Oberharzer Wasserläufe

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Auslaufmundloch des Unteren Hasenbacher Wasserlaufes
Schlackensteingewölbemauerung im Franz-Auguster Wasserlauf
Auffahrung eines Oberharzer Wasserlaufes per Schlägel und Eisen im Gegenortbetrieb

Die Oberharzer Wasserläufe sind ein Teil des Oberharzer Wasserregals. Unter einem Wasserlauf versteht man den unterirdisch verlaufenden Teil der Gräben (vgl. Oberharzer Gräben) des historischen Oberharzer Silberbergbaus, die zur Versorgung der Bergwerke mit Kraftwasser ab dem 16. Jahrhundert angelegt worden sind. Im Bereich des Oberharzer Wasserregals gibt es über 35 Wasserläufe mit insgesamt etwa 30 km Länge. Wie alle Bauwerke des Oberharzer Wasserregals sind auch die Wasserläufe Bestandteil des Ensembles Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft und sind damit seit dem Jahr 2010 als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt.[1]

Bautechnik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obwohl der Sprengstoff bereits im 17. Jahrhundert im Oberharzer Bergbau eingesetzt wurde, hat man die Wasserläufe noch wesentlich länger von Hand, das heißt mit Schlägel und Eisen aufgefahren: Da man mit der richtigen Dosierung des Schwarzpulvers Schwierigkeiten hatte, befürchtete man an den oberflächennah verlaufenden Wasserläufen Tagesbrüche oder aber eine Zerklüftung des Gebirges und damit Undichtigkeiten. Fast alle Wasserläufe wurden im Gegenortvortrieb aufgefahren. Bis zum 18. Jahrhundert folgten die Bergleute beim Auffahren dem weichesten Gestein und erzeugten dadurch mitunter einen Zick-Zackparcours, der von der Luftlinie erheblich abwich. Erst ab dem 19. Jahrhundert wurden die Wasserläufe mit einer strikt geraden Trassierung und unter Einsatz von Sprengstoff angelegt.

Das für die Fließbewegung erforderliche Gefälle beträgt oft weniger als 1 ‰ (das heißt, weniger als 1 m Höhenunterschied auf 1000 m Länge). Der Querschnitt der Strecken betrug bei den alten Wasserläufen mit Schlägel- und Eisenarbeit mitunter nur 1,20 m Höhe bei 0,80 m Breite, bei den neueren aber meistens 2 m Höhe und 1 m Breite.

Wasserläufe hatten gegenüber Gräben den wesentlichen Vorteil, dass das weiterzuleitende Wasser unter Tage nicht einfrieren konnte. Sie wurden vornehmlich angelegt, um eine lange Bergumfahrung abzukürzen. Die Abkürzung bewirkte gleichzeitig ein höheres Gefälle (kürzere Distanz bei gleichem Höhenunterschied ergibt mehr Gefälle). Dadurch erhöhte sich die Fließgeschwindigkeit und damit dann auch die hydraulische Leistungsfähigkeit der Grabentour. Der Nachteil der Wasserläufe waren die hohen Investitionskosten.[2]

Liste der aktiven Oberharzer Wasserläufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reihenfolge nach der letzten Sortierung der Preussag, die sich anhand der Nutzungen in den Kraftwerken richtete.

Name Baujahr Länge Verlauf
Kellwasser Wasserlauf I 1821 170 m Dammgraben (Blochschleife) zum Nabetal
Kellwasser Wasserlauf II 1821 229 m Blochschleife zur Wiege des Dammgrabens
Rothenberger Wasserlauf 1868 775 m Dammgraben: Durchquerung des Rothenberges
Coventhaier Wasserlauf 1852 540 m Dammgraben: Durchquerung des Coventhaies
Dietrichsberger Wasserlauf 1863 1.044 m Dammgraben vom Fortuner Teich zum „Fenster“
Bielenwieser Wasserlauf 1864 357 m Dammgraben vom „Fenster“ zur „Teilung“ (Mönchstal)
Mönchstaler Wasserlauf 1677 474 m Dammgraben vom Mönchstal in den Oberen Hausherzberger Teich
Franz Auguster Wasserlauf 1832 632 m Dammgraben von der Teilung in den Unteren Pfauenteich
Jägersbleeker Wasserlauf 1771 132 m Träncke-Graben zum Jägersbleeker Teich
Huttaler Wasserlauf 1763 783 m Hirschler Teich zur Huttaler Widerwaage
Fortuner Wasserlauf 1785 777 m Jägersbleeker Graben in den Mittleren Pfauenteich
Prinz-Walliser Wasserlauf um 1740 563 m Nassenwieser Graben in den Johann-Friedricher Wasserlauf
Johann-Friedricher Wasserlauf 1673 805 m vom Johann-Friedricher Teich zum Dorotheer Kehrradsgraben
Kellerhalser Wasserlauf 1842 501 m vom Mittl. Kellerhalst. zum Neuen Kellerhalser Graben, später Nutzung im Zuge des Zellerfelder Kunstgrabens
Winterwieser Wasserlauf vor 1690 488 m vom Zellerfelder Kunstgraben in den Jungfrauer Graben / Mittl. Zechenteich
Bremerhöher Wasserlauf 1787 732 m Bremerhöher Graben zum Rosenhöfer Revier
Bärenbrucher Wasserlauf 1949 940 m vom Bärenbrucher Teich in den „Oberer Rosenhöfer Fall“
Oberer Schwarzenbacher Wasserlauf 1808 760 m „Oberer Rosenhöfer Fall“ zur Hasenbacher Widerwaage
Oberer Hasenbacher Wasserlauf 1811 638 m „Oberer Rosenhöfer Fall“ ab Hasenbacher Widerwaage
Oberer Flambacher Wasserlauf 1763 780 m „Oberer Rosenhöfer Fall“ vom Flambach zum Johannistal
Oberer Johannistaler Wasserlauf 1839 1.014 m „Oberer Rosenhöfer Fall“ Johannistal zum Kleinen Clausthal
Oberer Klein-Clausthaler Wasserlauf 1776 492 m „Oberer Rosenhöfer Fall“ vom Kleinen Clausthal zum Rosenhöfer Revier
Ziegenberger Wasserlauf 1847 413 m „Unterer Rosenhöfer Fall“ Vom Ziegenberger Teich zum Schwarzenbach
Unterer Schwarzenbacher Wasserlauf 1870 524 m „Unterer Rosenhöfer Fall“ vom Schwarzenbach zum Hasenbach
Unterer Hasenbacher Wasserlauf 1845 959 m „Unterer Rosenhöfer Fall“ vom Hasenbach zum Flambach
Unterer Flambacher Wasserlauf 1844 973 m „Unterer Rosenhöfer Fall“ vom Flambach zum Johannistal
Unterer Johannistaler Wasserlauf I 1835 558 m „Unterer Rosenhöfer Fall“ vom Johannistal zum Kleinen Clausthal
Unterer Johannistaler Wasserlauf II 1835 234 m "Unterer Rosenhöfer Fall" (Fortsetzung vom Johannistaler Wasserlauf I)
Unterer Klein-Clausthaler Wasserlauf 1792 791 m „Unterer Rosenhöfer Fall“ vom Kl. Clausthal zum Rosenhöfer Revier
Neuer (Unterer) Geseher Wasserlauf 1698 722 m Rehberger Graben zum Gesehr / St. Andreasberg
Schulte-Stollen 1838 1.220 m von der Innerste zur Wiemannsbucht (Bad Grund)
Oberer Eichelberger Wasserlauf 1889 1.110 m von Wiemannsbucht bis Schönhofsblick
Unterer Eichelberger Wasserlauf 1855 230 m Ableitung vom Knesebeckschacht

Liste der passiven Oberharzer Wasserläufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Passiv“ sind alle außer Betrieb befindlichen Wasserläufe. Zum Teil sind sie noch vollständig erhalten, teilweise aber weitgehend verfallen. Die nachfolgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Name Baujahr Länge Verlauf
Altenauer Silberhütte Wasserlauf 110 m Leitet Wasser aus dem "Schwarzen Wasser" zu Altenauer Silberhütte
Alter Dietrichsberger Wasserlauf 1662 260 m Dammgraben: Umfahrung des Dietrichsberges, wurde mit Bau des Neuen Dietrichsberger Wasserlaufes 1863 überflüssig.
Alter (Oberer) Geseher Wasserlauf 460 m Alter Rehberger Graben nach St. Andreasberg, Vorgänger des Neuen (Unteren) Geseher Wasserlaufs
Alter Oberer Klein-Clausthaler Wasserlauf 120 m Ob. Rosenhöfer Fall: Umfahrung des Hüttenkopfes; verbrochen
Alter Unterer Klein-Clausthaler Wasserlauf 200 m Unt. Rosenhöfer Fall: Umfahrung des Hüttenkopfes; verbrochen
Benedikter Wasserlauf 100 m Ob. Kehrzuggraben in den Hirschler Teich
Cathariner Wasserlauf 180 m Verbindet die Widerwage des Unteren Hausherzberger Teiches mit dem Ludwiger Graben
Kalte Küche Wasserlauf 1821 410 m Dammgraben: Durchquerung des Rothenberges, Wasserlauf wurde mit Bau des Rothenberger Wasserlaufes 1868 stillgelegt.
Kranicher Wasserlauf 1878 600 m vom Grundablass Kranicher Teich (Hahnenklee) zum Unteren Flößteich (Bockswiese)
Langer Wasserlauf 150 m Kleine Beileitung aus dem Okergebiet zum Langer Teich
Nassenwieser Wasserlauf 250 m vom Nassenwieser Graben zum Prinz-Walliser Wasserlauf
Pisstaler Wasserlauf 1732 1.100 m Stadtweger Graben (vom Stadtw. Teich) nach Bockswiese
Polsterberger Wasserlauf 1767 1.230 m Ursprünglich ein Stollen des Eisensteinbergbaus: Zwischen 1767 und 1813 Verbindung vom Polsterberger Hubhaus zum Huttaler Teich
Schwarzenberger Wasserlauf 1813 730 m Verbindet das Abflussgebiet der Söse mit der Oker
Sopieer Wasserlauf 250 m Verbund von 2 Wasserläufen vom Unteren Hausherzberger Teich zum Aufschlaggraben der Grube Sopie; verbrochen
Tannhaier Wasserlauf 1875 430 m Verbindung Kellerhalsteich, Kellerhalser Wasserlauf nach Bockswiese, Wäschegraben
Wildemanner Pochgraben Wasserlauf 105 m Wildemanner Pochgraben: Durchquerung des Hohebergs

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Huttaler Widerwaage mit Mundloch des Huttaler Wasserlaufes
  • Walter Knissel, Gerhard Fleisch: Kulturdenkmal „Oberharzer Wasserregal“ – eine epochale Leistung. Papierflieger, Clausthal-Zellerfeld 2004, ISBN 3-89720-725-7.
  • Martin Schmidt: Die Wasserwirtschaft des Oberharzer Bergbaus (= Schriftenreihe der Frontinus-Gesellschaft e. V. Heft 13). 3. Auflage. Harzwasserwerke, Hildesheim 2002, ISBN 3-00-009609-4.
  • Martin Schmidt: Das Kulturdenkmal Oberharzer Wasserregal. Harzwasserwerke, Clausthal-Zellerfeld 2005 (PDF (Memento vom 19. Juli 2011 im Internet Archive)).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mathias Döring, Justus Teicke: Oberharzer Wasserwirtschaft zum Weltkulturerbe erhoben. Schriften der Deutschen Wasserhistorischen Gesellschaft 14/2010, 133–149. ISBN 978-3-8391-8665-7.
  2. Martin Schmidt: Die Wasserwirtschaft des Oberharzer Bergbaus. In: Schriftenreihe der Frontinus-Gesellschaft e. V. 3., ergänzte Auflage. Heft 13. Harzwasserwerke, Hildesheim 2002, ISBN 3-00-009609-4