„Sozialpharmazie“ – Versionsunterschied

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In Deutschland, Österreich und in der Schweiz wie auch in einigen anderen europäischen Ländern gilt dies jedoch nicht. Deshalb existiert dort für den Begriff Sozialpharmazie keine offizielle Definition.
In Deutschland, Österreich und in der Schweiz wie auch in einigen anderen europäischen Ländern gilt dies jedoch nicht. Deshalb existiert dort für den Begriff Sozialpharmazie keine offizielle Definition.


Das Bundesland [[Nordrhein-Westfalen]] hat in seinem Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst definiert, was dort unter Sozialpharmazie für die örtliche Arzneimittelüberwachung und das Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit] des Landes Nordrhein-Westfalen verstanden wird.
Das Bundesland [[Nordrhein-Westfalen]] hat in seinem [https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2120&bes_id=4659&aufgehoben=N&menu=1&sg= Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW] definiert, was dort unter Sozialpharmazie für die örtliche Arzneimittelüberwachung und das [http://www.liga.nrw.de/ Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit] des Landes Nordrhein-Westfalen verstanden wird.


In den Weiterbildungsordnungen der [[Apothekerkammer]]n der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wird Sozialpharmazie ebenfalls angesprochen.
In den Weiterbildungsordnungen der [[Apothekerkammer]]n der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wird Sozialpharmazie ebenfalls angesprochen.
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== Tätigkeitsgebiete in der Wissenschaft ==
== Tätigkeitsgebiete in der Wissenschaft ==


Sozialpharmazie ist international ein breit aufgestelltes Fach. Schwerpunktmäßig wird untersucht, wie die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verbessert werden kann [[(Versorgungsforschung)]]. Je nach landes- oder bevölkerungstypischer Problemlage steht dabei im Mittelpunkt, den Zugang der Menschen zu Arzneimitteln zu verbessern, Arzneimittel-Anwendungsprobleme zu lösen, die Arzneimittelsicherheit zu verbessern [[(Pharmakovigilanz)]] oder Über- und Fehlversorgung zu reduzieren. Neben Fragen der Arzneimittel- oder [[Pharmakoepidemiologie]] und [[Pharmakoökonomie]] werden dabei auch Probleme der [[Soziale Gerechtigkeit|sozialen Gerechtigkeit]] bearbeitet. In dieser Verknüpfung lassen sich auch pharmazeutische Rechtsfragen sowie sozialrechtliche Fragen der Sozialpharmazie zuordnen.
Sozialpharmazie ist international ein breit aufgestelltes Fach. Schwerpunktmäßig wird untersucht, wie die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verbessert werden kann ([[Versorgungsforschung]]). Je nach landes- oder bevölkerungstypischer Problemlage steht dabei im Mittelpunkt, den Zugang der Menschen zu Arzneimitteln zu verbessern, Arzneimittel-Anwendungsprobleme zu lösen, die Arzneimittelsicherheit zu verbessern ([[Pharmakovigilanz]]) oder Über- und Fehlversorgung zu reduzieren. Neben Fragen der Arzneimittel- oder [[Pharmakoepidemiologie]] und [[Pharmakoökonomie]] werden dabei auch Probleme der [[Soziale Gerechtigkeit|sozialen Gerechtigkeit]] bearbeitet. In dieser Verknüpfung lassen sich auch pharmazeutische Rechtsfragen sowie sozialrechtliche Fragen der Sozialpharmazie zuordnen.


Für Apotheker gehören die Pharmazeutische Betreuung und die Verbesserung der Compliance oder Adhärenz zu den Kernthemen der Sozialpharmazie. Dabei fließen Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaft mit ein.
Für Apotheker gehören die Pharmazeutische Betreuung und die Verbesserung der Compliance oder Adhärenz zu den Kernthemen der Sozialpharmazie. Dabei fließen Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaft mit ein.

Version vom 21. April 2011, 22:26 Uhr

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Sozialpharmazie setzt sich damit auseinander, wie Patienten, Verbraucher, Ärzte, Apotheker, andere Heilberufe, Politiker, Organisationen und Verbände sowie die Gesellschaft als Ganzes mit Arzneimitteln umgehen, welche wechselseitigen Beziehungen sie untereinander eingehen und wie sich dies in soziale, kulturelle und ökonomische Zusammenhänge einordnen lässt.

Sozialpharmazie ist in einigen Ländern – vor allem in den angelsächsischen Ländern sowie in Nord- und Westeuropa – ein Lehr- und Forschungsfach der universitären Pharmazie. Dort wird Sozialpharmazie meist als Social Pharmacy, als Social and Administrative Pharmacy oder als Pharmaceutical Practice bezeichnet.

In Deutschland, Österreich und in der Schweiz wie auch in einigen anderen europäischen Ländern gilt dies jedoch nicht. Deshalb existiert dort für den Begriff Sozialpharmazie keine offizielle Definition.

Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat in seinem Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW definiert, was dort unter Sozialpharmazie für die örtliche Arzneimittelüberwachung und das Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen verstanden wird.

In den Weiterbildungsordnungen der Apothekerkammern der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wird Sozialpharmazie ebenfalls angesprochen.

Sozialpharmazie existiert noch in Verbindung mit dem Begriff Arzneimittelepidemiologie auf einer Website von Prof. Dr. Marion Schäfer. Sie war die Vertreterin des Faches Sozialpharmazie an der ehemaligen Sektion Pharmazie der Humboldt-Universität Berlin zu Zeiten der DDR und in der Zeit der Vereinigungsprozesses beider deutscher Staaten.

Sozialpharmazie konnte nicht als Universitätsfach in die gesamtdeutsche pharmazeutische Approbationsordnung integriert werden. Viele Inhalte dieses Faches werden allerdings im von Prof. Schäfer geleiteten Studiengang Consumer Health Care gelehrt.


Tätigkeitsgebiete in der Wissenschaft

Sozialpharmazie ist international ein breit aufgestelltes Fach. Schwerpunktmäßig wird untersucht, wie die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verbessert werden kann (Versorgungsforschung). Je nach landes- oder bevölkerungstypischer Problemlage steht dabei im Mittelpunkt, den Zugang der Menschen zu Arzneimitteln zu verbessern, Arzneimittel-Anwendungsprobleme zu lösen, die Arzneimittelsicherheit zu verbessern (Pharmakovigilanz) oder Über- und Fehlversorgung zu reduzieren. Neben Fragen der Arzneimittel- oder Pharmakoepidemiologie und Pharmakoökonomie werden dabei auch Probleme der sozialen Gerechtigkeit bearbeitet. In dieser Verknüpfung lassen sich auch pharmazeutische Rechtsfragen sowie sozialrechtliche Fragen der Sozialpharmazie zuordnen.

Für Apotheker gehören die Pharmazeutische Betreuung und die Verbesserung der Compliance oder Adhärenz zu den Kernthemen der Sozialpharmazie. Dabei fließen Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaft mit ein.

Soziologische Fragen zur Stellung des Apothekers sowie der Institution Apotheke im Gesundheitssystem und in der Gesellschaft gehören im Rahmen der Professionsforschung zum sozialpharmazeutischen Aufgabenkreis.

In einigen Ländern wird darüber geforscht und gelehrt, wie die Pharmaziestudierenden und das übrige pharmazeutische Personal optimal ausgebildet werden können. Dabei werden Erkenntnisse der Didaktik, Pädagogik und der Psychologie berücksichtigt.

Vereinzelt werden in der Sozialpharmazie aus der Wissensschaftstheorie behandelt, z.B. welche Erkenntnisse über die Sicherheit von Arzneimitteln mit welchen wissenschaftlichen Methoden am besten gewonnen werden können und von welchen philosophischen bzw. erkenntnistheoretischen Prämissen einzelne Ansätze ausgehen.


Sozialpharmazie im Öffentlichen Gesundheitsdienst

Im weitesten Sinne lassen sich alle beruflichen Aktivitäten von Apothekern im Öffentlichen Gesundheitsdienst als sozialpharmazeutische Tätigkeiten bezeichnen. Apotheker in den Ministerien, den Parlamenten, in der Überwachung, in Schulen (z.B. für Pharmazeutische Technische Assistenten), in Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen, Medizinischen Diensten der Krankenversicherung oder in den Apothekerkammern und –verbänden sind im sozialpharmazeutischen Aufgabengebiet aktiv.

In Nordrhein-Westfalen haben die Apotheker der örtlichen Arzneimittelüberwachung in den Gesundheitsämtern Sozialpharmazie als gesetzlich fundierte Pflichtaufgabe zu erfüllen. Sie werden dabei durch das Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit (LIGA.NRW) sowie die Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen (Afög) unterstützt.


Einordnung

Sozialpharmazie ist Teil des nicht naturwissenschaftlich fundierten Forschungs- und Lehrbereichs der Pharmazie. Neben Sozialpharmazie gehört dazu auch Pharmazeutische Praxis, ein Begriff, der in manchen Ländern gleichbedeutend mit Sozialpharmazie genutzt wird. Außerdem lassen sich die Fächer Pharmaziegeschichte sowie die Fächer Drug Regulatory Affairs (hauptsächlich an der Universität Bonn) und Consumer Health Care (an der Berliner Charité) diesem Bereich zuordnen.


Begriffsabgrenzung

Sozialpharmazie lässt sich nicht eindeutig von dem ebenfalls gelegentlich genutzten Begriff der Sozialpharmakologie abgrenzen. Allerdings wird von sozialpharmakologischen Fragestellungen in erster Linie dann gesprochen, wenn es um das ärztliche Arzneimittel-Verordnungsverhalten geht und Antworten gesucht werden, welche Einflussfaktoren auf die Verordnungsentscheidungen einwirken. Sozialpharmazie betrachtet demgegenüber wissenschaftliche Fragestellungen eher vom Standpunkt der Pharmazie aus und ist insgesamt breiter aufgestellt.

In vielen Ländern, vor allem dort, wo Sozialpharmazie als Forschungs- und Lehrfach innerhalb der universitären Pharmazie nicht existiert, werden einzelne sozialpharmazeutische Fragen vom Fach Klinische Pharmazie behandelt. Dies gilt vor allem für den Bereich Pharmazeutische Betreuung (Pharmaceutical Care).


Wissenschaftliche Fachgesellschaft

In den deutschsprachigen Ländern existiert keine eigene wissenschaftliche Fachgesellschaft für Sozialpharmazie.

In Deutschland findet sich eine Anbindung an wissenschaftliche Organisationen in erster Linie über die Gesellschaft für Arzneimittel-Anwendungsforschung (GAA), die Fachgruppe Allgemeinpharmazie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), über den Verein Consumer Health Care und über die Arbeitsgruppe Sozialpharmazie der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP).

International existiert ein lockerer Verbund über den International Social Pharmacy Workshop.


Internationales

Eine Übersicht über alle sozialpharmazeutischen Einrichtungen an Universitäten existiert nicht.

Die einzelnen wissenschaftlichen Teams, die auf diesem und den angrenzenden Gebieten arbeiten, treffen sich auf dem alle zwei Jahre stattfindenden internationalen Workshop. Im Jahr 2010 fand dieses Treffen als 16th International Social Pharmacy Workshop vom 23. bis 26. August in Lissabon statt. Die Zeitschrift Pharmacy Practice veröffentlichte das Programm und die Abstracts dieses Kongresses auf seiner Homepage.

Zu den weiteren Zeitschriften, die sozialpharmazeutische Themen veröffentlichen, gehören z.B. Drug Safety, International Journal of Pharmaceutical Practice, Asian Journal of Social Pharmacy und das in Schweden herausgebrachte, allerdings inzwischen eingestellte Blatt Social and Administrativ Pharmacy.

Die Europäische Kommission förderte ein europäisches Projekt, bei dem eine Übersicht über das Thema Gesundheitsförderung in der Apotheke erstellt wurde.

Kritik

Viele Themen der Sozialpharmazie werden im deutschsprachigen Raum heute von anderen Fächern bearbeitet. Vor allem die Klinische Pharmazie, die Versorgungsforschung in unterschiedlichen Wissenschaftsgebieten, die universitäre Allgemeinmedizin, die Soziologie u. a. greifen einzelne Aspekte des sozialpharmazeutischen Themenspektrums auf. Insofern wird argumentiert, dass Sozialpharmazie als eigenes Forschungs- und Lehrfach innerhalb der Pharmazie nicht (mehr) notwendig sei.

Gegenargumentation: Da der Apothekerberuf zu über 80 Prozent in der Apotheke praktiziert wird und die übrigen Apotheker ebenfalls überwiegend im Bereich der Arzneimittelversorgung tätig sind – sei es in der Verwaltung, in der Industrie oder in der Wissenschaft – spielen sozialpharmazeutische Aspekte in der Berufsausübung eine wichtige Rolle.

Während die Sozialmedizin in der Medizin sozialwissenschaftliche, kommunikationswissenschaftliche, ökonomische, epidemiologische, sozialrechtliche und andere nicht naturwissenschaftliche Fragestellungen wissenschaftlich aufgreift und an Medizinstudierende vermittelt, sollten solche Fragestellungen in der pharmazeutischen Ausbildung und Forschung ebenfalls und nicht nur rudimentär behandelt werden. Denn erst mit dem Verständnis für die Einbettung des Arzneimittels und des Apothekerberufs in das gesellschaftliche, philosophische und kulturelle Umfeld, lassen sich die Herausforderungen der Pharmazie und des Apothekerberufes begreifen und in Zukunft bewältigen.


Einzelnachweise

Lars-Einar Fyklöf: Zur Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet Sozialpharmazie – ein internationaler Überblick. In. Pharm. Praxis 43 (1988), 122-125 (Heft 3)

EW Srensen, JK Mount, ST Christensen: The Concept of Social Pharmacy. In: http://www.mcppnet.org/publications/ISSUE07-3.pdf (2003)

Marion Schäfer: Sozialpharmazie – Wissenschaft oder schmückendes Beiwerk? In: Dt. Apoth. Ztg. 133 (1993), 2271-2274 (Heft 25)

Udo Puteanus: Sozialpharmazie im Öffentlichen Gesundheitsdienst. In: Dt. Apoth. Ztg. 144 (2004), 1205-1212. (Heft 11)

Geoff Harding, Sarah Nettleton, Kevin Taylor (Editors): Social Pharmacy. Innovation and Development. London 1994 (Pharmaceutical Press)