Benutzer:Port(u*o)s/Mein Quartettfest

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Donnerstag vormittag, eilig renne ich zum Busparkplatz (in der Schweiz sagen wir Car), doppelte Premiere: Zum erstenmal fahre ich zu einer Veranstaltung, wo ich offiziell fotografiere, also nicht nur von Freunden zur Hochzeit gefragt oder so; und zum erstenmal seit Jahrzehnten sitze ich wieder im Reisebus. Gottseidank gibts kein Klassenfahrtsfeeling, ich bin angenehm überrascht. Nach einer richtig anstrengenden halben Arbeitswoche hab ich jetzt vier Stunden Zeit, mich auf vier Tage vorzubereiten, die - ich ahne es richtig - für einen Anfänger wie mich auch recht intensiv zu werden versprechen.

Ich hab mich vor knapp zwei Monaten entschieden, das Streichquartettfest in Heidelberg zu begleiten, die Entscheidung war spontan gewesen, nachdem die Diskussionen über den Festivalsommer 2013 mir ins Kleinliche und auch Gehässige abzudriften drohten: Ob man das Geld nicht sinnvoller verwenden könnte, die Kameras nach Afrika schicken, wo noch ganze Landstriche unbebildert seien, wo hier doch nur das tausendste Bild von PUR oder Heino zu erwarten sei. Ich hab dann beschlossen, die Probe aufs Exempel zu machen, mit dem Vorteil, dass ich ja keine der Fotoausrüstungen benötigen würde, meine eigene ging so, meinte ich[1]. So fuhr ich also mit meinem Technikgepäck dem Ungewissen entgegen: Die Heidelberger waren freundlich gewesen, aber hatten mir auch deutlich klargemacht, dass ich mich um das Festival herumbewegen müsste und sich die Künstler - bei aller Liebe - nicht auf mich zu bewegen könnten. Kurze Termine draussen, ja das Suchen einer nahegelegenen Location waren ausgeschlossen (ich hatte an die Tiefburg gedacht, etwa 400 m entfernt, oder direkt daneben das Handschuhsheimer Schlösschen).

Nach dem Abendkonzert, um 22 Uhr, wird mir aber auch klar, wieso: Das Danish String Quartet zieht sich sofort nach dem Applaus wieder zum Üben zurück, wie auch die anderen Ensembles jeweils bis spät in die Nacht und dann bereits am Morgen, wenn ich wiederkomme, proben. Die Arbeitsatmosphäre ist unglaublich intensiv. Für mich bedeutet das: Schleichen, still sein, mich unsichtbar machen. Den Sitzplatz am Rand der Zuschauerreihen habe ich gleich beim ersten Konzert aufgeben müssen; es war ausverkauft. So sitze ich den ersten Abend auf einem Hocker neben der Bühne, und springe schnell hervor, wenn das Publikum zu applaudieren beginnt, um zwei, drei Fotos zu machen: Das Klicken des Auslösers und Klappen des Spiegels während des Spiels ist natürlich tabu. Am Abend stelle ich fest, dass ich viel zu hastig war, um bei dem wenigen Licht ohne Spiegel halbwegs unverrissene Fotos hergestellt zu haben.

Am nächsten Morgen finde ich den Weg zu einer Empore, auf der ich in aller Ruhe meine Kamera aufbauen kann, ohne dem Publikum im Weg zu sein. Zwar geht Fotografieren während des Spiels nach wie vor nicht, aber ich bin jetzt nicht mehr so gehetzt zwischen den Einzelsätzen. Später stelle ich - wieder einmal - fest, dass viele Fotos nicht zu gebrauchen sind. Gewohnt, meine Architekturen zu fotografieren, habe ich den ISO-Wert standardmäßig auf 200 stehen, das reicht nicht für Teleobjektivbedingungen in schwachem Licht. Das Konzert allerdings ist toll, und neben der Arbeit genieße ich die Musik: Franz Schubert und Ludwig van Beethoven müssen sich dem Vergleich stellen, ebenso die jungen Ensembles aus Poznań und London, das Meccorre String Quartet und das Castalian Quartet. Später geht es erstmal mit dem Schubert-Roman von Peter Härtling weiter, der sein um die Jahrtausendwende geschriebenes Buch an den vier Tagen in insgesamt fünf ineinander überleitenden Lesungen vorstellt.

  1. Zwei Nikon-Gehäuse (D 90 und D 5000) und insgesamt acht mittel- bis höherwertige Objektive, zwei Blitze, zwei Stative.