Thurbrand

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Thurbrand (Altenglisch Þūrbrand), genannt the Hold[1] war ein Magnat in Northumbria am Beginn des 11. Jahrhunderts. Vielleicht in Holderness und East Yorkshire ansässig, ist Thurbrand als der Mörder von Uhtred, Earl of Northumbria, im Jahr 1016 bekannt. Thurbrand hat möglicherweise bereits 1009 eine Urkunde beglaubigt und Æthelreds Sohn Æthelstan Ætheling ein Pferd geschenkt. Es ist möglich, dass Holderness seinen Namen wegen Thurbrands Anwesenheit auf oder Besitz der Halbinsel erhielt.

Der Ermordung Uhtreds scheint Bestandteil des Krieges zwischen Sven Gabelbart und Knut dem Großen gegen den englischen König Æthelred gewesen zu sein, dessen nordumbrischer wichtigster Verbündeter Uhtred war. Dieser Mord ist die erste bekannte, wenn nicht gar auslösende Tat einer Blutfehde zwischen den Familien von Thurbrand und Uhtred, die bis in die Zeit von Waltheof II., Earl of Northumbria hineinreicht.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thurbrands hatte seine aktive Zeit unter den Königen Æthelred (978–1016), Sven (1013–1014) und Knut (1016–1035). Die Historia Regum und Chronik des Johannes von Worcester bezeichnen Thurbrand als „dänischen Adligen“ (nobilo et Danico viro)[2] Sein Titel eines “Hauld” gehört zu einem Amt, von dem das Norðleoda laga ("Gesetz der Nordleute") sagt, er sei – in Wergeld gemessen – dem eines königlichen High-reeve (Altenglisch: hēahgerēfa) gleichgestellt, über dem Thegn und unterhalb des Ealdorman.[3] Es ist naheliegend, dass Thurbrand Holderness regierte (siehe unten).[4]

In einer Urkunde von 1099, mit der König Æthelred Land in Derbyshire an einen Thegn namens Morcar gibt, ist Thurbrand der 26. auf der Liste der Zeugen.[5] Im Testament Æthelstan Æthelings von 1014 wir ein Þurbrand erwähnt, der dem ætheling ein Pferd gegeben habe.[6] Es ist möglich, dass es sich in beiden Fällen um Thurbrand the Hold handelt.[7]

Nach der Abhandlung De obsessione Dunelmi vom Ende des 11. oder Anfang des 12. Jahrhunderts war Thurbrand der „Hauptfeind“ von Styr, Sohn von Ulf.[8] Die gleiche Quelle sagt, Styr sei ein wohlhabender Bürger gewesen, vielleicht aus York, und gemäß der Historia de Sancto Cuthberto und Libellus de exordio war er für die Schenkung von Darlington und anderen Grundstücken an die Kirche von Durham bekannt.[9] De Obsessione sagt, dass der Earl der Nordumbrer Uhtred Styrs Tochter Sige unter der Bedingung zur Frau bekam, dass er Thurbrand töten werde, also „eine Art Auftragsmörder“ war.[10] Es stellt sich jedoch heraus, dass Uhtred seine Aufgabe nicht erfüllte – obwohl angenommen wird, dass er es versucht hat –, da Thurbrand selbst Uhtred tötete.[11]

Die Ermordung Uhtreds[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

De Obsessione erzählt, dass Uhtred die Tochter des Königs zu seiner neuen Frau genommen hatte, vielleicht als Teil eines Abkommens, das der König geschlossen hatte, um die Loyalität von Uhtred gegenüber Sven Gabelbart und Knut zu sichern oder auch als Belohnung für bereits nachgewiesene Treue.[12] De Obsessione beschreibt weiter Earl Uhtreds Tod durch Thurbrand:

Nach dem Tod von König Æthelred, als Knut das ganze Königreich England in die Hand genommen hatte, sandte er an den Grafen [Uhtred], befahl ihm, zu ihm als seinen neuen Herrn zu kommen. Er tat dies, nachdem er sicheres Geleit für seine Reise und Rückkehr akzeptiert hatte. Am festgesetzten Tag betrat er das Wiheal in Anwesenheit des Königs, um Friedensbedingungen zu verhandeln; durch den Verrat Thurbrands, eines mächtigen Thegn des Königs, bekannt als „the Hold“, sprangen die Soldaten des Königs, die sich hinter einem Vorhang über die Breite des Saals verteilt hatten, plötzlich in Kettenpanzern hervor und schlachteten den Earl und vierzig seiner Hauptleute ab, die mit ihm eingetreten waren.[13]

Die Angelsächsische Chronik (Version C, D und E), Johannes vor Worcesters Chronik und die Historia Regum fügen hinzu, dass einer der mit Uhtred getöteten Adligen Thurcytel, Sohn von Nafena, war.[14] Die Quellen weisen darauf hin, dass Knut hinter dem Mord gesteckt hatte, dem die Ernennung von Erik Håkonsson zu Earl folgte.[15]

Die Ermordung wurde auf 1016 datiert, da dies das Jahr ist, in dem es in der Angelsächsischen Chronik, der Chronik des Johannes von Worcester und der Historia Regum notiert ist.[16] Der Historiker A. A. M. Duncan hat argumentiert, dass dieses Datum unzuverlässig sei. Die Angelsächsische Chronik, die eng als Quelle in der Historia Regum und die Worcester-Chronik zu diesem Eintrag widerscheint, sagt nicht, dass Uhtred in diesem Jahr gestorben ist, nur dass Uhtred und Thurcytel später getötet wurden, obwohl sie sich in diesem Jahr Knut unterworfen hatten.[17] Der Ort des Verbrechen wird mit Wiheal angegeben, das mit Wighill identifiziert wurde, einem Ort nordwestlich der Römerstraße im Norden von Tadcaster und südlich von York. Die Identifizierung ist aber nicht sicher, da die frühe Schreibung von Wighill (d. h. Wichele) nicht an unbedingt an resemble De Obsessiones Wiheal erinnert.[18] Eine andere Möglichkeit ist Worrall bei Sheffield, das im Domesday Book Wihala und Wihale genannt wird.[19]

Tod und Vermächtnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenn De Obsessione geglaubt werden soll, fand Thurbrand seinen Tod durch die Hand von Uhtreds Sohn, Ealdred.[20] Dies soll um 1024 geschehen sein.[21] Einer von Thrubrands Söhnen war Carl, der vier Söhne hatte; zwei von ihnen sind namentlich bekannt, Knut und Sumarlithr, der älteste soll Thurbrand von Settrington gewesen sein, dessen Land nach der normannischen Eroberung Nordumbrias im Besitz von Berengar de Tosny war.[21] Da einige von Thurbrands Nachkommen, insbesondere Knut, Land auf der Halbinsel Holdernesse in East Yorkshire besaßen, wurde vermutet, dass Thurbrand the Hold derjenige gewesen sein könnte, von dem die Halbinsel ihren Namen erhielt, "Kap des Hauld".[4]

Ealdred wurde von Carl getötet, zwei von Carls Söhnen im Gegenzug von Ealdreds Enkel Waltheof II., Earl of Northumbria[22] Die generationenübergreifende Blutfehde hinter all diesen Morden sind das Thema von Richard Fletchers Bloodfeud: Murder and Revenge in Anglo-Saxon England von 2002. Kapelle hingegen hat argumentiert, dass diese Ereignisse keine von Anfang an existierende Blutfehde bedeuten.[23] Er glaubt, dass der Streit zwischen Uhtred und Thurbrand das Ergebnis von Uhtreds Versuch war, Yorkshire zu kontrollieren, und dies später zu einer Blutfehde führte.[24] William M. Aird und andere Historiker haben festgehalten, dass Thurbrand eine „skandinavische Partei“ und Uhtred eine „Wessex-Fraktion“ darstellte, während der Streit im Allgemeinen als Beweis für die Spannung zwischen einem „englischen“ und einem „dänischen“ Nordumbrien südlich des Flusses Tees angesehen wird.[25]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anglo-Saxon Chronicle (wikisource)
  • The North People's Law, Medieval Sourcebook: The Anglo-Saxon Dooms, 560-975 (online, abgerufen am 26. Dezember 2009), Fordham University Center for Medieval Studies
  • William M. Aird (1998), St Cuthbert and the Normans: The Church of Durham, 1071–1153, Studies in the History of Medieval Religion, Woodbridge: The Boydell Press, ISBN 0-85115-615-0, ISSN 0955-2480
  • William M. Aird (2004), Uhtred, earl of Bamburgh (d. 1016), magnate, Oxford Dictionary of National Biography, abgerufen am 26. Dezember 2009
  • Reginald R. Darlington, Patrick McGurk, Jennifer Bray (Hrsg., 1995), The Chronicle of John of Worcester, Band 2, The Annals from 450 To 1066, Oxford Medieval Texts, Oxford: Clarendon Press, ISBN 0-19-822261-0
  • Cyrl R. Hart (Hrsg., 1975), The Early Charters of Northern England and the North Midlands, Studies in Early English History, Nr. 6, London: Leicester University Press, ISBN 0-7185-1131-X
  • Richard A. Fletcher (2003), Bloodfeud: Murder and Revenge in Anglo-Saxon England, London: Penguin Books, ISBN 0-14-028692-6
  • William E. Kapelle (1979), The Norman Conquest of the North: The Region and Its Transformation, 1000–1135, London: Croom Helm Ltd, ISBN 0-7099-0040-6
  • Simon D. Keynes (2002), An Atlas of Attestations in Anglo-Saxon Charters, c. 670–1066, ASNC Guides, Texts, and Studies, 5, Cambridge: Department of Anglo-Saxon, Norse and Celtic Studies, University of Cambridge, ISBN 0-9532697-6-0, ISSN 1475-8520
  • Simon D. Keynes (1994), Cnut's Earls, in: Alexander R. Rumble (Hrsg.): The Reign of Cnut: King of England, Denmark and Norway, London: Leicester University Press, S. 43–88, ISBN 0-7185-1455-6
  • Christopher J. Morris (1992), Marriage and Murder in eleventh-century Northumbria: a study of ‘De Obsessiones Dunelmi’, Borthwick Paper Nr. 82, York: Borthwick Institute of Historical Research, University of York, ISSN 0524-0913
  • David W. Rollason (Hrsg., 2000), Libellus de exordio atque procursu istius, hoc est Dunhelmensis, ecclesie = Tract on the origins and progress of this the Church of Durham / Symeon of Durham, Oxford Medieval Texts, Oxford: Clarendon Press, ISBN 0-19-820207-5
  • Joseph Stevenson (1858), Simeon of Durham: A History of the Kings of England, Faksimile-Reprint von 1987, Church Historians of England, Band 3.2, Lampeter: Llanerch, ISBN 0-947992-12-X
  • Dorothy Whitelock (Hrsg., 1979), English Historical Documents, c.500–1042 Band 1, London: Eyre and Spottiswoode, ISBN 0-19-520101-9
  • Ann Williams (1995), The English and the Norman Conquest, Woodbridge: The Boydell Press, ISBN 0-85115-588-X

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hold oder Hauld war ein Adelstitel, der im Skandinavien und in England zur Wikingerzeit in Gebrauch war, (siehe unten)
  2. Thomas Arnold (Hrsg.): Symeonis Monachi Opera Omnia, Band 2, S. 148; Darlington, McGurk, Chronicle, S. 482, 483; Kapelle, Norman Conquest, S. 19; Stevenson, History of the Kings, S. 107–108
  3. The North People's Law (Fordham); Kapelle, Norman Conquest, S. 19; Whitelock, English Historical Documents, S. 469
  4. a b Fletcher, Bloodfeud, S. 51; Williams, English, S. 30–31
  5. Sawyer 922 (online); Hart (Hrsg.): Early Charters, S. 219–28 (Burton Nr. xxxi), 361; Keynes, Atlas of Attestations, Tafel LXIII (9 of 9)
  6. Sawyer 1503 (online); Hart (Hrsg.): Early Charters, S. 361
  7. Hart (Hrsg.): Early Charters, S. 361
  8. Morris, Marriage and Murder, S. 2
  9. Fletcher, Bloodfeud, S. 53; Hart, Early Charters, S. 147, Nr. 2; Kapelle, Norman Conquest, S. 242, Nr. 38; Rollason (Hrsg.): Libellus, S. 152, 153, 14; South (Hersg.), Historia, S. 67
  10. Fletcher, Bloodfeud, S. 52; Morris, Marriage and Murder, S. 2
  11. Kapelle, Norman Conquest, S. 17
  12. Kapelle, Norman Conquest, S. 17; Morris, Marriage and Murder, S. 2–3
  13. Morris, Marriage and Murder, S. 3
  14. ASC, C (Memento des Originals vom 26. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/asc.jebbo.co.uk, D (Memento des Originals vom 19. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/asc.jebbo.co.uk, E (Memento des Originals vom 12. Februar 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/asc.jebbo.co.uk; Darlington, McGurk, Chronicle, S. 482, 483; Whitelock, English Historical Documents, S. 248
  15. Aird, St Cuthbert, S. 48, Nr. 145; Darlington and McGurk, Chronicle, S. 482, 483; Keynes, "Cnut's Earls", S. 57–58, 86, Nr. 228; Whitelock, English Historical Documents, S. 248
  16. Kapelle, Norman Conquest, S. 17; Woolf, Pictland to Alba, S. 236
  17. Duncan, "Battle of Carham", S. 20–28; Woolf, Pictland to Alba, S. 236
  18. Aird, "Uhtred"; Fletcher, Bloodfeud, S. 2–3
  19. Fletcher, Bloodfeud, S. 2
  20. Kapelle, Norman Conquest, S. 17–18
  21. a b Williams, English, S. 30
  22. Fletcher, Bloodfeud, S. 5; Kapelle, Norman Conquest, S. 17, 19, 23; Williams, English, S. 30–31
  23. Kapelle, Norman Conquest, S. 19
  24. Fletcher, Bloodfeud, S. 52; Keynes, "Cnut's Earls", S. 86, Nr. 228, Kommentare zu einer von Kapelles Argumenten bezüglich Carl
  25. Aird, St Cuthbert, S. 48–49; Fletcher, Bloodfeud, S. 51–52; Kapelle, Norman Conquest, S. 19–20