Vogelfreiheit

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Das Wort vogelfrei bezeichnet in der Gegenwart jemanden, über den die Strafe der Acht verhängt worden ist. Diese negative Bedeutung setzt aber erst im 16. Jahrhundert ein. Sie hat sich dann über die Barockdichtung und die Erklärung in Jacob Grimms Deutsche Grammatik (1819) allgemein durchgesetzt.

Früher und heute

Der Richter und die Schöffen verhängen die Mordacht. Holzschnitt aus der Bamberger Halsgerichtsordnung (1507)

Ursprünglich bedeutete das Wort „vogelfrei“ lediglich „frei wie ein Vogel, ungebunden“. So wird das Wort in den älteren Quellen verwendet.[1] Auch Luther und Zwingli verwendeten das Wort noch in seiner ursprünglichen Bedeutung.

Viel später kam es zu der Verknüpfung mit der Ächtung. Sie ergab sich aus den Formeln:

„als du mit urteil u. recht zu der mordacht erteilt worden bist, also nim ich dein leib u. gut aus dem fride und thu sie in den unfrid und künde dich erlös u. rechtlos und künde dich den vögeln frei in den lüften und den tieren in dem wald und den vischen in dem waßer und solt auf keiner straßen noch in keiner mundtat, die keiser oder künig gefreiet haben, nindert fride noch geleit haben; …“

Artikel 241 der Bamberger Halsgerichtsordnung, zitiert nach Jacob Grimm, Bd. I, S. 58.

und

„sein leib soll frei und erlaubt sein allen leuten und thieren, den vögeln in den lüften,[2]den vischen im waßer, so daß niemand gegen ihn einen frevel begehen kann, dessen er büßen dürfe“

Wigand, Das femgericht Westphalens. Hamm 1825. S. 436 zitiert bei Grimm S. 59.

Mit dieser Ächtung war auch verbunden, dass dazu verurteilten Personen keine Behausung gewährt wurde.[3] Im Todesfall wurde seine Leiche nicht bestattet, sondern den Vögeln zum Fraß[4] überlassen.

Nach heutiger Auffassung ist dort nicht die Ursache für die Verbreitung der pejorativen Bedeutung zu suchen, sondern in der Sprache der Landsknechte und Soldaten dieser Zeit. Dafür spricht auch das in diesem Zusammenhang auftretende Lehnwort „Preis“ (italienisch presa, französisch prise), hier gleichbedeutend mit dem Wort „Beute“. Landschädliche Leute werden „preis gegeben und vogelfrey“ erklärt.[5]

Fußnoten

  1. Gotteshausleute des Stiftes Buchenau waren nach einer Urkunde aus 1455 „vogelfrei“ (= freizügig), wenn sie jährlich einen Pfennig spendeten. Schmidt-Wiegand Sp. 931 mit weiteren Beispielen.
  2. Grimm merkt hier in einer Fußnote an: daher vogelfrei, permissus avibus; die ältere sprache sagte auch in anderm sinn: vrî als ein vogel. Konrad von Würzburg: Trojanischer Krieg. Vers 14516; ich bin frî als der vogel ûf dem zwî. Laßberg (Hrg.) Liedersaal. 1820–1825. Bd. 3, 637.
  3. Aqua et ignis interdictus.
  4. permissus avibus.
  5. So noch als Begriffspaar in der Constitutio criminalis Theresiana vom 31. Dezember 1768.

Literatur

  • Jacob Grimm, Andreas Heusler, Rudolf Hübner: Deutsche Rechtsaltertümer. 2 Bände. 4. vermehrte Auflage. Dieterich, Leipzig 1899 (Unveränderter Nachdruck. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1994, ISBN 3-534-00205-9).
  • Ruth Schmidt–Wiegand: Vogelfrei. In: Handwörterbuch der Deutschen Rechtsgeschichte. Band 5: Straftheorie – Zycha. Register. Schmidt, Berlin 1998, ISBN 3-503-00015-1, Sp. 930–932.

Siehe auch