Quelltext der Seite Quest-Expedition

[[Datei:HRM EHS p272.jpg|mini|hochkant|Das Expeditionsschiff ''Quest'']]
Die '''Quest-Expedition''' (offizieller Name: ''Shackleton-Rowett-Expedition'' 1921–1922) war eine Forschungsreise in die Antarktis und zugleich die letzte Expedition des Polarforschers [[Ernest Shackleton]]. Die von dem englischen Geschäftsmann John Quiller Rowett finanzierte Entdeckungsfahrt ist nach dem Forschungsschiff ''Quest'' benannt. Obwohl Shackleton die Umrundung des [[Antarktika|antarktischen Kontinents]] und die Suche nach „verschollenen“ [[Liste von antarktischen und subantarktischen Inseln|subantarktischen Inseln]] als Ziele genannt hatte,<ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 684.</ref> blieb der genaue Zweck dieser nach eigenen Worten {{"|ozeanographischen und sub-antarktischen Expedition}}<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 446: {{" |Text=oceanographic and sub-antarctic expedition |Sprache=en}}.</ref> in Bezug auf wissenschaftliche Erkenntniserweiterungen weitgehend unklar. Noch vor dem Erreichen des Zielgebiets starb Shackleton in [[Grytviken]] auf der südatlantischen Insel [[Südgeorgien]] an einem Herzinfarkt.

Unter der Leitung von Shackletons Stellvertreter [[Frank Wild]] wurde die Expedition mit einem verkürzten Programm fortgesetzt. Die ''Quest'' erwies sich jedoch aufgrund ihrer geringen Größe und der schwachen Motorisierung als ungeeignet, weit in das antarktische [[Packeis]] vorzustoßen. Stattdessen ließ Wild das Schiff Kurs auf [[Elephant Island]] nehmen, wo sechs Jahre zuvor 21&nbsp;gestrandete Teilnehmer der [[Endurance-Expedition]] mehrere Monate auf ihre Rettung gewartet hatten. Im Anschluss daran sollte die ''Quest'' für einen weiteren Vorstoß ins Packeis in [[Kapstadt]] überholt werden. Dort erreichte Wild und die anderen Expeditionsteilnehmer die in den Quellen unbegründete Order von Rowett, die Expedition abzubrechen und nach [[England]] zurückzukehren.

Obwohl der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn kaum erwähnenswert ist, so ist die Reise zumindest von historischer Bedeutung. Sie markiert das Ende des sogenannten [[Goldenes Zeitalter der Antarktis-Forschung|Goldenen Zeitalters der Antarktis-Forschung]] und den Übergang zu einer technischen Epoche antarktischer Forschungsreisen. Das Ereignis, durch das die Expedition der Öffentlichkeit in Erinnerung blieb und das den Ablauf der Reise überschattete, war der plötzliche Tod Ernest Shackletons.

== Vorgeschichte und erste Planung ==
[[Datei:JM IFS Shackleton and Rowett 4.jpg|mini|hochkant|Ernest Shackleton (links) und John Quiller Rowett an Bord der ''Quest'']]
Shackleton kehrte von der [[Endurance-Expedition]], bei der er durch seinen persönlichen Einsatz alle Expeditionsteilnehmer vor dem sonst sicheren Tod bewahrt hatte, im Mai 1917 in das unter dem Eindruck des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] stehende [[England]] zurück. Obwohl er eigentlich schon zu alt dafür war, meldete er sich als Kriegsfreiwilliger und wurde im Rang eines [[Major]]s auf eine Militäroperation nach Nordrussland geschickt.<ref>Mill: ''The Life of Sir Ernest Shackleton''. 1923, [http://www.archive.org/stream/lifeofsirernests00milluoft#page/n311/mode/2up S. 257.]</ref> Wenig zufrieden mit seinen Aufgaben schrieb er nach Hause: {{"|Ich fühle mich zu nichts nutze, außer wenn ich mich den Stürmen der Wildnis aussetze.}}<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 435: {{" |Text=I feel I am no use to anyone unless I am outfacing the storm in wild lands. |Sprache=en}}</ref> Nach Kriegsende kehrte Shackleton im März 1919 nach England zurück. Er hoffte auf finanzielle Gewinne durch die Gründung eines Unternehmens, das sich um die wirtschaftliche Förderung der nordwestrussischen Region bemühen sollte.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 437.</ref> Zu diesem Zweck begab er sich auf die Suche nach weiteren Investoren, doch alle Planungen kamen nach der Machtübernahme der [[Bolschewiki]] im Zuge des [[Russischer Bürgerkrieg|Russischen Bürgerkriegs]] zum Erliegen.<ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 671–672.</ref> Während der folgenden fünf Monate um den Jahreswechsel 1919/1920 hielt Shackleton in der Philharmonic Hall in London zweimal täglich an sechs Tagen pro Woche Vorträge über die Endurance-Expedition.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 441.</ref><ref>[https://collections.exeter.ac.uk/repository/bitstream/handle/10472/4126/BD018690.jpg?sequence=1 Sir Ernest Shackleton - marvellous moving pictures,] Veranstaltungsplakat zu Shackletons Vorträgen in der Philharmonic Hall in London. University of Exeter. Abgerufen am 7. März 2012.</ref> Zunehmend ermüdet von dieser Tätigkeit begann er trotz hoher Schulden aus vorangegangenen Unternehmungen, die Möglichkeiten zu einer weiteren Expeditionsreise auszuloten.<ref>Mill: ''The Life of Sir Ernest Shackleton''. 1923, [http://www.archive.org/stream/lifeofsirernests00milluoft#page/268/mode/2up S. 268.]</ref>

Shackleton plante, eine Reise in die [[Arktis]] zu unternehmen, {{"|um den großen Freiraum zu besetzen, der jetzt [[Beaufortsee]] genannt wird.}}<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 443: {{" |Text=fill in this great blank now called the Beaufort Sea. |Sprache=en}}</ref> Dieses Gebiet nördlich von [[Alaska]] und westlich des [[Kanadisch-arktischer Archipel|kanadisch-arktischen Archipels]] war zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend unerforscht. Aufgrund bereits existierender Aufzeichnungen zu [[Gezeiten]]strömungen vermutete Shackleton dort große Landmassen, die {{"|abgesehen von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung von höchstem wissenschaftlichen Interesse für die Welt}}<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 442: {{" |Text=the greatest scientific interest to the world, apart from the possible economic value. |Sprache=en}}</ref> wären. Außerdem hoffte er, erstmals den [[Pol der Unzugänglichkeit#Nordpol der Unzugänglichkeit|nördlichen Pol der Unzugänglichkeit]] zu erreichen.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n23/mode/2up/S. 2.]</ref> Im März 1920 wurden seine Pläne von der [[Royal Geographical Society]] befürwortet und fanden auch bei der [[Kanada|kanadischen]] Regierung Unterstützung. In der Folgezeit bemühte sich Shackleton um die Finanzierung seines Vorhabens, dessen Kosten er zunächst mit [[Pfund Sterling|£]]&nbsp;50.000 (heute rund £&nbsp;{{Inflation|1=UK|2=50000|3=1921|r=−3}} [£&nbsp;1 = {{Wechselkurs|GBP|EUR|NKS=3}}&nbsp;€])<ref name="Money">Berechnung mit Hilfe von [[Vorlage:Inflation]] und [[Vorlage:Wechselkurs]].</ref> bezifferte.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 443.</ref> Dabei traf er seinen alten Schulfreund aus der Zeit am [[Dulwich College]], den erfolgreichen Geschäftsmann John Quiller Rowett (1874–1924). Dieser stellte ihm ein Startkapital zur Verfügung, mit dem Shackleton den norwegischen [[Robbenjagd|Robbenfänger]] ''Foca I'' und weitere Ausrüstung kaufen sowie mit der Anwerbung von Expeditionsteilnehmern beginnen konnte.<ref>Mill: ''The Life of Sir Ernest Shackleton''. 1923, [http://www.archive.org/stream/lifeofsirernests00milluoft#page/268/mode/2up S. 269–270.]</ref>

Im Mai 1921 zeichnete sich bei der kanadischen Regierung aufgrund einer angespannten [[Haushaltssaldo|Haushaltslage]] ein Umdenken ab. Nach einer Reihe von Telegrammen zwischen Shackleton und dem kanadischen Premierminister [[Arthur Meighen]] zog die Regierung ihre Zusage, die Expedition finanziell zu unterstützen, zurück.<ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 680–682.</ref> Statt alle Planungen aufzugeben, entschloss sich Shackleton zu einer Neuorientierung. Mitte Mai informierte er seinen alten Gefährten [[Alexander Macklin]] (1889–1967), der sich zu dieser Zeit in Kanada zum Kauf von Schlittenhunden für die Expedition aufhielt, dass das neue Ziel die Antarktis sei, um dort ozeanografische Forschungsarbeiten und solche zur Küstenkartografie sowie Studien zum Vorkommen an Mineralien durchzuführen.<ref name="fi442-445">Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 442–445.</ref>

== Vorbereitungen ==
=== Neuausrichtung, Finanzierung und Ausrüstung der Expedition ===
[[Datei:FW SLV Wild in the Masthead of the Quest 108.jpg|mini|hochkant|Frank Wild auf der Mastspitze der ''Quest'' mit dem elektrisch beheizbaren Ausguck<ref>[http://www.antarctic-circle.org/llag.shackleton.htm#280 Low-Latitude Antarctic Gazetteer (Site No. 280):] Das Krähennest befindet sich heute als [[Kanzel]] in der Kirche „All Hallows-by-the-Tower“ in London.</ref> ]]
Bereits vor dem Rückzug der kanadischen Regierung hatte Shackleton Überlegungen zu einer Antarktisexpedition anstelle einer Reise in die Beaufortsee angestellt. Laut der späteren Aussage seines Freundes Hugh Robert Mill (1861–1950), eines langjährigen Bibliothekars der Royal Geographical Society, hatte er schon im März 1920 unterschiedliche Pläne ausgearbeitet. Als Alternative zur Expedition in die Beaufortsee hatte Shackleton nach eigener Aussage {{"|eine ozeanografische Expedition zu allen wenig bekannten Inseln im [[Südatlantik]] und [[Südpazifik]]}}<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 287: {{" |Text=an oceanographical expedition with the object of visiting all the little-known islands of the South Atlantic and South Pacific. |Sprache=en}}</ref> vorgesehen. Dazu gehörte die Suche nach „verschollenen“ oder falsch kartografierten subantarktischen Inseln (zum Beispiel [[Dougherty Island]] und die [[Nimrod-Gruppe]]),<ref>''Shackleton’s Search for Antarctic Islands of Doubt.'' In: ''[[The New York Times|New York Times]].'' 3. Juli 1921, [http://query.nytimes.com/mem/archive-free/pdf?_r=1&res=9900E6D61739E133A25750C0A9619C946095D6CF S. 68.] Abgerufen am 19. Januar 2010.</ref> die Untersuchung der mineralischen Vorkommen auf diesen Inseln und ein umfangreiches wissenschaftliches Forschungsprogramm. Letzteres beinhaltete Tiefenmessungen vor der [[Gough-Insel]], um einer vermuteten [[Kontinentalhang|bathyalen]] Kontinentalverbindung zwischen [[Afrika]] und [[Südamerika]] nachzugehen.<ref>''Shackleton to Sail to Antarctic Again'', New York Times vom 29. Juni 1921, [http://query.nytimes.com/mem/archive-free/pdf?res=9B02E2DE1731EF33A2575AC2A9609C946095D6CF S. 13.] Abgerufen am 19. Januar 2010.</ref> Die Autoren und Shackleton-Biografen Margery und [[James Fisher (Naturforscher)|James Fisher]] bezeichneten diese Pläne als {{"|diffus}} und {{"|viel zu umfangreich, um diese innerhalb von zwei Jahren mit einer kleinen Mannschaft abzuarbeiten.}}<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 446: {{" |Text=diffuse |Sprache=en}}, {{" |Text=far too comprehensive for one small body of men to tackle within two years. |Sprache=en}}</ref> Nach Meinung des Shackleton-Biografen [[Roland Huntford]] hatte die Expedition kein wirkliches Ziel und war {{"|nur allzu deutlich unvorbereitet, ein Vorwand [für Shackleton] zur Flucht [aus dem Einerlei].}}<ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 685: {{" |Text=only too clearly a piece of improvisation, a pretext to get away. |Sprache=en}}</ref>

Shackleton selbst nannte seine Absichten {{"|bahnbrechend}}<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 448: {{" |Text=pioneering |Sprache=en}}.</ref> und bezog sich in dieser Einschätzung insbesondere auf das bei der Expeditionsreise mitgeführte [[Wasserflugzeug]], das schließlich jedoch nicht zum Einsatz kam.<ref name="fi446-449">Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 446–449.</ref> Zudem wurden zahlreiche technologische Neuerungen für Forschungsschiffe eingeführt, wie zum Beispiel zwei Exemplare der erst kurz zuvor patentierten [[Schleuderscheibe]],<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n37/mode/2up S. 11.]</ref><ref>[http://www.google.co.il/patents/US1379750?printsec=abstract&dq=1379750&ei=Yq1YT6r6GYjtsgac6ZGODA#v=onepage&q&f=false US-Patent 1,379,570] auf Google Patents. Abgerufen am 8. März 2012.</ref> ein [[Kreiselkompass]] mit selbstleuchtender [[Skale]], ein elektrisch beheizbarer [[Ausguck]] und ein sogenannter ''Odograph'', mit dessen Hilfe die Geschwindigkeit und die Route des Schiffes ermittelt und aufgezeichnet wurden.<ref name="fi446-449" /> Trotz schlechter Erfahrungen mit einem Funkwellenempfänger auf der ''Endurance''<ref>Shackleton: ''South''. 1920, [http://www.archive.org/stream/cu31924032382529#page/n77/mode/2up S. 37.]</ref> waren auf der ''Quest'' zwei [[Morsetelegrafie|Funkgeräte]] unterschiedlicher Reichweite installiert.<ref>Wild: ''Shackleton′s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n35/mode/2up/ S. 10.]</ref> Shackleton hatte bei seinen vorherigen Expeditionen besonderen Wert auf die Dokumentation durch Fotografien und Filmaufnahmen gelegt. Daher wurde auch für diese Reise {{"|ein großes und teures Sortiment von Kameras, kinematografischen Apparaten und allgemeiner fototechnischer Ausrüstung erworben.}}<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 289: {{" |Text=a large and expensive outfit of cameras, cinematographical machines and general photographic appliances acquired. |Sprache=en}}</ref> Für die ozeanografischen Vermessungsarbeiten war der Einsatz einer [[Tiefenlot|Lotmaschine]] vorgesehen.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n41/mode/2up S. 13.]</ref> All diese Anschaffungen wurden mit Hilfe der von Rowett stammenden Sponsorengelder finanziert. Dieser hatte sich inzwischen bereiterklärt, die gesamten Kosten der Expedition zu übernehmen, die Shackleton schließlich mit etwa £&nbsp;100.000 (heute rund £&nbsp;{{Inflation|1=UK|2=100000|3=1921|r=−3}})<ref name="Money" /> veranschlagte.<ref name="fi446-449" /><ref>Mill: ''The Life of Sir Ernest Shackleton''. 1923, [http://www.archive.org/stream/lifeofsirernests00milluoft#page/270/mode/2up S. 271.]</ref> Hierdurch wurde die Quest-Expedition zur ersten vollständig aus privater Hand finanzierten Forschungsreise in die Antarktis. Frank Wild schrieb hierzu später: {{"|[Rowetts] Großzügigkeit ist umso bemerkenswerter, weil ihm bewusst war, dass keine Aussicht auf Rückerstattung bestand. Er tat dies im Interesse der Forschung und aus Freundschaft zu Shackleton.}}<ref>Frank Wild: [http://www.jstor.org/stable/pdfplus/1781104.pdf ''The Voyage of the Quest'']. In: ''Geographical Journal.'' 61(2), 1923, S. 74: {{" |Text=His generous attitude is the more remarkable in that he knew there was no prospect of financial return, and what he did was in the interest of scientific research and from friendship with Shackleton. |Sprache=en}} Abgerufen am 19. Januar 2010.</ref> Die einzige öffentlich wahrnehmbare Anerkennung, die Rowett erfuhr, war, dass sein Name in der offiziellen Benennung der Expedition Erwähnung fand.<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 287–288.</ref> Nach Darstellung des Shackleton-Biografen [[Roland Huntford]] war Rowetts Erscheinungsbild eigentlich das eines schwerfälligen und nüchternen Geschäftsmanns,<ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 682.</ref> der im Wein- und Spirituosengeschäft ein Vermögen verdient hatte. 1920 war er Mitgründer und Hauptkapitalgeber eines an der [[University of Aberdeen]] ansässigen Forschungsinstituts für [[Futtermittel|Tierernährung]] gewesen und hatte zahnmedizinische Forschungsarbeiten am [[Middlesex Hospital]] in [[London]] unterstützt. 1924 nahm er sich offenbar aufgrund einer bevorstehenden [[Privatinsolvenz]] das Leben.<ref>David Smith: {{Webarchiv |url=http://www.bahs.org.uk/46n1a4.pdf |text=''The Agricultural Research Association, the Development Fund, and the Origins of the Rowett Research Institute'' |wayback=20110716110124}}. Agricultural History Review, Fußnote No. 106, S. 60. British Agricultural History Society 1998. Abgerufen am 19. Januar 2010.</ref>

=== Schiff ===
[[Datei:Shackleton's Ship Quest 1921.JPG|mini|Die ''Quest'' beim Durchfahren der [[Tower Bridge]] in London<ref name="pathe" />]]
Der Robbenfänger ''Foca I'', den Shackleton im März 1921 erwarb und nach einem Vorschlag seiner Frau Emily (1868–1936) in ''Quest'' umbenannte, war ein 1917 in [[Norwegen]] gebauter [[Schoner]] mit einer Länge von 111&nbsp;[[Fuß (Einheit)|Fuß]] (etwa 34&nbsp;m) und einer maximalen Breite von 23&nbsp;Fuß (etwa 7&nbsp;m).<ref name="Wild8">Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n33/mode/2up/ S. 8.]</ref> Besonders markant war sein senkrechter [[Steven|Vordersteven]].<ref name="hu684-685">Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 684–685.</ref> Die Vermessung des Schiffes lag bei 205 [[Registertonne|Brutto-]] und 94 [[Registertonne|Nettoregistertonnen]]<ref>[http://www.plimsollshipdata.org/pdffile.php?name=30a0164.pdf LLoyd’s Register 1930–1931.] (PDF; 69&nbsp;kB) Abgerufen am 7. März 2012.</ref> und die Ladekapazität bei 120&nbsp;[[Britische Tonne|Tonnen]]<ref name="Wild8" /> (nach anderen Quellen 125&nbsp;Tonnen).<ref>Marr: ''Into the Frozen South''. 1923, [http://www.archive.org/stream/intofrozensouth00marruoft#page/12/mode/2up/ S. 12.]</ref><ref>Mills: ''Exploring Polar Frontiers.'' Vol. II. 2003, [http://books.google.de/books?id=PYdBH4dOOM4C&pg=PA703&dq=wild+125-ton+quest&hl=de&sa=X&ei=oWZYT9DSDo7Tsgad2YSbDA&ved=0CDgQ6AEwAA#v=onepage&q&f=false S. 703.]</ref> Shackleton ließ das Schiff in [[Southampton]] mit einer [[Ketsch (Schiffstyp)|Ketschtakelage]] ausstatten. Es verfügte über ein geräumiges Deckshaus über dem erhöhten [[Deck (Schiffbau)|Achterdeck]], elektrisches Licht in den Kabinen, [[Rahsegel]] am [[Großmast]] und einen Hilfsantrieb in Form einer zweizylindrigen [[Verbunddampfmaschine]] des Herstellers Kalnæs Maskin Verkstad aus [[Tønsberg]].<ref>Lloyd′s Register of Shipping: ''Volume I. - Steamers and Motorships also Sailing Vessels and Motor Trawlers, Drifters and other Fishing Vessels, and List of Ship Owners &c.'' London, 1925.</ref> Die Dampfmaschine sollte gegen einen [[Dieselmotor]] ersetzt werden, doch die zeitliche Verzögerung durch einen Werftarbeiterstreik verhinderte den Umbau. Der Dampfantrieb war für eine Geschwindigkeit von bis zu 7&nbsp;[[Knoten (Einheit)|Knoten]] ausgelegt.<ref name="Wild8" /> In Wirklichkeit wurden jedoch maximal nur etwa 5½&nbsp;Knoten erreicht, und die ''Quest'' neigte schon bei geringem Seegang zum [[Rollen (Bewegung)|Rollen]].<ref name="fi459-461">Fisher: ''Shackleton.'' 1957, S. 459–461.</ref> Bereits am Tag der Abfahrt aus England kam Shackleton zu der Überzeugung, dass das Schiff für längere Seereisen ungeeignet war.<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 287–289.</ref> Aufgrund diverser Pannen und Betriebsstörungen musste die ''Quest'' auf der Reise nach Süden in jedem Zwischenhafen repariert werden.<ref name="hu684-685" />

=== Mannschaft ===
{{Hauptartikel|Quest-Expedition/Mannschaftsliste|titel1=Mannschaftsliste der Quest-Expedition}}

[[Datei:FW SLV Kerr with sounding machine 13.jpg|mini|Maschinist Alexander Kerr (1892–1964) inspiziert die automatische, dampfgetriebene ''Lucas''-Lotmaschine der Telegraph Construction and Maintenance Company]]
In einem Artikel in der [[The Times|London Times]] hatte Shackleton angekündigt, mit etwa einem Dutzend Teilnehmern, die ihn in der Mehrzahl bereits auf früheren Expeditionen begleitet hatten, in die Antarktis aufzubrechen.<ref name="fi442-445" /> Am Abreisetag aus London waren es in Anpassung an das Expeditionsprogramm schließlich 20&nbsp;Männer.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 464.</ref> Der stellvertretende Expeditionsleiter [[Frank Wild]] hatte an allen Antarktisexpeditionen teilgenommen, an denen auch Shackleton beteiligt gewesen war. Darüber hinaus verfügte er über Erfahrungen durch seine Teilnahme an der [[Australasiatische Antarktisexpedition|Australasiatischen Antarktisexpedition]] (1911–1914) unter [[Douglas Mawson]]. Sieben weitere Männer, unter ihnen Kapitän [[Frank Worsley]], waren Veteranen der [[Endurance-Expedition]]. Der Elektriker James Dell (1880–1968) hatte zusammen mit Shackleton und Wild rund 20&nbsp;Jahre zuvor an der [[Discovery-Expedition]] unter der Leitung von [[Robert Falcon Scott]] teilgenommen. Shackleton rechnete auch mit [[Tom Crean]], den er als Verantwortlichen für die [[Rettungsboot (Ausrüstung)|Rettungsboote]] vorsah, doch Crean hatte sich bereits ins Privatleben zurückgezogen und lehnte daher Shackletons Angebot ab. [[Ernest Joyce]] hatte sich nach der Teilnahme an der [[Ross Sea Party]] mit Shackleton wegen ausstehender Zahlungen überworfen und wurde daher nicht berücksichtigt.<ref>Tyler-Smith: ''Lost Men''. 2006, S. 256–257.</ref> Unter den Neulingen befand sich der neuseeländische Offizier der [[Royal Air Force]] Roderick Carr (1891–1971). Shackleton heuerte ihn als [[Pilot]]en des Expeditionsflugzeugs an, einer einmotorigen [[Avro 534]], die zu einem Wasserflugzeug mit einem 80-PS-Motor umgebaut worden war.<ref>Riffenburgh: ''Encyclopedia of the Antarctic.'' Vol. I. 2006, S. 892.</ref><ref>Verdon Roe: ''The World of Wings and Things''. 1939, S. 258.</ref> Shackleton und Carr kannten sich aus der gemeinsamen Zeit in Nordrussland während des Ersten Weltkriegs. Letzterer hatte danach als [[Chef des Stabes|Stabschef]] bei den [[Litauische Luftstreitkräfte|litauischen Luftstreitkräften]] gearbeitet. Da der [[Doppeldecker (Flugzeug)|Doppeldecker]] wegen fehlender Teile schließlich nicht zum Einsatz kam, assistierte Carr während der Expedition bei wissenschaftlichen Arbeiten.<ref name="fi451-453">Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 451–453.</ref> Zum wissenschaftlichen Personal gehörte der australische Biologe [[Hubert Wilkins]], der bereits über arktische und antarktische Erfahrungen verfügte, sowie der kanadische Geologe George Vibert Douglas (1892–1939), der sich ursprünglich für die eigentlich vorgesehene Forschungsreise in die [[Beaufortsee]] gemeldet hatte.<ref name="fi451-453" /> Die größte öffentliche Aufmerksamkeit erhielten [[James Marr]] und Norman Mooney (1905–1945).<ref>Ronald I. Lewis-Smith: [https://www.cambridge.org/core/services/aop-cambridge-core/content/view/8E65EE8D746B7375B204CC79E28A59FE/S003224741800030Xa.pdf/norman-erlend-mooney-shackletons-other-boy-scout.pdf ''Norman Erlend Mooney, Shackleton’s “other” Boy Scout.''] In: ''[[Polar Record]]'' 54 (275), S. 152–157, Cambridge University Press, Cambridge 2018 (englisch, PDF, 589&nbsp;kB). Abgerufen am 13. Mai 2022.</ref> Beide wurden im Rahmen einer durch die [[Daily Mail]] organisierten Ausschreibung aus 1700&nbsp;[[Pfadfinder]]n ausgewählt, die sich um eine Teilnahme an der Expedition beworben hatten.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 454.</ref> Der von den [[Orkney|Orkney-Inseln]] stammende Mooney verließ bereits in [[Madeira]] das Schiff aufgrund anhaltender [[Seekrankheit]].<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n65/mode/2up/ S. 32.]</ref>

== Expeditionsreise ==
=== Reise nach Süden ===
[[Datei:FW SLV Quest Expedition Map 311.png|mini|300px|Routen der Quest-Expedition (1921–1922):<br />{{Farblegende|green|Hinreise nach Südgeorgien (Sept. 1921 bis Jan. 1922)}}{{Farblegende|blue|Fahrt durch die Packeiszone (Jan. bis Apr. 1922)}}{{Farblegende|red|Rückreise nach Plymouth (Mai bis Sept. 1922)}}]]
Am 17. September 1921 verabschiedeten [[Georg V. (Vereinigtes Königreich)|König Georg V.]] und zahlreiche Schaulustige die Expeditionsmannschaft in London. Nach dem Auslaufen aus den [[St. Katharine Docks]]<ref name="pathe">[http://www.britishpathe.com/video/shackleton-leaves-for-antarctic/query/Ernest Shackleton leaves for Antarctic 1921]. Etwa 2-minütige Filmsequenz vom Auslaufen der ''Quest'' und Durchfahrt der Tower Bridge. Webseite der British [[Pathé]]. Abgerufen am 7. März 2012.</ref> fuhr die ''Quest'' zunächst auf der [[Themse]] flussabwärts nach [[Gravesend]] und dann in die [[Nordsee]].<ref name="fi459-461" /><ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 683.</ref>

Shackletons Absicht bestand ursprünglich darin, nach [[Kapstadt]] zu fahren und unterwegs die größeren der [[Südatlantik#Inseln|südatlantischen Inseln]] anzusteuern. Von dort aus war eine Fahrt nach [[Enderbyland]] vorgesehen, um der antarktischen Küstenlinie nach [[Coatsland]] bis ins [[Weddell-Meer]] zu folgen. Am Ende der ersten Sommersaison sollte die ''Quest'' dann zunächst [[Südgeorgien]] und schließlich wieder Kapstadt anlaufen, um dort für eine weitere Reise zur Antarktis instand gesetzt zu werden.<ref name="fi459-461" /> Jedoch ließen Schwierigkeiten mit dem Schiff gleich nach der Abfahrt aus England alle Planungen hinfällig werden. Probleme mit der Dampfmaschine zwangen die Mannschaft zu einem einwöchigen Zwischenaufenthalt in [[Lissabon]] und danach auch auf [[Madeira]] und den [[Kapverdische Inseln|Kapverdischen Inseln]].<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 292–293.</ref> Aufgrund dieser Verzögerungen änderte Shackleton die Reiseroute und ließ die ''Quest'' Kurs auf [[Rio de Janeiro]] nehmen, um den Schiffsantrieb generalüberholen zu lassen. Dort traf sie am 22. November 1921 ein.<ref>Mill: ''The Life of Sir Ernest Shackleton''. 1923, [http://www.archive.org/stream/lifeofsirernests00milluoft#page/274/mode/2up S. 275.]</ref>

Die Reparaturen an der Dampfmaschine und weitere Instandsetzungsarbeiten verzögerten die Weiterreise um einen weiteren Monat.<ref>Marr: ''Into the Frozen South''. 1923, [http://www.archive.org/stream/intofrozensouth00marruoft#page/72/mode/2up/ S. 72.]</ref> Hierdurch war an eine Fahrt nach Kapstadt und anschließend ins Packeis nicht mehr zu denken. Dies bedeutete auch, dass zusätzlicher Proviant und Ausrüstungsgegenstände, die von England nach Kapstadt vorausgeschickt worden waren, nicht aufgenommen werden konnten. Shackleton plante, nach [[Grytviken]] auf [[Südgeorgien]] auszuweichen, in der Hoffnung, dort zumindest einige Bestände ergänzen zu können.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 466–467.</ref> Auf die Frage, wohin sich die ''Quest'' nach dem Aufenthalt in Grytviken wenden sollte, blieb Shackleton die Antwort schuldig. Alexander Macklin schrieb dazu in sein Tagebuch: {{"|Der Boss sagte ziemlich unumwunden, dass er nicht weiß, was er tun wird.}}<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 472: {{" |Text=The Boss says quite frankly that he does not know what he will do. |Sprache=en}}</ref>

=== Shackletons Tod ===
Am 17. Dezember 1921, einen Tag vor der Abreise aus Rio, erkrankte Shackleton ernsthaft. Schiffsarzt Alexander Macklin hatte die Nachricht von einem Werftarbeiter erhalten, Shackleton habe einen Herzinfarkt erlitten.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 471.</ref> Eine eingehende Untersuchung und Behandlung durch Macklin lehnte Shackleton ab und sagte am nächsten Tag, dass er sich schon sehr viel wohler fühle.<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 294.</ref> Nach Aussage anderer Expeditionsteilnehmer wirkte er dagegen bei der Überfahrt nach Grytviken seltsam matt und teilnahmslos. Entgegen seiner sonstigen Haltung, keinen Alkohol an Bord zu erlauben, trank Shackleton jeden Morgen [[Champagner]], {{"|um die Schmerzen zu betäuben.}}<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 473: {{" |Text=to deaden the pain. |Sprache=en}}</ref> Sein angegriffener Gesundheitszustand wurde vermutlich weiter durch Sorgen belastet; insbesondere gab es erneute Probleme mit dem [[Dampfkessel]] des Schiffes und die vorbereitete Weihnachtsfeier musste wegen eines Sturms ausfallen.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 473–476.</ref> Als am Neujahrstag 1922 der Sturm abflaute, notierte er in sein Tagebuch: {{"|Ruhig und mild nach dem Sturm. Das neue Jahr hat freundlich für uns begonnen.}}<ref>Shackleton: ''Diary of the Quest-Expedition 1921–1922.'' [http://www.spri.cam.ac.uk/library/archives/shackleton/images/p3291758.html Eintrag am 1. Januar 1922:] {{" |Text=Rest and calm after the storm. The new year has begun kindly for us. |Sprache=en}}</ref> Am 4. Januar kam die Küste Südgeorgiens in Sicht und die ''Quest'' ging noch am selben Tag im Hafen von Grytviken vor Anker.<ref name="mi277">Mill: ''The Life of Sir Ernest Shackleton''. 1923, [http://www.archive.org/stream/lifeofsirernests00milluoft#page/276/mode/2up S. 277.]</ref>

[[Datei:Shackleton Grave SouthGeorgia.jpg|mini|hochkant|Shackletons Grab in Grytviken (Südgeorgien)]]
Nach einem Besuch der örtlichen [[Walfang]]station kehrte Shackleton offenbar erholt an Bord zurück. Er teilte Frank Wild mit, die ausgefallene Weihnachtsfeier am nächsten Tag nachholen zu wollen, und zog sich in sein Quartier zurück, um sich seinem Tagebuch zu widmen.<ref name="mi277" /> Sein letzter Eintrag lautete: {{"|Der ranzige Geruch nach totem Wal durchdringt einfach alles. Es ist schon ein fremder und seltsamer Ort. […] Ein wundervoller Abend. In der zunehmenden Dämmerung sah ich einen einsamen Stern, wie ein Juwel über der Bucht schwebend.}}<ref>Shackleton: ''Diary of the Quest-Expedition 1921–1922.'' [http://www.spri.cam.ac.uk/library/archives/shackleton/images/p3291761.html Eintrag am 4. Januar 1922:] {{" |Text=The old smell of dead whale permeates everything. It is a strange and curious place. […] A wonderful evening. In the darkening twilight I saw a lone star hover, gem like above the bay. |Sprache=en}}</ref> Später schlief Shackleton; sein [[Schnarchen]] wurde von James McIlroy (1879–1968) gehört, der gerade seine [[Wache (Schifffahrt)|Wache]] beendet hatte.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 476–477.</ref> Kurz nach 2&nbsp;Uhr am Morgen des 5. Januar 1922 wurde Alexander Macklin in Shackletons Kabine gerufen. Nach Macklins Aussage habe Shackleton über Schmerzen in Rücken und Gesicht geklagt und nach Schmerzmitteln verlangt. Macklin habe seinem Patienten erklärt, dass dieser überarbeitet sei und ein geregelteres Leben führen solle. Shackleton habe gefragt: {{"|Sie wollen immer, dass ich Dinge aufgebe, was sollte ich denn aufgeben?}} worauf Macklin geantwortet habe: {{"|Hauptsächlich den Alkohol, Boss. Ich denke, es wird Ihnen nicht zusagen.}}<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 477: {{" |Text=You′re always wanting me to give up things, what is it I ought to give up? |Sprache=en}}, {{" |Text=Chiefly the alcohol, Boss. I don′t think it agrees with you. |Sprache=en}}</ref> Kurz darauf habe Shackleton einen schweren Herzinfarkt erlitten und sei sofort gestorben.<ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 690.</ref> Macklin stellte bei der späteren Autopsie des Leichnams als Todesursache eine [[Arteriosklerose]] in den [[Koronargefäß]]en fest, die sich durch Shackletons angegriffenen Allgemeinzustand verschlimmert habe.<ref name="al 193">Alexander: ''Endurance''. 1998, S. 193.</ref> Am späteren Morgen verständigte Frank Wild die durch die Nachricht schockierte Mannschaft mit den knappen Worten: {{"|Sir Ernest Shackleton ist heute früh am Morgen gestorben. Die Expedition wird fortgesetzt. Das ist alles.}}<ref>Marr: ''Into the Frozen South''. 1923, [http://www.archive.org/stream/intofrozensouth00marruoft#page/102/mode/2up/ S. 102:] {{" |Text=Sir Ernest Shackleton died early this morning. The expedition will carry on. That′s all. |Sprache=en}}</ref> Shackletons Leichnam wurde in Grytviken für den Transport nach England [[Einbalsamierung|einbalsamiert]]. Leonard Hussey (1891–1964) begleitete den Sarg bei der Abfahrt am 19. Januar nach [[Montevideo]]. Hier erreichte ihn die Nachricht von Shackletons Witwe Emily (1868–1936) mit der Bitte, ihren Mann in Südgeorgien zu bestatten.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 478–481.</ref> Hussey kehrte mit dem Sarg an Bord des Dampfers ''Woodville''<ref name="al 193" /> nach Grytviken zurück, wo Shackleton am 5. März nach einer kurzen Andacht in der örtlichen [[Evangelisch-lutherische Kirchen|lutherischen]] Kirche auf dem benachbarten Friedhof beigesetzt wurde.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 481–483.</ref><ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n255/mode/2up S. 176.]</ref> Da die ''Quest'' Südgeorgien bereits verlassen hatte, war Hussey der einzige Expeditionsteilnehmer, der neben einigen norwegischen Walfängern Shackletons Begräbnis beiwohnte.<ref>Mill: ''The Life of Sir Ernest Shackleton''. 1923, [http://www.archive.org/stream/lifeofsirernests00milluoft#page/278/mode/2up S. 278–279.]</ref> Das Grab schmückte zunächst ein einfaches Holzkreuz, das sechs Jahre später durch eine Granitstele ersetzt wurde.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 480–481.</ref>

=== Fahrt durch die Packeiszone des Weddell-Meers ===
[[Datei:FW SLV Quest in the Pack 114.jpg|mini|hochkant|Die ''Quest'' im Packeis des Weddell-Meeres]]
Nach Shackletons Tod bestand die Aufgabe des neuen Expeditionsleiters [[Frank Wild]] zunächst darin, über die Ziele der Weiterreise der ''Quest'' zu entscheiden. Nachdem die Probleme mit dem Dampfkessel behoben waren und Ausrüstung und Proviant zumindest teilweise in Südgeorgien ergänzt werden konnten, entschied Wild, gemäß Shackletons Plänen zunächst ostwärts zur [[Bouvetinsel]] zu fahren, um dann nach Süden ins Packeis möglichst in die Nähe von [[Enderbyland]] vorzudringen und mit Vermessungsarbeiten zum Küstenverlauf zu beginnen. Zudem sollte das „[[Phantominsel|Verschollene Land]]“ am nördlichen Rand des [[Weddell-Meer]]s ausfindig gemacht werden, von dem [[James Clark Ross]] 1842 auf seiner Antarktisreise berichtet hatte. Allerdings hingen diese Vorhaben vom Wetter, den Eisbedingungen und den Möglichkeiten des Schiffes ab.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n115/mode/2up S. 73–75.] und [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n125/mode/2up S. 78–79.]</ref>

Die ''Quest'' verließ Grytviken am 18. Januar 1922 mit Kurs auf die [[Südliche Sandwichinseln|Südlichen Sandwichinseln]]. Durch hohe [[Dünung]] lief sie [[mittschiffs]] voll Wasser.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n131/mode/2up S. 82–87.]</ref> Wild klagte darüber, dass das Schiff {{"|[[Rollen (Bewegung)|rollte]] wie ein Baumstamm}}<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n141/mode/2up S. 88:] {{" |Text=rolled like a log |Sprache=en}}.</ref>, an einigen Stellen leckgeschlagen war, wenig Fahrt machte und dabei viel [[Kohle]] verbrauchte. Ende Januar gab Wild den Plan, die Bouvetinsel anzusteuern, auf und ließ stattdessen direkten Kurs nach Süden nehmen. Am 4. Februar wurde die Packeisgrenze erreicht.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n145/mode/2up S. 91–98.]</ref> Die ''Quest'' war das bis dahin kleinste Schiff, das in die Packeiszone vordrang, und nach den bisherigen Problemen argwöhnte Wild: {{"|Werden wir entkommen, oder wird sich die Quest den anderen Schiffen in [[Davy Jones’ Locker]] anschließen?}}<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n159/mode/2up S. 100:] {{" |Text=Shall we escape, or will the Quest join the ships in Davy Jones′s Locker? |Sprache=en}}</ref> Am 12. Februar erreichte das Schiff bei {{Coordinate|text=DM|NS=69/17//S|EW=17/9//E|type=waterbody|region=XS|name=Quest Farthest South}} unweit zur Küste von [[Enderbyland]] seine höchste südliche Breite. Angesichts sinkender Temperaturen und immer dichter werdenden Packeises ließ Wild in der Sorge, das Schiff könne vom Eis eingeschlossen werden, in nordwestliche Richtung abdrehen.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n189/mode/2up S. 120–121.]</ref> Nachdem zwischen dem 18. und 24. Februar mehrere neuerliche Anläufe gescheitert waren, nach Süden vorzudringen, fuhr die ''Quest'' schließlich in direktem westlichen Kurs.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n209/mode/2up S. 137.]</ref>

Wild und Kapitän Worsley wurden sich während der Fahrt durch das Weddell-Meer zunehmend uneins über die weitere Strategie der Expedition.<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 303.</ref> Auch bei den anderen Expeditionsteilnehmern zeichnete sich eine wachsende Unzufriedenheit ab, deren Auswirkungen Wild nach eigener Darstellung {{"|mit den drastischsten Mitteln}}<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n211/mode/2up S. 139:] {{" |Text=with the most drastic treatment |Sprache=en}}.</ref> unterband – ohne diese näher zu benennen. Am 12. März erreichte die ''Quest'' bei {{Coordinate|text=DM|NS=64/11//S|EW=46/4//W|type=waterbody|region=XS|name=James Clark Ross (1842) „Appearance of Land“}} das Gebiet, in dem James Clark Ross 80&nbsp;Jahre zuvor Land gesehen haben wollte. Messungen mit der Lotmaschine ergaben jedoch, dass bei einer Meerestiefe von 2300&nbsp;[[Nautischer Faden|Faden]] (etwa 4200&nbsp;Meter) die Nähe von Land praktisch ausgeschlossen werden konnte.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n217/mode/2up S. 144.]</ref> Zwischen dem 15. und 20. März wurde die ''Quest'' vom [[Meereis]] eingeschlossen und die knapper werdende Kohle zu einem ernsthaften Problem. Als das Schiff wieder freikam, ließ Wild in der Hoffnung, die schwindenden Brennstoffvorräte mit [[Tran]] von [[See-Elefant]]en aufzufüllen, direkten Kurs auf [[Elephant Island]] nehmen.<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 304.</ref> Nach Auffassung von James Marr war dies nur ein vorgeschobener Grund: {{"|[…] Ich denke, es gibt keinen Zweifel daran, dass er [Wild] durch die Sehnsucht angetrieben war, den Ort wiederzusehen, wo er jene berühmten viereinhalb Monate mit den Überlebenden der fehlgeschlagenen Endurance-Expedition verbracht hatte.}}<ref>Marr: ''Into the Frozen South''. 1923, [http://www.archive.org/stream/intofrozensouth00marruoft#page/170/mode/2up/ S. 171:] {{" |Text=[…] I think there is no doubt that he [Wild] was inspired by longing to see again the place where he had spent those famous four and a half months with the survivors of the ill-fated Endurance expedition. |Sprache=en}}</ref> Die Insel kam am 25. März in Sicht, doch eine Anlandung am [[Point Wild]] scheiterte an den schlechten Wetterbedingungen. Nur durch das Fernglas konnten die Veteranen der [[Endurance-Expedition]] einige markante Orientierungspunkte ihres alten Lagers ausmachen, bevor das Schiff auf der Westseite der Insel zur [[Robbenjagd]] vor Anker ging.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n231/mode/2up S. 155–157.]</ref> Nachdem sich die Männer mit genügend Vorräten eingedeckt hatten, stach die ''Quest'' wieder in See und erreichte Südgeorgien am 6. April.<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 305.</ref>

=== Rückkehr nach England ===
[[Datei:FW SLV The Cairn title.jpg|mini|hochkant|Gedenkkreuz für Ernest Shackleton in Grytviken]]
Die Expeditionsteilnehmer hielten sich einen Monat lang in Südgeorgien auf. In dieser Zeit errichteten die Endurance-Veteranen auf dem [[Hope Point (Südgeorgien)|Hope Point]] an der [[King Edward Cove]], der Hafenbucht von Grytviken, ein Gedenkkreuz in Erinnerung an Shackleton.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 482–483.</ref> Am 8. Mai 1922 verließ die ''Quest'' Grytviken und fuhr bei rauer See zunächst zur Insel [[Tristan da Cunha (Insel)|Tristan da Cunha]], die seit der [[Annexion]] von 1816 zu den [[Britische Überseegebiete|britischen Überseegebieten]] gehört. Nach der Ankunft am 20. Mai überreichte [[James Marr]] in einer feierlichen Zeremonie dem örtlichen [[Stamm (Pfadfinder)|Pfadfinderstamm]] eine Fahne von [[Robert Baden-Powell]].<ref>Marr: ''Into the Frozen South''. 1923, [http://www.archive.org/stream/intofrozensouth00marruoft#page/204/mode/2up/ S. 204 (Foto) –205.]</ref> Wild beschrieb die Bewohner der Insel in seinem Reisebericht als {{"|ungebildet, beinahe komplett abgeschnitten von der Welt [und] von einem entsetzlich beschränkten Horizont.}}<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n307/mode/2up S. 217:] {{" |Text=ignorant, shut off almost completely from the world, horribly limited in outlook|Sprache=en}}.</ref> Während des fünftägigen Aufenthaltes wurden Kurzexpeditionen auf die benachbarten Inseln [[Inaccessible]] und [[Nightingale Island]] unternommen, um dort geologische und biologische Proben zu nehmen.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n295/mode/2up S. 206–214.]</ref> Im Anschluss daran erfolgte ein weiterer Zwischenaufenthalt auf der [[Gough-Insel]] zwecks botanischer Untersuchungen.<ref>Marr: ''Into the Frozen South''. 1923, [http://www.archive.org/stream/intofrozensouth00marruoft#page/214/mode/2up/ S. 214–223.]</ref> Am 18. Juni traf die ''Quest'' in Kapstadt ein, wo sie von einer großen Menschenmenge überschwänglich begrüßt wurde. Der südafrikanische Premierminister [[Jan Christiaan Smuts]] ehrte die Expeditionsteilnehmer mit einem offiziellen Empfang. Darüber hinaus wurden sie auch von anderen [[Honoratioren]] zu festlichen Abendgesellschaften eingeladen.<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 306–308.</ref> Zu ihrer Enttäuschung erreichte sie dort auch Rowetts Order, nach England zurückzukehren.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 483. Ergänzung: Die Motive Rowetts für den Abbruch der Expedition werden nicht genannt.</ref> So verließ die ''Quest'' am 19. Juli Kapstadt in Richtung Norden und traf nach Zwischenaufenthalten auf [[St. Helena]], [[Ascension]], [[São Vicente (Kap Verde)|São Vicente]] und [[São Miguel]] am 16. September 1922, fast auf den Tag genau ein Jahr nach Beginn der Expedition, in [[Plymouth]] ein.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n423/mode/2up S. 312.]</ref>

== Nachwirkungen und Bewertungen ==
Nach Wilds Darstellung endete die Expedition {{"|im Stillen}},<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n423/mode/2up S. 312:] {{" |Text=quitly |Sprache=en}}.</ref> nach anderer Quelle wurde den Expeditionsteilnehmern dagegen bei der Ankunft in Plymouth ein euphorischer Empfang bereitet.<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 308.</ref> Wild äußerte die Hoffnung, dass {{"|wenn alles geordnet und ausgewertet wurde, unsere Bemühungen ihre Wertigkeit beweisen, bei der Lösung großer Naturrätsel geholfen zu haben, die uns noch immer verblüffen.}}<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n423/mode/2up S. 313:] {{" |Text=when all is sorted and fully worked up, that our efforts may proof of value in helping to solve the greatest natural problems that still perplex us. |Sprache=en}}</ref> Die Ergebnisse dieser Arbeiten fasste Wild in fünf Kapiteln im Anhang seines Buches zur Expedition zusammen.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n425/mode/2up S. 314–365.]</ref> In ihnen sind unter anderem die Bemühungen der wissenschaftlichen Expeditionsmannschaft bei der Datenerhebung und Probensammlung während der Zwischenaufenthalte<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 307.</ref> sowie die von George Vibert Douglas und Roderick Carr vorgenommenen Vermessungsarbeiten zum Küstenverlauf Südgeorgiens vor der Fahrt ins Packeis dargestellt.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n131/mode/2up S. 82.]</ref> Diese Ergebnisse wurden zudem in einigen wissenschaftlichen Artikeln veröffentlicht.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 516–517.</ref>

[[Datei:FW SLV Frank Wild 82.JPG|mini|hochkant|Frank Wild als Expeditionsleiter (etwa 1922)]]
Das Fehlen einer klar definierten Zielsetzung der Expedition<ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 464.</ref> wurde noch dadurch verschärft, dass bei der Reise nach Süden ein Zwischenaufenthalt in Kapstadt zur Aufnahme wichtiger Gerätschaften nicht möglich war. In Südgeorgien konnte nur wenig Ersatzmaterial besorgt werden. So standen weder Schlittenhunde noch Schlitten zur Verfügung, was eine von Wild geplante Anlandung im [[Grahamland]] an der nördlichen Spitze der [[Antarktische Halbinsel|Antarktischen Halbinsel]] sinnlos machte.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n119/mode/2up S. 74–75.]</ref> Der Tod Shackletons war ein schwerer Rückschlag für die Expedition. Sehr bald wurde die Frage aufgeworfen, ob Wild ein angemessener Ersatz für ihn sein konnte, denn nach Darstellung [[Roland Huntford]]s war Wild schwerer Alkoholiker.<ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 693.</ref> Nach anderer Meinung ließe sich demgegenüber darüber streiten, ob unter der Leitung Shackletons bessere Resultate erzielt worden wären,<ref>Mills: ''Frank Wild''. 1999, S. 330.</ref> da dessen Verhalten während der Reise nach Süden von Teilnahmslosigkeit, Stimmungsschwankungen und Unschlüssigkeit gekennzeichnet war.<ref>Huntford: ''Shackleton''. 1985, S. 687–688.</ref>

Im Hinblick auf die geplante Einführung technischer Innovationen bei Antarktisexpeditionen war es eine herbe Enttäuschung, dass das Expeditionsflugzeug nicht eingesetzt werden konnte. Shackleton hatte große Erwartungen daran geknüpft und dieses Vorhaben im Vorfeld eingehend mit dem [[Air Ministry|britischen Luftfahrtministerium]] erörtert.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 447–448.</ref> Auch die beiden mitgeführten [[Morsetelegrafie|Funkgeräte]] waren nur bedingt einsatzfähig. Das größere von ihnen arbeitete nicht ordnungsgemäß und wurde deshalb schon frühzeitig stillgelegt. Das zweite Gerät hatte nur eine Reichweite von ungefähr 400&nbsp;km.<ref>Frank Wild: [http://www.jstor.org/stable/pdfplus/1781104.pdf ''The Voyage of the Quest'']. In: ''Geographical Journal.'' 61(2), 1923, S. 76. Abgerufen am 19. Januar 2010.</ref> Auch Wilds Versuch, auf [[Tristan da Cunha]] ein neues Funkgerät zu installieren, lieferte nicht den gewünschten Erfolg.<ref>Wild: ''Shackleton’s Last Voyage''. 1923, [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n305/mode/2up S. 214.]</ref>

Nach dem Ende der Quest-Expedition dauerte es sechs Jahre, bis erneut Forschungsreisen dieser Größenordnung in die Antarktis unternommen wurden (siehe [[Liste von Antarktisexpeditionen#20. Jahrhundert|Liste von Antarktisexpeditionen]]). Die nachfolgenden Expeditionen, zu deren Protagonisten unter anderen der Australier [[John Rymill]] und die US-Amerikaner [[Richard Evelyn Byrd]] und [[Finn Ronne]] zählen, unterschieden sich jedoch grundlegend von ihren Vorgängern. Anstelle des Pioniergeists und des nationalen Prestiges rückten nunmehr die systematische Erkundung der Antarktis und die Erprobung technischer Neuerungen in den Vordergrund, zu denen die Errichtung dauerhafter Forschungsstationen gehören. Daher wird die Quest-Expedition gemeinhin als Schlusspunkt des Goldenen Zeitalters der Antarktis-Forschung und als Übergang zu einer technischen Epoche antarktischer Forschungsreisen betrachtet.<ref name="fi449">Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 449.</ref> Von den Veteranen der Endurance-Expedition kehrte außer [[Frank Worsley]] keiner mehr in die Antarktis zurück.<ref name="fi449" /> Unter den anderen Expeditionsteilnehmern schrieb [[Hubert Wilkins]] Geschichte, als er im April 1928 zusammen mit seinem Copiloten [[Carl Ben Eielson]] einen transarktischen Flug von [[Point Barrow]] in [[Alaska]] nach [[Spitzbergen (Inselgruppe)|Spitzbergen]] unternahm.<ref name="HW">[http://www.south-pole.com/p0000106.htm Antarctic Explorers: Hubert Wilkins], Informationen auf south-pole.com. Abgerufen am 19. Januar 2010.</ref><ref name="Mills-Wilkins">Mills: ''Exploring Polar Frontiers.'' Vol. II. 2003, [http://books.google.de/books?id=PYdBH4dOOM4C&pg=PA708&lpg=PA708&hl=de S. 708–713.]</ref> Schon ein halbes Jahr später, am 16. November 1928, starteten sie auf [[Deception Island]] zum ersten Motorflug in der Antarktis. Am 20. Dezember flogen sie über die [[Gerlache-Straße]] und die Antarktische Halbinsel in unbekanntes Gebiet und entdeckten u.&nbsp;a. den [[Stefansson Strait|Stefansson-Sund]] und die [[Hearst-Insel]].<ref name="Mills-Wilkins" /> 1931 scheiterte Wilkins’ Versuch, den Nordpol von Spitzbergen aus mit dem [[Unterseeboot]] ''Nautilus'' zu erreichen.<ref name="Mills-Wilkins" /> In den 1930er Jahren organisierte er mehrere Expeditionen seines Freundes und Geldgebers, des US-Amerikaners [[Lincoln Ellsworth]], mit dem Ziel, den antarktischen Kontinent zu überfliegen. Der dritte Versuch war 1935 erfolgreich.<ref name="Mills-Wilkins" /> [[James Marr]] nahm nach seiner Ausbildung zum Meeresbiologen an mehreren australischen Expeditionen am Ende der 1920er und in den 1930er Jahren teil.<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 492.</ref> Der verhinderte Antarktispilot Roderick Carr wurde [[Air Marshal]] bei der [[Royal Air Force]].<ref>Fisher: ''Shackleton''. 1957, S. 489.</ref>

In den Jahren nach dieser Forschungsreise hatte die ''Quest'' eine wechselvolle Geschichte als Expeditionsschiff während der ''British Arctic Air Route Expedition'' (BAARE, 1930–1931) nach [[Grönland]] unter der Leitung des britischen Arktisforschers [[Gino Watkins]] (1907–1932),<ref>Mills: ''Exploring Polar Frontiers.'' Vol. II. 2003, [http://books.google.de/books?id=PYdBH4dOOM4C&pg=PA681&dq=British+East+Greenland+Expedition+quest&hl=de&sa=X&ei=kGFXT-U7icu0BuvVwPsL&ved=0CEYQuwUwAQ#v=onepage&q&f=false S. 681–683.]</ref><ref>[http://www.freezeframe.ac.uk/collection/photos-british-arctic-air-route-expedition-1930-31/p48-16-210?mode=giant Foto der Mannschaft der BAARE (1930–1931)] im Archiv des [[Scott Polar Research Institute]]. Abgerufen am 7. März 2012.</ref> als [[Minenabwehrfahrzeug|Minensucher]] im Zweiten Weltkrieg und schließlich wieder als Robbenfänger. Am 5. Mai 1962 sank das Schiff vor der Nordküste [[Labrador (Kanada)|Labradors]], nachdem es durch Eisdruck leckgeschlagen war.<ref>[http://www.warsailors.com/singleships/quest.html M/S Quest], Informationen auf der Webseite warsailors.com. Abgerufen am 11. Januar 2011.</ref> Teile des Deckshauses inklusive Shackletons Kabine waren bereits 1923 nach Verkauf des Schiffes an eine norwegische [[Reederei]] bei Umbauten demontiert worden und wurden später im Freilichtmuseum von [[Saltdal]] aufbewahrt.<ref>Low-Lattitude Antarctic Gazetteer, [http://www.antarctic-circle.org/llag.shackleton.htm#511 Site No. 511.] Abgerufen am 13. Januar 2011.</ref> Die norwegische Zweigstelle des ''South Georgia Heritage Trust'' (SGHT) plante, das Deckshaus im [[Südgeorgien-Museum]] von Grytviken auszustellen.<ref>[http://en.mercopress.com/2010/02/16/shackleton-quest-cabin-new-show-piece-for-south-georgia-museum Shackleton “Quest” cabin, new show piece for South Georgia Museum], MercoPress vom 16. Februar 2010. Abgerufen am 13. Januar 2011.</ref> Das Vorhaben wurde jedoch nicht umgesetzt. Stattdessen ist das Deckshaus seit Herbst 2015 im Besitz des Heimatmuseums der irischen Stadt [[Athy]] unweit von Shackletons Geburtsort Kilkea.<ref>[http://www.bbc.com/news/uk-northern-ireland-34394665 ''Shackleton’s cabin donated to Ireland after decades in Norway.''] [[British Broadcasting Corporation|BBC.com]] vom 29. September 2015. Abgerufen am 17. September 2016.</ref><ref>Paula Campbell: [http://www.leinsterleader.ie/news/news/216153/shackleton-s-cabin-bound-for-athy.html ''Shackleton’s cabin bound for Athy.''] In: ''Leinster Leader'', 16. September 2016. Abgerufen am 17. September 2016.</ref> Das gut erhaltene Wrack der ''Quest'' wurde durch ein Team der [[Royal Canadian Geographical Society]] im Juni 2024 in einer Tiefe von {{Höhe|-390}} vor der Küste Labradors gefunden.<ref>[https://rcgs.org/about/news-releases/rcgs-finds-wreck-of-quest/ ''Royal Canadian Geographical Society finds wreck of Quest, Shackleton’s last ship.''] In: Webseite der RCGS, 12. Juni 2024, abgerufen am 14. Juni 2024 (englisch).</ref><ref>[https://www.tagesspiegel.de/wissen/atlantik-letztes-schiff-von-polarforscher-shackleton-entdeckt-11821559.html ''Letztes Schiff von Polarforscher Shackleton entdeckt.''] In: ''[[Tagesspiegel]]'', 14. Juni 2024, abgerufen am 14. Juni 2024.</ref>

== Zitierte Literatur ==
=== Standardwerke zur Quest-Expedition ===
* {{Literatur |Autor= [[James Marr]] |Titel=Into the Frozen South |Verlag=Cassell & Co. |Ort=London |Datum=1923 |Online= [http://www.archive.org/stream/intofrozensouth00marruoft#page/n5/mode/2up Online] im [[Internet Archive]] |Abruf=2010-01-13}}
* {{Literatur |Autor= [[Frank Wild]] |Titel=Shackleton’s Last Voyage |Verlag=Cassell & Co. |Ort=London |Datum=1923 |Online= [http://www.archive.org/stream/shackletonslastv00wilduoft#page/n7/mode/2up Online] im Internet Archive |Abruf=2010-01-13}}
* {{Literatur |Autor= [[Ernest Shackleton]] |Titel=Diary of the Quest Expedition 1921–1922 |Verlag=Scott Polar Research Institute, University of Cambridge |Ort=Cambridge |Datum=1922 |Online= [http://www.spri.cam.ac.uk/library/archives/shackleton/articles/1537,3,9.html Online] auf der Webseite des Scott Polar Research Institute |Abruf=2010-01-19}}

=== Ergänzende Werke ===
* {{Literatur |Autor=Caroline Alexander |Titel=Endurance |Verlag=Bloomsbury |Ort=London |Datum=1998 |ISBN=0-7475-4123-X}}
* {{Literatur |Autor=Margery and James Fisher |Titel=Shackleton |Verlag=James Barrie Books |Ort=London |Datum=1957}}
* {{Literatur |Autor= [[Roland Huntford]] |Titel=Shackleton |Verlag=Hodder and Stoughton |Ort=London |Datum=1958 |ISBN=0-340-25007-0}}
* {{Literatur |Autor=Hugh Robert Mill |Titel=The Life of Sir Ernest Shackleton |Verlag=William Heinemann |Ort=London |Datum=1923 |Online= [http://www.archive.org/stream/lifeofsirernests00milluoft#page/n9/mode/2up Online] im Internet Archive |Abruf=2009-09-10}}
* {{Literatur |Autor=Leif Mills |Titel=Frank Wild |Verlag=Caedmon of Whitby |Ort=Whitby |Datum=1999 |ISBN=0-905355-48-2}}
* {{Literatur |Autor=Beau Riffenburgh |Titel=Encyclopedia of the Antarctic |Verlag=Routledge |Ort=New York |Datum=2006 |ISBN=0-415-97024-5}}
* {{Literatur |Autor=Ernest Shackleton |Titel=South |Verlag=Macmillan |Ort=New York |Datum=1920 |Online= [http://www.archive.org/stream/cu31924032382529#page/n9/mode/2up Online] im Internet Archive |Abruf=2012-03-06}}
* {{Literatur |Autor=Kelly Tyler-Smith |Titel=Lost Men |Verlag=Bloomsbury |Ort=London |Datum=2006 |ISBN=978-0-7475-7972-4}}
* {{Literatur |Autor= [[Alliott Verdon Roe]] |Titel=The World of the Wings and Things |Verlag=Hurst & Blackett |Ort=London |Datum=1939 |Online= [http://books.google.de/books?id=8E0qU-UcxisC&printsec=frontcover&dq=%27%27The+World+of+the+Wings+and+Things&cd=1#v=onepage&q=&f=false eingeschränkte Vorschau] in der ''Google Buchsuche'' |Abruf=2010-01-19}}
* {{Literatur |Autor=William James Mills |Titel=Exploring Polar Frontiers, Vol. II |Verlag=ABC-Clio |Ort=Santa Barbara |Datum=2003 |ISBN=978-1-57607-422-0 |Online= [http://books.google.de/books?id=PYdBH4dOOM4C&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false eingeschränkte Vorschau] in der ''Google Buchsuche'' |Abruf=2012-03-07}}

== Weblinks ==
{{Commonscat|Ernest Shackleton}}
* [http://www.coolantarctica.com/Antarctica%20fact%20file/History/antarctic_whos_who_shackleton_quest.htm Shackleton–Rowett Expedition 1921–1922], Beschreibung der Expedition mit Mannschaftsliste in Englisch. Abgerufen am 19. Januar 2010.
* [http://www.south-pole.com/p000098b.htm The Voyage of the QUEST], Beschreibung der Expedition in Englisch. Abgerufen am 19. Januar 2010.
* [http://www.freezeframe.ac.uk/resources/expeditions/shackleton-rowett-antarctic-expedition-1920-22 Freeze Frame – historic polar images], Informationen (in Englisch) zur Quest-Expedition mit zahlreichen Fotografien. Abgerufen am 27. Januar 2010.
* [http://acms.sl.nsw.gov.au/album/albumView.aspx?acmsID=846556&itemID=874564 Library of New South Wales], Fotos der Quest-Expedition von Hubert Wilkins und Alexander Macklin. Abgerufen am 26. August 2010.

== Einzelnachweise ==
<references responsive />

{{Navigationsleiste Expeditionen des Goldenen Zeitalters der Antarktis-Forschung}}

{{Exzellent|21. April 2012|102290166}}

[[Kategorie:Antarktis-Expedition]]
[[Kategorie:Ereignis 1921]]
[[Kategorie:Ereignis 1922]]
[[Kategorie:Ernest Shackleton]]