Institut für Sexualwissenschaft

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Studenten der Deutschen Hochschule für Leibesübungen vor dem Institut vor der Plünderung am 6. Mai 1933[1]
Gedenktafel im Tiergarten

Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft war eine private Einrichtung in Berlin. Es wurde am 6. Juli 1919 eröffnet und mit seiner Plünderung am 6. Mai 1933 im Zuge der Bücherverbrennungen von Nationalsozialisten vernichtet. Mit diesem Institut hatte sich Hirschfeld als Arzt und seit dem Ende des 19. Jahrhunderts engagierter Sexualreformer einen früh schon entwickelten und lang gehegten persönlichen Traum erfüllt: entgegen widrigsten Zeitströmungen auch von wissenschaftlicher Seite zur Etablierung einer institutionalisierten Sexualwissenschaft beizutragen und der „Förderung wissenschaftlicher Forschung des gesamten Sexuallebens und Aufklärung auf diesem Gebiete“ einen Ort sowie einen rechtlich geschützten und finanziell gesicherten Rahmen zu verschaffen.

Die Institutsgründung war die erste und bis nach dem Zweiten Weltkrieg auch die einzige ihrer Art. Was die Nazis am 10. Mai 1933 auf dem Opernplatz in Berlin nicht verbrannt und das Berliner Finanzamt im November danach in einer Zwangsversteigerung zur Eintreibung nachberechneter Steuerschulden nicht verscherbelt hatte, ging beim Untergang Berlins im Zweiten Weltkrieg zugrunde. Heute gibt es nicht einmal mehr das von Hirschfeld erworbene und umgebaute Gebäude der ehemaligen Villa Joachim im Berliner Tiergarten, des zeitweiligen Palais de Ville des Fürsten von Hatzfeldt. Es lag an der Ecke Beethovenstraße 3 / In den Zelten 10.

An das Hirschfeld-Institut erinnert nur noch eine Gedenktafel, die 75 Jahre nach seiner Gründung am 6. Juli 1994 in der Nähe des ehemaligen Standorts aufgestellt wurde.

Struktur und Organisation

Eine wissenschaftliche Forschungsstätte sollte das Institut dem Anspruch nach sein, eine wissenschaftliche Einrichtung ist es aber entgegen Hirschfelds Wunsch und Stiftungsbestimmungen nicht geworden. In erster Linie war es eine ambulante Einrichtung zur Beratung bei Sexualproblemen und zur Untersuchung, Begutachtung und Behandlung sämtlicher Sexualstörungen. Als Archiv zur Sammlung, Sichtung und Bearbeitung sowie Museum zur Demonstration sexualwissenschaftlicher Publikationen und sonstiger einschlägig relevanter Dokumente aller Art war es ein Anziehungspunkt im Berlin der „Goldenen Zwanziger“. Für die Fortbildung von Ärzten diente es als Lehr- und Schulungsstätte, für interessierte Laien als Vortragsort, wobei Hirschfeld – wie sein lange wichtigster Mitarbeiter und bis 1926 als Leitender Arzt am Institut[2] tätige Arthur Kronfeld – durch Vortragstätigkeit auch in Volkshochschulen und sonstigen Bildungseinrichtungen von Berlin und weit darüber hinaus wirkte. Weiter war es organisatorischer Mittelpunkt für alle damaligen sexualreformerischen Aktivitäten und Organisationen, ihre Verfechter (wie Max Hodann) und zum Teil auch darüber hinaus. Schließlich war und sollte es auch sein: ein Zufluchtsort für Menschen in sexueller Not.

Weblinks

Commons: Institut für Sexualwissenschaft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lorenz Pfeiffer: Studierende der Deutschen Hochschule für Leibesübungen als Akteure der 'Aktion wider den undeutschen Geist' im Frühjahr 1933 in „Jahrbuch 2008 der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Sportwissenschaften“:S. 50 ff.
  2. Götz Borgwardt: Bernhard Schapiro (1888–1966): Talmudgelehrter - Arzt - Wegbereiter der Hormonbehandlung des Kryptorchismus. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 23, 2004, S. 393–411; hier: S. 401–403.