Diskussion:Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums

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Politische Institution, nicht Amtstitel[Quelltext bearbeiten]

Derzeit läuft der Artikel noch unter den Namen "Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums", um über eine Amtsbezeichnung von Heinrich Himmler aufzuklären. In dem Artikel geht es allerdings um eine NS-Behörde, nicht primär um Himmlers Titel. In dieser Hinsicht reicht lediglich ein Hinweis, dass die Behörde von Himmler geleitet wurde und er diesen Titel trug. Ich plädiere eindeutig für eine Verschiebung nach "Reichskommissariat für die Festigung deutschen Volkstums", damit der Artikel einst ähnlich dem Stil wie beispielsweise der aktuell umfangreich überarbeitete Artikel über das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO) ausgebaut werden kann. Gruß, --T.M.L.-KuTV 02:39, 8. Nov. 2008 (CET)[Beantworten]

Ich muss widersprechen. Es gibt nichts, was sinnvoll als „Reichskommissariat für die Festigung deutschen Volkstums“ bezeichnet werden könnte. Oft hilft es, Originaldokumente zu lesen statt zu spekulieren. Im einschlägigen Führererlass (s.u.) lese ich, dass eine neue Aufgabe mit der Bezeichnung Festigung deutschen Volkstums auf verschiedenen Ebenen unterschiedlichen Behörden übertragen wird. Die Aufgaben einer Oberbehörde, ohne dass sie explizit so bezeichnet wäre, werden dem Reichsführer SS übertragen, der hier natürlich schon um der Logik Willen Behörde ist. Nirgends geht es um irgendeine natürliche Person, heiße sie Heini Himmler oder sonstwie, sondern ausschließlich um Behörden. Irgendeine materiell neue Behörde wird nirgends geschaffen, das Wort Reichskommissar erscheint auch noch nicht. Der Erlass ist andererseits typisch nazimäßig: Sehr unpräzise und großzügig, und weil's gerade opportun erscheint, kann der Reichsführer SS buchstäblich Hinz und Kunz Weisungen erteilen (Abs. II u. III). Letzteres gilt aber natürlich nur für diese Aufgabe. Daraus entsteht ganz unmittelbar die Notwendigkeit, dass der RFSS bei der Erfüllung dieser Aufgaben einen besonderen Hut aufsetzt. Der ergibt sich aus der Benennung der Aufgabe und, anstelle des heute gängigen Suffixes „-behörde“, dem im Reich schon länger gängigen „Reichskommissar“ als Grundwort: „Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums“. Ganz genauso wie heutzutage das Landratsamt, in manchen Bundesländern sogar noch „Der Landrat“ ganz persönlich, als „Straßenverkehrsbehörde“ daherkommt, wenn es/er unseren Führerschein will. Der Vorgang der Aufgabenübertragung selbst und die daraus resultierende Behördenbezeichnung ist also auch nach heutigen Maßstäben völlig normal.
Zu erledigen waren die übertragenen Aufgaben von den unterschiedlichsten Behörden, wie es bereits der Führererlass teilweise explizit festlegt (Abs. II u. III). Darüber hinaus wurden, ganz im Einklang mit der im Erlass ausgesprochenen Blankovollmacht, „zur Lösung regionaler Aufgaben … 1939-1944 Reichsstatthalter, Chefs von Zivilverwaltungen, Oberpräsidenten sowie Gauleiter und Höhere SS- und Polizeiführer zu Beauftragten des RKFV (insgesamt 33) ernannt“ [Informationen des Bundesarchivs zum Bestand R 49]. Nur „für die Leitung und Herausgabe der allgemeinen Anordnungen und Richtlinien und für die Durchführung bestimmter nur zentral zu erledigender Aufgaben“ wurde aus der bereits seit Juni 39 existierenden „Leitstelle für Ein- und Rückwanderung“ die „Dienststelle“ des RKFV geschaffen, die 1941 zum „Stabshauptamt“ wurde. Selbständige Behörden sind dies selbstverständlich ohnehin nicht. Außerdem wurden auch innerhalb der SS wesentliche Aufgaben des RKFV von anderen Hauptämtern bzw. deren nachgeordneten Dienststellen neben deren sonstigen Aufgaben erledigt. Dies betrifft insbesondere die Volksdeutsche Mittelstelle, die Himmler überhaupt erst aus Anlass dieser Aufgabenübertragung zugewiesen wurde und die erst im Juni 1941 ein Hauptamt der SS wurde, das Reichssicherheitshauptamt sowie das Rasse- und Siedlungshauptamt. „Die anderen SS-Hauptämter waren … nicht dem Stabshauptamt unterstellt, sondern galten als Dienststellen des RKFDV, soweit sie entsprechende Aufgaben erfüllten.“ [Hans Hermann Frensing: Die Umsiedlung der Gottscheer Deutschen. München : Oldenbourg, 1970 (Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission 24)]. Das „Stabshauptamt des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums“ als „Reichskommissariat für die Festigung deutschen Volkstums“ zu bezeichen, wie jetzt im Artikel, ist daher aus einer ganzen Reihe von Gründen schlicht falsch. Dies mag bei oberflächlicher Betrachtung zunächst als unwesentliche Verkürzung erscheinen. Das trifft nicht zu.
Ohne weiteres stimme ich der Absicht zu, diese Verhältnisse oder diese Organisation, wenn man hier zu einem solchen Wort greifen möchte, detailliert im Artikel zu beschreiben. Dabei ist in der Tat die Person Himmlers nur von mäßiger Bedeutung. Aber aus den oben angeführten Gründen sollte das sinnvollerweise unter dem bisherigen Lemma geschehen. Alternativ könnte man die Bezeichnung der Aufgabe „Festigung deutschen Volkstums“ statt der der Oberbehörde verwenden, was mir trotz überlegener Logik dieses Ansatzes aber insgesamt deutlich schlechter erscheint, da dieser Ausdruck alleine kaum gängig ist. Auf keinen Fall brauchbar ist allerdings der einleitende Text „Der RKFV war Heinrich Himmler.“ Außerdem habe ich gerade bei nochmaligem Überfliegen des Artikels gesehen, dass da einiger wirklich grober Blödsinn steht, den ich besser gleich beseitige. --Lax 07:08, 12. Mär. 2009 (CET)[Beantworten]

Der zugrundeliegende Erlass im Wortlaut[Quelltext bearbeiten]

Erlaß des Führers und Reichskanzlers zur Festigung deutschen Volkstums vom 7. Oktober 1939

Die Folgen von Versailles in Europa sind beseitigt. Damit hat das Großdeutsche Reich die Möglichkeit, deutsche Menschen, die bisher in der Fremde leben mußten, in seinem Raum aufzunehmen und anzusiedeln und innerhalb seiner Interessengrenzen die Siedlung der Volksgruppen so zu gestalten, daß bessere Trennungslinien zwischen ihnen erreicht werden. Die Durchführung dieser Aufgabe übertrage ich dem Reichsführer-SS nach folgenden Bestimmungen:

I. Dem Reichsführer-SS obliegt nach meinen Richtlinien:

1. die Zurückführung der für die endgültige Heimkehr in das Reich in Betracht kommenden Reichs- und Volksdeutschen im Ausland,
2. die Ausschaltung des schädigenden Einflusses von solchen volksfremden Bevölkerungsteilen, die eine Gefahr für das Reich und die deutsche Volksgemeinschaft bedeuten,
3. die Gestaltung neuer deutscher Siedlungsgebiete durch Umsiedlung, im besonderen durch Seßhaftmachung der aus dem Ausland heimkehrenden Reichs- und Volksdeutschen.

Der Reichsführer-SS ist ermächtigt, alle zur Durchführung dieser Obliegenheiten notwendigen allgemeinen Anordnungen und Verwaltungsmaßnahmen zu treffen.
Zur Erfüllung der ihm in Absatz 1 Nr. 2 gestellten Aufgaben kann der Reichsführer-SS den in Frage stehenden Bevölkerungsteilen bestimmte Wohngebiete zuweisen.

II. In den besetzten ehemals polnischen Gebieten führt der Verwaltungschef Ober-Ost die dem Reichsführer-SS übertragenen Aufgaben nach dessen allgemeinen Anordnungen aus. Der Verwaltungschef Ober-Ost und die nachgeordneten Verwaltungschefs der Militärbezirke tragen für die Durchführung die Verantwortung. Ihre Maßnahmen sind den Bedürfnissen der militärischen Führung anzupassen.
Personen, die zur Durchführung dieser Aufgaben mit Sonderaufträgen versehen sind, unterstehen insoweit nicht der Wehrmachtsgerichtsbarkeit.

III. Die dem Reichsführer-SS übertragenen Aufgaben werden, soweit es sich um die Neubildung deutschen Bauerntums handelt, von dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft nach den allgemeinen Anordnungen des Reichsführers-SS durchgeführt.
Im übrigen bedient sich im Gebiete des Deutschen Reichs der Reichsführer-SS zur Durchführung seines Auftrages der vorhandenen Behörden und Einrichtungen des Reichs, der Länder und der Gemeinden sowie der sonstigen öffentlichen Körperschaften und der bestehenden Siedlungsgesellschaften.
Falls über eine zu treffende Maßnahme zwischen dem Reichsführer-SS einerseits und der zuständigen obersten Reichsbehörde – im Operationsgebiet dem Oberbefehlshaber des Heeres – eine nach Gesetzgebung und Verwaltungsorganisation erforderliche Einigung nicht erzielt werden sollte, ist meine Entscheidung durch den Reichsminister und Chef der Reichskanzlei einzuholen.

IV. Verhandlungen mit ausländischen Regierungsstellen und Behörden sowie mit den Volksdeutschen, solange sich diese noch im Auslande befinden, sind im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Auswärtigen zu führen.

V. Sofern für die Seßhaftmachung zurückkehrender Reichs- oder Volksdeutscher Grund und Boden im Gebiet des Reichs benötigt wird, so finden für die Beschaffung des benötigten Landes das Gesetz über die Landbeschaffung für Zwecke der Wehrmacht vom 29. März 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 467) und die zu ihm ergangenen Durchführungsverordnungen entsprechende Anwendung. Die Aufgaben der Reichsstelle für Landbeschaffung übernimmt die vom Reichsführer-SS bestimmte Stelle.

VI. Die zur Durchführung der Maßnahmen erforderlichen Mittel stellt der Reichsminister der Finanzen dem Reichsführer-SS zur Verfügung.

Berlin, 7. Oktober 1939

Der Führer und Reichskanzler
gez. Adolf Hitler

Der Vorsitzende des Ministerrats für die Reichsverteidigung
gez. Göring
Generalfeldmarschall

Der Reichsminister und Chef der Reichskanzlei
gez. Dr. Lammers

Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht
gez. Keitel


Fundstellen:

  • Berlin : Bundesarchiv (R 43 II/604, fol. 27-28)
  • Dokument 12. In: Martin Moll (Hrsg.): „Führer-Erlasse“ 1939-1945. Stuttgart : Steiner, 1997, S. 100-102
  • Beweisdokument 686-PS. In: Lawrence D. Egbert (Hrsg.); Paul A. Joosten (Hrsg.): Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof. Bd. 26 : Urkunden und anderes Beweismaterial: Nummer 405-PS bis Nummer 1063(d)-PS. Nürnberg : Internat. Militärgerichtshof, 1947, S. 255-257

Der Erlass wurde zum Entstehungszeitpunkt im Übrigen nur inoffiziell veröffentlicht (d.h. in keinem Gesetz- oder Amtsblatt) und dabei nur gekürzt wiedergegeben. --Lax 07:08, 12. Mär. 2009 (CET)[Beantworten]

auf die Dissertation von Alexa Stiller: Die Politik des Reichskommissars für die Festigung des deutschen Volkstums und der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung in den annektierten Gebieten. 1500 Seiten, soll als Buch 2022 erscheinen. Heute im Zoom-Vortrag des IfZ als künftiges Standardwerk hochgelobt, enthält auch vergeichende Angaben zu slowenischen Gebieten und dem Elsass. --H.Parai (Diskussion) 20:09, 30. Nov. 2021 (CET)[Beantworten]