Blähgraphit

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Blähgraphit, auch expandierbarer Graphit genannt, wird aus dem natürlich vorkommenden Mineral Graphit hergestellt. Eine Graphitflocke besteht aus Schichten von wabenförmig angeordneten Kohlenstoffatomen. Innerhalb der Schichten sind die Atome durch kovalente Bindungen sehr fest verbunden. Zwischen den Schichten herrschen nur schwache Bindungskräfte, so dass Moleküle zwischen die Graphitschichten eingelagert (interkaliert) werden können. Durch die Einlagerung von Säuren, üblicherweise Schwefelsäure, wird Graphit in Blähgraphit umgewandelt.[1]

Links, Rohmaterial Blähgraphit. Rechts aufgeblähter Graphit.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wird Blähgraphit erhitzt, expandieren die Graphitflocken je nach Qualität, ab einer Temperatur von ca. 140 °C auf ein Vielfaches des ursprünglichen Volumens an. Durch das Verdampfen der eingelagerten Verbindungen werden die Graphitschichten ziehharmonikaartig auseinandergetrieben. Die expandierten Flocken haben eine "würmchenartige" Erscheinungsform und sind üblicherweise mehrere Millimeter lang.[1]

Physikalische Eigenschaften
Kohlenstoffgehalt 85–99 %
Expansionsrate 30–400 cm³/g
Teilchengröße 80 % < 75 µm – 80 % > 500 µm
Starttemperatur 140–230 °C

Herstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Herstellung von Blähgraphit werden Naturgraphitflocken in einem Bad aus Säure und Oxidationsmittel behandelt. Üblicherweise angewandte Oxidationsmittel sind Wasserstoffperoxid, Kaliumpermanganat und Chromsäure, wobei Letzteres Nachwirkungen mit sich ziehen kann. Als einzulagernde Verbindung werden meist konzentrierte Schwefelsäure oder Salpetersäure verwendet, wobei die Umsetzung bei Temperaturen von 30 °C bis 130 °C während bis zu vier Stunden erfolgt. Nach der Einwirkzeit werden die Flocken mit Wasser gewaschen und anschließend getrocknet.[2] Starttemperatur und Expansionsrate hängen von der Feinheit des Graphits ab.

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Flammschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine der Hauptanwendungen von Blähgraphit stellt der Flammschutz dar. Bei Hitzeeinwirkung expandiert der Blähgraphit und bildet eine Intumeszenzschicht auf der Materialoberfläche. Dies verlangsamt die Brandausweitung und wirkt den für den Menschen gefährlichsten Brandfolgen, nämlich der Bildung toxischer Gase und Rauch, entgegen.[3]

Graphitfolie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Verdichtung von expandiertem Blähgraphit können Folien aus reinem Graphit produziert werden. Diese werden vorwiegend als thermisch und chemisch hochbeständige Dichtungen im chemischen Anlagenbau eingesetzt.

Blähgraphit für die Metallurgie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch in der Metallurgie wird Blähgraphit zum Abdecken von Schmelzen und Kokillen eingesetzt. Das Material dient hier als Oxidationsschutz und Isolator.

Blähgraphit für die chemische Industrie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blähgraphit wird in die chemischen Prozesse für Lacke und Farben miteingebunden.

Blähgraphit als Dichtmaterial[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blähgraphit eignet sich als Dichtmaterial für Flüssigkeiten in einem breiten Temperaturbereich, das Dichtmaterial wird entweder aus Pulver gepresst, oder als Lamellen geschichtet beispielsweise in Absperrorganen eingesetzt.[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Simon Moores: Industrial Minerals: Natural Graphite Report 2012, Specialist grades/Expandable Graphite, S. 319–324.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Vijay J. Bhagat: Behaviour of expandable graphite as a flameretardant in flexible polyurethane foam Presented at: Polyurethane Foam Association (PFA)Arlington, Virginia, USA, May 10, 2001
  2. Europäische Patentschrift EP 1 323 670 B1 vom 8. Juli 2009
  3. Mineralischer Flammschutz mit Blähgraphit – Der hochwirksame und REACH-konforme Intumeszenzbildner Pressemitteilung Georg H. Luh GmbH.
  4. Patent EP0248944B1: Absperrventil. Angemeldet am 25. November 1986, veröffentlicht am 12. Februar 1992, Anmelder: Klinger AG, Erfinder: Richard Huber, Peter Wirz.