Fly-by-light

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Fly-by-light, (dt. etwa Fliegen mittels Licht) ist eine optoelektronische, elektromechanische Steuerungstechnik für Luftfahrzeuge.

In der Luftfahrt sollen statt elektrischer Signale über Kupferleitungen, wie bei den üblichen Fly-by-wire-Steuerungen, Lichtsignale über Lichtleiter (Glasfaserkabel) zur Übermittlung von Messwerten und Steuerbefehlen benutzt werden. Lediglich innerhalb der Sensoren, Aktuatoren und Rechner werden herkömmliche elektrische Signale gegeben. Der Datentransport über größere Strecken geschieht jedoch über Lichtleiter. Vorteile sind das verringerte Kabelgewicht und die Unempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Störeinflüssen, z. B. EMP-Waffen, Funktechnik, Mobiltelefone.[1] Nachteil ist das zusätzliche Gewicht der optisch / elektrischen Wandler, daher wird dieses Prinzip z. B. beim Airbus A380 nicht eingesetzt. Fly-by-Light etabliert sich jedoch bei militärischen Flugzeugen (Northrop B-2, Kawasaki P-1), weil es besonders störsicher ist. In der Luftfahrtindustrie wird Fly-by-light als Wachstumsmarkt betrachtet.[2]

Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1990 wurde zwischen der NASA und dem US-amerikanischen Flugzeugbauer McDonnell Douglas Corp. ein Vertrag abgeschlossen, wonach die Einführung und Zertifizierung von in den Vereinigten Staaten hergestellten Fly-by-light-Systemen in Frachtflugzeugen unterstützt werden soll. Allerdings wurden die Einsatzgebiete dieser Technologie nicht nur im Flugzeugbau gesehen, sondern auch in anderen Bereichen der US-amerikanischen Wirtschaft. Neben McDonnell Douglas haben weitere Organisationen technologische Beiträge geleistet, nämlich das System and Research Center und die Space Systems Group von Honeywell, Electromagnetic Applications (EMA), sowie die Johns Hopkins University.[3]

Am 30. März 1993 ist ein US-Patent erteilt worden, wonach es dem Piloten ermöglicht wird, durch ein Fly-by-light-System die Steuerung des Autopiloten zu korrigieren.[4]

1995/1996 hat McDonnell Douglas das Entwicklungsprogramm Fly-By-Light Advanced System Hardware (FLASH) vorgestellt, um ein Fly-by-light-System der Flugsteuerung für militärische und kommerzielle Flugzeuge (Dual Use) zu entwickeln. Dabei wurden eine primäre Flugsteuerung zur Regelung der Fluglage und ein System der Trimmung durch Fly-by-light demonstriert.[5][6]

Luftschiff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Fahrt des Sentinel 1000-Luftschiffs mit einem Fly-by-light-Steuerungssystem erfolgte am 26. Juni 1991.[7]

Versuchshubschrauber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 2002 wird beim DLR Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig ein Forschungs- und Versuchshubschrauber betrieben, bei dem die mechanische Steuerung entfernt und durch eine elektrische/optische Steuerung mit voller Autorität ersetzt worden ist. Dieser Hubschrauber basiert auf dem Eurocopter des Typs 135. Die digitale optische Signalübertragung hat drei wesentliche Vorteile: Hohe Immunität gegen elektromagnetische Störungen, sichere Übertragung großer Datenmengen und ein geringeres Gewicht im Vergleich zu herkömmlichen Steuerungen.[8] Der Erstflug war im Januar 2002.[9] Der Versuchshubschrauber ist seit Jahren als Technologiedemonstrator im Einsatz.[10] Er wurde auch auf der ILA Berlin 2014 ausgestellt.[11]

ATTAS[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1985 bis 2012 war beim DLR das Advanced Technologies Testing Aircraft System (ATTAS) eingesetzt. Dieses Forschungsflugzeug basiert auf dem Verkehrsflugzeug VFW 614, einem Kurzstreckenverkehrsflugzeug für bis zu 44 Passagiere. Das ATTAS war mit einer Flugversuchsausrüstung versehen, das ein elektrohydraulisches Flugsteuerungssystem in Duplex-Auslegung (Fly-by-wire/Fly-by-light) umfasste.[12]

Aktueller Stand der Technik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September 2007 hatte die Kawasaki XP-1, ein Aufklärungsflugzeug, ihren Erstflug. Die XP-1 gilt weltweit als erstes Flugzeug[13], das mit einer Fly-by-light-Steuerung ausgerüstet ist.[14] Daneben hat Japan das Kampfflugzeug ATD-X als Technologiedemonstrator mit Fly-by-light in der Erprobung, der Erstflug fand 2014 statt.[15] Andere Länder, wie beispielsweise Indien, sind an einer ebenfalls militärischen Nutzung dieses Systems interessiert.[16] Indien hat ein eigenes Kampfflugzeug, das Advanced Multirole Combat Aircraft (AMCA), in der Entwicklung. Ein Modell ist 2013 auf der Aero India in Bengaluru ausgestellt worden. Das AMCA soll mit der neuen Steuerungstechnik ausgerüstet werden.[17]

2008 wurde Fly-by-light in einem Geschäftsflugzeug von Gulfstream Aerospace während eines 75 Minuten dauernden Fluges erfolgreich getestet.[18] In der neuen Boeing 737, deren Modernisierung 2011 begann, ist die geplante Fly-by-wire-Steuerung durch Fly-by-light ersetzt worden.[19]

Im Dezember 2014 wurde ein Aerospace Information Report veröffentlicht, der auf die Fly-by-light-Technologie zur Steuerung hydraulisch betriebener Flugaktuatoren hinweist. Dieser Bericht präsentiert und diskutiert Ansätze für entsprechende Standards in der Luftfahrt.[20] Die Technologie des Fly-by-light wird auch in kleinen Drohnen eingesetzt.[21]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Right Now – Falling by Wire, Falling by Light. In: harvardmagazine.com. Abgerufen am 25. August 2015.
  2. GKN buys Fokker for £500m to bolster aerospace business. Abgerufen am 25. August 2015.
  3. Fly-by-Light Technology Development Plan. (PDF) NASA, 30. August 1990, abgerufen am 25. August 2015.
  4. Patent US5197697A: Fly by wire/fly by light control system with manual override. Angemeldet am 8. Februar 1991, veröffentlicht am 30. März 1993, Anmelder: Rockwell International Corp, Erfinder: Woon Lyloc, David C. Pattison.
  5. J.R. Todd: Fly-by-light flight control system development for transport aircraft. In: , 15th AIAA/IEEE Digital Avionics Systems Conference, 1996. 1. Oktober 1996, S. 153–158, doi:10.1109/DASC.1996.559149 (online [abgerufen am 25. August 2015]).
  6. Don J. Halski: Fly-by-light flight control systems. Band 2467, 1. Januar 1995, S. 34–45, doi:10.1117/12.210092.
  7. New Westinghouse Airship Designed For Early Warning, Surveillance Missions; Aviation Week and Space Technology; Ausgabe vom 8. Juni 1991 Seite 24 und 25; (online hinter Anmeldeschranke im Archiv von Aviation.com); abgerufen am 15. Oktober 2016.
  8. Mario Hamers: FHS – Ein Fly-By-Light Versuchshubschrauber. (PDF) Abgerufen am 25. August 2015.
  9. Reed Business Information Limited: Fly-by-light EC135 helicopter makes first flight – 2/5/2002 – Flight Global. In: www.flightglobal.com. Abgerufen am 25. August 2015.
  10. Zehn Jahre Fliegender-Hubschrauber-Simulator (FHS), zehn Jahre sein Steuermann: Testpilot Uwe Göhmann im Interview. (online [abgerufen am 25. August 2015]).
  11. Aerosieger: ILA Berlin 2014: Attraktionen und Anreise-Infos für Besucher. Abgerufen am 25. August 2015.
  12. Deutsches Museum: Deutsches Museum: VFW 614 / ATTAS. In: www.deutsches-museum.de. Abgerufen am 25. August 2015.
  13. Japan modernisiert seine Armee mit Aufklärungsflugzeug P-1. Abgerufen am 25. August 2015.
  14. 'Fly by light' Japanese maritime patrol A/C | Wings Over New Zealand. In: rnzaf.proboards.com. Abgerufen am 25. August 2015.
  15. News Desk: Japan’s stealth fighter demonstrator on schedule for first flight this Year | Defense Update:. Abgerufen am 25. August 2015.
  16. Why relations with Japan are important. Abgerufen am 25. August 2015.
  17. Indian ‘Home-Grown’ AMCA, An Alternative To FGFA. Abgerufen am 25. August 2015.
  18. Gulfstream Demonstrates Fly-By-Light Aircraft Control System. In: www.deagel.com. Abgerufen am 25. August 2015.
  19. Boeing 737 replacement will offer choice of two engines (FlightBlogger). Abgerufen am 25. August 2015.
  20. AIR4982A: Aerospace Fly-by-Light Actuation Systems – SAE International. In: standards.sae.org. Abgerufen am 25. August 2015.
  21. Coming U.S. Policy Change Will Free Small Drone Exports. Abgerufen am 25. August 2015.