Benutzer:Ziko/IWW/012

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INFOBRIEF WIKI-WELT

von Dr. Ziko van Dijk

Ausgabe 12 (21. September 2009)

Editorial[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liebe Leserin, lieber Leser,

unbedingt vor der Bundestagswahl soll ein Wort zum Sonntag erscheinen. Die Wikimedia Deutschland hatte den Bundestagsparteien "Wahlprüfsteine" geschickt; anhand der Antworten kann man recht deutlich erkennen, welche Partei dem Hardorce-Wikimedianer am meisten entgegenkommt.

Ihr Ziko van Dijk

Ist die Piratenpartei die Wikipedia-Partei?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit den Europawahlen, bei der sie aus dem Stand heraus 0,9 Prozent der Stimmen erhielt, hat sie viel Aufmerksamkeit und auch neue Mitglieder gewonnen. Die Piratenpartei Deutschlands macht sich nach schwedischem Vorbild auf, in Parlamente einzuziehen. Dank eines ehemaligen SPD-Mitgliedes hat sie sogar bereits ein Bundestagsmandat.

Ob die Partei am 27. September (wieder) in den Bundestag einzieht, ist fraglich. Die Umfrageergebnisse erwähnen sie nicht. Und eine Europawahl ist allein schon der niedrigen Wahlbeteiligung wegen kaum ein Gradmesser für die Bundes-Zweitstimme. Es gibt aber nicht nur eine Hürde von fünf Prozent, sondern auch eine von 0,5 Prozent: So viel muss man bekommen, um an der Wahlkampfkostenerstattung teilzunehmen. Das ist durchaus zu schaffen.

Die Wikimedia Deutschland hat am 17. September ihre „Wahlprüfsteine“ veröffentlicht. Die im Bundestag vertretenden Parteien wurden gefragt, wie sie zu ausgewählten Internet-Themen stehen. Nicht selten antworteten die Parteien ausweichend oder mit einem Sowohl-als-auch. Dennoch wird sehr deutlich, wer dem Wikimedia-Ziel des Freien Wissens näher steht als die anderen.

Böse Zungen behaupten, beim Liberalen sitze das Herz links und die Brieftasche rechts. Die FDP-Antworten bestätigen diese Behauptung jedenfalls sehr deutlich. Bei fast allen Fragen hat die FDP entweder eine gegenteilige oder bestenfalls zögerliche Haltung, denn sie bezieht immer wieder die Position von Rechteinhabern und der Wirtschaft. Nur zum Gesetz gegen Kinderpornografie teilt sie die ablehnende Haltung, die bei der suggerierenden Fragestellung durchscheint (ob die Gefahr bestehe, dass die Sperren auch auf andere Themengebiete ausgeweitet werden).

Die unterschiedlichen Haltungen der Parteien zeigen sich repräsentativ bei der Frage zur Netzneutralität. Mit Netzneutralität ist gemeint, dass jeder Internet-Nutzer gleich behandelt werden soll, dass nicht etwa Zahlungsbereite dafür sorgen können, dass ihre Datenpakete schneller durchgegeben werden als andere. Grüne, Linke und Piraten sprechen sich strikt für die Gleichbehandlung aus und wollen sich gegebenenfalls für entsprechende Gesetze stark machen. Union und SPD sind gleichermaßen lau: Der CDU/CSU zufolge müsse auch an die Refinanzierung der Netze gedacht werden, und die SPD meint, die Frage sei in Deutschland zurzeit nicht aktuell. Die FDP wiederum lässt erkennen, dass sie Liberalisierung von Kommunikationsmärkten generell begrüßt und nichts gegen einen „ausgeprägten Infrastrukturwettbewerb“ hat.

Mit der Frage, was sie von der Rolle und der Qualität der Wikipedia hält, konnte jede Partei leicht Good-Will-Punkte machen. Anders sah es mit dem Thema Werke von Regierungsangestellten aus. Soll nach amerikanischem Vorbild das, was ein Regierungsangestellter oder öffentlich Bezuschusster in seiner Arbeitszeit produziert, automatisch frei verwendbar im Sinne der Wikipedia sein, oder wenigstens frei zugänglich (Open Access)? Das wollten die Parteien doch nur mit Wenns und Abers sehen oder (FDP) eigentlich gar nicht, zumindest nicht zwangsweise. Einzig die Piratenpartei stand auch bei diesen Fragen an der Seite der Wikimedia.

Welche Partei der Feld-, Wald- und Wiesen-Wikimedianer am 27. September wählen wird, mag von vielen Faktoren abhängen. Die Piratenpartei macht es mit ihrem thematisch sehr begrenzten Programm schwierig, sie einzuschätzen, wenn es nicht um Internet und Software geht. Unbestreitbar teilen aber viele Wikimedianer mit den Piraten gewisse Emotionen mitsamt einem Überlegenheitsgefühl gegenüber der nicht-internetaffinen Welt. Sie haben im besten Fall Mitleid mit einer Justizministerin, die nicht weiß, was ein Browser ist, mit Grünen, die vor einem Vierteljahrhundert die Volkszählung bekämpft haben und heute ihre tiefsten Geheimnisse Google anvertrauen, und mit Linken, die ihre Texte gegen den Monopolkapitalismus in Windows-Programme tippen.

Wer sich für Parteien interessiert, die nicht von der Wikimedia befragt wurden, kann sich noch die Wahlprogramme aus dem Internet herunterladen. Zum Beispiel das von der NPD mit seinen satten neun Megabyte und mageren 44 Seiten. Folgende Suchbegriffe wird man allerdings dort nicht finden: Internet (auch nicht Weltnetz), Urheberrecht, Neue Medien, Software, Computer...

Links: http://www.wikimedia.de/wahlpruefsteine09 (Wahlprüfsteine)

Wo, bitte, geht’s zur Wikimedia?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es war bislang nicht unmöglich, die Wikimedia Foundation in San Francisco zu finden. Doch das Hauptquartier mit seinen etwa zwanzig Mitarbeitern sollte absichtlich nicht zu bekannt werden. Es gibt auf unserer Erde allzu viel rabiate Verrückte, die mit der Welt im Allgemeinen und der Wikipedia im Besonderen unzufrieden sind. Ferner sind auch harmlose Interessenten dazu geeignet, die Mitarbeiter unnötig von Wichtigerem abzulenken.

Als das Büro sich nun für die wachsende Arbeit als zu klein erwies, entschied der Vorstand der Foundation sich für einen Umzug innerhalb derselben Stadt. Dieser wird Mitte Oktober stattfinden. Mit mehr Räumen zur Zusammenarbeit soll das neue Büro außerdem offener sein, für Besucher von weit her, für Gäste von Organisationen mit ähnlichen Zielen, für örtliche Wikimedia-Treffen.

Die bisherige Geheimniskrämerei war weder wünschenswert noch effektiv, meint David Phelps in seinem Bericht an Foundation-L. Im neuen Bürohaus gibt es glücklicherweise bereits einen Wachdienst, und es befindet sich an einer belebten Straße. Darum will man die Adresse nun auch im Internet und auf Visitenkarten bekannt geben: 149 New Montgomery Street, 3rd Floor, San Francisco, CA 94105.

Vermischtes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wikimedia Belgien vor der Gründung? Ende August berichtete Benutzer:Dereckson auf der Mailingliste Wikimedia Belgium von einem Internet-Treffen (IRC). Die drei „Anwesenden“ wollen vor einem zweiten „Treffen“ herausfinden, was die Wikimedia Foundation sich als belgische Wikimedia-Organisation vorstellen könnte – ein nationales Chapter oder zwei regionale. Außerdem könnten die Schweizer Wikimedianer Tipps geben, wie man ein mehrsprachiges Chapter zum Laufen bringt.
  • Trifft man sich in der Lobby? Pavel Richter, der deutsche Wikimedia-Geschäftsführer, hat mitgeteilt, dass der Verein in der Lobbyliste des Bundestages eingeschrieben ist.
  • Warum der Männerüberschuss? Die übergroße Mehrheit der Wikipedia-Autoren sind männlichen Geschlechts. „American Voices“ fragte Leute auf der Straße nach dem Grund und präsentierte drei Antworten. Dale North, Chauffeur, meint, es brauche nun einmal viel Manpower, um den Artikel über (die Science-Fiction-Serie) „Dr. Who“ aktuell zu halten. System-Analytikern Jennifer Bergen wundert sich nicht, schließlich wisse eine Dame, dass es ungezogen ist, jemanden öffentlich zu korrieren. Und Lucy Page sagt konsterniert: „Ich bin eine Feministin der zweiten Welle und habe seit Jahrzehnten für gleiche Rechte gekämpft, aber ich glaube, jetzt hört es für mich auf.“
  • Was liest man in welcher Sprache gerne? Die Präsentation von Jimmy Wales auf der Wikimania beinhaltete auch eine Übersicht über beliebte Artikel. Ordnet man die (der Statistik zufolge) jeweils hundert beliebtesten Artikel einer Wikipedia-Sprachversion nach Kategorien, so ist bei den Japanern zu achtzig Prozent Popkultur am beliebtesten. Bei den Englisch- und Chinesischsprachigen macht das Interesse an der Popkultur hingegen nur je vierzig PRozent aus. Bei den Deutschsprachigen gehören die vierzig Prozent an der Spitze der Beliebtheit hingegen zur Kategorie Geografie, die Popkultur folgt danach. Spanischsprachige mögen an erster Stelle Wissenschaft & Technik. Die russischsprachige Wikipedia fällt kurioserweise durch die Kategorie Sex gleich auf dem zweiten Platz auf. Eine sinnvolle Erklärung ist bislang niemand dafür eingefallen.
  • Computer zu verschenken? Die Wikimedia Foundation mustert wieder einmal alte Server (Großrechner) aus. Für den Betrieb der Wikipedia und der anderen Projekte sind etwa 35 Server über drei Jahre alt und damit nicht mehr flott genug. Außerdem ist die Garantie abgelaufen und nicht mehr jeder Festplattensektor taufrisch. Wer die Transportkosten zahlt und die Server gemeinnützig einsetzen will, schicke eine E-mail an servers@wikimedia.org. Es gibt noch einige, antwortete Rob Halsell von der Foundation, aber man müsse sich ranhalten.