Offenburger Versammlung 1847

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Als Offenburger Versammlung wird die Volksversammlung von 800 bis 900 Personen im und vor dem Gasthaus „Salmen“ am 12. September 1847 im badischen Offenburg bezeichnet. Ergebnis der Veranstaltung war die Proklamation von 13 „Forderungen des Volkes in Baden“, die im Wesentlichen bereits lange geforderte Grundrechte verlangten. Dieses Offenburger Programm war die programmatische Basis der demokratischen Bewegung. Es beinhaltete angesichts der 1847 grassierenden Not in den unteren Bevölkerungsschichten auch frühsozialistisches Gedankengut.

Die Versammlung

Die Veranstaltung wurde von Mannheimer radikalen Demokraten um Gustav Struve, Valentin Streuber und Friedrich Hecker im Rahmen des Wahlkampfes für die Nachwahlen zur Zweiten Kammer in Baden organisiert. Die Wahl des Tagungsortes war dabei der guten Erreichbarkeit als zentraler Bahnmittelpunkt in Baden geschuldet sowie der Tatsache, dass in Offenburg ein wichtiger Wahlkreis zu vergeben war und die Linke den Kandidaten Christian Kapp, einen der Hauptredner der Veranstaltung, unterstützen wollte. Die Versammlung wurde vom Offenburger Bürgermeister Gustav Rée geleitet.

Die Forderungen des Volkes

Forderungen des Volkes in Baden, Flugblatt von 1847

Die Versammlung forderte die „Selbstregierung des Volkes“ nach dem Vorbild der Verfassung der USA sowie die Reduzierung der Macht der „Bureaukraten“ und „Jesuiten“. Daneben wurde die hohe Steuer- und Abgabenlast beklagt.

Die aufkommende Industrialisierung, bei der „Fabrikanten das kleine Gewerbe ruiniert“ würden, wurde ebenso wie die Macht des Kapitals, das „den Arbeiter zum Sklaven herabsinken“ lasse, kritisiert. Diesen Zuständen stellte man die Forderung nach einem genossenschaftlich organisierten Wirtschaften gegenüber. Kapital- und Vermögenskonzentration sollten gesetzlich begrenzt werden.

Die nach der Versammlung als Flugblätter verteilten und in Zeitungen gedruckten „Forderungen des Volkes“ mit dem Datum 12. September 1847 enthielten darüber hinaus einen umfassenden Grundrechtekatalog.

  • Im ersten Artikel wurde die Rücknahme der Karlsbader Beschlüsse, der Frankfurter Beschlüsse[1] und der Wiener Beschlüsse und somit die Achtung der von Karl Friedrich Nebenius erarbeiteten badischen Verfassung von 1818 sowie der Bundesakte gefordert.
  • Die folgenden zwei Artikel verlangten Pressefreiheit, Lehrfreiheit sowie Glaubens- und Gewissensfreiheit. In Artikel 5 wurde die Vereins- und Versammlungsfreiheit, das Recht auf ungehinderte Bewegung innerhalb des Deutschen Bundes sowie die Reduzierung polizeilicher Bevormundung thematisiert. Der 13. und letzte Artikel erklärte die Gleichheit aller Bürger.
  • Artikel 4 und 7 verlangten die Volksbewaffnung und die Vereidigung des Militärs auf die Verfassung.
  • Artikel 6 umfasste den Ruf nach einer Volksvertretung für Deutschland.
  • Die Artikel 8 bis 10 befassten sich mit ökonomisch-sozialen Fragen. Gefordert wurde eine gerechte Besteuerung in Form einer progressiven Einkommensteuer sowie der freie Zugang zu Bildung. Schließlich wurde der „Ausgleich des Mißverhältnisses zwischen Arbeit und Kapital“ und die Verpflichtung des Staates zum Schutz der Arbeit proklamiert.
  • Artikel 11 und 12 beschäftigten sich mit der Organisation der Exekutive und Judikative und sprachen sich für die Einführung von Geschworenengerichten und eine „Selbstregierung des Volkes“ statt einer „Vielregierung der Beamten“ aus.

Offenburger Freiheitsfest

Zur Erinnerung an das historische Ereignis wird in Offenburg jedes Jahr im September der „Freiheitstag“ gefeiert.

Fußnoten

  1. siehe: Freie Stadt Frankfurt und Deutscher Bund

Weblinks

Wikisource: Die Forderung des Volkes – Quellen und Volltexte