Benutzer:Studioguard/Spielwiese

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Ausbildung und unterstützende Technologie für Sehbehinderte AudioProduzenten

Blinde Menschen hören nicht unbedingt besser, aber blinde Menschen hören ihre Umwelt mit grösserer Aufmerksamkeit, was sie zu sensiblen und anspruchsvollen Hörern macht. Genau das ist eine ideale Voraussetzung für die Arbeit in einem der vielen Bereiche professioneller Audioproduktion!

Trotzdem es ausgesprochen viele blinde Musiker und Autorinnen gibt, arbeiten kaum sehbehinderte Menschen im Ton- oder Radiostudio bzw. im eigenen Homestudio und produzieren ihre Musik, Hörbücher, Hörspiele und Radiosendungen selbst.

Das, unter Anderem, weil die Anzeigen der technischen Parameter und die meisten Bedienelemente auf Mischpulten und anderen technischen Geräten rein optisch sind und es bisher keine auf die Bedürfnisse dieser Menschen angepasste Ausbildung gab.

Das hier vorgestellte digitale StudioGuard System hilft diese Barrieren zu überwinden.

Das Projekt bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Kunst/Kultur und sozial-integrativem Anspruch aber auch wissenschaftlicher Arbeit zur gesellschaftlichen Integration von Menschen mit Behinderung in selbstständige Arbeit oder den Arbeitsmarkt, für ein selbstbestimmtes Leben.

DAS STUDIOGUARD SYSTEM besteht aus Entwicklungen zweier Art:

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1.) "StudioGuard Academy"

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spezielles Ausbildungssystem für blinde und sehbehinderte Menschen zum Tontechniker, Sounddesigner und Produzenten von Hörmedien aller Art, unterstützt durch spezielle Hardware und Lehrmittel.

2.) unterstützende Analyse- und Controller Hardware

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taktile (Braille) und akustische (Sprache) Ausgabemethoden, die den meisten blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich sind.

Ad 1.) "StudioGuard Academy"
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Ausbildungssystem für blinde Ton Bearbeiter Es wird mehrere aufeinander aufbauende Workshops und Seminare geben, die sich sowohl der inhaltlichen Aufbereitung eines Hörbeitrages, sowie dessen professionellen technischen Umsetzung widmen. Die Ausbildung vermittelt zwei grundlegende Kompetenzen:

  • Organisatorische und redaktionelle Arbeitsweisen sowie Grundlagen zur künstlerischen Gestaltung von Musik, Hörspielen, Radiobeiträgen, Audiotransskription von Filmen bis hin zur Werbung.
  • Tontechnik und Umgang mit technischen Geräten und Komponenten im Allgemeinen, sowie kreatives Arbeiten mit unterschiedlichen technischen Hilfsmitteln auf dem breiten Gebiet existierender Hard und Softwareanwendungen.

Vertiefende Workshops zu einzelnen Teilbereichen mit Profis verschiedenster Bereiche wie etwa Journalismus, Musikproduktion, Sprachtraining, Hörspielproduktion u.v.a. Themen werden ebenso angeboten.

Ziel: nach Beendigung der grundlegenden Ausbildung sollen Teams oder Einzelpersonen fähig sein auf selbständiger Basis als Unternehmer oder Verlag für Hörmedien aufzutreten und Ausbildung sowie Arbeitsplätze für die jüngere Generation Sehbehinderter schaffen.

Ad 2.) "StudioGuard Nano"
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ein digitaler Audio-Analysator für sehbehinderte und blinde Menschen, welche digitale Audioproduktion erlernen und als Sounddesigner, Radiomacher, Musiker, Produzenten oder in sonstigen Bereichen akustischer Mediengestaltung arbeiten wollen. StudioGuard Nano ist ein handliches Tischgerät, etwa ein Drittel der Grösse einer Computertastatur. Es analysiert das bearbeitete Audiosignal und generiert eindeutig interpretierbare Informationen über die wichtigsten Audioparameter im professionellen Tonstudio-Betrieb. Das Gerät unterstützt Produzenten mit Hilfe digitaler Brailleschrift, anderen taktilen Methoden und Sprachmeldungen in frei wählbaren Sprachen. Zudem ist StudioGuard ein Monitormischpult mit Kopfhörerausgang, das dem unkomplizierten Abhören der Signale vom Mischpult und dem eigenen Computer mit Screenreader und Schnittsoftware dient.

"StudioGuard Key"
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digitaler Hardware Controller zur erleichterten Steuerung des Audio Schnittprogrammes "Audacity". StudioGuard Key generiert Tastenkombinationen zur einfachen Bedienung von 60 Funktionen der bekannten Audioschnitt Software "Audacity", dem besten frei erhältlichen Programm, das zudem Produzenten die mit Braillezeile und Screenreader arbeiten den Zugriff ermöglicht. StudioGuard Key ist ein handliches Tischgerät, ein Drittel der Grösse einer normalen Computertastatur und benötigt nur einen USB Anschluss eines Computers auf dem Audacity installiert ist. Ein eingebauter Lautsprecher spricht auf Wunsch sämtliche Tastenfunktionen in einer von zwei wählbaren Sprachen. Das erleichtert Erlernen und Anwendung erheblich!

Im StudioGuard Academy Basis-Set sind je ein SG-Nano und SG-Key enthalten.

Hintergrund und Geschichte von Marcus C. Diess dem Entwickler des StudioGuard

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Wer kennt schon nicht Stevie Wonder, oder den grossartigen Ray Charles, zwei Ikonen des Soul, Blues und Jazz? Und so begann die Geschichte eigentlich schon 1996, als ich die grosse Ehre hatte im Salzburger Festspielhaus mehrere Konzerte des "Jazzherbst" Festivals tontechnisch zu betreuen. Neben Joe Zawinul, Deedee Bridgewater und Ray Brown die vom Bayrischen Rundfunkorchester unterstützt wurden, trat auch der Jazzpianisten und Komponist Mr. Ray Charles auf. Das war auch mein erster herzlicher Handshake mit einem blinden Menschen und eine erste Begegnung mit Brailleschrift auf Rays Keyboard. Ray Charles, selbst blind geboren schaffte es trotz aller Hindernisse an die Weltspitze des Jazz, Blues, Soul und Rock´n Roll, ebenso wie Stevie Wonder. Beide Künstler unterstützten den rennommierten Synthesizerhersteller Kurzweil computergesteuerte Brailleausgabe zu entwickeln! Mit der Entwicklung elektronischer Braillebuchstaben hatten Blinden endlich auch aktiven Zugang zu digitalen Medien, Computern und dem Internet, wovon sie zuvor mehr oder weniger ausgeschlossen waren.

Als Gründungsmitglied, technischer leiter und Sendungsmacher des damals eben erstandenen Freien Rundfunks Salzburg "Radiofabrik" eröffnete sich mir ein neues Anwendungsfeld meiner eigenen Tonkreationen, dann, wenige Jahre später Herbst 2004 führten wir das Projekt „Integrativer Journalismuslehrgang“ durch. Ein Pilotprojekt zur Schaffung von Möglichkeiten zur beruflichen Qualifizierung von Menschen mit Behinderung im Bereich Journalismus. Freie Radios – also Radios mit offenem Zugang für alle Menschen - haben u.A. die Aufgabe Menschen die in kommerziellen Medien unterrepräsentiert sind oder gar nicht vorkommen ein Sprachrohr zu bieten sowie auszubilden Möglichkeiten zur aktiven Partizipation zu nutzen. Eine wahre Demokratisierung des ansonsten fast ausschliesslich kommerziellen Rundfunks und Bereicherung des Spektrums mit Kultur und Beiträgen jenseits des Mainstream. Den zahlreichen interessierten TeilnehmerInnen wurden Grundbegriffe der Radiopraxis, technische Grundlagen zur praktischen Anwendung sowie Interviewtechniken und redaktionelles Knowhow vermittelt. Im Laufe des Lehrgangs wurden die Teilnehmenden auch praktisch tätig und veröffentlichenten eigene Sendungen auf den Frequenzen des Freien Rundfunks. Im Zuge dieses Projektes wurde mir schlagartig bewusst, dass blinde Menschen meist besser hören als Sehende, jedoch im Studio immer mit der Barriere der rein optisch ausgeführten Anzeigen am Mischpult konfrontiert sind. Die Bedienung des Mischpultes selbst stellte kaum ein Problem dar, da ich die notwendigen Bedienelemente mit Braille-Etiketten versehen hatte, das Abzulesen der Anzeigen ist aber unbedingt erforderlich, um professionell arbeiten zu können! Also fragte ich mich, wie man diesen für audible Tätigkeiten prädestinierten Menschen helfen kann die Barrieren zu überwinden, um direkten Zugang zur aktiven Partizipation an unserem Programm zu ermöglichen, und zwar so, dass nach einer kurzen Einlernphase keinerlei Abhängigkeit mehr von Sehenden besteht und völlig autonome Arbeit möglich wird. In Folge tüftelte ich in meinem Elektronik-Labor ein paar Tage und Nächte an einem technischen Konzept, das ich in einer ersten Skizze festhielt, die schon die Grundzüge der bis heute geltenden Prinzipien zeigt. Daraufhin begann ich einen ersten analogen, noch sehr primitiven Prototypen zu bauen. Aus dem Verhalten zweier einfacher "Detektoren" konnte ich mit Hilfe analoger Logikschaltungen vier Signalzustände "OK, HI, LO, NO" bewerten, die mit Hilfe verschiedener Töne unterschiedlicher Frequenz und Puls, einem alten Handy und dessen Vibrationseinheit sowie einer Ampel ähnlichen grossen optischen Anzeige ausgegeben wurden. Sofort wurde das Gerät von meinen neuen Freunden getestet und erste Erfahrungen gesammelt. Sofort brachten sich auch zwei begeisterte Blindenlehrer (Michael Flemmich und Helmut Kahr) ein, vermittelten weitere Interessenten, wie den ersten aktiven Anwender und Sendungsmacher Severin Spitzer!

Anhand dieser äusserst positiven aber kritischen Reaktionen und Testergebnisse verbesserte ich das System laufend und konstruierte schließlich einen zweiten, bereits wesentlich präziser arbeitenden Prototypen mit integriertem Monitormischer auf welchem bereits sämtliche Bedienelemente in Braille-Schrift geprägt sind.

Inzwischen gab es auch erste Reaktionen Seitens der Presse sowie eine Nominierung zu einem Innovationspreis, was mir Motivation war weiterzumachen. Nun wurde es ernst und ich gründete das Projekt "Das dritte Ohr" benannt nach einem Werk des Autors, Hörforschers und Radioproduzenten Joachim Ernst Berendt. Behrendt betonte bereits Mitte der 70er Jahre die hochsensible Hörfähigkeit blinder Menschen! Als ich schliesslich ein Patent zur Anmeldung brachte und als Erfinder anerkannt wurde, nahm ich an verschiedenen Ausschreibungen teil, wodurch das "Bundes Blinden Institutes" und die Hilfsorganisation ["Licht für die Welt"] auf meine Arbeit aufmerksam wurden, mich kontaktierten und engagierten.

2008 schrieb ich auf Grundlage meiner bisher geleisteten Arbeit und Erkenntnisse gemeinsam mit David Röthler eine Einreichung für ein gross angelegtes Projekt für Radiokunst von Blinden und Sehenden "Ohrenblicke" im Freien Radio, was uns auch 2009 erfolgreich beantwortet und mit einer ansehnlichen Summe finanziert wurde.

"Ohrenblicke": etwa 30 ambitionierte blinde und sehbehinderte Musiker, Radiomacher und andere Interessierte aus Deutschland und Österreich fanden sich als Projektpartner für Ohrenblicke und arbeiteten 2 Jahre intensiv an zahlreichen sehr innovativen Radio-Produktionen die auf den Frequenzen vieler freier Radiostationen in Deutschland und Österreich ausgestrahlt wurden. >>Nachhören<<

2009 hielt ich zum ersten Mal ein [[1]] in Händen und erfuhr was embedded computing alles möglich macht. Begeistert davon, begann ich erste tolpatschigen Versuche und entwickelte ein Konzept für einen digitalen, dritten Prototypen des StudioGuard "PT3" gerade rechtzeitig für das grosse Blindenprojekt. Bald stellte sich heraus, dass so etwas zu entwickeln eine grössere Herausforderung darstellt und ich dafür digital kompetente Unterstützung brauchte. So konnte ich den ambitionierten Programmierer Florian Primessnig gewinnen, der mich tatkräftig unterstützte und in die Programmiersprache einführte. Florian absolvierte u.A. ein Masterstudium Angewandte Informatik an der Paris Lodron Universität Salzburg mit Schwerpunkt "Human Computer Interaction" - also perfekt! Endlich konnte StudioGuard sprechen und Brailleschrift anzeigen...

2010 erlangten ich und die Radiofabrik den Radiopreis der Erwachsenenbildung, das "Dritte Ohr" wurde mit dem Preis für soziale Innovation "Sozialmarie" ausgezeichnet und damit verbunden gab es auch einige Pressemeldungen und Auftritte.

Dank zunehmender Miniaturisierung von embedded Computer Boards konnte ich schliesslich 2013 beginnen den Prototypen für ein kleineres tragbares, aber auch kostengünstig herstellbares Gerät "StudioGuard Nano" zu entwickeln.

Die Hardware des StudioGuard Nano und des analog dazu entwickelten StudioGuard Free, der auch sehenden Radioamateuren der Freien Radios Unterstützung bietet, ist heutzutage serienreif. Die Software wird nun laufend optimiert und erweitert anhand gewonnener Erkenntnisse. 2015 begann ich die Arbeit an StudioGuard Key, dem digitalen Hardware Controller zur erleichterten Steuerung eines Audio Schnittprogrammes wie beispielsweise Audacity darstellt. 2016 baute ich zwei Prototypen um einen davon dem Hamburger Sendungsmacher, Sprecher und Ausbildner Robert Sandberg zu schicken. Robert Sandberg lernte in Windeseile den Umgang mit der Arduino Programmiersoftware und hilft mir die optimale Konfiguration des Key zu erarbeiten.