Evangelische Stadtkirche Walldorf

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Evangelische Stadtkirche Walldorf
Ansicht von Osten

Die Evangelische Stadtkirche Walldorf wurde in den Jahren 1858 bis 1861 im neugotischen Stil erbaut. Als weithin sichtbares Bauwerk steht sie im Zentrum von Walldorf, einer Stadt im Rhein-Neckar-Kreis in Baden-Württemberg.

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Mitte des vorigen Jahrhunderts fand die Gotik im Kirchenbau eine neue Beachtung. Sie entsprach dem damaligen religiösen Gefühl. Aus diesem kulturellen und religiösen Zeitgeist entwickelte sich auch die Konzeption für eine neugotische Kirche in Walldorf. Der neugotische Stil ist streng und mit einheitlicher Klarheit durchgeführt. Die architektonische Harmonie ist trotz verschiedener Renovierungen bis heute erhalten geblieben.

Die Kirche ist eine nach Osten ausgerichtete dreischiffige Hallenkirche mit erhöhten Chor.

Dieser ist in der Farbgebung und Ornamentik am reichhaltigsten ausgestaltet. Typisch für den gotischen Baustil ist der in die Höhe strebende Raum mit den mächtigen langgestreckten Säulen, die ein Bogengewölbe tragen, das mit kreuzförmigen Rippen durchzogen ist. Das gotische Gewölbe ruht auf 12 Säulen. Die Kapitelle sind mit Akanthusornamenten versehen. Das Säulenkapitell bildet den homogenen Übergang von den Bündelpfeilern zu den Kreuzrippen des Gewölbes. Die Kreuzrippen streben auf einen Schlussstein zu, der mit Ornamenten bemalt ist. Die hohen Wandflächen sind von großen hellen Maßwerkfenstern durchbrochen, die sich nach oben in einem für die Gotik typischen Spitzbogen verjüngen. In den Spitzbögen wurden die Fenster mit farbigen figürlichen Motiven ausgestaltet.

Nur das Mittelfenster im Altarraum ist als Blindfenster mit einem Gemälde versehen. Das Gemälde mit der Darstellung „Christus am Kreuz“ stammt von dem Maler Joseph Anton Nikolaus Settegast aus der Gründungszeit der Kirche. Die hohen Fenster machen die Kirche zu einem lichterfüllten Raum. Das Spitzbogenmuster der Fenster ist als Gestaltungselement unter anderem am Altar, am Taufstein, an der Kanzel und an den Stirnseiten der Bänke weitergeführt worden.

Der 58 m hohe Kirchturm bestimmt noch heute zusammen mit dem Turm der katholischen Kirche St. Peter die Silhouette der Stadt. Der von weit her sichtbare neugotische Bau hat das Freiburger Münster zum Vorbild. Wie in Freiburg setzen sich die vielfach gestuften Strebepfeiler nach oben hin in Fialen fort. Ein weiteres typisches gotisches Bauelement sind die Ziergiebel und die acht offenen spitzbogigen Turmfenster. Die Turmspitze krönt seit einigen Jahren wieder eine Kreuzblume, die bei der Renovierung des Turms 2007–2008 nach alter Vorlage rekonstruiert wurde. In architektonischer Eleganz erstreckt sich der Turm von einem Viereckgrundriss hin zu einem Achteck im Turmhelm.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orgel der Stadtkirche wurde 1967 von der Orgelbaufirma G. F. Steinmeyer & Co. aus Oettingen in Bayern gebaut. Das Instrument hat 35 Register, verteilt auf drei Manuale und Pedal. Sie wurde im Neobarocken Stil gebaut. Die Orgel hat folgende Disposition:

I. Rückpositiv C–g3
1. Grobgedackt 8′
2. Kleinprinzipal 4′
3. Rohrflöte 4′
4. Sesquialtera 223′ + 135
5. Sifflöte 2′
6. Blockflöte 1′
7. Scharff 5-fach 1′
8. Cromorne 8′
Tremulant
II. Hauptwerk C–g3
9. Gedecktpommer 16′
10. Prinzipal 8′
11. Harfpfeife 8′
12. Oktave 4′
13. Spitzflöte 4′
14. Quinte 223
15. Prinzipal 2'
16. Mixtur 6-fach 113
17. Trompete 8′
III. Brustwerk (schwellbar) C–g3
18. Metallflöte 8′
19. Nachthorn 4′
20. Schweizerpfeife 2′
21. Gemsquinte 113
22. Carrilon 3-fach 223′, 135′, 1′
23. Zimbel 4-fach 23
24. Hautbois 8′
25. Clairon 4′
26. Glockenspiel
Tremulant
Pedal C–f1
27. Prinzipalbass 16′
28. Subbass 16′
29. Oktavbass 8′
30. Gedecktbass 8′
31. Dolkan 4′
32. Hintersatz 5-fach 223
33. Posaune 16′
34. Trompete 8′
35. Clairon 4′
  • Koppeln: I/II, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
  • Spielhilfen: Schwelltritt für 3. Manual, Crescendo-Tritt, 2 freie Kombinationen, 1 freie Pedalkombination, Koppeln als Fußpistons und Registerschalter

Orgel von 1861 bis 1965[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Braun-Orgel

Das Vorgängerinstrument von Martin Braun hatte folgende Disposition:

I. Hauptwerk C–g3
1. Bourdon 16′
2. Prinzipal 8′
3. Prinzipalflöte 8′
4. Viola di Gamba 8′
5. Oktave 4′
6. Hohlflöte 4′
7. Waldflöte 2′
8. Cornett 3-5-fach 8′
9. Mixtur 223
II. Oberwerk C–g3
10. Geigenprinzipal 8′
11. Salizional 8′
12. Flauto d' amour 8′
13. Flauto traverso 4′
14. Dulzian 4′
Pedal C–d1
15. Violinbass 16′
16. Subbass 16′
17. Oktavbass 8′
18. Violoncello 8′
  • Koppeln: 2
  • Ladensystem: Springladen
  • Spielanlage seitlich

Diese Orgel wurde im Jahre 1909 von der Orgelbaufirma G. F. Steinmeyer & Co. grundlegend umgebaut. Nach diesem Umbau hatte sie folgende Disposition:

I. Hauptwerk C–g3
1. Bourdon 16′
2. Prinzipal 8′
3. Flöte 8′
4. Viola di Gamba 8′
5. Oktav 4′
6. Hohlflöte 4′
7. Cornett 8'
8. Mixtur 2′
9. Trompete 8'
II. Schwellwerk C–g3
10. Prinzipal 8′
11. Salizional 8′
12. Flauto amabile 8′
13. Aeoline 8′
14. Vox coelestis 8′
15. Oktave 4′
16. Traversflöte 4′
17. Sesquialter 223
18. Waldflöte 2′
Pedal C–d1
19. Violin 16′
20. Subbass 16′
21. Zartbass 16′
22. Oktavbass 8′
23. Violoncello 8′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, I/P, II/P
    • Suboktavkoppel: II/I 16′
    • Superoktavkoppel: II/I 4′
  • Kombinationen: P.F.FF.0
  • Crescendowalze

Diese Orgel wurde 1950 von der Firma E.F.Walcker aus Ludwigsburg noch einmal umgebaut und dem Neobarock angepasst. Sie hatte nun folgende Disposition:

I. Hauptwerk C–g3
1. Bourdon 16′
2. Prinzipal 8′
3. Flöte 8′
4. Oktav 4′
5. Kleingedeckt 4′
6. Waldflöte 2′
7. Mixtur 4-6-fach
8. Cimbel 3-fach
9. Trompete 8′
II. Schwellwerk C–g3
10. Engprinzipal 8′
11. Salizional 8′
12. Vox coelestis 8′
13. Lieblich Gedackt 8′
14. Weitprinzipal 4′
15. Rohrflöte 4′
16. Nasard 223
17. Sesquialter 2-fach 223
18. Oktave 2′
Pedal C–d1
19. Violinbass 16′
20. Subbass 16′
21. Zartbass 16′
22. Oktavbass 8′
23. Choralbass 4′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, I/P, II/P
    • Suboktavkoppel: II/I 16′
    • Superoktavkoppel: II/I 4′
  • Crescendowalze

1967 musste sie nach 106 Jahren in der Stadtkirche der jetzigen Orgel weichen. Es wurde kein Pfeifenmaterial aus der alten Orgel in den Neubau übernommen. Der Verbleib der Braun-Orgel ist unbekannt.

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Glockengeläut der Stadtkirche wurde 2007 in der Glockengießerei Bachert in Karlsruhe als Ersatz für die Gussstahlglocken von 1949 gegossen. Es besteht aus vier Glocken:[1]

Glocke Name Gewicht Durchmesser Schlagton Inschrift
1 Rogate ≈1200 kg 1270 mm e1 „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir.“ (Psalm 130,1)
2 Laudate ≈ 700 kg 1060 mm g1 „Lobe den Herrn, meine Seele“ (Psalm 103,1)
3 Cantate ≈ 500 kg 0940 mm a1 „Cantate – Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“ (Psalm 98,1)
4 Jubilate ≈ 350 kg 0790 mm c2 „Jauchzet Gott, alle Lande! Lobsinget zur Ehre seines Namens; rühmet ihn herrlich!“ (Ps 66,1.2)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Evangelische Stadtkirche Walldorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Nachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Glocken der Evangelischen Stadtkirche Walldorf auf der Website der Evangelischen Kirchengemeinde

Koordinaten: 49° 18′ 12,2″ N, 8° 38′ 34,7″ O