Wedderburn-Zahl

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Die Wedderburn-Zahl ist eine dimensionslose Kennzahl, die vor allem in der physikalischen Limnologie verwendet wird. Sie beschreibt die Größe des Auftriebs in geschichteten Seen und ist definiert als:

,

wobei (mit dem Ortsfaktor ) die reduzierte Schwerkraft ist, die Dicke des Epilimnions, die Schubspannungsgeschwindigkeit und die Länge des Sees. Der See wird hierbei vereinfacht durch zwei Schichten beschrieben: Eine obere Schicht mit leichterem, warmen Wasser (Epilimnion) (Dichte ), die auf dem schwereren Hypolimnion (Dichte ) aufliegt. Hohe Wedderburn-Zahlen bedeuten eine stabile Wassersäule, niedrige dagegen eine starke Mischung, vor allem an den Uferzonen.

Motivation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In vielen geschichteten Seen ist Wind eine der wichtigsten Quellen physikalischer Energie. Nur ein kleiner Teil der Windenergie führt jedoch zu direkter vertikaler Durchmischung der Wassersäule. Stattdessen bewirken anhaltende Winde häufig eine Neigung der Thermokline: Das Wasser des Epilimnions wird in Richtung des Windes beschleunigt und zur windabgewandten Seite transportiert, auf der windzugewandten Seite wird es dagegen in einer Auftriebsbewegung durch Tiefenwasser ersetzt. Die Größe dieser Verschiebung wird bestimmt durch das Verhältnis der stabilisierenden potentiellen Energie der Wassersäule () zur kinetischen Energie (), das in der bulk Richardson number

ausgedrückt ist. Des Weiteren bestimmt die Länge des Fetchs wie effektiv der Wind auf den See wirken kann. Aus diesem Grund wird das Verhältnis von Länge des Sees zu Dicke des Epilimnions

mit multipliziert, um die Wedderburn-Zahl

zu erhalten.[1] Die Wedderburn-Zahl bestimmt auch den Neigungswinkel der Thermokline: Je kleiner sie ist, desto stärker ist sie ausgelenkt. Bei wird der Neigungswinkel so groß, dass das Tiefenwasser des Hypolimnions an einem Ende des Sees bis an die Oberfläche gelangt.[2]

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wedderburn-Zahl ist eine Möglichkeit, Mischungsprozesse in Seen zu quantifizieren. Bei geringen Temperaturunterschieden im See und hohen Winden liegt die Wedderburn-Zahl nahe bei eins, bei niedrigen Windgeschwindigkeiten und hohen Temperaturunterschieden zwischen Epi- und Hypolimnion kann sie dagegen den Wert von 100 weit übersteigen.[3] Viele biologische Prozesse in Seen sind von der Mischung des Epilimnions abhängig. Schwerere Planktonarten wie Kieselalgen sinken ins Tiefenwasser, wenn sie nicht beständig durch Mischung stabilisiert würden. Andererseits können zum Beispiel in ruhigeren Perioden große Mengen an Zooplankton akkumulieren, die als Nahrung für Fischlarven dienen.[4] Auch für den Nährstoffhaushalt ist die Mischung von großer Bedeutung. Bei niedrigen Wedderburn-Zahlen können Nährstoffe aus dem Tiefenwasser in das Oberflächenwasser transportiert werden, wo sie Organismen zur Verfügung stehen.[5] Ein grundsätzliches Problem der Wedderburn-Zahl ist ihre vereinfachende Darstellung des Sees als Zwei-Schicht-System. Eine Verbesserung ist die lake number[6], die stattdessen die Dichte über die gesamte Wassersäule integriert.[5]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. T. Shintani u. A. (2010): Generalizations of the Wedderburn number: Parameterizing upwelling in stratified lakes. In: Limnology and Oceanography 55(3), S. 1377–1389.
  2. J. Imberger, P. Hamblin (1982): Dynamics of lakes, reservoirs and cooling ponds. In: Annual Reviews of Fluid Mechanics 14. S. 153–187.
  3. J. Kalff: Limnology: Inland Water Ecosystems. Prentice Hall, New Jersey, 2003. S. 183–186.
  4. A. Horne, C. Goldman: Limnology, 2nd edition. McGraw-Hill, New York u. A., 1994. S. 56–60.
  5. a b S. MacIntyre u. A. (1999): Boundary mixing and nutrient fluxes in Mono Lake, California. In: Limnology and Oceanography 44(3), S. 512–529.
  6. D. Robertson u. A. (1994): Lake number, a quantitative indicator of mixing used to estimate changes in dissolved oxygen. In: Internationale Revue der gesamten Hydrobiologie und Hydrographie 79(2), S. 159–176.