Benutzer:Sipalius/RadOnk/Endometrium

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Endometriumkarzinom (syn. Korpus-Karzinom; Endometrial cancer)

  • mittleres Erkrankungsalter etwa 70 Jahre, aber in 5 % der Fälle auch bei Frauen unter 40
  • in Deutschland häufigstes Genitalkarzinom der Frau, Inzidenz in Deutschland 16/100.000 pro Jahr
  • wichtigster Risikofaktor: Adipositas
  • wichtiger Risikofaktor: Diabetes mellitus
  • weitere Risikofaktoren: alleiniger Östrogenersatz, Tamoxifen, HNPCC (Lynch-Syndrom)

Übergewicht vermeiden, körperlich betätigen, zudem Multiparität präventiv

  • Typ I (über 80 %): endometrioides Adenokarzinom, östrogenabhängig, sporadisch; mit Vorstufe: atypische Hyperplasie
  • Typ II: meist seröses oder klarzelliges (jedenfalls nicht endometrioides) Adenokarzinom, nicht hormonabhängig, sporadisch
  • Typ III: bei genetischer Prädisposition (u. a. HNPCC), meist bei jüngeren Frauen, Mikrosatelliteninstabilität, Neigung zu Mehrfachtumoren

Etwa 80 % endometrioide Adenokarzinome (Typ I), etwa 10 % Typ II, selten muzinöse, adenosquamöse Adenokarzinome, Mischtumoren, Karzinosarkome

Klinisch-pathologische Charakteristika

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Die Leitlinienrevision 2022 hat klinisch bedeutsame pathologische Charakteristika in die Leitlinie aufgenommen:

  • POLE-mutiert: Häufigkeit 9%, meist jüngere Frauen, keine Adipositas-Assoziation, Tumorstadium: oft niedrig, Histologie: oft endometrioid G3, sehr gute Prognose
  • MMR (mismatch repair)-defizient: Häufigkeit 28%, Frauen jeden Alters, keine Adipositas-Assoziation, 10% hereditär (HNPCC („Lynch-Syndrom“)), Mikrosatelliteninstabilität (MSI), alle Tumorstadien, gute Prognose
  • p53-abnormal (p53-Mutationen): Häufigkeit 12%, keine Adipositas-Assoziation, manchmal hereditär über BRCA, Tumorstadium meist hoch, oft Metastasten, Histologie: serös, Karzinosarkom, endometrioid high grade, schlechte Prognose
  • No special molecular profile (NSMP): Ausschlussdiagnose!, Häufigkeit 50 %. Frauen jeden Alters, Adipositas-Assoziation, Tumorstadium: oft niedrig, gute Prognose

TNM-Klassifikation

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  • T1: begrenzt auf Corpus uteri (a: < 50 %, b: >= 50 % Myometriuminfiltration), FIGO IA/B
  • T2: Invasion Cervix uteri, aber noch begrenzt auf den Uterus, FIGO II
  • T3: lokale Ausbreitung über den Uterus hinaus (a: Uterusserosa oder Adnexe, b: Vagina oder Parametrien), FIGO IIIA/B
  • T4: Ausbreitung auf Schleimhaut von Blase oder Rektum, FIGO IVA
  • N: Lymphknotenbefall (N1: pelvin, N2: (auch) paraaortal), FIGO IIIC (falls höchstens T3, IIIC1: pelvin, IIIC2: (auch) paraaortal)
  • M: Fernmetastasen, FIGO IVB
  • Frühsymptom: postmenopausale Blutung (Jede suspekte vaginale Blutung jenseits des 35. Lebensjahres abklären! Zytologie, vaginaler Ultraschall, Hysteroskopie, fraktionierte Abrasio)
  • Screening auch für Risikogruppen bisher nicht empfohlen
  • Tumor wächst meist langsam, zunächst exophytisch in das Cavum uteri, später ins Myometrium, dann Lymphknoten (pelvin; paraaortal)
  • Erst spät hämatogene Fernmetastasen v. a. in Lungen, Nebennieren und Leber

Ultraschall (vaginal und abdominal), Hysteroskopie, fraktionierte Abrasio, ggfs. Rektoskopie, Zystoskopie, Röntgen Thorax, MRT Becken

Die Therapie der Wahl ist die Operation. In der Mehrzahl der Fälle ist diese auch möglich. Bei Inoperabilität (Alter, Nebenerkrankungen) ist eine kurative Radio(chemo)therapie möglich, der operativen Therapie allerdings unterlegen.

Auch bei Vorstufen eines invasiven Karzinoms sollte bei abgeschlossener Familienplanung wegen des erhöhten Risikos eine Hysterektomie erfolgen, bei postmenopausalen Frauen auch mit Adnexektomie. Bei den invasiven Karzinomen erfolgt die Operation in einer dem Stadium entsprechenden Ausdehnung ("stadiengerecht"):

  • Stadium I und II: Hysteradnexektomie. Regionäre LK-Entfernung ab Stadium IA, G3 möglich, ab IB, G3 obligat. Im Stadium II bei V. a. Parametrien-Befall radikale Hysterektomie mit Parametrien, Scheidenmanschette, regionären LK.
  • Stadium III: Radikale Hysterektomie, A: mit Omentektomie, B: mit partieller Kolpektomie
  • Stadium IVA: Exenteration (je nach Befall), ggfs. Neoblase, Neovagina
  • Stadium IVB: multimodale Therapie (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, Gestagene)

Adjuvante Therapien

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Empfehlungen sind schlecht durch Studien gesichert. Zugrunde liegt in der Regel die häufigste Histologie des endometrioiden Adenokarzinoms.

  • bei Typ II: auch bei Stadium IA, G1/2 postoperativ Brachytherapie (wird bei Typ I nicht empfohlen)
  • bei Typ II: früher perkutane Radiotherapie als bei Typ I (bei letzterem ab IB, G3, cN0 möglich, ab III in jedem Fall empfohlen)
  • bei Befall von Lymphknoten immer adjuvante perkutane Radiotherapie
  • bei R1-Resektion (oder knapper R0-Resektion) vaginaler Brachytherapie-Boost

Ansonsten bei endometrioidem Adenokarzinom:

  • Stadium IA, G3 bis II: Risikoreduktion für Scheidenstumpfrezidiv durch vaginale Brachytherapie mit 21-24 Gy in 3-4 Fraktionen 1-2x pro Woche. ZV: proximales und mittleres Drittel der Vagina bis Suburethralwulst, Dosierung auf 0,5 cm Tiefe
  • Stadium III: adjuvante perkutane Radiotherapie des Beckens (LAG) möglich, Dosis 45-50 Gy mit 1,8 Gy ED. Bei Verzicht auf perkutane Radiotherapie vaginale Brachytherapie.
  • Stadium IIIC, IVA: Indikation zur perkutanen Radiotherapie, Dosis 45-50 Gy mit 1,8 Gy ED.

Bei Inoperabilität: primäre Radiotherapie, zusätzlich vaginaler Brachytherapie-Boost

Nur im palliativen Fall endokrine Therapie.

Indikation zu adjuvanter Chemotherapie ab Stadium III, bei serösem oder klarzelligem Karzinom in allen Stadien nach Operation und adjuvanter Bestrahlung. Medikamente: Carboplatin/Paclitaxel. Chemotherapie auch in palliativer Situation möglich.

  • GOG-122: Randomized Phase III Trial of Whole-Abdominal Irradiation Versus Doxorubicin and Cisplatin Chemotherapy in Advanced Endometrial Carcinoma: A Gynecologic Oncology Group Study (J. Clin. Oncol. 2006)

Die Chemotherapie mit Doxorubicin und Cisplatin schneidet hier besser ab als die Ganzabdomenbestrahlung. Das ist kein Wunder, ist erstere recht potent und aggressiv, letztere eher unterdosiert, also eigentlich ein unfairer Vergleich.

  • PORTEC-2: Vaginal brachytherapy versus pelvic external beam radiotherapy for patients with endometrial cancer of high-intermediate risk (PORTEC-2): an open-label, non-inferiority, randomised trial (Lancet 2010).

Alleinige Brachytherapie ist als adjuvante Therapie im Stadium I ausreichend und besser verträglich als perkutane Bestrahlung.

  • PORTEC-3: Adjuvant chemoradiotherapy versus radiotherapy alone for women with high-risk endometrial cancer (PORTEC-3): final results of an international, open-label, multicentre, randomised, phase 3 trial (Lancet Oncol. 2018). Chemotherapie: konkomitant Cisplatin, anschließend 4 Zyklen Carboplatin/Paclitaxel.

Keine Verbesserung des 5-Jahres-OS, aber weniger Lokalrezidive bei aber auch mehr Nebenwirkungen der Radiochemotherapie; daher bei Hochrisiko-Patientinnen (jung, guter AZ) individuell eine adjuvante Radiochemotherapie (ggfs. auch sequentiell) erwägen.

  • GOG-258:

Vergleich alleinige Chemotherapie (6 Zyklen Carboplatin/Paclitaxel) gegen die Radiochemotherapie der PORTEC-3-Studie: Kein Überlebensvorteil, aber weniger lokoregionäre Rezidive durch Radiatio bei allerdings höheren Nebenwirkungen. Fazit: Junge und fitte Patientinnen im Stadium III einer simultanen oder sequentiellen adjuvanten Radio-/Chemotherapie zuführen.

Radiochemotherapie gegen Chemotherapie allein bei Patientinnen mit Stadium III oder IV A: Nicht weniger Rezidive durch Radiochemotherapie. (Bei Radiochemotherapie weniger Lokalrezidive, aber mehr Fernrezidive)

  • DEGRO: Literatur kommentiert: Welche Parameter sind entscheidend?
    • POLE-Mutation: Gute Prognose. Patientin profitiert wahrscheinlich nicht von adjuvanter Therapie.
    • MSI (Mikrosatelliten-Instabilität, Mismatch-Repair-Deficiency): Intermediäre Prognose. Gutes Ansprechen auf Immuntherapie.
    • p53-Mutation: Ungünstige Prognose.
    • NSMP: Restgruppe. Muss weiter spezifiziert werden.