„Denunziation“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Venedig BW 1.JPG|miniatur|Venedig: durch „Löwenmäuler“ (''[[Bocca di Leone]]''), wie hier am Dogenpalast, konnten Denunzianten ihre geheimen Anzeigen einwerfen. Der italienische Text lautet übersetzt: ''„Geheime Denunziationen gegen diejenigen, die Gefallen und Pflichten verheimlichen oder sich im Geheimen absprechen, um deren wahren Gewinn zu verbergen“'']]
[[Datei:Venedig BW 1.JPG|miniatur|Venedig: durch „Löwenmäuler“ (''[[Bocca di Leone]]''), wie hier am Dogenpalast, konnten Denunzianten ihre geheimen Anzeigen einwerfen. Der italienische Text lautet übersetzt: ''„Geheime Denunziationen gegen diejenigen, die Gefallen und Pflichten verheimlichen oder sich im Geheimen absprechen, um deren wahren Gewinn zu verbergen“'']]
Unter '''Denunziation''' ([[Latein|lat.]] ''denuntiare'', „absprechend berichten, Anzeige/Meldung machen“; ''denuntiatio'', „Ankündigung, Androhung“) versteht man die – häufig [[anonym]]e und/oder öffentliche – Beschuldigung oder Anzeige einer Person aus oft niedrigen persönlichen oder übertriebenen politischen Beweggründen.<ref>„Jmdn. aus taktischem Kalkül denunzieren; jmdn. oder etwas als etwas öffentlich brandmarken, verleumderisch als etwas hinstellen; jmds. Schriften als friedensfeindlich denunzieren“ (aus: Bertelsmann Wörterbuch und WAHRIG Rechtschreibung, 2010).</ref>
Unter '''Denunziation''' ([[Latein|lat.]] ''denuntiare'', „absprechend berichten, Anzeige/Meldung machen“; ''denuntiatio'', „Ankündigung, Androhung“) versteht man die – häufig [[anonym]]e und/oder öffentliche – Beschuldigung oder Anzeige einer Person oder Gruppe aus persönlichen oder politischen Beweggründen<ref>„Jmdn. aus taktischem Kalkül denunzieren; jmdn. oder etwas als etwas öffentlich brandmarken, verleumderisch als etwas hinstellen; jmds. Schriften als friedensfeindlich denunzieren“ (aus: Bertelsmann Wörterbuch und WAHRIG Rechtschreibung, 2010).</ref>
, von dessen Ergebnis der Denunziant sich selbst oder den, durch ihn vertreteten Interessen einen Vorteil verspricht.

== Begriff ==
== Begriff ==
Der Begriff enthält eine persönliche negative Wertung dieses Vorgangs und wird z.&nbsp;B. nicht verwendet, wenn die [[Strafanzeige|Anzeige]] gesellschaftlich akzeptiert ist, wie etwa bei [[Mord]] oder [[Vergewaltigung]] oder z.B. durch die [[Polizei]] in bestimmungsgemässer Gesetzesausübung im Rahmen der Strafverfolgung erfolgt.
Da dieser Begriff eine persönliche negative Wertung dieses Vorgangs enthält, wird dieser z.B. nicht verwendet, wenn die [[Strafanzeige|Anzeige]] gesellschaftlich akzeptiert ist, wie etwa bei Anzeigen/Meldung wegen [[Mord]], [[Vergewaltigung]] oder anderer schwerer/schwerster Straftaten. Daher wird diese abwertende Handlungsbewertung auch bei exekutiven Handlungen der [[Polizei]] oder anderen Verfolgungsbehörden ordentlich regierter Staaten in bestimmungsgemässer Gesetzesausübung im Rahmen der Straf- oder OWI-Verfolgung nicht verwendet.


Im [[Ethik|ethischen]] Sinn wird allgemein von Denunziation gesprochen, wenn in einem nicht freiheitlichen System Menschen bei staatlichen Vollzugsbehörden angezeigt werden, obwohl dem Anzeigenden klar sein muss, dass er sie damit der Gefahr der politisch motivierten Verfolgung aussetzt. (''Siehe beispielsweise: [[Heimtückegesetz]]'')
Im [[Ethik|ethischen]] Sinn wird allgemein von Denunziation gesprochen, wenn in einem nicht freiheitlichen System Menschen bei staatlichen Vollzugsbehörden angezeigt werden, obwohl dem Anzeigenden klar sein muss, dass er sie damit der Gefahr der politisch motivierten Verfolgung aussetzt. (''Siehe beispielsweise: [[Heimtückegesetz]]'')

Version vom 1. März 2011, 16:53 Uhr

Venedig: durch „Löwenmäuler“ (Bocca di Leone), wie hier am Dogenpalast, konnten Denunzianten ihre geheimen Anzeigen einwerfen. Der italienische Text lautet übersetzt: „Geheime Denunziationen gegen diejenigen, die Gefallen und Pflichten verheimlichen oder sich im Geheimen absprechen, um deren wahren Gewinn zu verbergen“

Unter Denunziation (lat. denuntiare, „absprechend berichten, Anzeige/Meldung machen“; denuntiatio, „Ankündigung, Androhung“) versteht man die – häufig anonyme und/oder öffentliche – Beschuldigung oder Anzeige einer Person oder Gruppe aus persönlichen oder politischen Beweggründen[1] , von dessen Ergebnis der Denunziant sich selbst oder den, durch ihn vertreteten Interessen einen Vorteil verspricht.

Begriff

Da dieser Begriff eine persönliche negative Wertung dieses Vorgangs enthält, wird dieser z.B. nicht verwendet, wenn die Anzeige gesellschaftlich akzeptiert ist, wie etwa bei Anzeigen/Meldung wegen Mord, Vergewaltigung oder anderer schwerer/schwerster Straftaten. Daher wird diese abwertende Handlungsbewertung auch bei exekutiven Handlungen der Polizei oder anderen Verfolgungsbehörden ordentlich regierter Staaten in bestimmungsgemässer Gesetzesausübung im Rahmen der Straf- oder OWI-Verfolgung nicht verwendet.

Im ethischen Sinn wird allgemein von Denunziation gesprochen, wenn in einem nicht freiheitlichen System Menschen bei staatlichen Vollzugsbehörden angezeigt werden, obwohl dem Anzeigenden klar sein muss, dass er sie damit der Gefahr der politisch motivierten Verfolgung aussetzt. (Siehe beispielsweise: Heimtückegesetz)

Klatsch und Denunziation sind eng miteinander verwobene Kommunikationsprozesse, die häufig der Ausgrenzung Einzelner dienen. Die Denunziation zeichnet dabei die Besonderheit aus, dass sie an eine übergeordnete Instanz (Vorgesetzte, Partei, staatliche Stellen) ergeht, von der – in aller Regel unausgesprochen – Sanktionen gegen die Betroffenen erwartet werden. Insofern ist sie ein Mittel der sozialen Kontrolle, das die „höhere Instanz“ gern zu instrumentalisieren versucht. Nicht selten treten Neid und Rachegefühle als Motive für Denunziation zu Tage, die dann als gesellschaftspolitisches oder gar staatserhaltendes Anliegen verbrämt wird.

Im Gegenzug kann Denunziation aber auch ganz gezielt Mittel zum Zweck staatlicher Informationsbeschaffung sein und dabei so unterschiedlichen Zwecken dienen wie der Entnazifizierung in den Ost- und Westzonen Nachkriegsdeutschlands oder der „Volkskontrolle“ beim Aufbau einer neuen Gesellschaft in der DDR. So kann Denunziation je nach Sichtweise als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und als Straftatbestand gewertet, aber auch als Zeichen „antifaschistischer Wachsamkeit“ (Erich Mielke 1948) anerkannt werden.[2]

Vielfach besteht in Diktaturen eine gesetzliche Pflicht zur Anzeige schwerer Straftaten. So regelte § 225 des Strafgesetzbuch der DDR die Pflicht der DDR-Bürger zur Strafanzeige, wenn sie Kenntnis von bestimmten, als schwer eingestuften Straftaten hatten, beispielsweise auch der Republikflucht oder der „Weitergabe von nicht geheim zu haltenden Nachrichten zum Nachteil der DDR“ (§ 99). Die Anzeigebehörde war dabei das Ministerium für Staatssicherheit. In der Bundesrepublik Deutschland beschränkt sich die Anzeigepflicht (in § 138 StGB) auf geplante schwere Straftaten und dient somit nur deren Verhinderung.

Im Nationalsozialismus wurde das Gesetz zur Bestrafung von falscher Verdächtigung verschärft, zugleich aber eine Fülle von Denunziationsmöglichkeiten geboten – ohne dabei jedoch eine Denunziationspflicht zu statuieren. Im Westen Nachkriegsdeutschlands hingegen wurde – sieht man von den Aufforderungen der Militärregierung zur aktiven Mithilfe bei der Entnazifizierung ab – auf einer eher informellen Ebene über Denunziation als Mittel zur Lösung von Konflikten wie als Positionsbestimmung in der neuen demokratischen Ordnung verhandelt. „Der Vergleich der Gesellschaftsformen gibt uns auch einen Einblick, wie sich Rechts- und Unrechtsbewusstsein des Einzelnen auf Grund der Interventionen von Staat und Justiz verändern und verhaltensanleitend werden können“.[2]

Internet und Massenmedien fördern Denunziantentum in modernen Gesellschaften, nicht zuletzt in Deutschland.[3]

„Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.“

Hoffmann von Fallersleben

Verwandte Themen

  • Tragen Angehörige eines Systems oder einer Institution Missstände nach außen, werden sie negativ als Nestbeschmutzer, positiv als Whistleblower bezeichnet.
  • Denunziation unter Kindern wird Petzen genannt.
  • Einige Rechtsordnungen sehen für die Denunziation von Straftaten Belohnungen vor, etwa einen Anteil am allfälligen Bussgeld (z. B. qui tam).

Einzelnachweise

  1. „Jmdn. aus taktischem Kalkül denunzieren; jmdn. oder etwas als etwas öffentlich brandmarken, verleumderisch als etwas hinstellen; jmds. Schriften als friedensfeindlich denunzieren“ (aus: Bertelsmann Wörterbuch und WAHRIG Rechtschreibung, 2010).
  2. a b „Denunziation – Instrument sozialer Kontrolle“ zum sozialen Hintergrund
  3. Julien Germain, 2008

Literatur

Weblinks