Finnensiedlung

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Häuser der Finnensiedlung

Die Finnensiedlung ist eine denkmalgeschützte Wohnsiedlung in Köln-Höhenhaus an der Ortsgrenze zu Köln-Dünwnald in unmittelbarer Nähe des Dünnwalder Waldes. Die vollständig als Holzfertighaussiedlung ausgeführte Kölner Wohnanlage entstand ab 1942 und umfasst 158 Holzhäuser.

Geschichte

Die lokale Quellenlage zur Finnensiedlung in Köln-Höhenhaus gilt als schlecht. Schriftliche Dokumente waren bereits in den 1980er Jahren nicht mehr greifbar, Befragungen von Anwohnern, stilistische Einschätzungen und der eingebürgerte Namen der Siedlung bildeten die Grundlage für mehrere Versionen ihrer Gründung.

Nach einer Version gelangten die Baumaterialien zur Errichtung der Siedlung während des Zweiten Weltkriegs aus Finnland nach Köln. Es wird berichtet, dass sie ein Geschenk der finnischen Reichsregierung für die Hilfe der deutschen SS während des finnisch-norwegischen Krieges 1939/40 gewesen sind.[1] Tatsächlich hielt sich das Deutsche Reich aufgrund des Hitler-Stalin-Pakts aber mit Hilfen zu Gunsten von Finnland in deren Winterkrieg 1939/40 mit der Sowjetunion zurück. Erst in dem sogenannten Fortsetzungskrieg versuchte Finnland mit deutscher Unterstützung, zuvor an die UdSSR verlorene Gebiete zurückzugewinnen. Am 26. Juni 1944, also in der Zeit der Siedlungsbegründung, wurde mit dem Ryti-Ribbentrop-Vertrag zwischen der Republik Finnland und dem Deutschen Reich de facto ein Militärbündnis geschlossen, das aber letztlich nicht mehr vollzogen wurde. Gesicherte Belege für den Transport einer solchen Menge Baumaterials in den Jahren 1943/44 von Finnland nach Deutschland konnten bislang nicht gefunden werden. Ebenso wenig gibt es Beweise für die gelegentlich vertretene Ansicht, der Gesamtgrundriss solle an die Form eines Finnendolchs erinnern.[1]

Gesichert ist, das die Siedlung ab 1942[2] als Hilfe für in der Kölner Altstadt ausgebombte Familien unter dem Stichnamen „Neue Heimat“[3] entstand. Zur Ausführung der Arbeiten wurden dabei, möglicherweise über die Deutsche Arbeitsfront (DAF), Zwangsarbeiter herangezogen. Belegt ist, dass seit ca. 1942/43 etwa 30 Häftlinge der sogenannten „SS-Baubrigade III“, die im Messelager in Deutz untergebracht waren, beim Bau eingesetzt wurden.[4] Die DAF trat nach 1940 mehrfach als Bauherr rechtsrheinischer Kölner Wohnanlagen im Sinne von Hitlers „Sozialem Wohnungsbau“ auf.[5]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Bauten im Wege der Selbsthilfe von Bombengeschädigten und Kriegsheimkehrern, aber auch durch Firmen fertiggestellt. Eigentümer war die „Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft Rheinland“; inzwischen befinden sich aber alle Objekte in Privatbesitz.

In der weitgehend noch geschlossen erhaltenen Siedlung (nur zwei Häuser brannten in den 1950er Jahren und 1986 ab) finden vereinzelt Fernsehdreharbeiten statt.

Baubeschreibung

Die unterkellerten Doppelhäuser wurden auf Grundstücken von etwa 400 m² Größe errichtet. Die traufständigen Bauten sind mit einem Satteldach nebst Dachgaupe gedeckt und verfügten im Innern ursprünglich nicht über ein Bad, sondern lediglich eine Waschküche im Keller. Der Holzaufbau besteht aus dunkel gebeiztem Holz, das ihm in Verbindung mit den weiß abgesetzten Tür- und Fensteröffnungen ein skandinavisches[6] Aussehen verlieh. Insbesondere seit ihrer Veräußerung erfuhren die Wohnhäuser Modernisierungen der Sanitäranlagen, Fenster und Türen.

Sonstiges

Die Siedlung steht entwicklungsgeschichtlich in einer Reihe mit weiteren 50 Finnensiedlungen oder Finnenhaussiedlungen in Deutschland und Österreich[7][8]. In heutigen Kölner Stadtgebiet befindet sich eine ähnliche vollständig als Holzhaussiedlung ausgeführte Wohnanlage im Stadtteil Zündorf (für die Angehörigen der Firma Aerostahl, daher auch Luftwaffensiedlung genannt). Diese wurde in den Jahren 1941 bis 1943 erbaut und umfasste ursprünglich 40 Doppelhaushälften in den Straßen Kinkelsmaarweg und Kirschweg. Sie wurden 1969 durch die Bundesvermögensstelle Wahn an die Mieter verkauft. Die meisten Häuser dieser Schwarzen Siedlung wurden später verklinkert oder verkleidet, sodass der ursprüngliche Siedlungscharakter heute weitergehend verloren gegangen ist. Weitere Siedlungen in Köln wurden in Rath (für Reichsbahner) und in Junkersdorf errichtet[8].

Literatur

  • Werner Heinen, Anne-Marie Pfeffer: Köln: Siedlungen 1888-1988. (=Stadtspuren. Denkmäler in Köln. Band 10.1) J. P. Bachem, Köln 1988, ISBN 3-7616-0929-9, S. 292, 298–300.
  • Werner Heinen: Die Kölner Siedlungen. In: Köln-seine Bauten 1928-1988. Hrsg. vom Architekten- und Ingenieurverein Köln e.V. von 1875 in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Köln, J. P. Bachem Verlag, Köln 1991, ISBN 3-7616-1074-2, S. 372.
  • Kemp, Alfred: Köln-Höhenhaus zwischen damals und gestern. Cramer, Köln 1996, Neuauflage 2007, S. 6.
  • Hiltrud Kier, Karen Lieserfeld, Horst Matzerath (Hrsg.): Architektur der 30er/40er Jahre in Köln. Materialien zur Baugeschichte im Nationalsozialismus. (= Schriften des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln. Band 5). Emons Verlag. Köln 1998. ISBN 3-89705-103-6
  • Henriette Meynen (Historische Texte): Denkmälerverzeichnis. 12.7 Köln Stadtbezirk 9 (Mülheim) Hrsg. Landeskonservator Rheinland, Rheinland Verlag, Köln 1979, ISBN 3-7927-0461-7, S. 68.
  • Spiertz, Willi: „Wir haben Ball gespielt und hatten keinen Ball“. Die Nachkriegszeit in Köln am Beispiel der Höhenhauser Finnenhaussiedlung Neue Heimat mit Erinnerungen von ZeitzeugInnen, Berlin 2012
  • Jürgen Wilhelm: Das grosse Köln Lexikon. (=Beiträge zur kölnischen Geschichte, Sprache und Eigenart. Heimatverein Alt-Köln, Band 77) Greven Verlag, Köln 2005, ISBN 3-7743-0355-X, S. 211.

Einzelnachweise

  1. a b Werner Heinen, Anne-Marie Pfeffer: Köln: Siedlungen 1888-1988. (=Stadtspuren. Denkmäler in Köln. Band 10.1) J. P. Bachem, Köln 1988, ISBN 3-7616-0929-9, S. 298.
  2. Kier, Lieserfeld, Matzerath (Hrsg.): Architektur der 30er und 40er Jahre, S. 454 f.
  3. Henriette Meynen (Historische Texte): Denkmälerverzeichnis. 12.7 Köln Stadtbezirk 9 (Mülheim) Hrsg. Landeskonservator Rheinland, Rheinland Verlag, Köln 1979, ISBN 3-7927-0461-7, S. 68.
  4. Kier, Lieserfeld, Matzerath (Hrsg.): Architektur der 30er und 40er Jahre, S. 455
  5. Werner Heinen: Die Kölner Siedlungen. In: Köln-seine Bauten 1928-1988. Hrsg. vom Architekten- und Ingenieurverein Köln e.V. von 1875 in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Köln, J. P. Bachem Verlag, Köln 1991, ISBN 3-7616-1074-2, S. 372.
  6. http://www.ksta.de/servlet/OriginalContentServer?pagename=ksta/ksArtikel/Druckfassung&aid=1082385795605@1@2Vorlage:Toter Link/www.ksta.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  7. Jörg Niendorf zur Geschichte finnischer Fertigsiedlungen in Deutschland auf FAZ.Net.
  8. a b Finnensiedlung in Höhenhaus. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. (Abgerufen: 24. Januar 2019)

Weblinks

Commons: Finnensiedlung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Koordinaten: 50° 59′ 33,6″ N, 7° 2′ 31,2″ O