Quelltext der Seite Maisières-Interstadial

{{Linkbox Weichsel-Kaltzeit}}
Das '''Maisières-Interstadial''' ist eine [[Warmzeit|Warmphase]] des [[Weichsel-Kaltzeit|Weichsel-Hochglazials]]. Es datiert in den Zeitraum 30.500 bis 29.500 [[v. Chr.]]

== Bezeichnung ==
Das Maisières-Interstadial, {{frS}} '''oscillation de Maisières''', in der [[Archäologie]] als '''Maisièrien''' bezeichnet, ist nach der [[Eponym (Sprachwissenschaft)|eponymen]] archäologischen Freilandfundstätte [[Maisières-Canal]] bei [[Mons]] in [[Belgien]] benannt. Die Fundstätte liegt am [[Canal du Centre (Belgien)|Canal du Centre]] zwischen den Gemeinden [[Maisières (Belgien)|Maisières]] und [[Obourg]]. Vormals war das [[Interstadial]] auch als '''Kesselt-Interstadial''' in der Fachliteratur bekannt. Das Maisièrien wurde 1980 von J. B. Campbell eingeführt.<ref>{{Literatur |Autor=J. B. Campbell |Titel=Le problème des subdivisions du Paléolithique supérieur britannique dans son cadre européen |Sammelwerk=Bulletin de la Société royale belge d’Anthropologie et de Préhistoire |Band=91 |Datum=1980 |Seiten=39–77}}</ref>

== Stratigraphie und Korrelation ==
[[Datei:Maisières.png|mini|300px|links|Das Maisières-Interstadial im Zeitraum 20 bis 40 ka BP]]
Das Maisières-Interstadial schließt an das vorangegangene [[Denekamp-Interstadial]] an. Ihm folgt der [[Kälteanomalie|Kälterückschlag]] des [[Heinrich-Ereignis]]ses [[H3 (Klimatologie)|H3]] und sodann das [[Tursac-Interstadial]]. Es bildet einen Teil des [[Marines Isotopenstadium|Marinen Isotopenstadiums]] [[MIS 3]] und korreliert mit dem [[Dansgaard-Oeschger-Ereignis]] [[DO 5 (Klimatologie)|DO5]]. bzw. mit dem '''Grönland Interstadial''' '''GI-5'''. Das Ende des Maisières-Interstadials markiert [[Palynologie|palynologisch]] den Beginn des [[Pleniglazial]]s (Eisaufbauphase des [[Letzteiszeitliches Maximum|Letzteiszeitlichen Maximums]]). Es korreliert im Pollenprofil von [[La Grande Pile]] in den [[Vogesen]] mit der Stufe ''Grand Bois C'' und im Profil von [[Tenaghi-Philippon]] in [[Makedonien (geographische Region Griechenlands)|Makedonien]] mit der Stufe ''Krinides 2''.

== Datierung ==
Dem Maisières-Interstadial lässt sich mit Hilfe der [[Sauerstoff|δ<sup>18</sup>O-Werte]] des [[Grönland|grönländischen]] [[Eisbohrkern]]s [[GISP|GISP 2]] einer Zeitspanne von rund 30.500 bis 29.500 Jahren v. Chr. zuordnen. Das Heinrich-Ereignis H3 setzt bei 28.000 v. Chr. ein. Im dazwischenliegenden Zeitraum 29.500 bis 28.000 v. Chr. folgt eine untergeordnete Wärmeanomalie ('''Bayacien'''), die möglicherweise noch zum Maisières-Interstadial zu rechnen ist. Die [[Humus|humusreiche]] Fundschicht an der [[Typlokalität]] wurde mit 27.965 ± 265 [[Radiokohlenstoff]]jahren [[Before Present|BP]] datiert, dies entspricht kalibriert (mit CalPal) 30528 ± 340 Jahre v. Chr.; [[Ren]]tierknochen ergaben 28.130 + 1020/− 900 (30.821 v.&nbsp;Chr.) und [[Mammuts|Mammutknochen]] 28.340 ± 300 Radiokohlenstoffjahre BP (30.821 ± 407 v. Chr.).<ref>{{Literatur |Autor=Rebecca Miller, Paul Haesaerts, Marcel Otte |Titel=L’atelier de taille aurignacien de Maisières-Canal (Belgique) |Reihe=Etudes et recherches archéologiques de l’Université de Liège [ERAUL] |NummerReihe=110 |Ort=Liège |Datum=2004 |Seiten=27–28 |OCLC=155933456}}</ref>

Eine etwas ältere Zeitspanne lieferte Laville (1988) mit 27.800 bis 29.000 Radiokohlenstoffjahren (30.375 bis 31.562 v. Chr.)<ref>{{Literatur |Autor=H. Laville |Hrsg=H. L. Dibble, A. Montet-White: Upper Pleistocene Prehistory of Western Eurasia |Titel=Recent developements on the Chronostratigraphy of the Paleolithic in the Périgord |Sammelwerk=University Monograph |Band=54 |Datum=1988 |Seiten=147–160}}</ref> und [[Wolfgang Weißmüller]] gab 28.600 bis 29.300 Radiokohlenstoffjahre (31.087 bis 31.776 v. Chr.) an.

== Charakterisierung ==
Das Maisières-Interstadial ist eine sehr deutliche Wärmeanomalie. Ihre δ<sup>18</sup>O-Werte schwanken um 5,5 ‰ (zwischen – 43 und – 37,5 ‰). Dies entspricht einer Erhöhung der [[Temperatur|Durchschnittstemperaturen]] von 6&nbsp;°C und im [[Grönland|grönländischen Eis]] gemäß GISP 2 von 12,5&nbsp;°C. Die anschließende untergeordnete Wärmeanomalie brachte zum Vergleich nur noch eine Erhöhung von knapp 2&nbsp;°C bzw. 4&nbsp;°C in Grönland.

== Fauna ==
An der Typlokalität wurden Überreste folgender Taxa gefunden:
* [[Mammuts|Mammut]]
* [[Wildpferd]]
* [[Rothirsch|Rotwild]]
* [[Ren]]tier
* [[Wisent]]
* [[Auerochs]] und
* [[Braunbär]]
Unter den Kleinsäugern fanden sich
* [[Polarfuchs]]
* [[Hasen]]
sowie die [[Vögel]]
* [[Raben und Krähen|Krähe]]
* [[Moorschneehuhn]]
* [[Auerhuhn]]
* [[Schneeeule]]

== Vegetation ==
Die rasche Temperatur- und Niederschlagserhöhung des Maisières-Interstadials bewirkte eine Ausbreitung von [[Birke]], [[Hasel (Botanik)|Hasel]] und [[Eiche]] gegenüber der spärlichen, stadialen [[Koniferen]]bewaldung mit vorwiegend [[Kiefern]] und [[Wacholder]]. Die [[Artemisia (Pflanze)|Artemisiasteppe]] mit [[Fuchsschwanzgewächse]]n (Chenopodiaceae), [[Sonnenröschen]] (Helianthemum) und [[Wiesenrauten]] (Thalictrum) wich zunehmend Graslandschaften ([[Gräser]], [[Sauergrasgewächse]] (Cyperaceae) und [[Hahnenfuß]] (subg. Batrachium)), die von [[Süßgräser]]n (Poaceae) beherrscht wurden. An Wasserstandorten breiteten sich [[Laichkräuter]] (Potamogeton) und [[Igelkolben]] (Sparganium) aus.

== Kulturelle Entwicklung ==
Mit dem Maisières-Interstadial begann ab 28.000 Radiokohlenstoffjahren BP bzw. 30.524 v. Chr. das [[Gravettien]] mit seinen Frühformen, dem Maisièrien und dem [[Pavlovien]]. Gleichzeitig ging das [[Aurignacien]] mit den Stufen ''Aurignacien 4a'' und ''Aurignacien 4b'' zu Ende.

Das Maisièrien zeichnet sich vor allen durch die ''Maisières-Spitzen'' aus, welche den ''Font-Robert-Spitzen'' ähneln. Weitere typische Werkzeuge sind [[Bohrer]] mit rautenförmigem Querschnitt (franz. ''burin dièdre'') und [[Stielklingen]] (engl. ''tanged points''). Generell sind gestielte Werkzeuge sowie ''flache Retuschierung'' (franz. ''retouche plate'') häufig.<ref>{{Literatur |Autor=D. Pasesse, D. Flas |Titel=The Maisierian, at the edge of the Gravettian |Sammelwerk=Proceedings of the Prehistoric Society |Band=78 |Datum=2011 |Seiten=95–109}}</ref>

Fundstätten des Maisièrien sind neben der belgischen Typlokalität mehrere [[Höhle]]n im [[Schwäbischer Jura|Schwäbischen Jura]] wie beispielsweise das [[Geißenklösterle]], der [[Hohle Fels]] und die [[Vogelherdhöhle]], sowie in [[Bayern]] die [[Mauerner Höhlen|Weinberghöhlen]] bei [[Mauern (Rennertshofen)|Mauern]]. In [[Mähren]] ist [[Dolní Věstonice]] anzuführen, in [[Frankreich]] der [[Abri Pataud]] bei [[Les Eyzies-de-Tayac-Sireuil]], [[Le Sire]] bei [[Mirefleurs]] und möglicherweise [[La Vigne Brun]] bei [[Roanne]]. Im zentralen und südlichen [[Sibirien]] fallen [[Anui|Anui-2]], [[Kamenka (Angara)|Kamenka 1]], [[Mogochinskaya]], [[Tolbaga]] und [[Ust-Kova|Ust-Kova 1]] in den Zeitraum des Maisièriens<ref>{{Literatur |Autor=P. Dolukhanov |Titel=Hunter-gatherers of the Last Ice Age in northern Eurasia: recent research and old problems |Sammelwerk=Before Farming |Band=2 |Nummer=2003/2 |Datum= |Seiten=1–25}}</ref>, im europäischen Russland möglicherweise [[Sungir]].

== Siehe auch ==
* [[Denekamp-Interstadial]]
* [[Tursac-Interstadial]]

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Historische Geologie]]
[[Kategorie:Quartär]]
[[Kategorie:Wärmeanomalie]]