Diskussion:Die Grönland-Saga

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Letzter Kommentar: vor 5 Jahren von S. Bollmann
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Im Artikel fand sich vor meiner Bearbeitung vom 26.12.05 die Aussage, dass die im Roman geschilderte Zeit von etwa 1345 bis 1415 das vermutliche Ende der Wikinger-Siedlung auf Grönland darstelle - übrigens sagt der Klappentext der deutschen Ausgabe ungefähr dasselbe. Ich habe aus dem "Ende" den "Niedergang" gemacht, denn das definitive Ende ist zwar nicht auf den Punkt zu bringen, muss aber doch deutlich später angesetzt werden.

Zunächst einmal möchte ich subjektiv bekennen, dass "Die Grönland-Saga" von Jane Smiley zu meinen bedeutendsten Leseerlebnissen der letzten Jahrzehnte gehört. Wie bei anderen guten historischen Romanen wird ein Forscherinteresse geweckt und man möchte gerne feststellen, was von dem Gelesenen Fiktion ist, wo die Fakten stecken und welche zusätzlichen Informationen über die dargestellten historischen Sachverhalte und Personen noch erhältlich sind. In diesem Fall lag der Schwerpunkt des Interesses auf dem Umstand, dass um 1500 in Grönland eine europäisch-christlich geprägte Kulturregion im Dunkel der Geschichte verschwand und der Raum (vorübergehend) wieder der Natur und den Naturvölkern überlassen blieb.

Die Ursachen für diesen Niedergang sind im Artikel bereits angedeutet. Grundlegend ist eine allmähliche Klimaverschlechterung (Abkühlung), die die Rahmenbedingungen für Landwirtschaft und Jagd nachhaltig verschlechterte. Die Möglichkeiten der Siedler, darauf zu reagieren, wurden dramatisch eingeschränkt, als um die Mitte des 14. Jahrhunderts die regelmäßige Verbindung zum norwegischen Mutterland (und zum restlichen Europa) verlorenging. Der Nachschub an Nahrungsmitteln, Werkzeugen und sonstigen Gebrauchsgegenständen, Rohstoffen und letztlich auch Menschen erfolgte nur noch unzuverlässig und sporadisch. Die Herrschaft der norwegischen Könige und der katholischen Kirche bestand ab etwa 1370 nur noch nominal, de facto blieb die Siedlung sich selbst überlassen und fiel gewissermaßen in eine vorstaatliche Organisationsform zurück. Bei der Erklärung des Niedergangs führen die Historiker letztlich auch auf, dass die Siedler nicht in der Lage waren bzw. es versäumt haben, auf die sich verschlechternden Umweltbedingungen durch Entwicklung alternativer Strategien zu reagieren. Allerdings waren ihre Möglichkeiten sehr begrenzt. Holzmangel beispielsweise verhinderte den Bau größerer Schiffe, sodass die verbleibenden Bewohner nicht die Option hatten, selbst den Kontakt zu Europa wiederherzustellen oder zu einem gegebenen Zeitpunkt ihre Siedlung aufzugeben und nach Island oder Norwegen zurückzukehren. Der Untergang vollzog sich als offenbar irreversibler Prozess schleichend - es spricht wenig dafür, dass Inuit oder Piraten mit ihren Übergriffen die Siedlungen endgültig ausgelöscht haben. Insofern ist es schwer, einen Endpunkt zu datieren. Die schriftlichen Quellen reichen wie gesagt nur bis 1408, weiteren Aufschluss geben hingegen archäologische Funde (Ausgrabungen). Dass gewisse erhalten gebliebene Kleidungsstücke einer Mode entsprechen, die auf dem Kontinent um 1450 en vogue war, gibt Anlass zu dem Schluss, dass bis etwa 1480 irgendwelche Handelsbeziehungen zwischen Grönland und dem Festland bestanden haben müssen, so dass ein Aussterben der letzten nordischen Siedlung kaum früher als 1500 angenommen werden sollte.

Deutsche Literatur, die zu dieser Frage ins Detail geht, habe ich auf den ersten Blick nicht gefunden. Neben der ins Englische übersetzten Geschichte Grönlands von Finn Gad fand ich zwei Aufsätze von Thomas H. McGovern hilfreich:

  • The economics of extinction in Norse Greenland. In: Climate and history - studies in past climates and their impact on man. Ed. by T.M.L. Wigley, M.J. Ingram and G. Farmer. Cambridge [u.a.] 1981, S. 404 - 433.
  • The lost Norse colony of Greenland. In: Vikings in the West. Ed. by Eleanor Guralnick. Chicago 1982, S. 13 - 23.

--bg 10:14, 27. Dez 2005 (CET)

Die Grönland-Sågå war aber auch eine Sketch-Serie bei RTL-Samstag Nacht.

Deutsche Literatur zum Thema:
  • Jörg-Peter Findeisen: Vinland - Die Entdeckungsfahrten der Wikinger von Island nach Grönland und Amerika. Verlag Ludwig, Kiel 2011, ISBN 978-3-86935-055-4.
  • Knut Lindh: Wikinger. Die Entdecker Amerikas. Piper Verlag, München 2002, ISBN 3-492-04369-0.
  • Kirsten A. Seaver: Mit Kurs auf Thule - Die Entdeckungsreisen der Wikinger. Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-8062-2411-5.
  • Rudolf Simek: Vinland!. Verlag C. H. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-69720-3.
  • Harald Steinert: Tausend Jahre Neue Welt. Auf den Spuren der Wikinger in Grönland und Amerika. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1982, ISBN 3-421-06113-0.
--S. Bollmann (Diskussion) 21:08, 7. Apr. 2019 (CEST)Beantworten