Benutzer:Tmk1975/Sammlung

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Kritik an Grundthesen und Forschung zur Gendersprache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die These vom "Bewusstseinswandel durch Sprachveränderungen"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Thesen, dass Sprache das Bewusstsein präge sowie, dass Sprachveränderungen zu einem Bewusstseinswandel und so zu gesellschaftlichen Veränderungen führen würden, wird von Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen als unhaltbar betrachtet.

  • Die Linguistin Heide Wegener kritisiert, die Annahme, Sprachveränderungen könnten die sozialen Verhältnisse ändern und zur Gleichberechtigung von Frauen beitragen. Hier liege eine Überschätzung der Wirkung von Sprache vor. (Wer die sozialen Verhältnisse ändern wolle, müsse die sozialen Verhältnisse ändern, nicht die Sprache.) In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S.291 f. (NEU)
  • Die Sprachwissenschaftlerin Ewa Trutkowski schreibt: „Zu glauben, durch eine veränderte Sprachnorm politische Versäumnisse heilen und soziale Realitäten umstülpen zu können, ist eine Illusion. Es werden nicht mehr Frauen in Lastwagencockpits steigen, wenn man fortan von 'Lastwagenfahrenden' oder 'Lastwagenfahrerinnen und Lastwagenfahrern' spricht, solange zukünftige Kapitäninnen der Landstrasse das Steuer nicht selbst in die Hand nehmen wollen.“ Sie führt aus: „Wer Assoziationsstudien als Beleg für die fehlende generische Lesart von Maskulina ansieht und daraus die Notwendigkeit des Genderns ableitet (Stichwort: Sichtbarmachung der Frau und diverser Menschen durch alternative Formen), überhöht den Einfluss der Sprache und weist ihr eine determinative Komponente zu, die sie nicht hat.“ https://www.nzz.ch/feuilleton/gendergerechte-sprache-die-diskussion-ist-politisch-vergiftet-ld.1567211 (NEU)
  • Der Philosoph Philipp Hübl kritisiert: „(D)ie starke These der Verfechter*innen der geschlechtsneutralen Sprache lautet kurz gefasst: Sprache prägt das Bewusstsein. Diese Auffassung findet sich bei Nietzsche, Adorno und ist bis heute in den Geisteswissenschaften verbreitet. Sie gilt in der analytischen Philosophie und der Linguistik allerdings als äusserst fragwürdig, vor allem weil die experimentellen Hinweise dafür dürftig ausfallen. https://www.nzz.ch/feuilleton/der-erfolg-des-steht-in-den-sternen-gendergerechte-sprache-ld.1369855
  • Der Soziologe Niklas Luhmann schreibt in einem Aufsatz zur Gendersprache: „Die Auffassung, dass Sprache die Weltsicht determiniere (Whorf-Sapir-Hypothese (sic!)), wird heute kaum noch ernst genommen.“ In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S. 227. (NEU)
  • Der Sprachwissenschaftler Helmut Glück schreibt: „Zum Schutz von Menschenrechten taugt das Gendern nicht. Es gibt Felder, auf denen es wirklich nötig ist, für die Rechte der Frauen einzutreten.“ https://www.faz.net/-gsf-99ot0 (NEU)

Zur Wirkungslosigkeit bisheriger Sprachregelungsversuche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dass die geschlechtergerechte Sprache nicht in der Lage ist, gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen, zeigt nach Ansicht von Wissenschaftlern u. a., dass Sprachveränderungen – bzw. „Sprachreformen“ (Gero Fischer) oder „Sprachregelungsversuche“ (Robert Pfaller) – noch nie soziale, politische, sexuelle Emanzipation herbeigeführt oder etwas an der gesellschaftliche Benachteiligung von Gruppen geändert haben.

  • Der Philosoph Robert Pfaller stellt fest: Die Behauptung, dass durch verändertes Sprechen schon ein verändertes Handeln zustande komme, habe sich als unwahr erwiesen. Dies zeige das Fehlschlagen von verschiedenen „postmodernen Sprachregelungsversuchen“, darunter die Umbenennung von Menschen dunkler Hautfarbe, die Tabuisierung des Wortes „Zigeuner“ und die „Sichtbarmachung“ von Frauen durch gendergerechte Formulierungen. In: Robert Pfaller: „Erwachsenensprache: Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur“ Fischer Verlag, 2017, S. 29 ff. (NEU)
  • Der Philosoph und Linguist Steven Pinker hat für das Scheitern von den Versuchen, über Sprache einen positiven Bewusstseinswalen in der Gesellschaft bewirken den Begriff der „Euphemismus-Tretmühle“ geprägt. Verweis auf den Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Euphemismus-Tretm%C3%BChle (NEU)

Der Vergleich mit anderen Sprachen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegen die These von der „Macht der Sprache“ spricht nach Ansicht von Wissenschaftlern auch der Vergleich mit anderen Sprachen und anderen Gesellschaften. Dieser widerlege auch die These, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Genussystem (bzw. generisches Maskulinum) einer Sprache einerseits und Sexismus und Frauendiskriminierung andererseits gebe. Ebenfalls widerlege der Vergleich die These, dass Sprache (generisches Maskulinum) einen Einfluss auf (stereotype) Rollenbilder hätte.

  • Der Literaturkritiker Ulrich Greiner meint 2018, dass die sprachwissenschaftliche Komparatistik keinerlei belastbare Hinweise darauf liefere, dass zwischen Sprache einerseits und Sexismus und Frauenbenachteiligung andererseits tatsächlich ursächliche Zusammenhänge beständen. Viele Sprachen, wie etwa das Ungarische oder dasTürkische, besitzen gar keine grammatischen Mittel, um einen Geschlechterunterschied zu bezeichnen, und trotzdem werden in den Gesellschaften, in denen diese Sprachen gesprochen werden, Frauen benachteiligt. https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2F2018%2F23%2Fgendern-schrift-deutsche-sprache-zensur-ja
  • Die Linguistin Heide Wegener verweist ebenfalls auf das Türkische, das kein Genus, also nur eine Form der Personenbezeichnung kenne. „Aber ist die Gleichberechtigung der Frauen dort (in der Türkei) weiter entwickelt?“, fragt die Wissenschaftlerin. Dass das generische Maskulinum keinen Einfluss auf die Stellung der Frauen in der Gesellschaft hat, zeigt ihrer Ansicht nach auch der Vergleich DDR / BRD. Denn die Emanzipation der Frauen in der DDR sei weiter gediehen gewesen, als im Westen. Wegner weist mit einem Beispiel darauf hin, das Frauen bei der eigenen Berufsbezeichnung die generische Form (Informatiker, Ingenieur) verwendet hätten. Schröter et al. stellen hierzu fest: „dass in der ehemaligen DDR die Selbst- und Fremdbezeichnung von Frauen – vor allem zur Kennzeichnung ihrer beruflichen Tätigkeit – regelmäßig im maskulinen Genus erfolgte und dies den Sprachgebrauch in den neuen Bundesländern weit über 1989 hinaus geprägt hat. So konstatiert etwa Gisela Trempelmann, dass selbst in den beiden 'kooperierenden Tageszeitungen (Potsdamer Neueste Nachrichten und Der Tagesspiegel) die Ostdeutsche [sic] Zeitung bei der Anrede oder Nennung ihrer potentiellen Leserinnen und Leser überwiegend auf das Femininum verzichtet und die tradierte Form Leser bevorzugt' (Trempelmann 1998: 46. Vgl. darüber hinaus Becker 2008: 67 und Irmen/Steiger 2005: 228).“ Wegener in: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S.291 f. / Schröter et al.: https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/62382/1/Schr%C3%B6ter_Ich_als_Linguist.pdf (NEU) Der Sprachwissenschaftler Helmut Berschin hält hierzu fest: „Ob Selbstbezeichnungen von Frauen wie Ich bin Lehrer/Arzt im heutigen Deutsch „vielleicht auffällig“ (157) wirken, will ich nicht entscheiden. Jedenfalls waren solche Äußerungen in der DDR selbstverständlich, und auch eine Protagonistin der deutschen feministischen Linguistik, Luise F. Pusch, schrieb noch in ihrer Dissertation: „Das weiß ich aus eigener Erfahrung als Deutschlehrer“ (1980: 90). Helmut Berschin in: Romanische Forschungen 123. Bd., H. 1 (2011), S. 77-81. https://www.jstor.org/stable/27943112?read-now=1&seq=3#page_scan_tab_contents (NEU 2)
  • Die Linguistin Ewa Trutkowski argumentiert ebenso: „Was in den Köpfen ist, muss nicht unbedingt in der Sprache sein, und andersherum – sonst könnten nur Sprecher des Deutschen verstehen, was 'Schadenfreude' bedeutet, weil anderen das Wort dafür fehlt, und Länder mit genuslosen Sprachen, wie zum Beispiel die Türkei oder Ungarn, wären bei der Geschlechtergerechtigkeit am weitesten vorgedrungen – beides ist nicht zutreffend.“ https://www.nzz.ch/feuilleton/gendergerechte-sprache-die-diskussion-ist-politisch-vergiftet-ld.1567211 (NEU)
  • Die Germanistin Antje Baumann schreibt: „Nach der Auffassung 'Die Sprache bestimmt das Denken, ist also geeignetes Mittel, um die Wirklichkeit zu verändern' müsste die Gleichberechtigung in Ländern mit Sprachen ohne Genussystem (wie das Türkische oder das Englische) quasi automatisch fortgeschrittener sein – was nicht belegbar sein dürfte.“ https://edoc.bbaw.de/files/3039/Abecedarium_X_Baumann.pdf (NEU)
  • Der Germanist Gábor Fónyand bezweifelt, dass eine Veränderung der Grammatik einen Effekt auf die Gesellschaft hätte. Er verweist wie Greiner und Trutkowski auf Ungarn und das Ungarische, das – anders als das Deutsche – kein grammatisches Genus besitze. In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S. 255. (NEU)
  • Die Germanistin und Journalistin Claudia Mäder hält 2018 fest: „Auf der Welt gibt es Sprachen, die 20 Genusklassen kennen, und andere, die gar kein Genussystem führen (...) – aber wie sehr sich die grammatischen Formen auch unterscheiden, die gesellschaftlichen Stereotype sind fast überall die gleichen.“ https://www.nzz.ch/meinung/lassen-wir-die-sprache-menschlich-sein-ld.1433844
  • Der Philosoph und Journalist René Scheu attestiert: „Und so gibt es eben Sprachen mit zwei Genera, wie die meisten romanischen Sprachen, oder auch solche ohne Genus, wie das Englische. Die Rollenmuster und Stereotype von Frauen und Männern unterscheiden sich in Spanien und England jedoch nicht wesentlich von jenen in der Schweiz, was eigentlich genügen müsste, um einzusehen: Sie haben mit der sprachlichen Struktur nichts zu tun.“ https://www.nzz.ch/meinung/gender-sprache-die-sexualisierung-der-sprache-von-oben-ld.1513053?reduced=true

Kritik an Studien zum generischen Maskulinum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zahlreiche Wissenschaftler kritisieren Experimente zur Wirkung des generischen Maskulinums. Die These, dass es überwiegend als männlich interpretiert werde, sei nicht haltbar. U. a. würden die Studien würden entscheidende Einflussfaktoren wie z. B. den sprachlichen Kontext, Stereotype, Syntax oder die Wirkung von Plura vs. Singular nicht berücksichtigen. Die Studien seien nicht differenziert. Auch werde von der unbelegten/„unterkomplexen“ Annahme ausgegangen, dass Wörter/Texte stets „Bilder im Kopf“ erzeugten.

  • Braun et al. halten fest: „In der Sprachwissenschaft weisen Vertreterinnen und Vertreter wie Stickel (1988), Lieb/Richter (1990) oder Leiss (1994), um nur einige von vielen Namen zu nennen, die Argumente der feministischen Linguistik entschieden zurück. Dabei wird in der Regel schon die Grundannahme bezweifelt, daß es eine assoziative Bindung zwischen Genus und Geschlecht gäbe.“ In: Friederike Braun, Anja Gottburgsen, Sabine Sczesny, Dagmar Stahlberg: Können Geophysiker Frauen sein? Generische Personenbezeichnungen im Deutschen,1998 https://www.researchgate.net/publication/249938039_Konnen_Geophysiker_Frauen_sein_Generische_Personenbezeichnungen_im_Deutschen (NEU)
  • Die Sprachwissenschaftlerin Ewa Trutkowski kritisiert Studien, die zeigen sollen, das Versuchspersonen bei maskulinen Nomen primär an männliche Individuen dächten und eine geschlechtsabstrahierende, generische Lesart dahinter zurücktrete. „(O)b Wortformen wie 'Kosmetiker' oder 'Lehrer' generisch oder spezifisch männlich interpretiert werden, hängt von vielen sprachlichen – und aussersprachlichen – Faktoren ab.“ Je nach Kontext löse z. B. das Wort 'Lehrer' unterschiedlich Assoziationen aus. „Doch Assoziationsstudien, die so differenziert vorgehen, gibt es nicht. Das zeigt einerseits, wie wenig wir noch wissen, aber andererseits auch, auf welch dünnem Eis sich viele Befürworter des Genderns bewegen.“ Trutkowski schreibt: „Wer Assoziationsstudien als Beleg für die fehlende generische Lesart von Maskulina ansieht und daraus die Notwendigkeit des Genderns ableitet (Stichwort: Sichtbarmachung der Frau und diverser Menschen durch alternative Formen), überhöht den Einfluss der Sprache und weist ihr eine determinative Komponente zu, die sie nicht hat.“ https://www.nzz.ch/feuilleton/gendergerechte-sprache-die-diskussion-ist-politisch-vergiftet-ld.1567211 (NEU)
  • Der Linguist Franz Rainer kritisiert in einem Vortrag an der Wirtschaftsuniversität Wien (Video) ebenfalls die empirischen Studien zum generischen Maskulinum und die Annahme, dass es überwiegend männlich interpretiert werde. Ob die ein Wort generisch oder spezifisch (männlich) interpretiert werde, hänge ab von sprachlichem Kontext, Weltwissen, Stereotypen, Wortart, Numerus, Referenzmodus, Syntax, Ko-Text, relative Frequenz von Maskulinum und Form auf -in. https://www.youtube.com/watch?v=ThK0UjdPELM (ab 40:30) (NEU)
  • Maarten De Backer und Ludovic kommen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass in Sätzen Pluralformen generischer Maskulina von den Probanden zu 97% als geschlechtsneutral interpretiert wurden. Bei Berufsbezeichnungen (Apotheker, Ärzte, Athleten, Musiker, Politiker, Assistenten, Künstler, Schauspieler) lag der Wert bei 94%; andere generische Personenbezeichnung (Abonnenten, Begleiter, Besucher, Bewohner, Leser, Mieter, Schüler und Zuschauer) wurden zu 99% als geschlechtsneutral interpretiert. https://core.ac.uk/download/pdf/206623821.pdf (NEU)
  • Die Linguistin Gisela Zifonun kritisiert, dass bei Experimenten zur Wirkung des generischen Maskulinums verschiedene Einflussfaktoren nicht berücksichtigt wurden, darunter die „Kontextualisierung“: Die in den Test verwendeten Geschichten beziehen sich demnach stets nur auf bestimmte Personen in einer ganz konkreten Situation. Zifonun kommt daher zu dem Ergebnis: „Tests dieser Art sagen nichts aus über eine generell mit dem generischen Maskulinum assoziierte mentale Sexus-Zuweisung (...)“ Die Linguistin kritisiert an der experimentellen Forschung generell, dass die „Referenz, auf 'Bilder im Kopf' unterkomplex sei. https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/deliver/index/docId/8290/file/Zifonun_Die_demokratische_Pflicht_2018.pdf
  • Die Linguistin Martina Werner kritisiert, dass die Studien die sprachhistorisch fraglichen Annahme voraussetzen, dass Grammatik auf (gesellschaftlichen) Konventionen beruhe. Zudem meldet sie Zweifel an den Untersuchungsmethoden an, da nicht sprachliche, sondern die außersprachliche Realität, außersprachliche Gegebenheiten und Attributierungen untersucht würden. In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S.271 f. (NEU)
  • Der Philosoph Philipp Hübl zweifelt die Aussagekraft empirischer Studien zur Wirkung des generischen Maskulinums an. Zwar würden viele Versuche zeigen, dass Probanden bei Geschichten mit generischem Maskulinum eher an Männer als an Frauen denken, und dass sie Frauen eher einbeziehen, wenn es sich um eine gegenderte Form handelt. Aber diese Studien hätten fast alle „einen Haken“, so Hübl. Sie schliessen von dem Einfluss der gegenderten Form auf einen vergleichbaren Einfluss des generischen Maskulinums. Das sei aber nur dann gerechtfertigt, wenn man andere Einflussfaktoren ausschliessen könne. Der laut Hübl stärkste Einflussfaktoren sei dabei das von Sprache unabhängige sozial erlernte Rollenbild. Hübl fasst 2018 zusammen: „Auf eine einfache Frage gebracht: Denken wir bei '300 Piloten haben gestreikt' an Männer, weil das Wort maskulin ist? Oder weil wir ein stereotypes Rollenbild vom Pilotenberuf haben? Der zweite Fall ist sehr viel wahrscheinlicher.“ https://www.nzz.ch/feuilleton/der-erfolg-des-steht-in-den-sternen-gendergerechte-sprache-ld.1369855
  • Der Philosoph Phillip Hübl weist auch darauf hin, dass die Assoziationen Mann bzw. Frau nicht vom grammatikalischen Geschlecht der jeweiligen Bezeichnung ausgelöst wird. Dies zeigt sich auch an femininen Bezeichnungen. Denn auch feminine Nomen wie z. B. Koryphäe oder Person lösen in bestimmten sprachlichen (stereotypen) Kontexten die Assoziation „Mann“ aus. Hübl nennt die Beispiele „eine Lichtgestalt des Fussballs“ und eine „Koryphäe auf dem Gebiet der Festkörperphysik“. https://www.nzz.ch/feuilleton/der-erfolg-des-steht-in-den-sternen-gendergerechte-sprache-ld.1369855
  • Die Philosophin Svenja Flaßpöhler kritisiert die in Studien und Artikeln von Gendersprache-Befürwortern unterstellte Annahme, dass es an der Sprache selbst (dem generischen Maskulinum) liege, wenn z. B. das Wort „Professoren“ eher an Männer denken lasse. Der Grund dafür, dass das Wort „Professoren“ an Männer denken lasse, liege nicht in der Sprache selbst, sondern in der sozialen Realität. „Wären die Lehrstühle seit jeher paritätisch durch Frauen besetzt, wäre das Vorstellungsbild, das sich bei dem Wort 'Professoren' einstellt, ein ganz anderes.“ https://www.deutschlandradio.de/index.media.4c9604d5b636e3358623afa446c1f919.pdf
  • Der Germanist Tomas Kubelik analysiert in seinem Buch „Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Linguistik“ Studien zum generischen Maskulinum und kritisiert sie ausdrücklich. Die Studien seien schon im Ansatz verfehlt, denn sie setzten voraus, bestimmte Wörter würden ganz bestimmte Bilder und Assoziationen hervorrufen. Diese hängen aber von der Fragestellung, dem Kontext, der „Umgebung“ ab. Kubelik kritisiert zudem, dass die Studien fast alle nur mit (dazu oft sehr wenigen) Studenten durchgeführt wurden (Stichproben seien nicht repräsentativ) und die Ergebnisse daher nicht generalisierbar sein, teils widersprechen sich die Studien selbst, so Kubelik, teils wurden Effekte gemessen, die den Thesen klar widersprechen etc. Tomas Kubelik: „Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Linguistik“, S. 123 ff. (NEU)
  • Der Linguist Wolfang Klein erklärt, ihn seien keine Studien bekannt, „die stichhaltig belegen, dass Frauen durch das generische Maskulinum benachteiligt werden.“ Zitiert nach Tomas Kubelik: „Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Linguistik“, S. 141 (NEU)
  • Der Germanist Tomas Kubelik kritisiert, durch Tests werde die Kategorie Sexus in Situationen überhaupt erst evoziert, wo sie entweder irrelevant ist oder zumindest nicht das Bewusstsein beherrscht. „Der Satz 'Die Demonstranten harrten stundenlang vor dem Ministerium aus' löst wohl nur sehr vage Vorstellungen aus. Der Fokus liegt hier jedenfalls auf der Menge, nicht auf der Einzelperson. Aussehen, Körpergröße, Alter und Geschlecht sind kaum relevante Größen. Wenn aber in einer Studie die Teilnehmer aufgefordert werden, den Anteil von Frauen an der Demonstration zu schätzen, erweist sich der Ansatz als manipulativ. Denn durch die Fragestellung wird die Kategorie Geschlecht überhaupt erst ins Bewusstsein gehoben (…)“ In: Tomas Kubelik:„Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Linguistik“, S. 129 (NEU 2)

Kritik an der These von der „sprachlichen Diskriminierung“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Thesen, Frauen seien „nur mitgemeint“, das generische Maskulinum sei Ausdruck männlicher Dominanz und würde Menschen nicht-männlichen Geschlechts diskriminieren etc. wird von zahlreichen Linguisten als unhaltbar betrachtet.

  • Die Linguistin Martina Werner verweist auf die Genus-Erforschung. Diese zeige, dass die Kategorie Genus „kein Diskriminierungspotenzial“ berge. Sie könne von dem „Vorwurf der Diskriminierung freigesprochen“ werden. Nicht-Gendern könne nicht einfach mit „Sprachdiskriminierung“ gleichgesetzt werden. Werner kritisiert die Verwechslung bzw. Durchmischung von Genus und Sexus in der feministische Linguistik (und verweist auf die „suggestive Wirkung“ der Theorie). Die sprachhistorische Genus-Erforschung zeigt laut Werner, dass der „grammatische Inhalt“ und die ursprüngliche Funktion von Genus nicht Geschlecht (Sexus) bzw. geschlechtliche Bezeichnung ist. Die drei Genera dienen grammatisch ursprünglich der Quantifizierung. Das Maskulinum bezeichnet ursprünglich ein zählbares (und pluralisierbares) Nomen, das Neutrum bezeichnet ein Massennomen, das Femininum bezeichnet einen Plural (Kollektiv) oder ein Abstraktum. Werner: „Das Genus maculinum meint nicht 'Männlichkeit', sondern schlicht 'Pluralisierbarkeit', es ist also eine Kategorie für zählbare Einheiten (…). Aus der Verwechslung von Genus mit Sexus resultiert der Irrtum, das mit Formen wie liebe Studenten nur männliche Studenten bezeichnet würden.“ In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S.260 ff. / 276 ff. (NEU)
  • Der Sprachwissenschaftler Ivo Hajnal kommt in seiner sprachhistorischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass „das generische Maskulinum im Kern bzw. in seinem Wesen keine Diskriminierung der Frau reflektiert.“ Hajnal verweist auf die Entstehung des Genussystems im Deutschen. Das Urindogermanische kannte demnach nur zwei grammatische Geschlechter: Animata (Belebten) und Inanimata (Unbelebten), ein Femininum gab es nicht. Das Dreigenussystem hat sich im Deutschen erst später herausentwickelt. „Das neu hinzukommende Genus femininum gründet dabei auf einem rein morphosyntaktischen Phänomen: der Konkordanz.“ Erst allmählich kommt es zu einer „Semantisierung des Femininums“. D. h. das Femininum erhält erst allmählich einen Bezug zum Sexus (natürliches Geschlecht oder – bei Nichtlebewesen – dem weiblichem Sexus zugeschriebenen Attributen) http://sprawi.at/files/hajnal/a9_fem_hist_sprawi.pdf (NEU)
  • Die Literaturwissenschaftlerin und Sinologin Dagmar Lorenz stellt sich gegen die „von der feministischen Seite suggerierten Verschwörungstheorie, wonach ein fiktives Kollektivum, genannt 'die Männer', von alters her vorsätzlich darum bemüht sei, den weiblichen Teil der Gesellschaft durch entsprechende Sprachregelungen zu unterdrücken. (…)“ Sprache sei nicht etwa durch ein mysteriöses Männergremium ferngesteuert, sondern habe sich historisch entwickelt im lebendigen Dialog der Sprecher.“ In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S. 238 (NEU)
  • Der Sprachwissenschaftler Heinz-Dieter Pohl kritisiert die These, dass das generische Maskulinum bei Personenbezeichnungen Männer bevorzuge, Frauen hingegen „unsichtbar“ gemacht würden, bzw. dass Frauen mit dem generischen Maskulinum „nur mitgemeint“ seien. „Solche Auslegungen haben (...) mit der traditionellen allgemeinen und historischen Sprachwissenschaft nur sehr wenig zu tun. Vielfach wird in Anspielung auf die historische Entwicklung der Sprachen und dem Sprachwandel behauptet, es gebe keinen 'natürlichen' Sprachwandel, Sprache sei immer den Machtinteressen bestimmter Gruppen unterworfen – doch dies ist nicht Sprachwissenschaft, sondern Ideologie. Hier wird offensichtlich 'Sprachwandel' mit 'Sprachplanung' verwechselt.“ In: Karl Anderwald, Peter Filzmaier, – Karl Hren (Hg.): Kärntner Jahrbuch für Politik 2015, S. 234-256, Klagenfurt, Mohorjeva/Hermagoras. https://www.jahrbuchkaernten.at/fileadmin/jahrbuch/Downloads/KtnJbPol_Fem_SD_neu.pdf (NEU 2)
  • Der Linguist Josef Bayer schreibt: „Die einzige wissenschaftlich haltbare Theorie ist diejenige von Noam Chomsky, die lautet, dass Sprache ein Teil der biologischen Welt ist und sich somit im Rahmen der Evolution herausgebildet hat. (...) Dass im Deutschen das Verb im Nebensatz am Satzende, aber im Hauptsatz an der zweiten Stelle steht, ist von niemandem 'erfunden' worden. Das Pronominalsystem einer Sprache, in dem man drei Geschlechter unterscheidet (...), kann ebenfalls von niemandem erfunden worden sein. Wir können also sicher sein, dass unsere Sprache nicht menschengemacht, sondern ein Teil der Evolution ist (…)“ https://www.nzz.ch/feuilleton/die-geschlechtergerechte-sprache-macht-linguistische-denkfehler-ld.1472991 (NEU)
  • Der Germanist Gábor Fónyand fasst zusammen: Der Wortschatz sei kulturell und gesellschaftlich geprägt, während die Grammatik zu einem überwiegenden Teil automatisiert funktioniert, jenseits von kulturellen Erscheinungsbildern. Die Grammatik sei gewissermaßen 'natürlich', unideologisch, gänzlich apolitisch und bedarf auch keiner Steuerung.“ In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S. 251 (NEU)
  • Die Sprachwissenschaftler Ivo Hajnal und Katharina Zipser kommen in ihrer sprachhistorischen Analyse zu dem Ergebnis, dass das Genussystem nicht die Sexusverhältnisse der außersprachlichen Welt repräsentiere. Die historische Entwicklung verlaufe von Numeralklassen zu Genusklassen, die sich zu Sexuklassen spezialisieren. Genus diene bestenfalls sekundär der Darstellung von realen Sexusverhältnissen. Das Fazit der Autoren lautet „Die feministische Struktur und Gebrauchskritik wird dem Wesen der grammatischen Kategorie Genus in zweierlei Hinsicht nicht gerecht. Sie bewertet das generische Maskulinum einzig unter semantischen Gesichtspunkten, übersieht jedoch deren strukturelle, historisch gewachsene Funktion als unmarkierte Ausdrucksweise. Ausgehend davon interpretiert sie die Kategorie Genus einseitig aus einer rein semantischen Perspektive und stärkt damit die eigentlich von ihr bekämpften Repräsentationsfunktion von Sprache. [Gemeint ist hier die sprachliche Repräsentation von Geschlecht, Sexus z. B, durch das generische Maskulinum.] Das Bestreben, Sprache zu einem Instrument machtfreier, gleichberechtigter Kommunikation zu machen, wird dadurch konterkariert. Die Alternative bestünde darin, Genus als abstrakte grammatische Kategorie anzuerkennen und ihren Entwicklungsweg in Richtung einer abstrakten, nach möglichst formalen Kriterien arbeitenden Kategorie nicht zu behindern.“ In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S. 143, 145 (NEU 2)
  • Die Linguistin Heide Wegener schreibt: „Das generische Maskulinum erfasst Frauen ebenso wie Männer, diskriminiert erstere nicht.“ In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S. 286 (NEU)
  • Sprachwissenschaftler wie Martina Werner, Peter Eisenberg, Gábor Fónyand und Helmut Glück weisen darauf hin, dass das Suffix „-er“ im Deutschen keinen Bezug zum Geschlecht hat. Das gelte auch bei Personenbezeichnungen, gleich ob mit oder Bezug zum Beruf (z. B. „Lehrer“, „Bäcker“, „Bewohner“). Mit der Endung „-er“ kann aus einem Verb ein Substantiv (hier: Personenbezeichnung) gebildet werden. So besteht das Wort „Lehrer“ aus den beiden Bausteinen: Verb-Stamm lehr und Suffix er. Die Bedeutung dieses Wortes ist „eine Person, die lehrt“. Das Wort ist damit geschlechtsneutral und bezeichnet Frauen, Männer und Menschen anderen Geschlechts. Deutlich werde die geschlechtsneutrale Bedeutung u. a. auch an Komposita wie z. B. „Lehrerzimmer“, „Lehrerschaft“, „Lehrerkollegium“, „Lehrermangel“, „Lehrerberuf“ aber auch an Nomen mit Ableitungssuffixen (hier: „-schaft“): „Lehrerschaft“. Die Verwendung und Lesart von Wörtern wie Lehrer, Student etc. als männliche Person(en) ist sprachlich ebenfalls möglich. Sie sei so Eisenberg, vor allem dann zu finden, wenn die zusammen mit dem Femininum auftritt, etwa in Sätzen wie „Lehrerinnen verdienen gleich viel wie Lehrer“. Martina Werner schreibt: Selbstverständlich kann die Form Studenten durch bestimmte ko(n)textuelle Einbettungen (z. B. in einem Satz) eindeutig 'vermännlicht' werden, eine eindeutig movierte Form, wie sie für Frauen existiert, gibt es jedoch nicht.“ Eisenberg: https://www.bpb.de/gesellschaft/gender/geschlechtliche-vielfalt-trans/269909/peter-eisenberg-das-deutsche-ist-eine-geschlechtergerechte-sprache-ohne-zwang-und-ohne-manipulation / Glück: https://www.faz.net/-gyl-9k1dl / Werner: In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S.272 / Fónyand: ebd. S. 256. (NEU)
  • Der Linguist Helmut Glück weist auf den Ursprung des Wortes und die Verwechslungsgefahr durch die Übersetzung hin: „Die alten Griechen nannten dieses Mittel génos (von gígnomai „entstehen, werden“), die Römer genus, was „Familie, Geschlecht, Stamm“ oder „Gattung, Art, Sorte“ bedeutet. (…) Genus bedeutete als grammatischer Terminus stets „Art, Sorte“. Das deutsche Wort Geschlecht geht auf das althochdeutsche slahta zurück, was „Generation, Art, Ursprung“ bedeutete. Ins Deutsche wurde Genus mit „grammatisches Geschlecht“ übersetzt. Das ist problematisch, weil es eine Verwechslung fördert. Denn Genus hat mit Sexus, dem natürlichen Geschlecht, nichts zu tun.“ https://www.faz.net/-gsf-99ot0 (NEU)
  • Der Germanist Tomas Kubelik verweist ebenfalls auf die Begriffsverwechslung: „Unter dem lateinischen Wort „Genus“ versteht man so viel wie Art, Klasse, Gattung. Die deutsche Übersetzung mit „Geschlecht“ ist für heutige Ohren irreführend, da das Wort Geschlecht im Allgemeinen biologische Merkmale bezeichnet, nämlich den Sexus einer Person oder eines Tieres. Doch das war nicht immer so. Ursprünglich bedeutete Geschlecht ganz ähnlich wie Genus so viel wie Art und Abstammung, jedenfalls nicht Sexus.“ In: Tomas Kubelik: „Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Linguistik“, S. 52 (NEU)
  • Die Linguistin Martina Werner schreibt ebenfalls über die irreführende Begrifflichkeit: „Auch wenn die Terminologie unter Umständen irreführend ist, hat das grammatische Geschlecht mit dem natürlichen nichts zu tun.“ In: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S.270 (NEU)

Sprachliche Kritik (Grammatik, Semantik, Sprachpraktik etc.)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Linguisten, Germanisten und andere kritisieren, dass geschlechtergerechte Sprache grammatisch falsche Formen produziert, logische Widersprüche herstellt, bestimmte Sachverhalte nicht oder kaum ausdrücken kann, nur inkonsequent anwendbar ist etc. Sie gehe auf Kosten der Lesbarkeit und Verständlichkeit, lenke den Fokus auf irrelevante Inhalte und führe zu Sprachverarmung (u.a. indem sie einen geschlechtsneutralen Oberbegriff/Gattungsbegriff (generisches Maskulinum) ablehnt).

  • Der Germanist Tomas Kubelik ausführlich in: „Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Linguistik“ (NEU)
  • Die Linguistin Antje Baumann in: Antje Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S. 290 ff. (NEU)
  • Die Linguistin Heide Wegener in: Antja Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S. 288 ff. (NEU)
  • Der Dozent für Deutsch Sprache Arthur Brühlmeier in: Antja Baumann, André Meinunger (Hrsg.): Die Teufelin steckt im Detail. Kulturverlag Kadmos. 2017, S. 243 ff. (NEU)