Kategorie Diskussion:Kardiologie
Eine seltene Komplikation nach der Implantation und dem Austausch von Herzschrittmachern und implantierbaren Cardioverter-Defibrillatoren ist der elektrische Sturm (ventricular electrical storming). Wir reden von einem elektrischen Sturm, wenn gewöhnlich bis zu einem Jahr post Implant oder Austausch eine idiopathische starke Anhäufung (drei oder mehr hochvolt-Therapien innerhalb von 24 Stunden) von Tachyarrhythmien auftritt.
Für die Behandlung dieser hochakuten Patienten sollte die Möglichkeit einer CPR (Herz-Lungen-Wiederbelebung) gegeben sein! Patienten mit einem ventrikulären elektrischen Sturm müssen auf die Intensivstation verbracht werden und sollten prophylaktisch mit aufklebbaren Defibrillationselektroden versehen werden.
Die Ursachen multipler ICD-Entladungen sind vielfältig (s.u.), sodass der Elektrophysiologe vom Intensivmediziner stets sofort hinzugezogen werden sollte, da der ICD durchaus auch adäquat auf stets wiederkehrende und/oder schwer zu terminierende ventrikuläre Arrhythmien reagieren könnte. Das Mitschreiben eines EKGs sollte alsbald erfolgen und der ICD möglichst rasch abgefragt werden (Cave! Manche ICDs sind während der Abfrage primär inaktiviert und müssen ggf. reaktiviert werden). Überwachen Sie den hämodynamischen Status.
Adäquate Schocks
Häufig wiederkehrende VT oder VF Akuttherapie: Bedhandlung der Ursache der reversiblen Triggerung Sedation + med. retrograde Amnesie AA intravenös ggf. Inaktivierung des ICDs unter CPR-Bereitschaft nach Etablierung einer Diagnose Therapie: Optimierung der oralen med. AA Opt. des AnitTachycardenPacings (PainFree! M.Wathen) VT-Ablation / ggf. VF-Ablation(sversuch) Fehlschalgende VT- oder VF-Therapien des ICDs zu niedrig programmierte Energie AA-Effekt Schock-Elektrode disloziert oder kaputt Ipsilateraler Pneumothorax selten: polymorphe VTs Akuttherapie: Externe Kardioversion/Defibrillation ggf. Vermeidung von Klasse I Antiarrhythmika Therapie: Programmierung des ICDs Optimierung der AA-Therapie ggf. Strompfadumkehr; zusätzliche Implantation einer Schock-Spule in der SVC oder eines 'subkutanen Fingers'; revision der Lage der Schock- Spule im rechten Ventrikel (HVB) (vgl. Rosso et al.), High-output-Agregat (35 J output) selten: Ablation des arrhythmischen Substrats
Rezidivierende inadäquate Schocks
Das klinische Bild unterscheidet sich erheblich: Der Patient ist sichtbar hämodynamisch stabil unter rezidivierender Schockabgabe des ICDs. Legen Sie einen Ringmagneten auf den ICD, leiten Sie ein EKG ab und fragen Sie den ICD ab. Therapie gem. Befund (nicht Gegenstand dieses Artikels)
Schocks, die bei starkem Thorax-Schmerz abgegeben werden, könnten zwar auf eine Ischämie hindeuten, aber die meisten Patienten haben nach wiederholten Hoch-Volt-Therapien unspezifischen, starken thorakalen Schmerz.
Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, medikamentös induzierte Arrhythmien, Elektrolytinbalancen und Intoxikationen sollten ausgeschlossen werden. Eine vorrübergehende ST-Segment Anhebung oder Absenkung kann häufig nach Schock-Abgabe beobachtet werden und fällt zunächst als definitives Zeichen einer myokardialen Ischämie weg. Häufige konsekutive Hoch-Volt-Therapien können das kardiale Isoenzym CK-MB erhöhen oder Troponin T und I, obwohl kein Myokard-Infarkt vorliegt.
Spezifische Trigger: Potentiel reversible Ursachen sollten unverzüglich und energisch behandelt werden: Eine sich entwickelnde Ischämie sollte zügig reperfundiert werden, bei Drogen-Induzierten Torsade de pointes ist die intravenöse Applikation von Magnesium und die Überstimulation die Therapie der Wahl, die proarrhythmischen Effekte von Klasse I Antiarrhythmika sollten mit Na-Laktat oder Bikarbonat antagonisiert werden.
Bei den meisten Patienten kann ein spezifischer Trigger der Arrhythmie nicht identifiziert werden, sodass die Hauptstütze die intravenöse AA-Therapie bleibt. Hier zeigt sich die intravenöse Applikation von Amiodarone als der effektivste Wirkstoff bei elektrischen Stürmen (Kowey P.R.). Zu beachten bleibt, dass unter dieser Therapie sich nun auch die durchschnittliche Zykluslänge von Kammerflimmern und ventrikulären Tachykardien deutlich verlangsamen kann und evtl. eine neue Programmierung der Detektionszonen notwendig macht. Patienten mit unaufhörlichen oder häufig rekurrierenden VTs profitieren von einer Katheterablation des arrhythmogenen Fokus.
Das erleiden mehrerer Hochvolttherapien stellt eine immense psychische Belastung dar, woraus auch reaktive Panikstörungen und Depressionen resultieren können. Leider verweisen wenige Fachbücher auf diese Komplikation, so dass hier Erfahrungsberichte implantierender Elektrophysiologen eine wichtige Hilfe darstellen könnten.
AA = AntiArrhythmika
Für sachbezogene Anregungen, Korrekturen und Ergänzungen stets Dankbar:
Christoph Kurth
Tachyarrhythmie-Trainer Medtronic
christoph.kurth@medtronic.com
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