Vibrato

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Das Vibrato ist in der Musik die periodisch wiederkehrende, geringfügige Veränderung der Frequenz eines gehaltenen Tons. Im Gegensatz zu einem nicht vibrierenden Ton wird ein Ton mit angemessenem Vibrato als lebendig wahrgenommen. Daher findet das Vibrato vor allem in der klassischen Musik breite Verwendung. Fischer (1993) bestimmt für ein angenehmes Vibrato eine Periodenfrequenz von ca. 4,5 bis 8 Hz.

In der Stimme entsteht das Vibrato unwillkürlich, ohne gelernt oder gelehrt zu werden. Auf Saiten- und einigen Blasinstrumenten wird es durch bestimmte Spieltechniken erzeugt. Es wird angenommen, dass das instrumentale Vibrato eine Imitation des Sängervibratos ist.

In der musikalischen Praxis werden meistens verschiedene Formen der periodischen Tonveränderung kombiniert (Vibrato, Tremolo, Bebung, Schwebung und Veränderung der Klangfarbe). Die Abgrenzung des Vibratos von diesen verwandten Phänomenen ist daher schwierig und wird nicht einheitlich gehandhabt. Häufig wird daher der Begriff Vibrato, von der strengen Definition abweichend, für eine Kombination dieser Phänomene verwendet.

Die Hörbeispiele zeigen, dass Vibrato, Tremolo und Schwebung sehr ähnlich wahrgenommen werden.

  • Beispiel für ein echtes Vibrato (Modulation der Frequenz), Periodenfrequenz 6 Hz
  • Beispiel für ein Tremolo („Vibrato“) durch Modulation der Amplitude, Periodenfrequenz 6 Hz
  • Beispiel für ein Tremolo („Vibrato“) durch Schwebung zwischen zwei Tönen von 500 Hz 506 Hz

Gesangsvibrato

Die Singstimme besitzt ein natürliches Vibrato. Es besteht aus der periodischen Veränderung von Frequenz, Amplitude und Formantenspektrum. Das Vibrato fehlt bei unausgebildeten Stimmen zwar häufig, stellt sich aber während der Gesangsausbildung von alleine ein, ohne gelehrt oder gelernt zu werden.

Der Sänger kann das Vibrato als musikalisches Gestaltungsmittel bewusst verstärken oder abschwächen. Die vollständige Unterdrückung des Vibrato führt aber häufig zur Stimmermüdung. Zu starke Frequenzschwankungen oder eine zu schnelle oder zu langsame Periodenfrequenz werden häufig als unästhetisch empfunden. Fischer (1993) nimmt an, dass das Vibrato bei einer Periodenfrequenz zwischen 4,5 Hz und 8 Hz als angenehm empfunden wird. Beim Gesang wird oft auch der Begriff Wobble abwertend für zu starkes und zu langsames, der Begriff Caprino oder Tremolo für zu schnelles, meckerndes Vibrato benutzt.

Die Entstehung des Vibratos beim Gesang ist nach wie vor nicht voll geklärt. Zum einen besteht die Vorstellung, dass das Vibrato als physiologischer Tremor antagonistisch wirkender Kehlkopfmuskeln hervorgerufen wird (Kehlkopfvibrato). Zum anderen besteht auch die Vorstellung, dass die Luftsäule durch einen Tremor des Zwerchfell periodisch komprimiert werde (Zwerchfellvibrato).

Fischer (1993) nimmt an, dass Kehlkopfvibrato und Zwerchfellvibrato parallele Funktionen sind. Das Zwerchfellvibrato habe eine langsame Frequenz (unter 4 Hz), das Kehlkopfvibrato eine schnelle Frequenz (8 Hz). Durch die Koppelung beider Systeme entsteht ein sogenanntes „Komplexes Vibrato“, das sich bei einer Frequenz zwischen 4,5 und 8 Hz einschwinge. Der Affekt des Sängers bewirke dann die Verlangsamung oder Beschleunigung des Vibratos durch Dominanz der Kehlkopf- oder der Zwerchfellfunktion.

Die Instrumentalisten bemühen sich oft um eine Imitation des Sängervibratos.

Vibrato bei Musikinstrumenten

Auf historischen Flöten (Blockflöte und Traversflöte) gibt es verschiedene Methoden:

  1. Zwerchfellvibrato
  2. Kehlvibrato („Meckern“)
  3. Schlagen mit dem Finger an den Rand eines bestimmten Loches, das nicht gedeckt werden darf (vgl. Flattement).

Das Vibrato wird sparsam und gezielt eingesetzt.

Beim Saiteninstrument entsteht das Vibrato durch Hin- und Herbewegen des Fingers auf einer Saite. Hierdurch werden periodische Schwankungen der Tonhöhe erzeugt: Der Ton ist nicht ganz „geradlinig“ oder klar. Das durchgehende Vibrato im Sinfonie- und Streichorchester, kam in den 1920er Jahren auf, zum Ärger von Komponisten wie Strawinsky oder Schönberg, diese äußerten sich hierzu betont negativ. Seit den 1990er Jahren treten vermehrt Dirigenten in Erscheinung, die auf eine Rückbesinnung drängen.[1]

Bei der Orgel gibt es die sog. Schwebungsregister. In diesem Fall gibt es zu jedem Ton zwei Stimmen, die sich in der Tonhöhe geringfügig unterscheiden; das Vibrato wird also durch Schwebung hervorgerufen. Ein Beispiel ist die Prinzipalschwebung, bei italienischen Orgeln des 16. Jahrhunderts u. a. auch als Voce Umana („Menschenstimme“) bezeichnet. Offensichtlich galt den italienischen Orgelbauern des 16. Jahrhunderts das Vibrato als eine charakteristische Eigenschaft der menschlichen Stimme. Noch sehr viel häufiger findet sich bei der Orgel allerdings der sogenannte Tremulant, der den Wind in leichte Druckschwankungen versetzt und so für ein Tremulieren des Pfeifenklanges sorgt. Bei vielen Orgeln ist die Schwankungsfrequenz des Tremulanten einstellbar.

Das Schwebungssystem wurde im 19. Jahrhundert auf Harmonika-Instrumente übertragen, bei denen pro angespieltem Ton zwei Durchschlagzungen mit geringfügigem Frequenzunterschied zum Klingen gebracht werden (siehe Tremoloharmonika).

Ein stärkerer Vibratoeffekt kann bei der E-Gitarre durch den eigens dafür vorgesehenen Tremolo oder das Ziehen der Saite erzeugt werden.

Orchesterinstrumente, die in der Regel auf den Einsatz von Vibrato verzichten, sind:

Vibrato bei elektronischen Musikinstrumenten

Bei Effektgeräten oder elektronischen Musikinstrumenten werden die Begriffe Vibrato und Tremolo für unterschiedliche Effekte verwendet:

Die Wirkung des Effekts hängt hierbei von der Stärke und Frequenz der Schwankungen ab sowie vom Charakter der Schwankung (Kurvenform des Modulationssignals):

  • Langsame, sinusförmige Schwankungen mit geringer Frequenz klingen eher weich.
  • Schnelle, rechteckförmige Schwankungen mit hoher Frequenz klingen eher hart.

Literatur

  • Greta Moens-Haenen: Das Vibrato in der Musik des Barock. Ein Handbuch zur Aufführungspraxis für Vokalisten und Instrumentalisten. Akademische Druck- und Verlags-Anstalt, Graz 1988, ISBN 3-201-01398-6.
  • Peter-Michael Fischer: Die Stimme des Sängers. Analyse ihrer Funktion und Leistung – Geschichte und Methodik der Stimmbildung. Metzeler, Stuttgart u. a. 1993, ISBN 3-476-00882-7.
  • Mario Sicca: Das Vibrato als natürliche Bereicherung des Klanges. In: Nova giulianiad. 1, 2, 1984, ISSN 0254-9565, S. 86 ff.

Einzelnachweise

  1. Die ZEIT: Ein Gespräch mit sir Roger Norrington über die Vorzüge des Alters, seinen Kampf gegen das Vibrato und die Egomanie der Pulthelden

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Vibrato – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen