Raoul Auernheimer

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Raoul Auernheimer (* 15. April 1876 in Wien; † 6. Januar 1948 in Oakland, Kalifornien) war ein österreichischer Jurist, Journalist und Schriftsteller aus der Blütezeit des Wiener Feuilletons. Er stand lange im Schatten berühmter Schriftstellerkollegen, die nicht selten zu seinen Freunden zählten.

Leben und Werk

Nach Abschluss seines Jurastudiums arbeitet der Sohn des deutschen Kaufmanns Johann Wilhelm Auernheimer und dessen ungarischer Ehefrau Charlotte (Jenny) Büchler zunächst als Gerichtsassessor an einem Wiener Gericht. Mit 30 Jahren heiratet er (1906) Irene Leopoldine Guttmann aus Budapest. Als Neffen des kurz zuvor verstorbenen Theodor Herzl wird ihm noch im selben Jahr eine Stelle als Redakteur der Neuen Freien Presse angeboten. Er bekleidet sie bis 1933, mausert er sich doch binnen kurzer Zeit zu einem angesehenen Feuilletonisten und Kritiker. Nebenbei debütiert er auch mit Dramen – zumeist Lustspielen – und Erzählungen, die ihm allerdings den großen „Durchbruch“ nicht gewähren. Wien ist von hofierten Meistern wie Hugo von Hofmannsthal, Stefan Zweig, Jakob Wassermann, Arthur Schnitzler umstellt. Der Letztere urteilt laut Carsten Tergast über die Werke seines Bekannten Auernheimer: „Fein, fleißig, aber doch schmächtig“.[1] Ab 1923 ist Auernheimer zunächst Präsident, dann Vizepräsident des österreichischen PEN-Clubs. Obwohl er weder ein reicher noch ein „bolschewistisch“ gestimmter Jude ist, wird Auernheimer im März 1938 verhaftet und im Prominententransport von Wien ins Konzentrationslager nach Dachau deportiert. Bald darauf interveniert der Generalkonsul der USA, Raymund Geist, aufgrund einer Bittschrift des Schriftstellers Emil Ludwig gegen Auernheimers Verschleppung. Ende 1938 freigelassen, kann Auernheimer Anfang 1939 mit seiner Familie über Venedig nach New York emigrieren. Er stirbt (1948) im Alter von 71 Jahren in Oakland, Kalifornien. 1960 wird die Wiener Auernheimergasse (im 22. Bezirk) nach ihm benannt. Für Alfred Zohner stand der „unechte“ Wiener gleichwohl ganz „im Banne des Traditionalismus“; die treffendste Bezeichnung für sein Schaffen sei liebenswürdig. Seine Stärke als Autor habe auf dem Gebiet der Novelle und der Komödie gelegen.[2]

Werke

  • Talent, Lustspiel, 1900
  • Rosen, die wir nicht erreichen, Novellen und Skizzen, 1901
  • Renée. Sieben Capitel eines Frauenlebens, 1902
  • Lebemänner, Novelle, 1903
  • Die Verliebten, Novellen und Skizzen, 1904
  • Die große Leidenschaft, Lustspiel, 1904
  • Die Dame mit der Maske, Dialoge, 1905
  • Die ängstliche Dodo, Novellen, 1907
  • Die man nicht heiratet, Novellen, 1908
  • Die glücklichste Zeit, Lustspiel, 1909
  • Der gußeiserne Herrgott, Novellen, 1911
  • Das Paar nach der Mode, Lustspiel, 1913
  • Laurenz Hallers Praterfahrt, Erzählung, 1913
  • Die verbündeten Mächte, Lustspiel, 1915
  • Herzen in Schwebe. Novellen, 1916
  • Das wahre Gesicht, Novellen, 1916
  • Der Geheimniskrämer, Erzählung, 1918
  • Das ältere Wien, Essay, 1919
  • Maskenball. Novelle im Kostüm", 1920
  • Das Kapital, Roman, 1923
  • Casanova in Wien, Lustspiel, 1924
  • Josef-Kainz-Gedenkbuch, Wien 1924
  • Die linke und die rechte Hand, Roman, 1927 (Wiederauflage: Graz 1985)
  • Die Wienerin im Spiegel der Jahrhunderte (Hrsg. und Vorwort), 1927
  • Die Feuerglocke, Lustspiel, 1929
  • Evarist und Leander, Erzählung, 1931
  • Geist und Gemeinschaft, Reden, 1932
  • Der gefährliche Augenblick. Abenteuer und Verwandlungen, Erzählungen, 1932
  • Gottlieb Weniger dient der Gerechtigkeit, Roman, 1934
  • Wien. Bild und Schicksal, 1938
  • Metternich. Staatsmann und Kavalier, 1947 (Wiederauflagen: Wien 1973, München 1977, 1981)
  • Franz Grillparzer. Der Dichter Österreichs, 1948 (Wiederauflage: Wien/München 1972)
  • Das Wirtshaus zur verlorenen Zeit, Autobiographie, 1948
  • Wiener Klatsch: sechs Einakter, Wien/München 1974
  • Aus unserer verlorenen Zeit. Autobiographische Notizen 1890 – 1938 (mit einem Nachwort von Patricia Ann Andres), Wien 2004
  • Erzählen heißt, der Wahrheit verschworen sein. Kommentierte Edition (Patricia Ann Andres) der deutsch- und englischsprachigen Fassung des bisher unveröffentlichten KZ-Berichts „Die Zeit im Lager – Through Work to Freedom“, Frankfurt/Main - Berlin 2010

Literatur

  • Alfred Zohner: Auernheimer, Raoul. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 435 (Digitalisat).
  • Donald G. Daviau and Jorun B. Johns (Hrsg.): The correspondence of Arthur Schnitzler and Raoul Auernheimer: with Raoul Auernheimer's aphorisms, Chapel Hill: University of North Carolina Press, 1972
  • Donald G. Daviau, Jorun B. Johns and Jeffrey B. Berlin (Hrsg.): The Correspondence from Stefan Zweig with Raoul Auernheimer, Columbia/South Carolina: Camden House, 1983
  • Lennart Weiss: In Wien kann man zwar nicht leben, aber anderswo kann man nicht l e b e n. Kontinuität und Veränderung bei Raoul Auernheimer, Acta Universitatis Upsaliensis, Studia Germanistica Upsaliensia 54, 293 S., Uppsala University 2010 (ISBN 978-91-554-7659-5)

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach dieser Webseite, abgerufen am 29. Dezember 2010
  2. s. diese Webseite, abgerufen am 29. Dezember 2010