Diskussion:Pirenne-These

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Überarbeitung[Quelltext bearbeiten]

Ich habe den Artikel von Grund auf überarbeitet und stark erweitert. Die bisherige Fassung hat den Inhalt der Pirenne-These und die einzelnen Argumente, auch die der Gegner, nicht hinreichend ausführlich und vor allem nicht hinreichend differenziert dargestellt. In dieser Form problematisch – wenn auch formal richtig – fand ich die Formulierung in der alten Fassung „In jüngster Zeit hat die Pirenne-These wieder Anhänger unter den Historikern gefunden (so insbesondere John Moorhead: „The Pirenne thesis largely works”), die die entscheidende Zäsur zwischen Spätantike und Mittelalter ebenfalls erst in die Mitte des siebten Jahrhunderts verlegen.“ Der zitierte Satz steht zwar bei Moorhead S. 255, eher vorsichtig formuliert „Taken together, such evidence suggests that the Pirenne thesis largely works“, aber außerdem schreibt er dann S. 256: „... the reasons he [Pirenne] adduced for the change in the seventh century are unsatisfying. ... the pirates whom he alleged drove Christian shipping off the Mediterranean are difficult to detect during the period ... The role that the Arabs play in his account is that of a kind of deus ex machina”, letztere Aussage übrigens zutreffend und eine klare Absage an den Kern der Pirenne-These; Moorhead ist also kein Pirennist. Er teilt nur einige von Pirennes Ansichten, und in der Hauptsache (Kausalitätsfrage) ist er ganz anderer Meinung. Seine Aussage "the Pirenne thesis largely works" ist insofern irreführend (auch hinsichtlich seiner eigenen Ergebnisse), wenn sie nicht präzisiert wird. Um letzteres habe ich mich in der Neufassung des Artikels bemüht. Nwabueze 21:19, 25. Sep. 2007 (CEST)[Beantworten]

Ich kenne die ursprüngliche Fassung nicht, die von dir überarbeitet wurde, stelle aber fest, dass dein Text für mich sehr verständlich und nachvollziehbar ist. Was ich hinterfragen möchte, ist folgende These von Pirenne, wie du sie wiedergegeben hast: "Merkmale des späten Merowingerreichs und des Karolingerreichs waren die Verlagerung des Schwerpunkts nach Norden, binnenländische Orientierung und andersartige ökonomische Verhältnisse (Beschränkung auf Agrarwirtschaft, wenig Fernhandel, Verfall der Städte, Subsistenzwirtschaft mit lokalen Kleinmärkten, teilweise Naturalientausch). All dies war eine Folge der Ausbreitung des Islams." Die letzte Schlussfolgerung treibt jedem Historiker, der sich mit dem Karolingerreich befasst, die Zornesröte ins Gesicht, weil die genannte "Verlagerung des Schwerpunktes nach Norden" ja gerade beinhaltet, warum die Beschränkung der Agrarwirtschaft etc. erfolgte: Diese Expansion war eine militärische, die sich über viele Jahre hinzog (siehe zum Beispiel die Sachsenkriege Karls des Großen)! Das Karolingerreich war also genötigt, eine - mit einem modernen Begriff so bezeichnete - "Kriegswirtschaft" zu organisieren, bei der die finanziellen Möglichkeiten auf das Heer hin konzentriert wurden - kein Heer von freien Bauern mehr, sondern ein "Berufsheer", wo eine allmählich immer mehr in die Unfreiheit absinkende Bauernschaft die Kämpfer zu unterhalten hatte. Da aus den eroberten Gebieten wenig herauszuholen war, erfolgte zum Beispiel auch der Überfall auf das Awarenreich zum Zweck der Finanzbeschaffung!
Irgendwo wird das Obige ein kluger Mensch auch schriftlich formuliert haben; frag' mich aber nicht, wo... --Ruggero1 15:17, 6. Dez. 2009 (CET)[Beantworten]
Ich halte zwar die heute vorherrschende, im Artikel dargestellte Ablehnung von Kernaussagen der Pirenne-These für sehr berechtigt, sehe aber nicht, warum man - wie du es anscheinend tust - Pirenne für einen Ignoranten halten müßte, der vom Frühmittelalter keine Ahnung hatte. Da die von Pirenne angeführten Entwicklungen schon rund ein Jahrhundert vor dem Ende der Merowingerzeit stattfanden oder zumindest einsetzten, ist es chronologisch nicht von vornherein abwegig, sie mit der islamischen Expansion in einen kausalen Zusammenhang zu bringen; abwegig wäre es vielmehr, eine Entwicklung des 7. und frühen 8. Jahrhunderts als Folge von Kriegen der Karolingerzeit, etwa der von dir erwähnten Sachsenkriege, erklären zu wollen. Da die merowingischen Herrscher keineswegs weniger kriegs- und expansionsbegierig als die karolingischen und in höchstem Maße beutegierig waren, sehe ich auch keinen Anhaltspunkt für eine karolingische "Kriegswirtschaft" im Gegensatz zu einer merowingischen "Friedenswirtschaft". Im übrigen: Was könnte einen Pirenne-Anhänger denn hindern, die von dir genannten militärischen bzw. die Heeresorganisation und die Reichsfinanzen betreffenden Entwicklungen, wenn und insoweit sie tatsächlich eintraten, als Folgen eines wirtschaftlichen Niedergangs zu deuten, zu dessen Ursachen ein Zusammenbruch des Mittelmeerhandels gehören kann? Also gerade umgekehrte Kausalität: nicht zuerst ein Beschluß zur militärischen Expansion und daraufhin Umstellung auf "Kriegswirtschaft" und dadurch allgemeine Verarmung, sondern umgekehrt: zuerst wirtschaftlicher Niedergang und daraufhin, eben deswegen, militärische Expansion (als deren Motiv du selbst Finanzbeschaffung nennst). So einfach darfst du es dir also bei der Argumentation gegen Pirenne nicht machen. Daher gehe ich davon aus, daß es den von dir erwähnten "klugen Menschen", der deine Überlegungen in einer wissenschaftlichen Publikation formuliert hat, nicht gibt. Nwabueze 03:51, 7. Dez. 2009 (CET)[Beantworten]
Wirf bitte nicht meine Argumente durcheinander: Ich habe den Awarenzug Karls des Großen als Beutezug bezeichnet, das ist richtig. Diese Ausplünderung fand jedoch erst um 800 statt, gerade als Karl sich in der Endphase der Sachsenkriege befand, die er 772 begonnen hatte. Und schon Karls Vorfahren hatten Expansionskriege geführt. Wie sind die wohl alle bezahlt worden? Kennst du nicht die Capitulare Karls, in denen er sich unter anderem gegen das "Bauernlegen" wendet? Er verlor dadurch Soldaten, die er ersetzen musste...
Und ja, ich denke schon, dass Pirenne diese ganze Entwicklng nicht in seine Überlegungen einbezogen hat - weil er sie nicht kannte! Die Kenntnis der archäologischen Begründung fehlte ihm ganz einfach: Die fränkischen Krieger-Gräberfunde mit ihren Waffen und die Curtes mit ihren auf sie bezogenen Hofgruppen - die Villikation; in diesen beiden Beispielen zeigt sich deutlich die kriegerische Organisation des Frankenreichs. Dass das ein langsam sich aufbauender Prozess war, bestreite ich gar nicht, aber ich belege damit meine Behauptung, dass es diese wirtschaftliche Abschnürung durch den Islam nicht gab. Beantworte mir doch mal die Frage, die ich an Pirenne richten würde: Warum wendeten sich die Franken denn nicht dem Feind zu, der die wirtschaftliche Abschnürung verursachte? Aber nein, es reichte ihnen, die Grenze gegen diese zu sichern - siehe die von Karl dem Großen eingerichtete Mark.
Willst du wissen, wer der kluge Mensch ist? Prof. Joachim Henning von der Universität Frankfurt und eine ganze Arbeitsgruppe, die sich etwa mit der Villikation bei Brügge befasst (Snellegem).--Ruggero1 02:39, 8. Dez. 2009 (CET)[Beantworten]
Pirenne bzw. ein Befürworter seiner These würde auf deine Frage antworten: eine fränkische Offensive gegen den Feind, der die wirtschaftliche Abschnürung verursachte, mit dem Ziel, diese Abschnürung zu beenden und den unterbrochenen Mittelmeerhandel mit dem Orient wieder in Gang zu bringen, hätte nicht nur die Vertreibung der Muslime aus der Iberischen Halbinsel erfordert, sondern auch eine dauerhafte Besetzung Nordafrikas einschließlich Ägyptens, ja überhaupt Rückgängigmachung der islamischen Expansion und Zurückdrängung der Muslime auf ihre Ausgangsbasis auf der Arabischen Halbinsel. Zu diesem Zweck hätten die Franken im 8. Jahrhundert schon die gesamte Reconquista, die Kreuzzugsbewegung und das neuzeitliche europäische Eingreifen in Nordafrika erfolgreich vorwegnehmen müssen. Dafür wäre unter anderem eine schlagkräftige, sehr große Kriegsflotte benötigt worden. So ein Programm haben sich die frühen Karolinger nicht vorgenommen, weil sie im Gegensatz etwa zu Ludwig dem Heiligen keine Träumer waren, sondern zu einer realistischen Einschätzung ihrer Kräfte und Möglichkeiten in der Lage.
Wenn es von Prof. Henning eine Veröffentlichung gibt, in der er etwas Neues zur Pirenne-These vorträgt, bin ich natürlich für einen Hinweis dankbar. Nwabueze 12:36, 8. Dez. 2009 (CET)[Beantworten]
Also ich muss aufpassen, dass ich in meiner Argumentation nicht den Hauptwiderspruch aus den Augen verliere: Dass das Frankenreich zur Zeit der arabischen Eroberung Spaniens (Untergang des westgotischen Reiches 711 n. Chr.) und unter den letzten Merowingern und den Karolingern (jetzt bloß nicht in eine Diskussion darüber geraten, von bzw. bis wann man von Merowingern und Karolingern sprechen kann!) gezielte Expansion betrieb und sich im Zuge dieser Expansion eine sich seit dem 8. Jahrhundert immer mehr verstärkende Verarmung der Wirtschaft ergab, die auf die Organisation und Finanzierung dieser Kriege zurückzuführen ist. Ich habe als Begründung dafür auf die archäologischen Funde und Befunde verwiesen, die sich aus fränkischen Kriegergräbern und den Überresten von Curtes und der ihnen zugehörigen Hofgruppen ergeben (danke für deinen Text - ohne den hätte ich das jetzt nicht so genau formulieren können!).
Zusammengefasst sehe ich ein nach Norden (und nach Italien hinein) expansives Frankenreich, das sich nach Südwesten auf Grenzsicherung einstellt, denn so verrückt werden selbst die expansionswilligen Karolinger nicht gewesen sein, dass sie sich bis nach Nordafrika vorgewagt hätten. Aber ich habe ja auch schon auf die Errichtung der Spanischen Mark durch Karl den Großen hingewiesen (die auf die Dauer der Kern der Reconquista wurde). Und während ich das schreibe, fällt mir auf, dass die Spanische Mark Karls des Großen ja tatsächlich schon einen Gegenstoß gegen die Araber darstellt und deshalb eigentlich auch zur fränkischen Expansion zu zählen ist - was meinst du?
Was ich ausklammern möchte, ist der Kampf von Karl Martell gegen die Araber nach der Eroberung des spanischen Westgotenreichs 711 durch letztere, denn das hat sehr viel mit historischer Legendenbildung zu tun - leider, denn sonst wäre das ja ein Paradebeispiel für meine Behauptung, dass es für die Karolinger keine Notwendigkeit gab, eine (nicht vorhandene) witschaftliche Einschnürung zu durchbrechen, denn dann hätte Karl Martell ja seinen Sieg verfolgen können. Aber das ist ein Gedankenspiel, denn die Geschichtswissenschaft hat inzwischen nachgewiesen, dass der arabische Vorstoß 732 eher ein Raubzug war - siehe das Lemma Schlacht von Tours und Poitiers.-

Prof. Henning werde ich kontaktieren und fragen, wo er seine Thesen hinsichtlich des wirtschaftlichen Rückgangs im Frankenreich während der geschilderten Zeit veröffentlicht hat oder ob er sie bisher nur mündlich vorträgt.--Ruggero1 16:06, 8. Dez. 2009 (CET)[Beantworten]

Für diesen Artikel auswertbar ist eine Publikation von Prof. Henning nur dann, wenn er darin ausdrücklich zur Pirenne-These Stellung nimmt. Wirtschaftliche Auf- und Abschwünge pflegen ja eine Mehrzahl von Ursachen zu haben, und falls bestimmte militärische Anstrengungen von Karolingern nachweislich signifikant dazu beigetragen haben sollten, die Wirtschaft zu schwächen, ist das noch lange keine Widerlegung der Pirenne-These. Auf dein Argument, daß das Frankenreich ab dem 8. Jahrhundert gezielte Expansion betrieb und sich im Zuge dieser Expansion eine sich seit dem 8. Jahrhundert immer mehr verstärkende Verarmung der Wirtschaft ergab, die auf die Organisation und Finanzierung dieser Kriege zurückzuführen ist, kann ein Pirenne-Anhänger antworten: Sicherlich pflegen Kriege, auch wenn es gelingt Beute zu machen, die Wirtschaft des betreffenden Staates zu schwächen - durch die im eigenen Land entstehenden Verwüstungen oft noch mehr als durch die Finanzierung der Feldzüge. Das war aber nichts Neues, was etwa erst ab dem 8. Jahrhundert eine Rolle spielte; die Merowinger führten schon im 6. und frühen 7. Jahrhundert, also vor der islamischen Expansion, zahlreiche Bürgerkriege, und diese Kriege dürften für die Wirtschaft eher noch schädlicher gewesen sein als die karolingischen Expansionskriege, da sie sich auf fränkischem Boden abspielten; hinzu kamen auch bereits im 6. Jahrhundert bedeutende Offensiven und Expansionspolitik (z.B. Thüringerfeldzug Theuderichs I., Italienfeldzug und imperiales Auftreten Theudeberts I., Feldzüge Guntrams gegen die Westgoten usw.). Wenn militärische Aktivitäten der Franken die Hauptursache für den wirtschaftlichen Niedergang gewesen wären, so hätte dieser somit schon im 6. Jahrhundert eintreten müssen, als die Merowingerreiche von den Bürgerkriegen verwüstet wurden. Die Depression scheint aber erst zur Zeit der islamischen Expansion begonnen zu haben.
Wie auch immer: da wir keinen original research treiben, ist es nicht unsere Aufgabe, solche Fragen zu lösen. Wir berichten nur über den aktuellen Forschungsstand anhand der Forschungsliteratur, und in diesem Artikel nur insoweit die Forscher ausdrücklich die Pirenne-These thematisieren. Nwabueze 04:43, 9. Dez. 2009 (CET)[Beantworten]
Ein kleiner, aber feiner Unterschied zwischen der von dir geschilderten Expansion unter den Merowingern bis hin zu den frühen Karolingern: Bei den dort geführten Kriegszügen handelte es sich im wesentlichen um fränkische Heere, bei denen die Kampffähigen jeweils zum Kriegszug zusammengerufen wurden (also ein Bauernheer); ein solcher Krieg war kaum auf Dauer angelegt. Als die Könige bzw. Hausmeier erkannten, dass sie mit diesem sporadisch zusammentretenden Heeren nicht kontinuierlich kämpfen konnten, entstanden die fränkischen Lanzenreiter, die besten Kämpfer ihrer Zeit - auf der Basis der Villikation etc. Aber das habe ich oben schon alles geschrieben.
Du wolltest Hennings Artikel wissen. Er ist 2008 in einem von ihm herausgegebenen Buch (2 Bände) aus Anlass eines in Bad Homburg stattgefundenen Kongresses erschienen: Post-Roman Towns, Trade and Settlement: Post-Roman Towns, Trade and Settlement in Europe and Byzantium 1. The Heirs of the Roman West: Bd 1 (Millennium-Studien / Millennium Studies): Volume 1, Gruyter-Verlag Dezember 2008; darin: Joachim Henning, Early Europian Towns: The way of the economy in the Frankish area between dynamism and deceleration 500-1000 A.D., 3-40.
Wieso sollte Henning (oder sonst irgendjemand außer uns beiden) auf die Pirenne-These eingehen, wenn sie unzutreffend ist? Er trägt seine Ergebnisse vor, und die entsprechen nun mal nicht der Pirenne-These, sondern zeigen, wenn man sie daran anlegt, dass dieser Unrecht hat.- Übrigens müsste aus dem Lemma auch folgender Abschnitt entfernt werden, weil er nicht (mehr) haltbar ist: Die Schwierigkeit des Problems und die lange Dauer der Debatte ist in erster Linie durch die sehr ungünstige Quellenlage bedingt. Frühmittelalterliche Autoren waren an ökonomischen Themen kaum interessiert und erwähnten sie nur beiläufig. Verstreute archäologische und numismatische Funde gestatten kaum beweiskräftige quantitative Aussagen.
Ansonsten hast du den Text ja schon übersichtlich aufbereitet und die Kritik an Pirenne genannt; ich würde sie anhand von Hennings Arbeit noch weiter vertiefen - aus dem simplen Grunde, weil Hennings Thesen jetzt wissenschaftlich in der Diskussion stehen und die Pirenne-These weniger Bedeutung hat; schau dir zum Beispiel mal den Text zu Heribert Illigs Thesen in dem Lemma Erfundenes Mittelalter an, wie das da gemacht wurde. Also ich kann mir einen Absatz vorstellen, in dem Hennings neue Thesen als Gegenpol gekennzeichnet werden. Aber ich bitte dich, jetzt nicht mich dafür einspannen zu wollen, denn das würde bedeuten, das ich mich noch einmal sehr stark inhaltlich mit Piremnnes These auseinandersetzen müsste - und das kannst DU viel besser. Ich habe auch leider nicht die Zeit, UNSERE Diskussion über die fränkischen Heere und ihre Struktur in Artikelform zu gießen, sondern bin froh, wenn ich endlich mal mein Projekt "Tod des Bonifatius" abschließen würde - das Ergebnis der dortigen Diskussionen will ich nämlich veröffentlichen. Insofern beißt sich die Wikipedia-Voraussetzung, keine Primär-Forschung zu machen, nämlich in den Schwanz: Ich schreibe ein Lemma über ein bestimmtes Thema, stelle fest, dass der Inhalt so nicht stimmt, schreibe was dagegen und veröffentliche das; und anschließend füge ich das neue Ergebnis dann in das Lemma bei Wikipedia ein und gebe mich selbst als Beleg an....--Ruggero1 21:07, 9. Dez. 2009 (CET)[Beantworten]
Danke für den Hinweis auf die Veröffentlichung von Henning. Ich werde sie auf jeden Fall anschauen und, falls etwas speziell für diesen Artikel Einschlägiges dort zu finden ist, das hier einbauen. Allerdings ist zu beachten:
  • Dieser Artikel heißt "Pirenne-These" und nicht "Wirtschaftsgeschichte der Spätantike und des Frühmittelalters". Daher kann Henning nur ausgewertet werden, wenn er ausdrücklich auf Pirenne eingeht. Wenn er ohne Pirenne zu erwähnen nur Ergebnisse präsentiert, aus denen sich für die Plausibilität der Pirenne-These Folgerungen ergeben (können), er selbst diese Folgerungen aber nicht ausdrücklich benennt, dann darf seine Arbeit für diesen Artikel nicht verwertet werden. Dann wäre nämlich ich als Artikelautor derjenige, der folgert, und das ist nach WP:TF strikt verboten (auch und gerade dann, wenn man mit gutem Grund der Meinung sein kann, die betreffende Folgerung liege auf der Hand): Als Theoriefindung gelten ... auch eigene Interpretationen veröffentlichter Daten und Analysen.
  • Zu deiner Frage: Wieso sollte Henning (oder sonst irgendjemand außer uns beiden) auf die Pirenne-These eingehen, wenn sie unzutreffend ist?: Wie im Artikel dargelegt, besteht die Pirenne-These (im weiteren Sinn) aus verschiedenen Aussagen, von denen nur ein Teil heute als weitgehend widerlegt gilt. Wie im Artikel erwähnt, schrieb Moorhead noch 2001: ... the Pirenne thesis largely works. Man kann also nicht behaupten, das Thema sei definitiv abgehakt. Auf unzutreffende Thesen einzugehen ist grundsätzlich sehr sinnvoll, außer wenn sie so eindeutig endgültig erledigt sind, daß es keine Debatte mehr gibt und geben kann. Das ist bei der Pirenne-These so eindeutig nicht der Fall - und wenn es der Fall wäre, d.h. die Pirenne-These schon vor Hennings Arbeit definitiv nach einhelligem Forschungskonsens erledigt gewesen wäre, dann gäbe es auch keinen Grund, in diesem Artikel noch Hennings Ergebnisse zu erwähnen, sondern dann wäre nur über die Pirenne-Diskussion bis zu deren Abschluß zu berichten, unter rein wissenschaftshistorischem Aspekt.
  • zum beanstandeten Absatz Die Schwierigkeit des Problems und die lange Dauer der Debatte ist in erster Linie durch die sehr ungünstige Quellenlage bedingt. Frühmittelalterliche Autoren waren an ökonomischen Themen kaum interessiert und erwähnten sie nur beiläufig. Verstreute archäologische und numismatische Funde gestatten kaum beweiskräftige quantitative Aussagen. Die beiden ersten Sätze sind und bleiben auf jeden Fall in vollem Umfang wahr. Sofern spektakuläre, sehr umfangreiche archäologische Funde Hennings einen Grund zur Änderung des dritten Satzes bieten (nach Hennings eigener Einschätzung, nicht nach meiner), werde ich nach Lektüre seiner Arbeit umformulieren; diesbezüglich bitte ich um etwas Geduld. Der dritte Satz bezieht sich übrigens speziell auf Funde zum Mittelmeerhandel, nicht allgemein auf alle wirtschaftshistorisch relevanten Funde - es geht hier speziell um das Thema Mittelmeerhandel.
  • die Formulierungen im Artikel sind schon jetzt sehr eindeutig pirennekritisch. Noch drastischere Formulierung würde inhaltlich kaum etwas ändern, könnte aber beim unbefangenen Leser einen POV-Verdacht auslösen. Damit wäre niemandem gedient. Ich bemühe mich um eine ausgewogene Darstellung auch von Positionen, die sich nicht durchgesetzt haben. Nwabueze 21:21, 13. Dez. 2009 (CET)[Beantworten]

ICH würde auf jeden Fall eine Fußnote irgendwo anbringen, in der ich darauf hinweisen würde, dass Henning unter den gleichen Voraussetzungen zu ganz anderen Ergebnissen kommt, ohne auf die Pirenne-These einzugehen. So bin ich schon bei verschiedenen anderen Artikeln vorgegangen.- Aber jetzt warte ich erst einmal ab, wie du Hennings Artikel siehst. Wenn wir uns vor Weihnachten nicht mehr schreiben, wünsche ich dir schon jetzt ein schönes Fest und alles Gute für das neue Jahr 2010. --Ruggero1 01:18, 14. Dez. 2009 (CET)[Beantworten]

Danke, auch meinerseits beste Wünsche. Ich habe jetzt Hennings Aufsatz angeschaut. Für diesen Artikel bringt er rein gar nichts. Die Pirenne-These wird nicht erwähnt, und sein Thema ist nicht der Mittelmeerhandel, sondern wirtschaftliche Verhältnisse vorwiegend im Norden des Frankenreichs. Nur an einer Stelle könnte man einen Bezug zu Pirenne herstellen, S. 12: Recently chemical analysis has thrown doubt on whether the so-called Coptic bronze vessels found along the Rhine and across the Channel in the second half of the Merovingian period really were produced in the Byzantine Eastern Mediterranean. A local production in Italy or southern France for at least some of them has now been established. Das spricht nicht, wie von dir erwartet, gegen die Pirenne-These, sondern (wenn überhaupt relevant) für sie: in der späten Merowingerzeit Produktion im eigenen Land oder Import aus Italien statt Orienthandel, weil kein Mittelmeerhandel mehr. Aber auch das ist nicht verwertbar, denn Henning stellt keine Verbindung zur Pirenne-These her und wenn ich das selbst täte, wäre das ein klarer Fall von original research, was in Wikipedia strikt untersagt ist. Also insgesamt Fehlanzeige. Nwabueze 01:34, 14. Jan. 2010 (CET)[Beantworten]