Quelltext der Seite Deutsche Aussprache des Lateinischen

{{Belege fehlen|—&nbsp;[[Benutzer:Máel Milscothach|Máel Milscothach]]&nbsp;<sup><small>[[Benutzer Diskussion:Máel Milscothach|D]]</small></sup> 18:12, 7. Jun. 2016 (CEST)|Dieser Artikel}}

Unter der '''deutschen Aussprache des Lateinischen''' versteht man die traditionelle, für lateinische Texte und Fremdwörter verwendete deutsche Aussprache, die bis heute die gewöhnliche Aussprache für lateinische Fremdwörter geblieben ist.

Sie stimmt nicht mit der wissenschaftlich rekonstruierten [[Lateinische Aussprache|lateinischen Aussprache]] und inzwischen auch nicht mehr mit der heute in der Bundesrepublik und in der Schweiz üblichen [[Schulaussprache des Lateinischen]] überein, sondern beruht auf Ausspracheregeln des [[Deutsche Sprache|Deutschen]]. Es handelt sich daher in erster Linie um eine [[Tradition]]saussprache. Charakteristisch ist die Aussprache des „c“ vor „e, i, ae, oe“ als [ts] statt als [k].

Die deutsche Aussprache stellte im deutschen und slawischen Sprachraum lange den alleinigen Standard dar. Bis in die 1970er Jahre wurde sie in Deutschland generell auch als Schulaussprache des Lateinischen verwandt. Die deutsche Aussprache wird heute – neben der italienischen Aussprache – insbesondere für geistliche Vokalmusik verwendet. Ebenso wird sie für die verbliebenen lateinischen Elemente der [[Liturgie]] der [[Katholische Kirche|katholischen Kirche]] gebraucht. Im Lateinunterricht an Schulen und Universitäten hört man sie heute dagegen nur noch selten.

== Vokale ==
Im Gegensatz zur klassischen lateinischen Aussprache gehorcht die Verteilung von langen und kurzen Vokalen keinen komplexen Regeln; es gibt lediglich Richtlinien. Diese lauten:

* Lange Vokale können nur in betonten Silben stehen, sofern deren Vokal überhaupt lang ist. Beispiel: ''Romani'' (die Römer) = [{{IPA-Text|ʁo.ˈmaː.ni}}]; ''facere'' (tun, machen) = [{{IPA-Text|'fa(ː).tsə.ʁə}}].
* Wie im (Hoch-)deutschen wird ein Vokal, der vor einem Doppelkonsonanten steht, grundsätzlich kurz ausgesprochen. Beispiel: ''stella'' (Stern) = [{{IPA-Text|'stɛla}}]
* Vokale in [[Offene Silbe|offenen Silben]] werden stets gelängt. Beispiele:
** lat. ''globus'' (Kugel) = [{{IPA-Text|ˈɡloːbʊs}}]
** lat. ''rosa'' (Rose) = [{{IPA-Text|ˈʁoːza}}]
** lat. ''Venus'' = [{{IPA-Text|ˈveːnʊs}}]

Wie im Deutschen herrscht Korrespondenz zwischen [[Vokalqualität]] (Vokalöffnung) und [[Vokalquantität]] (Länge):

{| class="wikitable" 
! align="center" | Buchstabe
! align="center" | Kurzer Vokal
! align="center" | Langer Vokal
|-
| align="center" | A / a
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Ungerundeter offener Vorderzungenvokal|a]]}}]
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Ungerundeter offener Vorderzungenvokal|aː]]}}]
|-
| align="center" | E / e
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Ungerundeter halboffener Vorderzungenvokal|ɛ]]}}] / [{{IPA-Text|[[Schwa|ə]]}}]
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Ungerundeter halbgeschlossener Vorderzungenvokal|eː]]}}]
|-
| align="center" | I / i
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Ungerundeter zentralisierter fast geschlossener Vorderzungenvokal|ɪ]]}}] / [{{IPA-Text|[[Ungerundeter geschlossener Vorderzungenvokal|i]]}}]
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Ungerundeter geschlossener Vorderzungenvokal|iː]]}}]
|-
| align="center" | O / o
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Gerundeter halboffener Hinterzungenvokal|ɔ]]}}]
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Gerundeter halbgeschlossener Hinterzungenvokal|oː]]}}]
|-
| align="center" | U / u
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Gerundeter zentralisierter fast geschlossener Hinterzungenvokal|ʊ]]}}]
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Gerundeter geschlossener Hinterzungenvokal|uː]]}}]
|-
| align="center" | Y / y
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Gerundeter zentralisierter fast geschlossener Vorderzungenvokal|ʏ]]}}] / [{{IPA-Text|[[Ungerundeter zentralisierter fast geschlossener Vorderzungenvokal|ɪ]]}}] / [{{IPA-Text|[[Ungerundeter geschlossener Vorderzungenvokal|i]]}}] 
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Gerundeter geschlossener Vorderzungenvokal|yː]]}}] / [{{IPA-Text|[[Ungerundeter geschlossener Vorderzungenvokal|iː]]}}] 
|}

Anmerkungen hierzu:
* Das kurze ⟨e⟩ wird in unbetonten Silben zum Schwa [{{IPA-Text|ə}}] abgeschwächt (z.&nbsp;B. ''facere'', wie dt. „bitte“ = [{{IPA-Text|bɪtə}}]).
* Das kurze ⟨i⟩ (und eventuell auch y, siehe unten) wird am Wortende ebenfalls geschlossen artikuliert (z.&nbsp;B. ''Romani'' = [{{IPA-Text|ʁo.ˈmaː.ni}}], wie dt. „Willy“ = [{{IPA-Text|ʋɪli}}]). Vor Vokalen (außer ⟨i⟩) wird es wie ein deutsches ⟨j⟩ [{{IPA-Text|[[Stimmhafter palataler Approximant|j]]}}] ausgesprochen. Zwei ⟨i⟩ werden durch [[Glottisschlag]] getrennt (z.&nbsp;B. ''Iulii'' = [{{IPA-Text|juːliʔi}}]).
* Das ⟨y⟩, das im Lateinischen allenfalls zur Wiedergabe des Griechischen [[Ypsilon]] verwendet wurde, wurde meist als Ü-, seltener als I-Laut gesprochen, wobei Letzteres die ältere Variante ist. In diesem Falle gilt auch die oben genannte I-Regel für das Y.

== Vokal-Digraphen ==
Im klassischen Lateinischen gab es vier Diphthonge, die auf Deutsch unterschiedlich realisiert werden:

* Das lateinische ⟨ui⟩ wird als [{{IPA-Text|ui}}] realisiert, also als Folge von ⟨u⟩ und ⟨i⟩.
* Das lateinische ⟨eu⟩ wird als [{{IPA-Text|ɔɪ}}] realisiert, wie in dt. „euch“ [{{IPA-Text|ɔɪç}}].
* Das lateinische ⟨oe⟩ wird wie ein deutsches ⟨ö⟩ [{{IPA-Text|[[Gerundeter halbgeschlossener Vorderzungenvokal|øː]]}}] ausgesprochen und ist meist lang, nur selten kurz.
* Das lateinische ⟨ae⟩ wird wie ein deutsches ⟨ä⟩ [{{IPA-Text|[[Ungerundeter halboffener Vorderzungenvokal|ɛː]]}}] (oder auch [{{IPA-Text|[[Ungerundeter halbgeschlossener Vorderzungenvokal|eː]]}}]) ausgesprochen und ist immer lang.

== Konsonanten ==
Für fast alle Konsonanten gilt eine eindeutige [[Phonem-Graphem-Korrespondenz]] (dies ist immer die gleiche wie im Deutschen):

{| class="wikitable" 
! align="center" | Buchstabe
! align="center" | Aussprache
|-
| align="center" | ⟨b⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmhafter bilabialer Plosiv|b]]}}]
|-
| align="center" | ⟨d⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Plosiv|d]]}}]
|-
| align="center" | ⟨f⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmloser labiodentaler Frikativ|f]]}}]
|-
| align="center" | ⟨g⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmhafter velarer Plosiv|g]]}}]
|-
| align="center" | ⟨h⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmloser glottaler Frikativ|h]]}}]
|-
| align="center" | ⟨l⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer lateraler Approximant|l]]}}]
|-
| align="center" | ⟨m⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmhafter bilabialer Nasal|m]]}}]
|-
| align="center" | ⟨n⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Nasal|n]]}}]
|-
| align="center" | ⟨p⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmloser bilabialer Plosiv|pʰ]]}}]
|-
| align="center" | ⟨qu⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|kʋ}}]
|-
| align="center" | ⟨t⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmloser alveolarer Plosiv|tʰ]]}}]
|-
| align="center" | ⟨x⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|k(ʰ)s}}]
|-
| align="center" | ⟨z⟩
| align="center" | [{{IPA-Text|[[Stimmlose alveolare Affrikate|ts]]}}]
|}

Wie man sieht, werden das ⟨p⟩ und das ⟨t⟩ wie im Deutschen [[Aspiration (Phonetik)|behaucht]] ausgesprochen. Einem mit Vokalbuchstaben beginnendem Wort wird, wie im Deutschen, ein [[Glottisschlag]] vorangestellt. Bei folgenden Konsonanten gibt es mehrere Möglichkeiten:

* ⟨c⟩ wird vor ⟨a⟩, ⟨o⟩ (außer in den Verbindungen ⟨ae⟩ und ⟨oe⟩) und ⟨u⟩ wie ein deutsches ⟨k⟩ [{{IPA-Text|[[Stimmloser velarer Plosiv|kʰ]]}}] und vor ⟨ae⟩, ⟨e⟩, ⟨i⟩, ⟨oe⟩; und ⟨y⟩; wie ein deutsches ⟨z⟩; [{{IPA-Text|[[Stimmlose alveolare Affrikate|ts]]}}] ausgesprochen.
* ⟨r⟩ wird je nach regionaler Varietät des Deutschen entweder [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Vibrant|r]]}}], [{{IPA-Text|[[Stimmhafter uvularer Vibrant|ʀ]]}}] oder [{{IPA-Text|[[Stimmhafter uvularer Frikativ|ʁ]]}}] ausgesprochen.
* ⟨s⟩ ist wie im Deutschen vor Vokal vor allem in Norddeutschland stimmhaft [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Frikativ|z]]}}], als Doppelbuchstabe wird es jedoch immer stimmlos [{{IPA-Text|[[Stimmloser alveolarer Frikativ|s]]}}] ausgesprochen.
* ⟨t⟩ wird normalerweise wie ein deutsches ⟨t⟩ [{{IPA-Text|[[Stimmloser alveolarer Plosiv|tʰ]]}}], vor ⟨i⟩ mit drauf folgendem anderem Vokal jedoch wie ein deutsches ⟨z⟩ [{{IPA-Text|[[Stimmlose alveolare Affrikate|ts]]}}] ausgesprochen.
* ⟨v⟩ wird meist wie ein deutsches ⟨w⟩ [{{IPA-Text|[[Stimmhafter labiodentaler Approximant|ʋ]]}}] ausgesprochen, in seltenen Fällen – etwa in Wörtern wie ‚Eva‘ – als ⟨f⟩; [{{IPA-Text|[[Stimmloser labiodentaler Frikativ|f]]}}].
* Die in griechischen Fremd- und Lehnwörtern auftretenden Digraphen ⟨th⟩, ⟨ph⟩ und ⟨ch⟩ werden wie im Deutschen [{{IPA-Text|[[Stimmloser alveolarer Plosiv|tʰ]]}}], [{{IPA-Text|[[Stimmloser labiodentaler Frikativ|f]]}}] und [{{IPA-Text|[[Stimmloser palataler Frikativ|ç]]}}] (nach ⟨ae⟩, ⟨e⟩, ⟨i⟩ und ⟨y⟩ und am Wortanfang), bzw. [{{IPA-Text|[[Stimmloser velarer Frikativ|x]]}}] (nach ⟨a⟩, ⟨o⟩ und ⟨u⟩) ausgesprochen.
* ⟨b⟩, ⟨d⟩ und ⟨g⟩ unterliegen wie im Deutschen der [[Auslautverhärtung]], wobei jedoch ⟨d⟩ selten, ⟨b⟩ nur in Präpositionen wie ''ab'' und ''sub'' und ⟨g⟩ im Auslaut so gut wie gar nicht vorkommt.

== Siehe auch ==
* [[Schulaussprache des Lateinischen]]
* Zum Vergleich für das Deutsche – [[Bühnendeutsch]]

[[Kategorie:Latein|Deutsche Aussprache]]
[[Kategorie:Aussprache von Einzelsprachen]]