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Strohbauplatte

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Die Strohbauplatte ist eine starre selbsttragende Platte, die als Alternative zu herkömmlichen Trockenbaukonstruktionen auf Gipsbasis eingesetzt wird. Sie wird industriell aus gepresstem Stroh hergestellt.

Im Unterschied zur gängigen Trockenbaukonstruktion aus einem beidseitig mit Plattenmaterial zu beplankenden Stütz- und Traggerüst bedürfen Strohbauplatten keiner Trag- oder Stützkonstruktion. Die Platten werden aus verschiedenen natürlichen faserigen Rohstoffen hergestellt. Die langlebigen Paneele verfügen über Wärme- und Schalldämmung sowie über einen guten Brandschutz und stehen für eine Vielzahl von Anwendungen zur Beschleunigung der Bauabläufe zur Verfügung. Weitere Anwendungen für Strohbauplatten sind Last- und nichttragende Decken, Dächer, Türen, Fußböden sowie vorgefertigte Gebäude. Das Material ist bereits seit über 50 Jahren im baulichen Einsatz.

Im Gegensatz zum traditionellen Strohballenbau, bei dem ganze Ballen als Wandbaustoff verwendet werden, zeichnen sich Strohbauplatten durch standardisierte Formate und geprüfte bauphysikalische Eigenschaften aus. Strohbauplatten werden sowohl als ökologischer Ersatz für Gipskartonplatten als auch als Putzträger im Innenausbau eingesetzt.

Für die Produktion von Strohbauplatten wird in der Regel Getreidestroh wie Weizen-, Roggen - oder Gerstenstroh verwendet. Nach der Ernte wird das Stroh getrocknet, gereinigt und in Ballen oder lose angeliefert. In einem Strangpressverfahren wird es unter hohem Druck zu Platten verdichtet.[1] Dabei lassen sich verschiedene Verfahren unterscheiden:

  • Bindemittelfreie Herstellung: Hierbei werden die stroheigenen Lignine durch Druck und Wärme aktiviert, sodass die Halme ohne zusätzliche Klebstoffe verbunden werden.[2]
  • Herstellung mit Bindemitteln: Manche Produkte enthalten natürliche oder mineralische Bindemittel, etwa Kalk oder Lehm, die zur Stabilisierung oder als Putzträger dienen.

Um die Verarbeitung zu erleichtern oder das Brandverhalten zu verbessern, können Strohbauplatten mit Karton, Pappe oder mineralischen Schichten kaschiert werden. Teilweise werden auch Imprägnierungen eingesetzt, um die Feuchtebeständigkeit zu erhöhen.[2]

Materialeigenschaften und Verarbeitung

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Strohbauplatten bestehen aus einem festen Kern aus komprimiertem Weizen- oder Reisstroh. Hoher Druck und Temperaturen (240 °C) lassen das Stroh verharzen. Dieses Harz sorgt dafür, dass sich die Fasern untereinander wasserfest verkleben. Die komprimierten Platten können dann beispielsweise mit recycelter Vollpappe und einem wasserfesten Leim kaschiert werden.

Die Paneele sind in verschiedenen Stärken und Formaten erhältlich, häufig in Größen vergleichbar mit Gipskartonplatten (z. B.: 1250 mm × 625 mm). Typische Breiten sind 62,5 cm, 80 cm oder 120 cm, wobei Kabelkanäle oder gefräste Schächte zur leichten Installation von Elektroleitungen vorgesehen werden können. Die Paneellänge variiert zwischen 1,2 m und 5 m. Typischerweise sind Platten 20–80 mm stark. Je nach Herstellungsart und Maßen unterscheiden sich Dichte, Festigkeit und bauphysikalische Eigenschaften.[2]

Die Verarbeitbarkeit des Produkts ist ähnlich wie Holz, es kann gesägt, gebohrt, gefräst, genagelt, geschraubt und geklebt werden.[2]

Die hohe Pressdichte und der damit verbundene Mangel an Sauerstoff sorgen für eine geringe Brandneigung. Außerdem werden bei der Fertigung keine Klebstoffe, Alkohole oder Lösungsmittel zugesetzt, die brandbeschleunigend wirken könnten. Wie bei brennendem Holz bildet sich eine Rußschicht, die die noch nicht brennenden Materialteile eine Zeitlang vor den Flammen schützt.[1] Je nach Produktvariation sind unterschiedliche Baustoffklassen möglich. Einige Platten erreichen die Klassifizierung B-s1, d0 nach DIN EN 13501, andere werden als normal entflammbar (B2 nach DIN 4102-1) eingestuft.[3]

Die bindemittelfrei gepressten, diffusionsoffenen Platten können ohne weitere konstruktive Maßnahmen hohe Konsolllasten von teilweise bis zu 80 kg pro Befestigungspunkt aufnehmen und erreichen einen Schalldämmwert von bis zu 32 dB. Die Rohdichte liegt je nach Platte zwischen etwa 220–650 kg/m³.

Vorteile gegenüber herkömmlichen Trockenbauarten

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Strohbauplatten gelten als ökologischer Baustoff, da sie vorwiegend aus einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt werden. Stroh fällt in der Landwirtschaft in großen Mengen als Nebenprodukt der Getreideproduktion an und ist damit weitreichend regional verfügbar. Durch die Verwendung als Baumaterial wird biogener Kohlenstoff im Baustoff gebunden, was zur Reduktion der CO2-Emissionen beitragen kann.[1]

Die Herstellung von Strohbauplatten erfordert im Vergleich zu konventionellen Trockenbauplatten wie Gipskarton oder Holzwerkstoffen einen geringen Energieeinsatz, welcher sich positiv auf ihre Ökobilanz auswirkt.

Ein weiterer Vorteil liegt in der gesundheitlichen Unbedenklichkeit. Bindemittelfrei hergestellte Platten enthalten in der Regel keine synthetischen Zusatzstoffe wie Formaldeydharze, die bei vielen Holzwerkstoffen üblich sind. Dies kann die Emission flüchtiger organische Verbindungen (VOC) im Innenraum verringern.[3]

Am Ende ihres Lebenszyklus lassen sich Strohbauplatten je nach Aufbau stofflich verwerten, kompostieren oder thermisch nutzen. Produkte, die ohne mineralische oder synthetische Bindemittel auskommen, sind vollständig biologisch abbaubar.[3] Reiner Baustroh kann auch nach Rückbau wiederverwendet, verbrannt oder recycelt werden.

Nachteile und Herausforderungen

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Obwohl Strohfaserplatten ökologische Vorteile wie die Nutzung nachwachsender Rohstoffe und eine gute CO₂-Bilanz aufweisen, haben sie auch einige Einschränkungen in der Anwendung. Ihre Feuchteempfindlichkeit ist höher als bei mineralischen oder synthetischen Dämmstoffen. Bei längerer Durchfeuchtung kann das Material quellen oder seine Formstabilität verlieren.

Auch die mechanische Belastbarkeit ist meist geringer als bei Holzfaser- oder Gipsfaserplatten, was den Einsatz in tragenden oder hoch beanspruchten Konstruktionen einschränkt.

Ein weiterer Nachteil kann die Brandbeständigkeit sein: Zwar lassen sich Strohfaserplatten mit mineralischen oder Lehmzusätzen brandschutztechnisch verbessern, unbehandelte Varianten erreichen aber oft nur geringe Feuerwiderstandsklassen.

Zudem ist die Standardisierung noch begrenzt. Viele Produkte stammen aus Kleinserienfertigungen, wodurch Preis- und Qualitätsunterschiede bestehen können.

Anwendungsbereiche und -beispiele

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Strohbauplatten werden überwiegend im Innenausbau eingesetzt, insbesondere als Putzträgerplatten oder Vorsatzschalen, aber auch als nichttragende Innenwände. Aufgrund ihrer bauphysikalischen Eigenschaften eignen sie sich sowohl für Trockenbaukonstruktionen als auch für Schall- und Wärmedämmzwecke in Innenwänden und Decken.[1]

Herstellende Unternehmen und Produkte im deutschen Markt

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  • IstraW GmbH & Co. KG vertreibt seit Mitte der 2010er Jahre bindemittelfreie, im Strangpressverfahren hergestellte Strohbauplatten. Eingesetzt werden die Platten als Putzträger und Trockenbauplatten.
  • STRAMEN.TEC GmbH entwickelt und produziert in Deutschland innovative Trockenbauplatten aus Stroh, mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Reduktion von CO2-Emissionen. Anwendung finden die Platten in zahlreichen Trockenbauwandvarianten für den Innenausbau.
  • Maxit/Saint-Gobain stellt kalkgebundene Strohpkatten als ökologische Alternative im Trockenbau her. Verarbeitet werden die Platten wie herkömmliche Gipskartonplatten, Baustoffklasse B2. Geeignet sind sie vor allem als Untergrund für Putze.
  • Conluto GmbH produziert Strohplatten in unterschiedlichen Dicken, mit Einsatz als Putzträferplatte im Innenbereich.

Darüber hinaus bieten verschiedene kleinere Unternehmen und Start-ups in Deutschland, Österreich und der Schweiz ebenfalls Strohbauplatten an. Die Auswahl an Produkten hängt stark von Verarbeitungsart, Einsatzgebiet, Dicke und Oberflächenbeschaffenheit ab.

In der Forschung wird derzeit an der Weiterentwicklung von Strohfaserplatten gearbeitet, um ihre bauphysikalischen und brandschutztechnischen Eigenschaften zu verbessern. Mehrere Hochschulen und Institute untersuchen Möglichkeiten, Bindemittel auf natürlicher Basis – etwa Lignin, Stärke oder Lehm – einzusetzen, um vollständig formaldehydfreie Platten herzustellen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Feuchtebeständigkeit und der Dimensionsstabilität. Hierbei werden Beschichtungen und hydrophobierende Additive auf pflanzlicher Basis getestet, die den Einsatz der Platten in feuchteren Umgebungen ermöglichen sollen.

Im Bereich des Brandschutzes laufen Untersuchungen zu mineralischen Zuschlägen, die das Brandverhalten verbessern, ohne die ökologische Bilanz erheblich zu beeinträchtigen.

Darüber hinaus wird in mehreren EU-geförderten Projekten, etwa im Rahmen von Horizon Europe, die Standardisierung und industrielle Skalierung von Strohfaserplatten erforscht. Ziel ist es, die Materialeigenschaften zu normieren und die Serienfertigung zu erleichtern, um biobasierte Baustoffe als Alternative zu herkömmlichen Produkten breiter einsetzbar zu machen.

Einzelnachweise

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  1. a b c d Was sind Strohbauplatten auf baustoffwissen.de, abgerufen am 30. Oktober 2025
  2. a b c d Verarbeitungshinweise Strohbauplatte auf baunativ-shop.de, abgerufen am 30. Oktober 2025
  3. a b c Datenblatt Strohbauplatte auf strohplattenwerk-mueritz.com, abgerufen am 30. Oktober 2025