Mordsteine (Bielefeld)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Mordsteine in Sennestadt. Der linke ist der Stein für die Tochter.
Gedenkstein für die ermordete Tochter. Vorderseite.
Gedenkstein für die ermordete Mutter. Vorderseite.
Info-Tafel vor Ort

Die Mordsteine im Bielefelder Stadtbezirk Sennestadt sind zwei Sühnesteine und denkmalgeschützt.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Steine befinden sich an einer Seitenstraße des Senner Hellwegs in unmittelbarer Nähe zum Frieda-Nadig-Haus, einem Seniorenzentrum. Sie liegen in dem nordwestlich anschließenden Gehölz an einem Fußweg zum Sportplatz. Ursprünglich befanden sie sich auf dem Gelände des anliegenden Nadighauses. Die Steine standen bei ihrer Aufstellung in einer offenen Heidelandschaft und bildeten ein markantes Denkmal. Sie sind 2012 vom Sennestadtverein mit einem Sandsteinkreis umfasst worden. 2014 ergänzte der Verein eine Informationstafel.[1][2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Steine aus Sandstein erinnern an einen Mord aus dem Jahr 1660. Ein Dragoner namens Lorentz von Siburg (Tambour), folglich wohl ein Trommler, wollte sich dem preußischen Militärdienst entziehen und flüchtete von der Sparrenburg mit seiner Frau Maria und seiner sechs Monate alten Tochter Maria Helena Richtung Lippe, also dem damaligen benachbarten Ausland. Kurz vor Erreichung der Grenze tötete er seine Familie, vermutlich wegen eines Streits um den weiteren Weg oder weil das Kind durch sein Schreien die Desertion verriet. Die Steine wurden im Gedenken an die Tat und als Warnung errichtet. Eventuell auch, um in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg normative Grundsätze zu verdeutlichen.[1]

Inschriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Inschriften der Mordsteine geben Auskunft über die Tat und die Namen. Sie sind durch Aufzeichnungen von 1688 erhalten und zum Teil auch am Stein direkt lesbar. Der heute beschädigte Stein trug und trägt folgende Zeilen und ist dem Mord an der Frau (lat. uxor Ehefrau) gewidmet, wobei die erste Zeile auf der Vorderseite, die anderen auf der Rückseite zu finden sind:

UXOR MARIA TAMBOUR 1660
O MENSCH SIE AN DIE GROSSE THAT
WIE MICH MEIN MAN ERMORDET HAT
MIT MEINEM KIND VOM HALBEN JAHR
SO VON SEINEN FLEISH GEBOHREN WAR. 1660

Der andere, der Tochter (lat. filia Tochter) gewidmete Mordstein, trug diese Inschrift, erneut befand und befindet sich die erste Zeile auf der Vorderseite.

FILIA MARIA HELENA
LORENTZ AUS SIBERG EIN DRAGONER.
ACH VATER! WIE KONT ES DEIN HERTZE LEIDEN
DASS DU MIR THÄTEST DEN HALSS ABSHNEIDEN
UND B'GINGST AN MIR AN DIESEM OHRT
EIN GRAUSAM UNERHÖHRTE MORT.
ANNO 1660

Die heutige am Tochterstein zu findende Beschriftung der Rückseite unterscheidet sich. Dieser Unterschied kann darauf beruhen, dass die Schriften 1688 erneuert wurden. Dies würde auch erklären, warum man sie schriftlich fixiert hat.[1]

ACH WIE KONS DU HERTZE LEIDEN
DA DU MIR THAETEST DEN HALS ABSHNEIDEN
UND BEGINGEST AN MIR AN DIESEM ORD
SO EIN GRAUSAME UNERHÖRT MORT.
ANNO 1660

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Mordsteine – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Koch, Heinrich / Stratmann, Gunter: Das Dreieck in der Senne - Vom Ödland zur Sennestadt. Verlag Thomas P. Kiper. Bielefeld 1999, S. 103ff, ISBN 3-9803990-3-6
  2. Mordsteine Sennestadt Aktion des Sennestadtvereins. Abgerufen am 18. Januar 2016.

Koordinaten: 51° 57′ 20,6″ N, 8° 35′ 35,5″ O