Philipphof

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Philipphof neben der Albertina um 1900

Der Philipphof war ein bekanntes, sehr repräsentatives Großwohnhaus am Wiener Albertinaplatz (bis 1920 Albrechtsplatz, bis 1934 Revolutionsplatz) / Helmut-Zilk-Platz, das 1945 bei einem Bombenangriff der Alliierten kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört wurde und knapp 300 Menschen unter sich begrub.

Geschichte

Vorgängerbau und Stadtentwicklung

Ernst Graner: Der damalige Albrechtsplatz mit dem Philipphof, 1904

An der Stelle des Philipphofes befand sich zuvor das riesige Bürgerspitalzinshaus. Mit insgesamt knapp 220 Wohnungen handelte es sich dabei um das größte Mietzinshaus seiner Zeit in Wien. 1857 entschied Kaiser Franz Joseph I., die Stadtmauer abzureißen, das Glacis zur Verbauung freigeben und die Wiener Ringstraße bauen zu lassen. Sie wurde 1865 eröffnet; in diesem Jahr war mit dem Bau der Prunkbauten entlang des Rings zum Teil jedoch noch nicht einmal begonnen worden. Die Wiener Staatsoper, später Nachbarin des Philipphofes, wurde 1869 eröffnet. Hinter der Oper wurde 1876 das Hotel Sacher in Betrieb genommen. In den Jahren von 1874 bis 1883 wurde das Bürgerspitalzinshaus zu Gunsten der Errichtung des Philipphofes und benachbarter Häuser (bis zur Kärntner Straße) abgerissen.

Bau des Philipphofes

1884 wurde schließlich der von Architekt Karl König geplante Ziererhof errichtet, der sehr bald in Philipphof umbenannt wurde. Er umfasste den dreieckigen, zur Oper bzw. zum Albrechtsplatz spitz zulaufenden Häuserblock AugustinerstraßeFührichgasse–Tegetthoffstraße. Karl König wirkte damals auch an mehreren Zinshäusern und Palais, dem Haus der Industrie am Schwarzenbergplatz und mehreren Synagogen in den Vorstädten mit.

Eigentumsverhältnisse

Der Philipphof wurde bald vom kaiserlichen Familienfonds gekauft. Dieser wurde 1919, nach dem Ende der Monarchie, mit dem Habsburgergesetz entschädigungslos ins Eigentum der Republik Österreich übernommen. 1936 wurde der Philipphof von der Diktaturregierung Kurt Schuschnigg im Ständestaat an den habsburgischen Fonds zurückerstattet. Nach der Annexion des Landes am 13. März 1938 machte das NS-Regime diese Rückerstattung rückgängig. Die Zweite Republik stellte 1945 den Rechtszustand vor den beiden Diktaturen wieder her; das Areal befand sich somit neuerlich in österreichischem Staatsbesitz.

Zerstörung

Im Keller unter dem Wohnhaus wurde während des Zweiten Weltkriegs ein Luftschutzkeller eingerichtet, der auch den Bewohnern der umliegenden Häuser Zuflucht bieten sollte. Am 12. März 1945 kam es zum schwersten Luftangriff auf Wien, wobei von den US-amerikanischen Flugzeugen nahezu ausschließlich das historische Stadtzentrum bombardiert wurde. Dabei wurde das Areal um den Albertinaplatz fast völlig zerstört. Der Philipphof und sein Luftschutzkeller stürzten in sich zusammen und begruben weit über 300 Menschen unter sich. Fritz M. Rebhann berichtete dazu:

„Jenen aber, die in den Keller gestiegen waren, wurde durch Explosionen, herabstürzende Mauern, die Glut des Brandes und schließlich durch kopflose oder unzureichende Rettungsaktionen ein gräßliches Schicksal bereitet. Erst gegen Abend gelang es den Einsatzkräften, in einen Teil des Kellers vorzudringen. 27 Menschen, die im siedenden Löschwasser gekocht worden waren, wurden zunächst nach oben gebracht (…) Der Bergungserfolg war gering, allgemein breitete sich Erschöpfung und Gleichgültigkeit aus. Immer wieder flammten Glutnester hoch, die kargen Berichte der Feuerwehrzentrale sprechen von Nachlöscharbeiten bis Ende März. (…) Die folgenden Angriffe und das um sich greifende Chaos hemmten bald jeden weiteren Rettungsversuch, zumal es aussichtslos wurde, jemand noch lebend anzutreffen.“[1]

Die genaue Opferzahl ist unbekannt, da nur 180 Leichen geborgen werden konnten. Auch die Nachbargebäude (Albertina, Staatsoper) wurden schwer getroffen und brannten aus. Nach Ende des Krieges wurden die Reste des Philipphofes am 25. Oktober 1947 gesprengt und der Schutt abgetragen.

Gedenken

Mahnmal gegen Krieg und Faschismus

Aus Respekt vor den Opfern, die bis heute unter dem Platz begraben liegen, wurde dieser nicht mehr bebaut. Eine schlichte Grünanlage markierte den einstigen Standort des Philipphofes, der nun zum Albertinaplatz gerechnet wurde; die umliegenden Häuser behielten ihre alten Adressen. Das von der Wiener Stadtverwaltung bei Alfred Hrdlicka in Auftrag gegebene „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ wurde unter heftigen Diskussionen über die von Bürgermeister Helmut Zilk vertretene Standortwahl 1988 an der Stelle über den unterirdischen Resten des Philipphofes errichtet. 2009 wurde der Platz rund um das Denkmal in Würdigung von Zilks Standfestigkeit trotz Medienkritik Helmut-Zilk-Platz benannt. Dieser nimmt nun den nördlichen Teil des 1947 erweiterten Albertinaplatzes ein.

Zwei Gedenktafeln erinnerten speziell an den Philipphof und seine Opfer. Auf ihnen stand:

Lieber MitbürgerInnen!
Hier stand der Wiener Philipp-Hof bis zum 12. März 1945.
An diesem Tag starben durch Spreng- und Brandbomben in dem mit der Zerstörung von Städten in Polen und England ausgelösten allgemeinen und umfassenden Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung hunderte Menschen, die in den Luftschutzkellern dieses Gebäudes Zuflucht gesucht hatten.
Diesen Toten und allen zivilen Opfern der Luftangriffe im 2. Weltkrieg hüben und drüben wird ein ehrendes Gedenken bewahrt. Den kompetenten Regierungen der Welt als ersuchende Mahnung:
Bewahrt den Völkern den Frieden!

Die Gedenktafeln waren im September 2011 an Ort und Stelle nicht mehr auffindbar.

Weblinks

Commons: Philipphof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Historische Ansichten des Philipphofes (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive) (Version aus dem Internet Archive vom 28. September 2007, da Original nicht mehr verfügbar)

Einzelnachweise

  1. Fritz M. Rebhann: Finale in Wien – Die Gaustadt im Aschenregen, Herold-Verlag, Wien 1969, S. 167 f.

Koordinaten: 48° 12′ 17″ N, 16° 22′ 8″ O