Diskussion:Kuchelbader Schlacht
Augenzeugenbericht
[Quelltext bearbeiten]An den Ereignissen nahm der spätere Rektor der TH Wien Josef Neuwirth. Er verfasste nachstehenden Bericht, der am Folgetag in der Tageszeitung Bohemia erschien:
Die Krawalle, welche seit einiger Zeit gegen die hiesigen deutschen Couleurstudenten von tschechischer Seite in’s Werk gesetzt werden, haben sich gestern Nachmittag abermals wiederholt. Diesmal bildete den Schauplatz derselben Kuchelbad, der beliebte Ausflugsort der Prager. Dorthin hatten anläßlich des zwanzigsten Stiftungsfestes gestern um 10 Uhr vormittags das akad. Corps „Austria“, die übrigen Prager Corps und die Deputierten der hier weilenden Corps mittelst eines Separatdampfers einen Ausflug unternommen. Die Gesellschaft hatte sich im Garten der oberen Restauration niedergelassen und unterhielt sich in der angenehmsten Weise. Nachmittags concertirte dort die vom Corps bestellte Capelle des 36. Infanterie-Regiments und hatten sich auch mehrere Damen und Anverwandte der Corpsmitglieder in dem Garten eingefunden. Auffallend erschien es, daß vor dem Eingange zum Restaurationsgarten ein Gendarm mit aufgepflanztem Bajonette patroullirte und man außer diesem noch mehrere Gendarmen ebenfalls mit aufgepflanztem Bajonetten bemerkte. Der Grund dieser Vorsichtsmaßregel wurde bald klar. Man vermuthete nämlich aber¬mals eine Demonstration gegen die deutschen Studenten und hatte sich leider nicht getäuscht. Denn gegen 3 ½ Uhr begannen rotten¬weise tschechische Studenten den Gasthäusern Kuchelbads zuzupilgern, und als dieselben vollständig besetzt waren, zogen sie in mehreren Abtheilungen in den Garten ein, in welchem die Austrianer mit ihren Gästen saßen. Plötzlich ging ein starker Regen nieder, die Austrianer begaben sich unter die Veranda, während die tschechischen Studenten in das Vorhaus des Hauptgebäudes einkehrten. Als der Zuzug tschechischer Studenten immer stärker wurde, und man die deutsche Gesellschaft zu beleidigen begann, begaben sich zwei deutsche Studenten nach Prag zur Statthalterei, um Schutz aufzusuchen. Ein Commissär und eine Abteilung Gendarmerie wurde nach Kuchelbad beordert. Mittlerweile hatten sich unzählige Arbeiter ebenfalls in Kuchelbad eingefunden. Der Regen ließ nach, die tschechischen Studenten setzten sich in den Garten und begannen tschechische Lieder zu singen. Mit besonderem Nachdruck ertönte das ‚Hrom a peklo’. Die deutschen Studenten verhielten sich vollständig ruhig und achteten nicht auf das Gebrüll der provozierenden Tschechen. Nach Absingung mehrerer nationaler Lieder stimmten die Tschechen auch die Volkshymne an, erhoben sich von ihren Sitzen und entblößten die Häupter. Später ließen sie den deutschen Studenten sagen, sie mögen, wenn sie (die Tschechen) die Volkshymne singen, auch aufstehen. Die Deutschen erklärten, sich nichts vorschreiben zu lassen, um jedoch den Frieden nicht zu stören, wurde der Capellmeister beauftragt, die Volkshymne nochmals anzustimmen, die dann begeistert von den deutschen Studenten mitgesungen wurde. So herrschte ein kurze Zeit Ruhe. Plötzlich flog aus der Gegend, wo die tschechischen Studenten saßen, ein Holzstück unter die deutschen Studenten, ohne Jemanden erheblich zu verwunden; zu gleicher Zeit ertönten die Rufe zu den Corpsstudenten: „Kappen herunter“, welcher Aufforderung nicht stattgegeben wurde. Dem unter den Corpsstudenten anwesenden Prinzen Johann zu Thurn-Taxis wurden wiederholt als „Abtrünnigen der Nation“ donnernde Pereatrufe gebracht. Auf wiederholte Aufforderung der deutschen Studenten, die Gendarmerie möge Ordnung halten, ließ der Commissär an 20 Gendarmen zwischen den Corps-Studenten und den Tschechen Posto fassen. Sodann erschollen Rufe: „Němečtí psé, domů!“ (Deutsche Hunde, nach Hause!) Ein Glas wurde unter die deutschen Studenten geworfen und verletzte den Herrn JUDr. Heinrich Feitis und den aus Wien hier als Gast anwesenden Consenior der „Saxonia“ Herrn Angerer. Dieses Glas bildete den Beginn eines allgemeinen Gläserregens. Die deutschen Studenten suchten sich vor Verletzungen dadurch zu schützen, daß sie Sessel über ihre Köpfe hielten und sich nach rückwärts concentrirten. Um diesen Insulten auszuweichen, beschloß man unter dem Schutze der Gendarmerie das Dampfschiff zu besteigen, um die Rückfahrt anzutreten. Die Sessel über die Köpfe haltend, suchten sich die Deutschen durch die fanatisirte Menge zu dem Schiffe zu begeben. Doch auch dieses letzen Schutzmittels, nämlich der Sessel, mußten sie sich über Protest des herbeieilenden Wirthes begeben. Gläser, Flaschen, Steine flogen den Flüchtenden nach, wobei der deutsche Techniker, Herr Lumpe von einem schweren Steine am Kopfe getroffen, ohnmächtig zu Boden stürzte. Zufällig kam Herr Medicinae-Dr. Sievert aus Greifswald (Preußen) hinzu, welcher den Ohnmächtigen, dessen Verletzung eine schwere ist, aufhob und zum Schiffe trug. Dem deutschen Juristen Herrn Pick wurde mit einem Knittel ein so wuchtiger Hieb in den Kopf versetzt, daß er ebenfalls bewußtlos zusammenstürzte. Nachdem er das Bewußtseyn wieder erlangt, wurde er von einem Tschechen gerüttelt und misshandelt. Seine Verletzung, ebenso wie die von zwei anderen Deutschen, ist ebenfalls bedeutend. Indessen eilten die Corpsstudenten über die Bahndämme, Felder, Straßendämme in ungeregelter Flucht auf die bewaldeten Abhänge, fortwährend verfolgt von dem Gejohle und den Steinwürfen des fanatischen Pöbels. Wenige der Flüchtlinge kamen mit heiler Haut davon. Als endlich die Verfolgung ein wenig nachgelassen hatte, wagten sich die Deutschen aus ihren Verstecken und begaben sich verstohlen zum Dampfschiff, wo die Verwundeten in der Cajüte lagen und vom Dr. Sievert gepflegt wurden. Man wartete auf die noch fehlenden Studenten, um die Rückfahrt anzutreten. Indessen kam nach zweistündigem Warten von einer nach den Fehlenden ausgeschickten Patrouille die Nachricht, sie seien in Radotin und gedenken, aus Furcht vor weiteren Mißhandlungen erst heute früh mit der Bahn nach Prag zurückzukehren. Um 11 Uhr nachts erfolge die Rückfahrt des Dampfers nach Prag. Als derselbe in Prag ankam, unter der Podskaler Brücke passirte, wurden von dieser große Kieselsteine in reichlicher Menge auf das Schiff hinabgeschleudert. Ein Bootsmann wurde auf der Hand nicht unbedeutend verletzt. Die Schwerverletzten wurden aus dem Schiffe gehoben und zu bereitstehenden Wagen geführt. Der am Landungsplatz anwesende Bezirksleiter der Oberen Neustadt, Herr Commissär Rabas ertheilte den Rath, sie in das allgem. Krankenhaus führen zu lassen. Während die Verletzten in dem Fiaker fortschafft wurden, liefen ihnen an 20 tschechische Burschen nach. Einer aus dieser Rotte wurde, weil er von einem Steinhaufen Steine aufhob, um sie dem Wagen nachzuwerfen, verhaftet. Ein Glück ist es zu nennen, daß die in der Gesellschaft der Deutschen anwesenden Damen bereits vor Ausbruch des Überfalles seitens der tschechischen Helden sich nach Prag zurückbegeben hatten. Die Myslikgasse und der Zderas waren bereits um 8 Uhr abends von Tausenden von Menschen umlagert. An 60 Polizeileute waren ausgerückt, und es dauerte mehr als eine Stunde, bevor diese Straßen geräumt werden konnten. Die Menge gedachte den deutschen Studenten einen für diese keineswegs angenehmen Empfang zu bereiten.
Sollte der Bericht so in den Artikel eingearbeitet werden, weil er als Augenzeugenbericht historisch wertvoll ist oder weglassen, weil nicht neutral? --80.187.125.23 10:29, 12. Aug. 2008 (CEST)
- Ist durch das pdf erledigt.--Genealogist 16:46, 11. Mär. 2010 (CET)