungsaspekte in Betracht, so liegt der Schluss nahe, dass Euripides den Griechen gleichsam ironisch ihre Vorurteile und deren schwache Basis vorhält. [6].

Am Ende des Stückes erscheint Athene als dea ex machina mit der mechanae und löst die verfahrene Situation zum Guten auf.

Die Wiedererkennung zwischen Orest und Iphigenie bezeichnet Aristoteles in seiner Poetik als Wiederkennung durch Schlussfolgerung. Da seine Schwester Iphigenie den Opfertod erlitt, würde Orest, im Angesicht des gleichen Schicksals wohl zwangsläufig an sie denken müssen Er lobt diese Wiedererkennungsszene, da sie sich nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit entwickelt. [7]

Auffällig sind die Dialogpassagen sowohl zwischen Orest und Iphigenie, als auch zwischen Iphigenie und Thoas am Schluss, in denen die Figuren sich gegenseitig durch doppeldeutige Reden im unklaren lassen bzw. bewusst täuschen, während der Zuschauer den Doppelsinn versteht. [8]

Tragischer Held

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Als tragischen Held kann man Orest betrachten, da dieser sich auf einer Sühnemission für einen Fehler befindet und schließlich eine Peripetie von der tödlichen Bedrohung durch das Opfer zum Freispruch von der Schuld und freie Heimreise erlebt.

Der Chor aus gefangenen Griechinnen ist in Euripides-typischer Weise eher unauffällig. Die Chorlieder sind relativ kurz und an der Handlung ist der Chor nur minimal beteiligt, als er dem Boten weismachen will, dass Thoas den Tempel schon verlassen hat.

  • Venedig 1503 in Tragodia heptakaideka
  • Oxford 1913 in Fabulae, Hg. G.Murray
  • München 1949, Iphigenie im Taurerlande, Hg. Strohm, mit Kommentar
  • Iphigeneia in Tauris, J.J.C.Donner, in Eripides Bd. 2 Heidelberg 1841
  • Iphigenie im Taurerlande, H.v.Arnim, in Zwölf Tragödien Bd. 2, Wien/Leipzig, 1931
  • Iphigenie im Taurerlande,in Die Troerinnen...Drei Tragödien, E.Buschor, in 3 Tragödien, München, 1957

Einzelnachweise

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  1. Meier, Christian „Die politische Kunst der griechischen Tragödie“ Verlag C.H. Beck, München, 1988, S. 62 f
  2. Euripides Tragödien Bd. 2, Iphigenie bei den Taurern Reihe: Dichtungen der Antike, Volksverlag Weimar, 1959, Vers 570 ff
  3. Euripides Tragödien Bd. 2, Iphigenie bei den Taurern Reihe: Dichtungen der Antike, Volksverlag Weimar, 1959, Vers 1434 ff
  4. Cropp, M.J.: "Euripides. Iphigenia in Tauris" Aris & Phillips Ltd, Warminster, 2000, S.49
  5. Euripides Tragödien Bd. 2, Iphigenie bei den Taurern Reihe: Dichtungen der Antike, Volksverlag Weimar, 1959, Vers 1172 f
  6. Cropp, M.J.: "Euripides. Iphigenia in Tauris" Aris & Phillips Ltd, Warminster, 2000, S.49
  7. Aristoteles Poetik. Griechisch -Deutsch Reclam, Leipzig, 1979, S. 61
  8. Euripides Tragödien Bd. 2, Iphigenie bei den Taurern Reihe: Dichtungen der Antike, Volksverlag Weimar, 1959, Vers 455 ff

Quellen/Bibliografie

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  • Seeck, Gustav Adolf : „Die griechische Tragödie“. Reclam. Stuttgart. 2000.
  • Latacz, Joachim: „Einführung in die griechische Tragödie“ Vandenhoeck Ruprecht, Göttingen, 1993
  • Cropp, M.J.: "Euripides. Iphigenia in Tauris" Aris & Phillips Ltd, Warminster, 2000
  • Burkert, Walter : Homo Necans. Interpretation altgriechischer Opferriten und Mythen. Berlin/ New York: Walter de Gruyter 1997
  • Aristoteles Poetik. Griechisch -Deutsch Reclam, Leipzig, 1977
  • Meier, Christian „Die politische Kunst der griechischen Tragödie“ Verlag C.H. Beck, München, 1988