Mediation

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Dieser Artikel befasst sich mit Mediation im allgemeinen Sinn von Vermittlung, für die Epoche in der Schweiz siehe Mediation (Geschichte).


Mediation ist Verhandlung zwischen Konfliktparteien im Beisein eines allparteilichen Dritten (Mediator), der die Verhandlung nach einem strukturierten Ablauf leitet.

Sie dient der gütlichen Einigung zwischen den Parteien, fragt nicht nach der "Schuld", sondern danach, wie die Parteien in Zukunft miteinander umgehen wollen (Lösungs- und Zukunftsorientiert). Dabei entscheidet nicht der Mediator, sondern ausschließlich die Parteien, worüber sie verhandeln und wie sie ihren Konflikt lösen. Die Freiwilligkeit der Parteien ist unbedingte Voraussetzung einer Mediation.

Allparteilichkeit bedeutet dabei, daß der Mediator für beide Sichtweisen der Konfliktparteien das selbe Verständnis hat, also quasi "auf beiden Seiten" steht. Ggf. wird der Mediator ein Machtgefälle zwischen den Parteien ausgleichen (z.B. das Sprachrohr der kommunikationsschwächeren Partei sein).

Der Mediator oder die Mediatorin wird keinerlei Vorschläge machen(Eigenverantwortlichkeit), sondern die Parteien durch einen besonderen Kommunikationsprozess, ein Modul, welches aus festgelegten Arbeitsschritten besteht, führen . Diese setzen sich aus 3 bis 15 Teilschritten zusammen.

Zunächst werden die Positionen (Festlegung auf eine Lösungsoption) der Parteien hinterfragt und die zu Grunde liegenden Interessen aufgedeckt. Auf der Grundlage des gegenseitigen Verstehens der Interessen entwickeln die Parteien eine Fülle von Lösungsoptionen (Brainstorming) und halten die umsetzbaren Lösungen in einer Mediationsvereinbarung fest. Dabei regeln sie möglichst konkret, wer wann was macht. So werden im Laufe der Konfliktbearbeitung aus Konflikt"gegnern" Konflikt"partner".

Mediation ist nur dann geeignet, wenn der Konflikt die dritte Konfliktstufe nach der Konflikteskalation nach Friedrich Glasl (also WIN-WIN-Ebene) nicht überschreitet.

Die Mediation bietet sich vor allem dann als Weg der Konfliktlösung an, wenn die Parteien gemeinsame Ziele haben (z.B. weitere Kooperation zweier Unternehmen, beiderseitige Kindeserziehung trotz Trennung, Vermeidung langwieriger Gerichtsprozesse und der Kosten, Vermeidung von Konfliktfolgekosten)

Innerhalb der psychologischen Beratung ist die Mediation eine Kommunikationsmethode mit dem Schwerpunkt Konfliktlösung. Sie ist auch unter der Bezeichnung Streitschlichtung bekannt.

Erfolgreich eingebunden in das Gerichtswesen ist die Mediation in Australien, wo es unabdingbar ist, außer bei Gewalt, Sexualverbrechen und Verbrechen mit Vermögensschäden über 200.000 austr. Dollar. In Ausnahmefällen können sogar solche Fälle mediativ behandelt werden. Der Mediator unterliegt langen und vielschichtigen Selektionsprozessen. Interviews und Beobachtung während der Ausbildung sorgen dafür, dass es im späteren Berufsleben des Mediators kaum Ausfälle gibt. Im Prinzip können alle Auseinandersetzungen mediativ geregelt werden, dazu müsste die Ausbildung allerdings eindeutig verbessert und spezialisiert werden. Genau so wichtig wie der Mediator selbst ist der so genannte Intake, der die eingehenden Fälle begutachtet, verteilt und auch aussortiert. Die Arbeit des Mediators ist stark davon abhängig, wie gut das System um ihn herum arbeitet. Dieses ist kaum in europäischen Ländern und fast gar nicht in Deutschland zu finden (Stand 2004).

häufige Konflikte sind:

  • Trennung und Scheidung von Ehe- und Lebenspartnern
  • Ambivalenzen in Paarbeziehungen
  • Probleme zwischen Eltern und Jugendlichen
  • Erbauseinandersetzungen
  • Nachbarschaftsstreitigkeiten
  • Mobbing / Berufsschwierigkeiten
  • Probleme in der Schule
  • Nachfolgeregelungen für Familienbetriebe

Oft ist die Mediation in betrieblichen oder familiären Konfliktsituationen die einzige Alternative zur Gerichtsverhandlung, die zeitlich und finanziell viel höhere Risiken für die Beteiligten birgt. Zudem sind die Parteien nach einer juristischen Auseinandersetzung häufig völlig zerstritten und das Vertrauensverhältnis ist nachhaltig gestört oder ganz zerstört.

Die Gerichte sind zwar gesetzlich verpflichtet, zwischen den Parteien eine gütliche Einigung herbeizuführen und dies wird in der Regel auch versucht und gelingt in etwa ein Drittel aller Fälle. Bei einer vergleichsweisen Beendigung des Streits entfällt für den Richter die Mühe, ein Urteil schreiben zu müssen. Jedoch wird diese Konfliktlösung durch Schlichtung nicht mit einer Professionalität und einem Zeitaufwand betrieben wie bei einer Mediation eines Mediators. Die Gerichte beschränken sich auch nur auf die Lösung des vorgetragenen juristischen Sachverhaltes; meist ist der Konflikt, der vor Gericht gebracht wird, aber nur vordergründig, die Beziehungsprobleme, die hinter dem Konflikt stehen, werden und können kaum berücksichtigt werden. Einen neuen Weg geht jedoch die integrierte Mediation, die eine weitestgehende Anwendung mediativer Verfahrensweisen im Gerichtsverfahren ermöglicht und über die gerichtsverbundene Mediation hinausgeht.

Die Konfliktlösung mit Unterstützung eines stundenweise honorierten professionellen Mediators ist in der Regel kostengünstiger als die streitige Austragung durch Rechtsanwälte, wo der Streitwert die Höhe der Gebühr bedingt, die pauschal in Rechnung gestellt wird. Bei untergeordneten Nachbarschaftsstreitigkeiten kann in seltenen Fällen ein reines Gerichtsverfahren noch günstiger sein. Mitunter bringt die Mediation keine Lösung, so dass Kosten des Gerichtsverfahren zusätzlich anfallen. Andererseits besteht die Gefahr weitere gerichtlicher Auseinandersetzungen, soweit vor Gericht kein Konsens erzielt werden konnte. Der Nachbar z. B. der vor Gericht verloren hat, sucht häufig ein weiteres Verfahren, um den Gesichtsverlust auszugleichen.

Ausgehend von der Tatsache, dass Mediation eine Alternative zur gerichtlichen Konfliktlösung darstellt, gehört sie zur alternative dispute resolution (ADR).

Ausbildung

Der Zugang zur Tätigkeit des Mediators ist nicht einheitlich geregelt. Es gibt private Bildungseinrichtungen, die Ausbildungen zum Wirtschaftsmediator oder Familienmediator anbieten. Voraussetzung für die Ausbildung ist meist ein abgeschlossenes Studium in den Bereichen: Jura, Psychologie oder Sozialpädagogik/Sozialarbeit mit entsprechender praktischer Erfahrung. Es gibt aber auch Ausbildungsinstitute, die lediglich eine abgeschlossene Berufsausbildung als Voraussetzung fordern. Eine staatlich anerkannte Prüfung ist derzeit (Stand 07/03) in Deutschland nicht möglich. Die Ausbildungsstandards bei den anerkannten Instituten entsprechen aber europäischen Richtlinien. Die Qualifikation können Mediatoren nachweisen und bieten damit ein sicheres Qualitätsmerkmal für Hilfesuchende, wenn der/die Mediator/in einen Abschluss bzw. die Angehörigkeit bei einer der großen Organisationen nachweisen kann. Sie dürfen dann einen geschützten Titel wie z. B. Mediator BM für alle Felder der Mediation, oder Mediator/in BAFM für die Familienmediation oder Mediator BMWA für die Wirtschaftsmediation tragen. BM: Bundesverband Mediation BAFM: Bundesarbeitsgemeinschaft Familienmediation BMWA: Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt

Missverstanden wird die Mediation in Deutschland, wo Arbeitsuchende zu Mediationsausbildungen geschickt werden, ohne eine Reifeprüfung überhaupt in Betracht zu ziehen. Anwälte nutzen den Begriff des Mediators in Deutschland mittlerweile oft, raten ihren Klienten zu einer Mediation – wobei die Neutralität damit schon gefährdet ist – und professionelles Arbeiten nicht mehr möglich sein kann. Es wird als Nebengeschäft missverstanden und dementsprechend auch von der Wertigkeit am untersten Limit gehalten.

Die von Anwälten als "Mediation" bezeichnete Verfahrensweise ist häufig eine Streitschlichtung, die mit mediativen Mitteln angereichert ist. Im Unterschied zur Mediation macht der Streitschlichter eigene Anregungen zur Kompromisslösung und weist auf die rechtliche Situation hin.

Der Mediator kann aus jedem Bereich des Lebens kommen, unabhängig von rechtlichen Kenntnissen. Die Entscheidung, wer tatsächlich die Ausbildung aufnehmen kann und wer nicht geeignet ist, sollte einem Gremium unterstehen und den Ausbildern. Pädagogisches Wissen und sozialwissenschaftlicher Hintergrund ist nicht vonnöten, erfahrungsgemäß (Australien, Community Justice Centers) eher hinderlich, genauso wie ein juristisches Fachwissen. Der Irrtum in Deutschland besteht darin, dass Anwälte sich berufen sehen, Mediation anbieten zu dürfen. Der Begriff Mediation ist nicht geschützt und insbesondere der Deutsche Anwaltsverein wehrt sich vehement gegen eine Professionalisierung. Ein sehr falscher Ansatz, der in Ländern, in denen Mediation professionell ausgeübt wird, schon seit 10—15 Jahren nicht mehr gemacht wird.

Die Mediation von familienrechtlichen Streitigkeiten (z. B. Unterhalt, Umgangsrecht) sollte aber nicht ohne anwaltliche Begleitung beim Mediator erfolgen, damit nicht ein Kompromiss ausgehandelt wird, der eine Person gegenüber der herrschenden Rechtslage unangemessen benachteiligt. Dies ist in den Richtlinien des BAFM festgeschrieben.

Elemente und Grundlagen der Mediation

Grundsätzlich ein ausgebildeter professioneller Mediator und 2 Parteien, welche sich freiwillig zu einer Mediation entschlossen haben. Als einen kleinen Umriss über die Grundlagen kann folgende Beschreibung gelten, hat aber je nach Art und Weise und des Landes keinen unumstößlichen Wahrheitswert:

  • Drei Ebenen-Arbeit gem. Themenzentrierte Interaktion
    • Beziehungsebene (Transaktionsanalyse)
    • Prozess (Beziehungsverlauf)
    • Sachebene (meist das Problem)
  • Das Erkennen von Wahrnehmungs- und Entscheidungsmustern
  • Wahrnehmungsphänomene als Konfliktfaktoren bestimmen
  • Entscheidungsverzerrungen aufdecken

Kommunikative Aufgaben

  • Sache und Person trennen
  • Umgang mit schwierigen Gesprächssituationen (Störungen, Vertrauensverlust)
  • Interessenklärung (Erwartungen)
  • Verhandeln auf der Grundlage von Interessen statt Positionen
  • Kreative Ideensuche
  • Entdecken neuer Win-Win-Perspektiven
  • Bewertung und Auswahl von Optionen
  • Objektivierbare Bewertungskriterien finden
  • Operationalisierung von Optionen
  • Aushandeln von Interessenausgleich und Sozialplan bei Umstrukturierungen, Outsourcing oder Fusion

Kommunikationstechniken

Rechtliche Rahmenbedingungen

  • Arbeitsrecht, Vertragsrecht, BGB, HGB
  • Aufbau, inhaltliche und formale Kriterien einer Mediationsvereinbarung
  • Inhalte und Formerfordernisse, freiwillige und erzwingbare Betriebsvereinbarungen
  • Verhandeln vor der Einigungsstelle
  • Zustandekommen und Besetzung der Einigungsstelle
  • Gesetz zur obligatorischen Streitschlichtung
  • Novellierung der Zivilprozessordnung

Der Transformationsansatz

Bedürfnisse

Kenntnisse in Konfliktbearbeitungsverfahren

  • Entscheidungshilfen für die Auswahl des geeigneten Konfliktlösungsverfahrens
  • Mediation als Beitrag zur Entwicklung einer konstruktiven Konfliktkultur
  • Interessengerechtes Verhandeln im Kontext des kollektiven Arbeitsrechts
  • Aus der Entscheidungstheorie werden Methoden wie z.B. die einfache Nutzwertanalyse (NWA) oder der präzisere Analytic Hierarchy Process (AHP) angewandt, wo Kriterien im Sinne von Gesichtspunkten und Alternativen im Sinne von Lösungsvorschlägen dargestellt, verglichen und bewertet werden, um die optimale Lösung zu einer Entscheidung oder Problemstellung zu finden.

MIKADO-Modell

  • M ediation klassisch
  • I nnersystemische Mediation
  • K now-how für komplexe Fälle
  • A nwaltlich mediatives Verhandeln
  • D ialogisch mediatives Verhandeln
  • O samaru (jap. sich besser machen)

Die ALPHA-Struktur der Mediation – fünf Schritte vom Konflikt zur Lösung

  • A – Auftragsklärung
  • L – Liste der Themen
  • P – Positionen und Interessen
  • H – Heureka
  • A – Abschlussvereinbarung

Siehe auch: Umweltmediation, Schulmediation, Win-Win, Gewaltfreie Kommunikation.