Diskussion:Carl Rehs
Wg. WP:WWNI, WP:GA und WP:Belege war der unterstehende Einschub[1] einer Nachfahrin, die mit den hiesigen Richtlinien nicht vertraut scheint, im Artikel eingefügt worden. Leider kann er in dieser ausführlichen Form und mit der persönlichen Einleitung nicht im Artikel verwendet werden. Auszüge könnten ggf. verwendet werden. --Laibwächter (Diskussion) 16:42, 5. Aug. 2012 (CEST)
Carl Rehs – eine Omage an einen großen Imker
'Vorbemerkung: Viele Jahrzehnte habe ich, Uta H. geb. Schwabe, die Enkelin von Carl Rehs mütterlicherseits, den nachfolgenden Nachruf über meinen Großvater auf einem großen orangefarbenes Poster in meinem Besitz. Meine liebe Schwester hatte ihn mir vor vielen Jahren geschickt. Die sehr kleine Schrift ist stellenweise durch Jahrzehnte lange Lichteinwirkung schon sehr vergilbt und recht unleserlich geworden – das Poster hing gefaltet an meinem Küchenschrank. „Land und Menschen“ – Jahrgang 18 / Folge 17 vom 29. April 1967 / Seite 11 - ist auf dem DIN A3 Poster zu lesen. Es muss zum Ostpreußenblatt gehört haben. Nun habe ich endlich beschlossen, ihn zu scannen, um ihn für die Kinder und Enkelkinder meiner Schwester Rotraud Maria zu erhalten.
Als ich dann den gescannten Text bearbeitete, habe ich selbst erstmals unendlich viel über die Arbeit und das Wirken meines Großvaters, Carl Rehs, erfahren und musste gelegentlich immer wieder innehalten, weil Tränen hochstiegen. Auch habe ich mich selbst in so vielen Dingen die mein Onkel, Michael Rehs, da beschrieben sind wieder erkannt – es ist, als würde man einem weiteren Pusselteil der eigenen Identität auf die Spur gekommen sein – ein unerwartetes Geschenk! Und nun zum Bericht:
„Immenzucht – die Poesie des Landbewohners“ Der für diesen Artikel so sinnvoll und ansprechend gefundene Titel trifft auch für ihn zu, den Bienenvater Carl Rehs in Ponarth bei Königsberg, Godriener Straße, Haus „Biene«.
Er war ein redlicher Ostpreuße in des Begriffes ganzer Bedeutung, wobei das „Ostpreußische" an ihm nicht geringer wiegt als das „Redliche", und umgekehrt.
Den Jüngeren weniger, aber den Älteren wird er noch ein Begriff sein, der stets liebenswürdige Hauptlehrer, Imker und Schriftsteller Carl Rehs, dem die deutsche Imkerei in Ostpreußen entscheidendes, im Reiche vieles verdankte.
„Immenzucht - die Poesie des Landbewohners“ überschrieb er ein Kapitel seines 1938 erschienenen humorigen Bienenbuches "Buntes Allerlei von den Immen' Es ist das Schlusskapitel; das Poetische kommt erst zu Worte, nach dem der Praktiker und der Wissenschaftler gesprochen haben. Es ist das Schöne, das bleibt nachdem das Notwendige getan ist. Und doch ist das Poetische nicht nur Ergebnis sondern Antrieb und die Poesie, die einer innigen Naturverbundenheit entspringt - unmittelbar bezogen auf den eher großflächig karg als lieblich zu bezeichnenden engeren Teil der ostpreußischen Heimat, in der er vorwiegend lebte, die Kreise Pr.Holland, Heiligenbeil und Königsberq Land - ist der Schlüssel zur Persönlichkeit, zum Verständnis des liebenswerten Wesens des Bienenvaters CarI Rehs. Man macht sich als Kind, zumal der Großstadt, meist ja nicht übertrieben viel aus Großeltern, oder auch aus kleinen Tieren. Man nimmt gern ihre Wohltaten, doch man ist zu jung und zu töricht, um sie zu begreifen. Man hat seine eigenen kühlen Gesichtspunkte, Wege und Interessen. So damals auch ich. Eines Tages jedoch erklärte er mir, der Großvater dem Enkel, im herrlichen Garten von Haus "Biene" den Zweck des Sonnenwachsschmelzers, eines großen seltsamen Kastens mit Glasdeckel auf einem schwenkbaren Gestell, als sich eine dicke, pelzbehoste Hummel auf seiner ausgestreckten Hand niederließ und fühlend und tastend umherkrabbelte. Anstatt sie wegzuschütteln, sah er ihr versonnen ein Weilchen zu, ein Lächeln über seinem weißen Spitzbärtchen, und sagte gemächlich:
"Die Hummeln sind meine Freunde." Das ging mir nach und seit jenem Tage erst waren sie recht eigentlich auch die meinen, der Großvater, die Hummeln, und nicht nur sie. Außer mit meinen Läusen im Krieg und heutigentags ein paar Motten im Kleiderschrank bin ich seither auf Du mit allem, was krabbelt, kriecht, fliegt oder sonst ein Leben hat. Doch zurück zum Bienenvater Carl Rehs.
Er wurde am 28. April 1867 in Laegs. Kreis Pr.-Holland, als jüngster Sohn einer Lehrerfamilie geboren. Er besuchte zuerst die Volksschule seines inzwischen nach Schwanis, Kreis Heiligenbeil, versetzten Vaters Carl Rehs und seiner Ehefrau Ludovika Rehs, geh. Straub. Da er, wie sein Vater, Lehrer werden wollte, besuchte er zunächst die Privatpräparandie* seines Onkels Rudolf Rehs in Quittainen, Kr. Pr.-Holland, dann von März 1884 das Seminar in Waldau, das er nach gut bestandener Abgangsprüfung im März 1887 verließ. *Lehrerbildungsanstalt
Erste Lehrerstelle in Zinten Seine erste Lehrerstelle erhielt er in Zinten und wurde infolge seiner musikalischen Begabung und großen Liebe zur Musik - er spielte Klavier, Orgel, Geige. Flöte und Cello - dort gleichzeitig Dirigent des Männergesangvereins. Im Jahre 1891 erhielt er die Hilfslehrstelle an der Blindenanstalt in Königsberg. Nach zwei Jahren zog er nach Klonofken, Kreis Gerdauern, und lernte in seinem Postort seine zukünftige Frau Gertrud Kantel kennen.
Im April 1895 wurde er nach Uderwangen versetzt und heiratete dort. Im Jahre 1896 erbte er den Bienenstand seines Vaters und hat von dieser Zeit bis zu seinem Tode geimkert. Als ihm 1898 die Lehrerstelle in Klinthenen, Kreis Gerdauen, angeboten wurde, nahm er sie an und blieb dort bis Ostern 1903. Dann wurde ihm wieder eine neue Stelle von der Regierung angeboten: Die Kantorstelle in Pellen, Kreis Heiligenbeil.
Da aber im nächsten Jahre die dicht bei Königsberq gelegene erste Lehrerstelle in Kalgen frei wurde, bemühte er sich um diese und erhielt sie auch unter 104 Bewerbern von der Regierung zugesprochen. Später wurde er an der dreiklassigen Schule in Kalgen zum Hauptlehrer ernannt, wo er bis zu seiner Pensionierung amtiert hat.
Seine Aufgeschlossenheit und seine vielseitigen Interessen veranlassten ihn früh, über seinen Lehrerberuf hinaus auf den verschiedensten Gebieten in der Öffentlichkeit zu wirken. Er machte es daher zu seinem persönlichen Anliegen, die Interessen seines Standes zu vertreten, und der große Lehrerverein Landkreis Königsberq wählte ihn zu seinem Vorsitzenden. Im Jahre 1918 wurde er Leiter der Kreislehrerschaft, ferner drittes Kommissionsmitglied bei den II. Lehrerprüfungen und Vorstandsmitglied im Bezirkslehreramt des Reqierungsbezirks Königsberg. Bei seiner Pensionierung wurde er zum Ehrenvorsitzenden des Lehrervereins ernannt. Zeit seiner Amtstätigkeit war er Mitglied des damaligen Pestalozzivereins und Mitbegründer des in Rauschen erbauten Pestalozzihauses, das der Erholung hilfsbedürftiger Lehrer, Lehrerwitwen- und Töchter diente
Für fortschrittliches Erziehungswesen Hinter diesen nüchtern aufgezählten Daten seines jahrzehntelangen Wirkens in den Standesvertretungen seines Berufs, verbirgt sich ein Kapitel geistiger Auseinandersetzung im pädagogischen Bereich, das von größtem entwicklungsgeschichtlichem Interesse ist. Es ging, vor allem in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, um die Befreiung der Lehrerschaft in den ländlichen Bezirken aus der Subordination und Bevormundung durch den gutsherrlichen Landadel und das konservative Großbauerntum einerseits, und die Geistlichkeit andererseits. Die gesellschaftliche Emanzipation des Lehrers, dessen geistige Selbständigkeit in der pädagogischen Führung der Schule und eine klare, sachliche und administrative Abgrenzung zwischen Schule, Kirche und staatlicher Verwaltung waren im Interesse eines fortschrittlichen Erziehungswesens zur dringenden Notwendigkeit geworden.
Aktuelle Fragen, die heute erneut eine große Rolle spielen und in der Bundesrepublik - etwa in der Auseinandersetzung um die christliche Gemeinschaftsschule oder die Konfessionsschule - in umgekehrter Form auf uns zukommen. Diesen Problemen widmete sich Carl Rehs mit seiner ganzen Energie, Als er z. B. dafür eintrat, die wichtige Schulinspektion vom Ortspfarrer auf einen Fachmann zu übertragen, soll der damalige Superintendent in Haffstrom geäußert haben: „Der Kerl muss hier weg, der verdirbt uns die Lehrer.“ Dem Gutsherrn warf er, als dieser einmal in der Schule erschien, um dort unsachverständig herumzunörgeln, kurzerhand hinaus. Ihre aber auch humorvolle Seite fanden diese Auseinandersetzungen in den köstlichen Glosser- und satirischen Betrachtungen, die Carl Rehs unter dem Namen "Klein-Johann aus Klein-Klutheim“ für den ‚Volksfreund' schrieb, und in denen er auf seine geschliffene Feder spießte, was ihm nicht gerecht und astrein schien.
Obwohl er und seine Frau ein hartes arbeitsreiches Leben führten, war der Großvater stets ein lebensfroher, heiterer Gesellschafter, gesegnet mit unerschöpflichem Humor und einer starken inneren Fähigkeit zum Glück. Die schon von der nächsten und übernächsten Generation rasch entwickelte Begabung, auch mit vierstelligem Einkommen Not zu leiden, blieb einem Manne wie ihm fremd. Von seinem kleinen Lehrergehalt ließ er seine sieben Kinder etwas anständiges lernen, mehrere das Konservatorium und seinen Sohn die Universität besuchen. Und abends spielte er ihnen auf dem Klavier zum Tanz.
Mit besonderer Liebe und auch mit besonderem Erfolg hat er während seines ganzen Lebens sich jedoch für die Bienenzucht und ihre Organisation eingesetzt.
Auf seiner letzten Hauptlehrerstelle in Kalgen vergrößerte er seinen Stand auf 100 Völker und bewirtschaftete sie so, dass der damalige Zentralverein für Bienenzucht im Regierungsbezirk Königsberg ihm einen Lehrgang übertrug, an den sich dann Jahr für Jahr weitere umfangreiche Lehrgänge anschlossen.
Inzwischen war er durch seine beachtlichen Aufsätze in der Preußischen Bienenzeitung als Fachmann bekannt geworden und als im Jahre 1915 sich alle bienenwirtschaftlichen Zentralvereine zu einem Provinzialverband zusammen schlossen, der auch die Preußische Bienen-Zeitung übernahm, wurde Carl Rehs 1917 zweiter Schriftleiter, um bald darauf, nach dem Ausscheiden des ersten Schriftleiters A. Schneider-Domnau, die vollständige Leitung der Preußischen Bienenzeitung zu übernehmen, die er bis zu seinem Tod über 25 Jahre hinaus innegehabt hat.
Aufsätze über Bienenzucht schrieb er aber nicht nur in seiner Bienenzeitung, sondern Jahre hindurch auch in regelmäßiger Folge für alle drei Königsberger Tageszeitungen. Regelmäßiger Mitarbeiter wurde er auch an der "Georgine“, dem Wochenblatt der Landesbauernschaft. Die Zahl aller seiner Aufsätze bienenwirtschaftlichen Inhalts dürfte weit über 1000 liegen.
Nimmermüder Arbeiter Daneben fand er noch Zeit, einige launige kleine Theaterstücke für Imker zu schreiben, die im Verlag der "Leipziger Bienenzeitung-Leipzig" erschienen, Seine schriftstellerische Tätigkeit fand jedoch die Krönung in seinem immer wieder aufgelegten, stark verbreiteten Buch „Die deutsche Bienenzucht", das in seinen 294 Seiten und vielen Bildern eine praktische, wie wissenschaftliche Anleitung für die Bienenzucht, mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse des deutschen Ostens, gibt.
Die 5. Auflage dieses Buches war in Vorbereitung, als der Zusammenbruch 1945 diese Arbeit jäh beendete. Ferner erschienen:
1938 „Buntes Allerlei von den Immen - Unterhaltendes und Belehrendes
für junge und alte Naturfreunde" im Verlag Pfenniqstorff - Berlin;
1939 „Von Kanitz zu Kickhöffel" im Verlag der Leipziger Bienenzeitung-
Leipzig, ein die Entwicklung der Bienenzucht in Ostpreußen und im gesamten früheren deutschen Reichsgebiet mit statistischem Zahlenmaterial aufzeigendes Buch.
1942 erschien in der Buchreihe „Wie wir wurden" im Verlag der Leipziger
Bienenzeitung-Leipzig - sein letztes kleines Werk „Michael Kurella und Daniel Gottlieb Settegast“ – zwei ostdeutsche Pioniere der Bienenzucht als Zeitgenossen des „Alten Fritz“
Dieses Büchlein, geschmückt mit reizvollen mit künstlerischen Zeichnungen lässt einen Blick in die geschichtliche Vergangenheit und Entwicklung der Bienenzucht in Ostpreußen tun.
Sein nimmermüdes Schaffen stellte ihn immer wieder in die vorderste Reihe und später an die Spitze der Imkerorganisation in Ostpreußen.
Als Vorstandsmitglied des Provinzial-Verbandes ostpreußischer Bienenzüchter wurde er im Jahre 1924 als Nachfolger des schwer erkrankten Gerstung in den Wirtschaftsausschuss des Deutschen Imkerbundes gewählt. In den Jahren 1928/29 war es im ostpreußischen Imkerverband zu schweren Krisen gekommen, so dass die Mitgliederzahl in kurzer Zeit ganz erschreckend sank und den Tiefstand mit nur 2361 organisierten Imkern in der ganzen Provinz Ostpreußen erreichte.
Da übernahm 1930 Carl Rehs die Leitung, und in den folgenden Jahren gelang es ihm unter großen Mühen, den Verband wieder zu festigen und zu neuem Auftrieb zu bringen. Er gründete eine Honig-Absatz und eine Wachsverwertungsstelle, eine Seuchenhilfskasse und gegen den Willen anderer Vorstandsmitglieder die Imkerschule in Korschen. Diese Lehr- und Versuchsanstalt, die Imkerschule in Korschen hat wesentlich zu dem Gesamtaufbau die Bienenzucht in Ostpreußen beigetragen.
Im Jahre 1942 war die Mitgliederzahl des Verbandes auf 16.000 angewachsen mit etwa 320 Ortsfachgruppen. In seiner von ihm konstruierten Rehs-Kuntzsch-Beute haben viele Imker mit Vorliebe geimkert.
Unvergessen sind nicht zuletzt die von Carl Rehs abgehaltenen großen Imkertagungen, wie z. B. im April des Jahres 1934 „Tag der Biene“, Juli 1938 „Tag des Honigs" und später "Tag der Imkerin".
Silberne Wabe Bis zu seinem Tode beseelte ihn tiefe Hingabe an seine bienenwirtschaftlichen Aufgaben an die Organisation „Landesfachgruppe Imker Ostpreußen“, ja an jeden einzelnen Imker selbst. so dass in seinen späteren Jahren von ihm nur noch als von dem „Bienenvater Rehs" gesprochen wurde.
Er gehörte zu den seltenen Menschen, die noch im hohen Alter unermüdliche Arbeits- und Schaffenskraft mit jugendlich raschem Geist und Temperament verbindet.
Für seine Verdienste um die Bienenzucht und die Imkerorganisation wurde er 1935 durch Verleihung der „Silbernen Wabe“ ausgezeichnet, der höchsten Auszeichung, die von der damaligen Reichsgruppe Imker-Berlin, verliehen werden konnte.
Ortsfachgruppe Rehs Anlässlich seines 70. Geburtstages benannte die Reichsfachgruppe Imker ihm zu Ehren seine Ortsfachgruppe um in „Ortsfachgruppe Rehs“. Der geschäftsführende Präsident der Fachgruppe Imker-Berlin, K.H. Kickhöffel stellte damals in einem Carl Rehs ehrenden Zeitungsartikel drei Worte besonders heraus: „Überlegens Können, Verantwortungsfreude und unermüdliche Fürsorge“.
1945 musste auch er es erleben, dass sein Lebenswerk der Vernichtung anheim fiel. Er hatte wie hunderttausend andere die Drangsale und Leiden des Russeneinfalls mit durchmachen müssen, denen er im Alter von 78 Jahren nicht mehr gewachsen war und die seinen Tod am 2. Oktober 1945 herbeiführten.
Am 4. Oktober, dem Tag seiner goldenen Hochzeit, wurde er im von den Russen besetzten Königsberg von seiner Ehefrau und, seiner Tochter, Tante Eva, heimlich in einer Ecke des Luisenfriedhofs begraben.
Autor: Dr. Michael Rehs, Enkel von Carl Rehs