„Wildkaninchen“ – Versionsunterschied

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'''Kaninchen''' (lat. ''Oryctolagus'') sind eine Gattung der Ordnung [[Hasentiere]] (Lagomorpha) in der Familie der [[Hasenartige]]n (Leporidae).
{{Taxobox
Das europäische Wildkaninchen (''Oryctolagus cuniculus'') ist die Stammform aller bei uns bekannten Zuchtkaninchen. Im Gegensatz zu den [[Hase]]n (z.B. [[Feldhase]]n) haben sie relativ kurze [[Ohr]]en (6-8 cm), sind deutlich zierlicher (maximal 2 kg), bauen regelrechte unterirdische Gänge und leben gesellig in Kolonien.
| Taxon_Name = Wildkaninchen
| Taxon_WissName = Oryctolagus cuniculus
| Taxon_Rang = Art
| Taxon_Autor = ([[Carl von Linné|Linnaeus]] 1758)
| Taxon2_WissName = Oryctolagus
| Taxon2_Rang = Gattung
| Taxon3_Name = Hasen
| Taxon3_WissName = Leporidae
| Taxon3_Rang = Familie
| Taxon4_Name = Hasenartige
| Taxon4_WissName = Lagomorpha
| Taxon4_Rang = Ordnung
| Taxon5_WissName = Euarchontoglires
| Taxon5_Rang = Überordnung
| Taxon6_Name = Höhere Säugetiere
| Taxon6_WissName = Eutheria
| Taxon6_Rang = Unterklasse
| Bild = Oryctolagus cuniculus Tasmania 2.jpg
| Bildbeschreibung = Wildkaninchen (''Oryctolagus cuniculus'')
}}
[[Datei:Oryctolagus cuniculus distribution Map.png|miniatur|Verbreitungsgebiet]]
[[Datei:Wildkaninchen fehmarn.JPG|miniatur|Wildkaninchen auf der [[Fehmarn|Insel Fehmarn]]]]
[[Datei:Wild rabbit.jpg|miniatur|Wildkaninchen in [[Australien]]]]

Das '''Wildkaninchen''' (''Oryctolagus cuniculus'') ist die einzige [[Art (Biologie)|Art]] in der [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''Oryctolagus'' innerhalb der [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Hasen]] (Leporidae). Es ist die Stammform aller im deutschen Sprachraum bekannten [[Hauskaninchen]]. [[Kreuzung (Genetik)|Kreuzungen]] zwischen [[Feldhase]]n und Wildkaninchen gibt es aufgrund ihrer unterschiedlichen Chromosomenzahl nicht.

== Beschreibung ==
Wildkaninchen haben ein graubraunes Fell. Im Nackenbereich ist es braun bis rostrot gefärbt. Im Gegensatz zum [[Feldhase]]n hat es relativ kurze Ohren (Löffel, 6-8&nbsp;cm), ist deutlich zierlicher (1,3 bis 2,2&nbsp;kg) und hat kürzere Hinterbeine. Die [[Kopf-Rumpf-Länge]] liegt zwischen 35 und 45 Zentimetern, der Schwanz (Blume) wird vier bis sieben Zentimeter lang.

== Verbreitung ==
Im [[Altertum]] war das Wildkaninchen fast ausschließlich auf die [[Iberische Halbinsel]] und [[Frankreich|Südfrankreich]] beschränkt. So leitet sich der Name „[[Spanien]]“ vom [[Phönizische Sprache|Phönizischen]] „Land der [[Schliefer]]“ ab, weil die Phönizier die dort heimischen Kaninchen nicht kannten und sie mit dem Wort für die ihnen aus Afrika bekannten Schliefer bezeichneten. Bereits in der [[Antike]] wurde es in [[Italien]] und Nordwestafrika eingebürgert. Im [[Mittelalter]] wurde es nach [[Frankreich]] und auf die [[Britische Inseln|Britischen Inseln]] gebracht, in der [[Frühe Neuzeit|frühen Neuzeit]] nach Deutschland sowie auf viele Inseln in allen [[Ozean]]en. Heute lebt es in ganz [[Europa]] außer im mittleren und nördlichen [[Skandinavien]]. Auch auf [[Island]] fehlt es. Im 19. Jahrhundert wurden Kaninchen in [[Australien]] (1859) und [[Neuseeland]] ausgesetzt. Darüber hinaus wurden sie in [[Südafrika]], [[Nordamerika|Nord-]] und [[Südamerika]] eingebürgert.

== Lebensweise ==
Wildkaninchen leben gesellig in mehr oder weniger großen Kolonien. Sie legen unterirdische Baue am liebsten in sandigem, lockerem Boden an, weshalb auch von Menschen aufgeschüttete Erdwälle häufig als Grundlage für die Baue genutzt werden. Diese können bis zu drei Meter tief und 45 Meter lang sein. Kaninchen sind dämmerungsaktive Tiere, manchmal kann man sie allerdings beim Sonnenbaden am frühen Morgen beobachten. Bei Gefahr können Kaninchen laut pfeifen und klopfen mit den Hinterläufen auf die Erde, sie trommeln. Mit diesem Klopfen signalisieren sie ihren Artgenossen eine drohende Gefahr, die mit Flucht in den Bau reagieren.

== Ernährung ==
Wildkaninchen sind Pflanzenfresser, die sich vorwiegend von Gräsern, Kräutern und Blättern ernähren. Gelegentlich verzehren sie auch Rinde und Zweige.

Da Kaninchen keine [[cellulose]]<nowiki>spaltenden</nowiki> [[Enzym]]e produzieren, werden die schwerverdaulichen Pflanzenbestandteile im Dickdarm, vor allem im [[Blinddarm]], durch die [[Darmflora]] fermentiert. Die Darmflora besteht vor allem aus [[Bacteroides]]. Der dabei entstehende Blinddarmkot wird direkt – in der Regel zweimal täglich – vom After aufgenommen und erneut verzehrt, wodurch die bei der Fermentation entstehenden [[Vitamin]]e, [[Aminosäuren]] und [[Protein]]e dem Tier zugute kommen. Dieser Vorgang wird [[Caecotrophie]] genannt.<ref>Micah Kohles: ''Der Gastrointestinaltakt des Kaninchens – Hinweise zur artgerechten Fütterung''. In: Kleintiermedizin 4/2011, S.&nbsp;164–169</ref>

== Fortpflanzung ==
Weibliche Kaninchen haben keinen regelmäßigen Sexualzyklus. Saisonal und individuell kann der Zyklus stark variieren. Meist wechseln sich sieben bis zehn fruchtbare Tage mit ein bis zwei unfruchtbaren Tagen ab.

Während der fruchtbaren Zeit kann es jederzeit durch den Deckakt zu Eisprüngen kommen. Während des Deckens werden über einen Reflex Hormone freigesetzt, die nach etwa zwölf Stunden die Eisprünge ([[Ovulation]]) auslösen. Durch diesen Mechanismus treffen die Spermien stets auf frische Eizellen.

Die [[Brunft|Paarungszeit]] hängt vom Verbreitungsgebiet ab, in Spanien liegt sie zwischen Herbst und Frühling, in Mitteleuropa zwischen Februar und Juli, auf der Südhalbkugel in der anderen Jahreshälfte. Die Vermehrungsrate ist enorm, das Weibchen kann fünf bis sieben Würfe pro Jahr austragen, die Tragzeit beträgt zwischen vier und fünf Wochen und die Wurfgröße durchschnittlich fünf bis sechs, in Ausnahmefällen bis zu neun Jungtiere.

Zur Geburt legt das Weibchen einen eigenen Bau abseits vom Gemeinschaftsbau an, die sogenannte Setzröhre. Diese verschließt es mit Gras und Blättern und scharrt Erde darüber. Neugeborene sind nackt und blind und wiegen rund 40 bis 50 Gramm. Nach zehn Tagen öffnen sie die Augen, mit drei Wochen verlassen sie erstmals die Setzröhre und nach vier Wochen werden sie entwöhnt. Wenn sie auch schon früher geschlechtsreif werden, so pflanzen sich die meisten Tiere erstmals in ihrem zweiten Lebensjahr fort.

Die Lebenserwartung liegt bei maximal neun Jahren, viele Tiere sterben aber schon in ihrem ersten Lebensjahr beziehungsweise überleben den ersten Winter nicht. Sie fallen oft Wildtieren oder wildernden Katzen und Hunden zum Opfer, verhungern oder sterben an Krankheiten wie der Myxomatose.

== Natürliche Feinde ==
Zu den natürlichen Feinden der Kaninchen zählen der [[Rotfuchs]], [[Greifvögel]], [[Eulen]], [[Echte Marder|Marder]], [[Wiesel]], [[Iltisse|Iltis]] und das [[Hermelin]], [[Eurasischer Luchs|Luchse]] und [[Wölfe]].

== Krankheiten ==
Kaninchenbestände werden durch die [[Myxomatose]], eine durch Pockenerreger ausgelöste Viruserkrankung, dezimiert. Das [[Virus]] führt zu einem starken Anschwellen der Schleimhäute, was erkrankten Kaninchen auch leicht anzusehen ist. Während die Sterblichkeit bei dieser Erkrankung jedoch nur bei 40 bis 60 Prozent liegt, hat sich das in den letzten Jahren gehäufte Auftreten der [[Chinaseuche]] (RHD, ''R''abbit ''h''emorrhagic ''d''isease) mit einer Sterblichkeitsrate von 100 Prozent katastrophal auf die Bestände in ganz Mitteleuropa ausgewirkt.

Da in Australien natürliche Feinde der Kaninchen fehlen, führte das zu einer sehr starken Vermehrung und Nahrungskonkurrenz zur [[Massentierhaltung]]. Alle Regulierungsmaßnahmen ([[Rabbit-Proof Fence|Zäune]], Abschuss, [[Gift]]) blieben ohne Erfolg. Zur Bekämpfung der Kaninchenpopulation führte man deshalb 1951 das [[Myxomatose]]virus ein. Die Tiere entwickelten jedoch nach etwa 20 Jahren eine [[Resistenz]] gegen das Virus.

== Wildkaninchen und Menschen ==
Die Wildkaninchen wurden bereits in der Antike in verschiedenen Regionen des Mittelmeerraumes eingeführt. Die Zucht von [[Hauskaninchen]] begann wahrscheinlich in französischen Klöstern in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends.

Kaninchen sind ein beliebtes Jagdwild und werden auch in Tierversuchen eingesetzt. Sie wurden in vielen Regionen eingeführt, wo sie sich beträchtlich ausbreiteten und vielfach zur Plage wurden. Sie gefährden als [[Neozoon|Neozoen]] die einheimische Fauna, zum Beispiel in Australien. Bei massenhaftem Auftreten verursachen sie erhebliche [[Wildschaden|Wildschäden]], indem sie Jungpflanzen, Sträucher und Feldfrüchte verbeißen. Durch künstlich induzierte Krankheiten und Bejagung wird versucht, den Bestand in Grenzen zu halten.

In Niedersachsen sind die Bestände in der freien Landschaft stark zurückgegangen. Wildkaninchen leben vor allem noch in Parks, Gärten und Friedhöfen.

== Literatur ==
* Norbert Benecke: ''Der Mensch und seine Haustiere''. Die Geschichte einer jahrtausendealten Beziehung.'' Parkland, Köln 2001 / Theiss, Stuttgart 1994, ISBN 3-88059-995-5, S. 356–362.
* Alfred Willy Boback: ''Das Wildkaninchen: Oryctolagus cuniculus (Linné, 1758)''. In: ''[[Brehms Thierleben|Die neue Brehm-Bücherei]].'' Band 415, 2., unveränderte Neuauflage, Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben 2004 (Erstausgabe: Ziemsen, Wittenberg Lutherstadt 1970). ISBN 978-3-89432-791-0.

== Einzelnachweise ==
<references />

== Weblinks ==
{{Commonscat|Oryctolagus cuniculus|Kaninchen}}
* {{IUCN
|Year=2008
|ID=41291
|ScientificName=Oryctolagus cuniculus
|YearAssessed=2008
|Assessor=A.&nbsp;T. Smith, A.&nbsp;F. Boyer
|Download=1. Januar 2009
}}

[[Kategorie:Hasenartige]]
[[Kategorie:Wild]]
[[Kategorie:Haarwild]]

[[an:Oryctolagus cuniculus]]
[[ang:Coning]]
[[ast:Oryctolagus cuniculus]]
[[bg:Заек подземник]]
[[br:Konikl]]
[[ca:Conill de bosc]]
[[cs:Králík divoký]]
[[cy:Cwningen Ewropeaidd]]
[[da:Vildkanin]]
[[dsb:Źiwy karnikel]]
[[en:European Rabbit]]
[[es:Oryctolagus cuniculus]]
[[eu:Untxi]]
[[fa:خرگوش اروپایی]]
[[fi:Kaniini]]
[[fr:Oryctolagus cuniculus]]
[[frr:Kanin]]
[[gl:Coello]]
[[he:ארנבון מצוי]]
[[hr:Patuljasti kunić]]
[[hsb:Dźiwi nukl]]
[[hu:Üregi nyúl]]
[[ik:Ukalliq]]
[[it:Oryctolagus cuniculus]]
[[ja:アナウサギ]]
[[ko:굴토끼]]
[[la:Oryctolagus]]
[[li:Europese knien]]
[[lij:Coniggio]]
[[lt:Laukinis triušis]]
[[lv:Trusis]]
[[ms:Arnab Eropah]]
[[mt:Fenek Ewropew]]
[[nn:Kanin]]
[[no:Kanin]]
[[oc:Oryctolagus cuniculus]]
[[pl:Królik europejski]]
[[pt:Coelho-europeu]]
[[ru:Дикий кролик]]
[[rw:Urukwavu]]
[[sc:Conigliu]]
[[sk:Oryctolagus]]
[[stq:Kanienken]]
[[sv:Europeisk kanin]]
[[sw:Sungura wa Kizungu]]
[[tr:Avrupa ada tavşanı]]
[[udm:Покчи кеч]]
[[uk:Кріль європейський]]
[[vi:Thỏ châu Âu]]
[[zh:穴兔]]

Version vom 27. Juni 2012, 12:38 Uhr

Kaninchen (lat. Oryctolagus) sind eine Gattung der Ordnung Hasentiere (Lagomorpha) in der Familie der Hasenartigen (Leporidae). Das europäische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) ist die Stammform aller bei uns bekannten Zuchtkaninchen. Im Gegensatz zu den Hasen (z.B. Feldhasen) haben sie relativ kurze Ohren (6-8 cm), sind deutlich zierlicher (maximal 2 kg), bauen regelrechte unterirdische Gänge und leben gesellig in Kolonien.