Huthügel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Huthügel
Häuschenhügel
Huthügel (Thüringen)
Huthügel (Thüringen)
Koordinaten 51° 20′ 12″ N, 11° 21′ 26,6″ OKoordinaten: 51° 20′ 12″ N, 11° 21′ 26,6″ O
Ort Kalbsrieth, Thüringen, Deutschland
Entstehung Jungsteinzeit

Der Huthügel (auch Häuschenhügel genannt) ist ein Grabhügel der endneolithischen Schnurkeramischen Kultur (2800–2200 v. Chr.) bei Kalbsrieth im Kyffhäuserkreis, Thüringen. 1901 erfolgte eine archäologische Grabung unter Leitung des Archäologen Armin Möller (1865–1938), die 1912 publiziert wurde. Die Funde aus dem Hügel befinden sich heute im Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens in Weimar (Inventar-Nr. H 2040–2045).[1]

Der Hügel befindet sich 1,3 km ostsüdöstlich von Kalbsrieth auf erhöhtem Gelände direkt an einem Feldweg. 800 m südlich befindet sich mit dem Derfflinger Hügel ein weiterer Grabhügel. Dieser wurde über mehrere Jahrtausende hinweg als Begräbnisstätte genutzt, darunter ebenfalls von Angehörigen der Schnurkeramischen Kultur.[2] Weitere schnurkeramische Bestattungen wurden an mindestens fünf Stellen in der näheren Umgebung entdeckt: Auf dem Flurstück „In der Loh“ 3 km ostsüdöstlich von Kalbsrieth, südöstlich am Weg nach Schönewerda, 2,5 km südöstlich des Orts in der Kiesgrube Klasing am Rabenhüttenhügel, in einer weiteren Kiesgrube zwischen Kalbsrieth und Schönewerda und in einer östlich am Weg nach Artern gelegenen Kiesgrube.[3] Von mehreren Stellen auf dem Gemeindegebiet stammen zudem noch Einzelfunde.[4]

Der Name des Hügels geht wahrscheinlich auf eine kleine Hütte zurück, die ein Schäfer dort errichtet hatte und deren Überreste Möller bei seiner Untersuchung des Hügels ausmachen konnte.[5]

Forschungsgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwischen Juli und Oktober 1901 führte Armin Möller, Kustos des Stadtmuseums Weimar, sechs Wochen lang umfangreiche Grabungen am benachbarten Derfflinger Hügel durch und untersuchte bei dieser Gelegenheit auch den Huthügel. Beide Grabungen wurden 1912 publiziert.[6]

Querschnitt des Hügels

Der Untergrund unter dem Hügel besteht aus mit Sand und Kalkstein durchsetztem Humus. In etwa 40 cm Tiefe beginnt eine Kiesschicht. Die Hügelschüttung besteht aus dem gleichen Material wie die umgebende Erde. Zwischen der natürlich anstehenden Erdschicht und der Hügelschüttung verläuft eine dunkler gefärbte Schicht.[7]

Im Zuge der Separation im 19. Jahrhundert waren die Ränder des Hügels mit Ausnahme der Südseite beschnitten worden, sodass er nun einen annähernd quadratischen Grundriss mit einer Länge von 27 m und einer Breite von 26,15 m hat. Der Materialabtrag dürfte aber nur gering gewesen sein und der einstige Durchmesser des ursprünglich runden Hügels dürfte seine heutigen Maße nicht wesentlich überschritten haben. Die Höhe des Hügels beträgt heute 2,55 m. Die Oberfläche ist stark unregelmäßig. Größere künstliche Eingriffe konnten von Möller (mit Ausnahme einer möglichen Nachbestattung und der Hütte) nicht festgestellt werden.[8]

Funde und Befunde

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Funde aus dem Hügel. 20–21: Pfeilspitzen, 20a–21a: Pfeilspitzen in Vergrößerung, 22: Becher mit Schnurverzierung, 23: facettierte Axt, 24: Tasse aus einer Nachbestattung

Im Zentrum des Hügels befand sich die ursprüngliche Bestattung. In den anstehenden Boden war eine ovale, ost-westlich orientierte Grube mit einer Tiefe von 55 cm und annähernd senkrechten Wänden eingetieft worden. Einfassungen oder Einbauten aus Stein waren nicht vorhanden. Der Tote lag in Hockerstellung auf der linken Seite; der Kopf zeigte nach Westen. Eine genauere Untersuchung des Skeletts fand nicht statt, da es trotz Sicherung durch Säcke und Erde in der Nacht nach seiner Aufdeckung „von Bubenhänden“ zerstört wurde. Die einzigen unmittelbar am Skelett gefundenen Grabbeigaben waren zwei dreieckige Pfeilspitzen, die zwischen den Knien und dem rechten Ellenbogen lagen.[9]

4,5 m östlich des Grabes wurde auf Bodenhöhe ein Steinblock aus Kohlenquarzit mit einer Länge von 90 cm, einer Breite von 55 cm und einer Dicke von 30 cm entdeckt. Direkt darunter lag eine facettierte Axt aus graugrünem Serpentin. Sie hatte eine Länge von 17,3 cm, eine Breite von 5,1 cm und eine Dicke von 4,3 cm.[10]

3,75 m westlich des Grabes lag ebenfalls auf Bodenhöhe ein weiterer Stein. Es handelte sich um eine Sandsteinplatte mit einer Länge von 55 cm und einer Dicke von 25 cm. Unter ihr stand in einer kleinen Grube ein Becher mit Schnurverzierung. Er hatte eine Höhe von 9,3 cm und einen Durchmesser von 5 cm am Boden, 8,4 cm am Bauch und 7 cm an der Mündung. Neben dem Becher wurde ein kleines Stück Eisenocker gefunden, das bei der Bergung zerbröselte, aber dennoch aufbewahrt wurde.[11]

Ob die beiden Befunde in direktem Zusammenhang mit dem Hauptgrab stehen, konnte nicht eindeutig geklärt werden. Da sie aber auf der gleichen Höhe gefunden wurden, ist dies sehr wahrscheinlich.[12]

Oberhalb des Hauptgrabes, etwa 50 cm unterhalb der Hügelkuppe, wurde eine nur teilweise erhaltene Tasse entdeckt. Sie besteht noch aus dem Unterteil mit stark ausgeprägtem Bauch-Schulter-Knick und dem Ansatz eines Henkels. Der Durchmesser des Gefäßes beträgt am Boden 5,2 cm und an der breitesten Stelle 10,6 cm. Die Tasse ist wahrscheinlich der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur (2300 v. Chr.–1550 v. Chr.) zuzuordnen.[13]

Von der namensgebenden Hütte, die wohl im 19. Jahrhundert oder früher angelegt worden war, konnte Möller an der Nordwestseite des Hügels in 40 cm Tiefe Reste ausmachen. Er fand dort einige kantige Kalksteine, einen in Resten erhaltenen Topf sowie weitere Keramikscherben.[5]

Der Hügel in regionalen Sagen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eigenständige Sagen zum Huthügel sind nicht überliefert. Über den benachbarten Derfflinger Hügel ist jedoch die Sage bekannt, dass am nahe gelegenen Weg eine Kutsche mit kopflosen Pferden vorbeifahren soll. Dies wurde auch gelegentlich über den Weg berichtet, der am Huthügel vorbei führt.[14]

  • Michael Köhler: Grabmale und Ahnenlandschaften – Grabhügel und vorgeschichtliche Nekropolenareale in Thüringen. Jenzig, Langenweißbach 2023, ISBN 978-3-941791-24-4.
  • Waldemar Matthias: Kataloge zur Mitteldeutschen Schnurkeramik. Band 4. Südharz-Unstrut-Gebiet. Ulrich Fischer dem führenden Spezialisten auf dem Gebiete der Schnurkeramikforschung anläßlich seines 60. Geburtstages am 3. Juli 1975 in kollegialer Verbundenheit gewidmet (= Veröffentlichungen des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Band 28). Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1974, S. 148–150.
  • Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). Eine thüringische Nekropole aus dem Unstruttale von der Steinzeit bis zur Einführung des Christentums benutzt (= Festschrift zur 43. allgemeinen Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft 4.–8. August 1912 in Weimar. Heft 3). Fischer, Jena 1912 (online).
  • Sven Ostritz (Hrsg.): Kyffhäuserkreis (= Archäologische Wanderführer Thüringen. Band 13). Beier & Beran, 2012, Langenweißbach 2012, ISBN 978-3-941171-58-9, S. 128.
  • Andreas Sattler: Die Gräber der Aunjetitzer Kultur im Saalegebiet. Zum Totenritual auf Grundlage der älteren Befunde (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 267). Habelt, Bonn 2015, ISBN 978-3-7749-3941-7, S. 122–123.
Commons: Huthügel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Waldemar Matthias: Kataloge zur Mitteldeutschen Schnurkeramik. Band 4. Südharz-Unstrut-Gebiet. 1974, S. 148–150.
  2. Waldemar Matthias: Kataloge zur Mitteldeutschen Schnurkeramik. Band 4. Südharz-Unstrut-Gebiet. 1974, S. 150–152.
  3. Waldemar Matthias: Kataloge zur Mitteldeutschen Schnurkeramik. Band 4. Südharz-Unstrut-Gebiet. 1974, S. 150, 152–153.
  4. Waldemar Matthias: Kataloge zur Mitteldeutschen Schnurkeramik. Band 4. Südharz-Unstrut-Gebiet. 1974, S. 153–154.
  5. a b Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 70.
  6. Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 6, 71.
  7. Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 70–71.
  8. Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 71.
  9. Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 71–72.
  10. Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 72.
  11. Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 72–73.
  12. Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 73.
  13. Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 73–74.
  14. Armin Möller: Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth (Grossherzogtum Sachsen). 1912, S. 2, 70.