Benutzer:Phiramue/Der Notker-Globus

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Der Notker-Globus ist eine Kombination aus Erd- und Himmelsglobus. Er wurde zwischen 1001 und 1020 im Kloster St. Gallen hergestellt. Seine Existenz ist durch den St. Galler Mönch Notker der Deutsche dokumentiert. Dieser beschrieb den Globus im Codex Sangallensis 825 auf den Seiten 96 und 97 in seiner kommentierten Übersetzung des Werks De consolatione Philosophiae des römischen Philosophen Boethius ins Althochdeutsche. In seinen Kommentaren zu Geographie und Astronomie führte Notker aus, daß dieser Globus zur Veranschaulichung seiner Überlegungen genutzt werden könne.

Der Globus entstand zwischen 1001 und 1020. Dies lässt sich ableiten von Notkers Angabe, daß der Globus zur Zeit von Abt Purchart entstand. Dieser war zwischen 1001 und 1022 Abt von St. Gallen. Zudem entstand Notkers Bearbeitung von De consolatione Philosophiae vor 1020, denn sie ist in einem Brief Notkers an Hugo von Sitten erwähnt, dessen Entstehung auf 1019/20 datiert wird. In diesem Brief erwähnt Notker seine Boethius-Übersetzung, welche die Beschreibung des Globus enthält. Aufgrund der Tatsache, dass die Boethius-Bearbeitung eine der früheren Arbeiten Notkers war, kann die Entstehung des Notker-Globus um 1010 vermutet werden.

Wer den Globus gebaut hat und was für Methoden verwendet wurden, ist nicht bekannt. Im Text wird die Herstellung dem Kloster als ganzes zugeschrieben, wobei nur der damalige Abt explizit genannt wird. Vermutet wird, daß der Globus durch die Himmelsgloben von Gerbert d'Aurillac, welche dieser am Ende des 10. Jahrhunderts anfertigte, beeinflusst war. Allerdings unterscheidet sich der Notker-Globus im Gegensatz entscheidend, weil darauf die Umrisse damals bekannten Erdteile aufgezeichnet waren. Ausserdem verfügte der Notker-Globus gemäss Notkers Beschreibung über eine verstellbare Achse, die seine Anschaulichkeit verbesserte.

Notkers Beschreibung des Globus enthält neben der Beschreibung der Nutzungsmöglichkeiten einige interessante Details zur darauf angebrachten Zeichnung. Sie zeigte die Lage aller Völker und Länder, was auf eine Darstellung der bekannten Erdteile hinweist. Diese Erdkarte war nicht nur schematisch gezeichnet, denn Notker hat genauere geographische Hinweise zur Lage verschiedener Orte ergänzt. Die Erdteile deckten nur einen Teil des Globus ab, wurden aber vermutlich durch weitere Landmassen ergänzt, denn Notker erwähnt auch die Antipoden, welche den Menschen gegenüber wohnen würden. Zudem war der Erdglobus auch ein Himmelsglobus, denn auf der Zeichnung waren auch die Tierkreiszeichen angebracht, welche symbolisch die Sterne darstellten und die Kombination von Erd- und Himmelsbetrachtung ermöglichten. Zur praktischen Veranschaulichung verfügte der Globus auch über eine verstellbare Achse. Eine Aussage über die Sichtbarkeit der Tierkreiszeichen bei verschiedenen Ausrichtungen der Achse weist zudem auf die Präsenz eines Horizontrings hin. Keine Angabe macht Notker zur Größe des Globus. Für einen Nachbau, den die Stiftsbibliothek 2022/23 erstellte, wurde ein Durchmesser von rund 30 Zentimetern angenommen.

  • Jost Schmid-Lanter: Der Notker-Globus von um 1015. In: Cornel Dora (Hrsg.): Sterne - Das Firmament in St.Galler Handschriften. 1. Auflage. Schwabe Verlag, Basel 2023, ISBN 978-3-7965-4815-4, S. 84–89.
  • Ernst Hellgardt: Geographie und Astronomie im Werk Notkers des Deutschen. In: Dietrich Huschenbett, John Margetts (Hrsg.): Reisen und Welterfahrung in der deutschen Literatur des Mittelalters : Vorträge des XI. Anglo-Deutschen Colloquiums 11.-15. September 1989, Universität Liverpool. Band 7. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991, ISBN 3-88479-627-5, S. 54–68.