Ratsschulbibliothek Zwickau

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Gebäude des ehemaligen König-Albert-Museums in Zwickau

Die Ratsschulbibliothek in Zwickau ist eine öffentliche wissenschaftliche Bibliothek. Als eine der ältesten öffentlichen wissenschaftlichen Bibliotheken Deutschlands (die älteste in Sachsen[1]) zählt die Ratsschulbibliothek zu den bedeutendsten historischen Büchersammlungen des deutschsprachigen Raumes. Gegenwärtig umfasst der Bibliotheksbestand ca. 250.000 Medien. Neben historischen Handschriften und Drucken bildet die landeskundliche Literatur zur Region Westsachsen einen Schwerpunkt der Sammlung.[2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bibliothek geht zurück auf die Bibliothek der städtischen Lateinschule. Der älteste Schenkungsvermerk ist datiert von 1498. Im Gefolge der Reformation hatte sie eine erste Blütezeit. 1546 erhielt sie aus dem Nachlass des Zwickauer Oberstadtschreibers und Ratsherren Stephan Roth dessen Bibliothek mit 6000 Bänden, eine einzigartige Sammlung an Schriften der Reformationszeit. Mit der Schule zog die Bibliothek 1548 in den Zwickauer Wirtschaftshof des aufgehobenen Klosters Grünhain und war in der heute als Restaurant genutzten Grünhainer Kapelle untergebracht. Sie diente zugleich als Schulbibliothek und als bibliotheca publica (öffentliche Bibliothek).

Auch im 17. Jahrhundert wuchs ihr Bestand, unter anderem durch Ankauf und Schenkung von Gelehrtenbibliotheken. Im 18. und 19. Jahrhundert versank die lateinische Bibliothek in Bedeutungslosigkeit und wurde kaum noch gepflegt, seit 1815 daneben eine Deutsche Schulbibliothek angelegt wurde. Der 1885 neu gegründete Zwickauer Altertumsverein erkannte die Bedeutung der Bestände und regte die Katalogisierung und Neuaufstellung an; beim Neubau des König-Albert-Museums, später Städtisches Museum, heute Kunstsammlungen Zwickau - Max-Pechstein-Museum, erhielt die Ratsschulbibliothek dessen Ostflügel als neue Heimat. Hier ist sie seit dem 1. Mai 1914 untergebracht. Vorübergehend war sie mit der Stadtbücherei (1921–1923), dem Stadtarchiv (1939–1950) und dem Städtischen Museum (1950–1963) verbunden. Seit 1963 ist die Ratsschulbibliothek wieder selbständig.

Christian Daum

Bestände[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bestand umfasst derzeit ca. 250.000 Handschriften und Drucke. Die Ratsschulbibliothek gilt als bedeutendste bibliothekarische Sammlung Westsachsens.[3] Ihr Altbestand ist wegen der Menge der Einheiten als auch besonders der Unikate von nationaler Bedeutung. Die Ratsschulbibliothek ist daher auch Projektpartner im Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. (VD 16) und 17. Jahrhunderts.

Die Schriften des Reformationszeitalters wurden vor allem durch Otto Clemen, der die Bibliothek von 1923 bis 1939 leitete, für die Forschung zugänglich gemacht. Auch andere Schätze der Ratsschulbibliothek gab er als Zwickauer Faksimiledrucke heraus.

Weitere Sondersammlungen sind die Privatbibliothek und die Korrespondenz des Universalgelehrten und Rektors Christian Daum, der Nachlass des Komponisten Georg Göhler, eine Porträtsammlung (2090 Porträts von 1903 Personen) sowie der überregional bedeutende Bestand Musikalien des 16. und 17. Jahrhunderts, darunter italienische Madrigale aus dem Nachlass des Kreisphysikus Dr. Peter Poach (1549–1622), der in Italien studiert hatte.

1913 wurde in der Bibliothek zufällig die älteste Karte der Markgrafschaft Meißen von Hiob Magdeburg entdeckt. Die Karte von 1560 existiert nur in einem Exemplar.[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Reinhard Vollhardt: Bibliographie der Musik-Werke in der Ratsschulbibliothek zu Zwickau. (Monatshefte für Musikgeschichte. Beilage) Breitkopf & Härtel, Leipzig 1896 (Digitalisat des Exemplars der University of Virginia).
  • Otto Clemen: Beiträge zur Reformationsgeschichte aus Büchern und Handschriften der Zwickauer Ratsschulbibliothek. C. A. Schwetschke, Berlin 1900 (Digitalisat des Exemplars der Harvard University).
  • Holger Nickel: Die Inkunabeln der Ratsschulbibliothek Zwickau: Entstehung, Geschichte und Bestand der Sammlung. Dissertation. Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät A der Humboldt-Universität, Berlin 1976.
  • Renate Schipke: Die mittelalterlichen Handschriften der Ratsschulbibliothek Zwickau. (Deutsche Staatsbibliothek: Handschrifteninventare 13) DSB, Berlin 1990, ISBN 9783736100602 (Digitalisat bei Manuscripta Mediaevalia).
  • Reiner Groß u. a.: 500 Jahre Ratsschulbibliothek Zwickau: 1498–1998. Ratsschulbibliothek, Zwickau 1998, ISBN 3-933282-00-4.
  • Eberhard Möller: Musikalien der Ratsschulbibliothek Zwickau: Ergänzungen zur Bibliographie von Reinhard Vollhardt. Schröder, Leipzig 2008, ISBN 978-3-926196-52-1.
  • Beitrag Der Rock des Reformators. Die Zwickauer Ratsschulbibliothek ist ein halbes Jahrtausend alt. In dieser Zeitspanne entstand eine einzigartige Sammlung - mit einigen Kuriositäten. In: dreizehn. Stadtschönheiten Sachsens, Ausgabe 1, Dresden 2013, Herausgegeben von Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen mbH, S. 38–39.[5]
  • Stadtverwaltung Zwickau (Hrsg.), Texte von Dr. Lutz Mahnke und Gregor Hermann: Ratsschulbibliothek Zwickau: kleiner Bibliotheksführer. Zwickau 2015. ISBN 978-3-933282-47-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ratsschulbibliothek Zwickau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Historie. 1479/1480: Neubau der Lateinschule am Marienkirchhof und Errichtung einer „liberey“ in der Nordhalle des Marienkirchturms. Stadtverwaltung Zwickau, abgerufen am 18. Mai 2021 (deutsch).
  2. Lutz Mahnke, Gregor Hermann: Historische Bibliothek. Stadtverwaltung Zwickau, Kulturamt, abgerufen am 18. Mai 2021 (deutsch).
  3. Ratsschulbibliothek Zwickau
  4. Sächsische Heimat, Mitteilungen der Bundeslandsmannschaft Sachsen, Stuttgart, Heft Juni/1978, S. 186
  5. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sachsen-tourismus.de

Koordinaten: 50° 43′ 32,9″ N, 12° 29′ 23″ O