Physochila griseola

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Nebela griseola)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Physochila griseola
Systematik
Stamm: Amoebozoa
Klasse: Tubulinea
Ordnung: Arcellinida
Unterordnung: Difflugina
Gattung: Physochila
Art: Physochila griseola
Wissenschaftlicher Name
Physochila griseola
(Penard, 1890)

Physochila griseola ist eine Schalenamöbe aus der Gattung Physochila. Sie wurde im Deutschen in einem Naturführer einmal als „Graue Schüppchen-Schalenamöbe“ bezeichnet.[1] Die Art kommt in Torfmoosen vor.

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Schale (Testes) ist grau gefärbt und undurchsichtig.[2] Sie erreicht eine Länge von 70-85 µm (nach Streble und Krauter sogar bis 100 µm[1]) bei einer Breite von 50-58 µm[3]

Die Testes ist bei Ansicht von der Seite im Umriss birnen- oder vasenförmig (apikal abgerundet und zur Öffnung hin etwas ausgezogen). Die Öffnung (Pseudostom) ist endständig, wie die Testa selbst im Querschnitt mehr oder weniger kreisrund und mit einem abgesetzen, zurückgeschlagenen Rand („Kragen“) umgeben. Dieser Kragen ist Gattungsmerkmal und unterscheidet die Arten der Gattung Physochila von der Gattung Argynnia. Im Unterschied zu Nebela und verwandten Gattungen ist das Gehäuse bis zum Pseudostom mit silikatischen Schüppchen oder Quarzkörnern verdeckt, es ist kein organischer Rand sichtbar.[4][5]

Von anderen Arten der Gattung unterscheiden folgende Merkmale der Testes: Bei Physochila tenella ist diese etwas abgeflacht, der kragenartige Rand ist undeutlich. Bei der (bisher nur in Nordamerika gefundenen) Physochila cratera ist sie flaschenförmig, mit kugeligem Hauptteil und einem parallelseitigen Stielabschnitt.[3]

Lebensraum und Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art ist vermutlich weltweit verbreitet. Sie wird vor allem in Mooren gefunden.[2] Nach einer Übersicht wurde sie bei Untersuchungen von Schalenamöben in Mooren in etwa einem Drittel der untersuchten Moore angetroffen und gehört damit dort zu den häufigen Arten.[6]

Physochila griseola ernährt sich herbivor.[4]

Phylogenie, Taxonomie, Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art wurde 1890 durch den Schweizer Biologen und Amöben-Spezialisten Eugène Penard (1855 - 1954) als Nebela griseola erstbeschrieben. 1942 teilte der in Münster forschende Biologe und Testaceenspezialist Wilhelm Jung die Gattung Nebela in 11 neue Gattungen. Da er es aber versäumte, jeweils eine Typspezies festzulegen, sind diese allerdings ungültig, mit Ausnahme derjenigen, die (in seiner Beschreibung) monotypisch waren. Die von ihm abgespaltene Gattung Physochila wurde von den meisten der folgenden Bearbeiter anerkannt.[4] Der Name wurde durch George H. Wailes und Eugène Penard 1911, durch formelle Festschreibung von Physochila griseola als Typusart der Gattung, formell validiert. Der Gattung Physochila werden heute außerdem acht andere Arten zugeschrieben.

Traditionell wurde die Art einer Familie Nebelidae zugeschrieben,[4] nach neueren Untersuchungen steht sie Incertae sedis, ohne Familienzuordnung.[7] Bei einer genetischen Analyse (Phylogenomik) stand die Art (als einzige getestete der Gattung Physochila) relativ basal innerhalb der Ordnung Arcellinida. Ebenso basal, aber kein Schwestertaxon war Argynnia dentistoma als getesteter Verteter der Gattung Argynnia. Eine nähere Verwandtschaft zu den Arten der Gattung Nebela besteht demnach nicht.[8]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Heinz Streble, Dieter Krauter: Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwassers. Ein Bestimmungsbuch. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart, 11. Auflage 2008, ISBN 978-3-440-11966-2
  2. a b Bruno Ortner (2017): Beschalte Amöben (Testaceen) und Zieralgen (Desmidiaceae) des Sphagnetums einiger österreichischer Moore. Beiträge zur Naturkunde Oberösterreichs 24: 1-139.
  3. a b The identification of Hyalospheniidae with indications on their ecology and distribution, von Edward A. D. Mitchell, University of Neuchâtel. In Ferry Siemensma (editor): Microworld, world of amoeboid organisms, abgerufen am 2. Mai 2024
  4. a b c d Ralf Meisterfeld: Order Arcellinida Kent, 1880. In John J. Lee, Gordon F. Leedale, Phyllis Bradbury (editors): An illustrated guide to the Protozoa. Organisms traditionally referred to as protozoa or newly discovered groups. - Vol. 2. The Society of Protozoologists, Lawrence, Kansas, 2000, printed by Allen Press, Lawrence, Kansas, USA. ISBN 1-891276-22-0, S. 827-860.
  5. А. N. Tsyganov, K. V. Babeshko, Yu. A. Mazei: A Guide to Testate Amoebae with the Keys to Genera. Pensa State University Publications, Pensa (Föderationskreis Wolga) 2016; ISBN 978-5-906913-19-7. S. 81-82.
  6. D. Gilbert, E.A.D. Mitchell (2006): Microbial diversity in Sphagnum peatlands. Developments in Earth Surface Processes 13 (9): 287-318.
  7. Rubén González-Miguéns, Milcho Todorov, Quentin Blandenier, Clément Duckert, Alfredo L. Porfirio-Sousa, Giulia M. Ribeiro, Diana Ramos, Daniel J.G. Lahr, David Buckley, Enrique Lara (2022): Deconstructing Difflugia: The tangled evolution of lobose testate amoebae shells (Amoebozoa: Arcellinida) illustrates the importance of convergent evolution in protist phylogeny. Molecular Phylogenetics and Evolution 175: 107557. doi:10.1016/j.ympev.2022.107557
  8. Fatma Gomaaa, Milcho Todorov, Thierry J. Heger, Edward A.D. Mitchell, Enrique Lara (2012): SSU rRNA Phylogeny of Arcellinida (Amoebozoa) Reveals that the Largest Arcellinid Genus, Difflugia Leclerc 1815, is not Monophyletic. Protist 163 (3): 389-399. doi:10.1016/j.protis.2011.12.001

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]