Benutzer:Spisazer/ˈbaʊʃtɛlə

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Baulandsachen sind in Deutschland Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit bestimmten grundstücksbezogenen Verwaltungsakten, mit denen besondere Spruchkörper bei den ordentlichen Gerichten zu befassen sind und für die eine modifizierte Verfahrensordnung gilt.

Zentrale Vorschriften enthält das Baugesetzbuch (BauGB), das im Dritten Teil des Dritten Kapitels (§§ 217 — 232) das „Verfahren vor den Kammern (Senaten) für Baulandsachen” regelt.

Streitmaterien und Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

§ 217 Abs. 1 BauGB zählt die Baulandsachen im eigentlichen Sinne auf.

Für die in Satz 1 der Vorschrift ausdrücklich bezeichneten Verwaltungsakte ist angeordnet, dass sie nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden können. Unter die Aufzählung fallen alle Verwaltungsakte in Umlegungs-, Grenzregelungs- oder Enteignungsverfahren. Weiterhin werden die Verwaltungsakte erfasst, die im Rahmen sonstiger Maßnahmen nach dem BauGB Entschädigungsfragen regeln, etwa aus Anlass einer Veränderungssperre (§ 18 BauGB), der Ausübung des Vorkaufsrechts (§ 28 Abs. 3 und 4 BauGB), der bauplanungsrechtlichen Beschränkung der Nutzung eines Grundstücks (§§ 39 – 44 BauGB), des Härteausgleichs (§ 181 BauGB), bei Schäden durch Vorarbeiten für Maßnahmen nach dem BauGB (§ 209 Abs. 2 BauGB) oder durch trotz unverschuldeter Fristversäumnis des Betroffenen aufrecht erhaltene Verfahrensentscheidungen (§ 210 Abs. 2 BauGB).

Satz 2 der Vorschrift erstreckt diesen Zuständigkeitsbereich auf alle anderen Verwaltungsakte nach dem Baugesetzbuch, für die die Anwendung des Entschädigungsabschnitts im Enteignungsteil (§§ 93 – 103) vorgeschrieben ist oder die in einem Verfahren nach dem vierten oder fünften Teil des ersten Kapitels des Baugesetzbuches (§§ 45 – 122) erlassen werden. Außerdem gehören hierher auch die Streitigkeiten über die Geldentschädigung nach § 190 BauGB (Flurbereinigung aus Anlass einer städtebaulichen Maßnahme).

§ 232 BauGB eröffnet den Ländern darüber hinaus die Möglichkeit, den Baulandgerichten auf Landesrecht beruhende Enteignungs- und Entschädigungsverfahren zuzuweisen. Einige Länder haben dabei — zulässigerweise — abweichende Regelungen zum Instanzenzug getroffen.

Das Verfahrensrecht betreffend, ordnet § 221 Abs. 1 Satz 1 BauGB an, dass in Baulandsachen die bei Klagen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geltenden Vorschriften, also vor allem die Zivilprozessordnung, entsprechend anzuwenden sind, allerdings soweit sich aus den §§ 217 – 231BauGB nichts anderes ergibt.

So wird der im Zivilprozess geltende Verhandlungsgrundsatz dadurch eingeschränkt, dass das Gericht — ähnlich wie die nach dem Untersuchungsgrundsatz handelnden Verwaltungsgerichte — von Amts wegen die Aufnahme von Beweisen anordnen und nach Anhörung der Beteiligten auch von diesen selbst nicht vorgebrachte Tatsachen berücksichtigen darf (§ 221 Abs. 2 BauGB).

Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann außer der (Teil-)Aufhebung eines Verwaltungsakts auch die Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsaktes oder zu einer sonstigen Leistung sowie Feststellung begehrt werden.

Nach § 224 Satz 1 BauGB hat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Baulandgericht nach § 224 Satz 2 BauGB in Verbindung mit § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung die aufschiebende Wirkung anordnen.

Spezialgesetze

Fristgebundene Antragstellung bei der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat; diese hat den Antrag unverzüglich mit den Akten dem Gericht vorzulegen (§ 217 Abs. 2 bis 4 BauGB). Für die Antragstellung selbst


Revisionsinstanz ist der Bundesgerichtshof,

landesrechtliche Zuweisungen

bundesrechtliche Zuweisungen

Wismar-Autobahn

Südumfahrung Stendal Dies betrifft beispielsweise Regelungen nach dem Flurbereinigungs-, dem Bundeswasserstraßen-, dem Landbeschaffungsgesetz sowie dem Bundesberggesetz und anderen Gesetzen mehr (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 Bodensonderungsgesetz, § 88 Nr. 7 Flurbereinigungsgesetz, § 30 Abs. 2 und § 59 Abs. 3 Satz 1 Landbeschaffungsgesetz, § 144 Abs. 1 Bundesberggesetz, § 39 Abs. 1 Satz 1 Bundeswasserstraßengesetz u.a.m.)


durch Urteil (§ 226 BauGB) durch Beschluss bei Sonderzuweisungen

Gerichtliche Spruchkörper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Eingangsinstanz Landgericht hat als Spruchkörper (mindestens) eine Kammer für Baulandsachen, besetzt mit einschließlich des Vorsitzenden zwei Richtern des Landgerichts sowie einem hauptamtlichen Richter des für den Landgerichtsbezirk zuständigen Verwaltungsgerichts (§ 220 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Über Beschwerde und Berufung oder (z. T. nach Landesrecht) Revision entscheidet das Oberlandesgericht, Senat für Baulandsachen, in der Besetzung mit einschließlich des Vorsitzenden zwei Richtern des Oberlandesgerichts und einem hauptamtlichen Richter des Oberverwaltungsgerichts (§ 229 Satz 1 BauGB). Die Richter aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit bestellt die Landesjustizverwaltung für jeweils drei Jahre (§ 220 Abs. 1 Satz 1 und § 229 Satz 2 BauGB). Für Revisionsentscheidungen bei Baulandsachen im eigentlichen Sinne ist der Bundesgerichtshof zuständig (§ 230 BauGB), dessen Geschäftsverteilung in jahrelanger Übung seinen III. Zivilsenat befasst.[1] Nach § 220 Abs. 1 Satz 3 und § 229 Satz 2 BauGB ist die Tätigkeit eines Einzelrichters grundsätzlich ausgeschlossen.

Rechtsentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die gerichtsverfassungsrechtliche Sonderbehandlung der Baulandsachen, für die als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art sonst Verwaltungsgerichte zuständig wären, beruht auf Art. 14 Abs. 3 Satz 4 des Grundgesetzes. Dieser gibt — in der Tradition von Art. 153 Abs. 2 Satz 3 der „Weimarer Reichsverfassung” — für die Höhe der Enteignungsschädigung den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten verfassungsrechtlich vor. Um eine Zweigleisigkeit des Rechtsschutzes zu vermeiden, nahm man, zuerst im Baulandbeschaffungsgesetz von 1953, nachfolgend dann im Bundesbaugesetz von 1960 und schließlich im BauGB, auch die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Eigentumseingriffe aus der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte heraus.[2] Hiermit handelte man sich gleichwohl Abgrenzungsprobleme zwischen den beiden Rechtswegen ein.[3]

Im Rahmen der Beschlüsse über eine „Große Justizreform” wurde im Juni 2005 bei der 76. Justizministerkonferenz auch die Aufgabe der verfassungsrechtlichen Rechtswegzuweisung zu den ordentlichen Gerichten favorisiert,[4] was die Entbehrlichkeit einer gesonderten Baulandgerichtsbarkeit und den Übergang der Materien zur Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Folge haben könnte. Im Juni 2008 hat die 79. Justizministerkonferenz diese Entscheidung bekräftigt und einen auch verfassungsändernden Gesetzentwurf gefordert.[5]

Einwände hiergegen heben v. a. die gegenwärtig deutlich längere Verfahrensdauer bei den Verwaltungsgerichten hervor.[6] In jüngerer Zeit ist es daher auch zu beobachten, dass Maßnahmegesetze zur Beschleunigung von Planungsverfahren und zur Umsetzung geplanter Vorhaben, insbesondere zur Vernetzung der Verkehrsinfrastruktur nach der Wiedervereinigung Deutschlands, immer wieder sachlich oder zeitlich erweiterte Anwendungsbereiche erhalten. Dies hat auch zur Folge, dass die Verfahren bei den ordentlichen Gerichten unter Geltung der Zivilprozessordnung durch den auch in der ersten Instanz bestehenden Anwaltszwang zum einen für die Antragstellerseite finanziell riskanter und zum anderen für die Gerichte durch anwaltliche Vorbereitung übersichtlicher sind, dass wegen der Darlegungslast der Beteiligten der Streitstoff gegenüber einem uneingeschränkt nach dem Untersuchungsgrundsatz geführten Verfahren beschränkt bleibt und dass Beweisaufnahmen von Auslagenvorschüssen abhängig gemacht werden können, was im Verwaltungsprozess problematisch ist.

Bis einschließlich des Jahres 1997 waren in den Ländern des Beitrittsgebiets außer Berlin für Baulandsachen vor der Einrichtung einer selbständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit Kammern für Verwaltungsrecht bei den Kreisgerichten und Senate für Verwaltungsrecht bei den Bezirksgerichten (§ 246a Abs. 1 Nr. 17 BauGB in der Fassung des Einigungsvertrags), vor der Errichtung von Land- und Oberlandesgerichten Kammern für Baulandsachen bei den Kreisgerichten und Senate für Baulandsachen bei den Bezirksgerichten (§ 13 des Rechtspflege-Anpassungsgesetzes von 1992) vorzuhalten. Für das Verfahren galten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung. Die im Beitrittsgebiet eingeführte Zusammensetzung der Spruchkörper aus Angehörigen der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit übertrug das Rechtspflege-Entlastungsgesetz 1993 auf das gesamte Bundesgebiet; vorher gehörten im Altbundesgebiet und Berlin den Spruchkörpern jeweils drei Richter der ordentlichen und zwei aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit an.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Punkt 4., vor 2003 Punkt 3. von dessen Zuständigkeitskatalog
  2. vgl. die Darstellung der Vorgeschichte des Baulandbeschaffungsgesetzes im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Februar 1956 — 1 BvL 28/55 —, (amtliche Sammlung der) Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 4, Seite 387 ff.
  3. s. dazu etwa den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. März 2008 — 9 AV 1.08 —
  4. TOP I.1. Große Justizreform, Abschnitt 1.1 Vereinheitlichung der Gerichtsverfassungen/Prozessordnungen, Punkt 3. Buchst. b
  5. Beschluss zu Tagesordnungspunkt I.2
  6. s. besonders deutlich die Stellungnahme des Bundes deutscher Juristen

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Slt.”, Begriffe des Verwaltungsrechts: Baulandsachen, Baulandgerichte, Landes- und Kommunalverwaltung Heft 7/1992, Seite 233
  • Friedrich Giese, Die Rechtsnatur der Spruchkörper für Baulandsachen, Archiv des öffentlichen Rechts Bd. 81 (1956), Seite 467 ff.
  • Kommentierungen zu den §§ 217 ff. BauGB


Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Kategorie:Rechtsquelle (Deutschland) Kategorie:Öffentliches Baurecht Kategorie:Bauleitplanung