„Pester Power“ – Versionsunterschied

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Als '''Pester Power''' (englisch: ''Macht des Quengelns'') oder '''Nag Factor''' (englisch: ''Nörgel-Faktor'') bezeichnet man im [[Marketing]] den Einfluss jüngerer [[Kind]]er, bei ihren [[Verwandtschaftsbeziehung#Eltern|Eltern]] den Kauf von in der [[Werbung]] wahrgenommenen [[Produkt (Wirtschaft)|Produkten]] durch Quengeln durchzusetzen.<ref name="MOSH">Laura McDermott, Terry O’Sullivan, Martine Stead, and Gerard Hastings: ''International food advertising, pester power and its effects''. In: International Journal of Advertising Vol. 25 , Iss. 4, 2006, [http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/02650487.2006.11072986 Abstract]</ref><ref name="PP">Torsten Porsch, Stephanie Pieschl (Hrsg): ''Neue Medien und deren Schatten: Mediennutzung, Medienwirkung und Medienkompetenz''. Hogrefe Verlag, 2014, ISBN 978-3801724795</ref> Besonders Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren setzen ihre Konsumwünsche vornehmlich durch „Quengeln“ durch.<ref name="PP" /> Zudem verfügen jüngere Kinder nicht über die nötige [[Medienkompetenz]], sind in hohem Maße beeinflussbar und neigen zu spontanem und unausgewogenem Konsum.<ref name="STB">Stephanie Theresa Bartomioli: ''Kinder als Zielgruppe von Werbung: Eine sozialethische Analyse.'' Diplomica Verlag, 2015, ISBN 978-3959347204, S. 29-33</ref> Mit steigendem Alter der Kinder verliert die Pester Power an Bedeutung; auch weil ältere Kinder zunehmend verstehen, dass sie ihre Eltern mit Erklärungen und Kompromissangeboten besser überzeugen können als durch fortwährendes Nörgeln.<ref name="PP" />
Als '''Pester Power''' (deutsch: '''Quengelkraft'''<ref name="HeselerIltzsche2016">{{cite book|author1=Denise Heseler|author2=Robin Iltzsche|author3=Olivier Rojon|coauthors=Jonas Rüppel, Tom David Uhlig|title=Perspektiven kritischer Psychologie und qualitativer Forschung: Zur Unberechenbarkeit des Subjekts|url=https://books.google.com/books?id=CVD_DAAAQBAJ&pg=PA213|date=6 September 2016|publisher=Springer-Verlag|isbn=978-3-658-14020-5|pages=213}}</ref>) oder '''Nag Factor''' (englisch: ''Nörgel-Faktor'') bezeichnet man im [[Marketing]] den Einfluss jüngerer [[Kind]]er, bei ihren [[Verwandtschaftsbeziehung#Eltern|Eltern]] den Kauf von in der [[Werbung]] wahrgenommenen [[Produkt (Wirtschaft)|Produkten]] durch Quengeln durchzusetzen.<ref name="MOSH">Laura McDermott, Terry O’Sullivan, Martine Stead, and Gerard Hastings: ''International food advertising, pester power and its effects''. In: International Journal of Advertising Vol. 25 , Iss. 4, 2006, [http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/02650487.2006.11072986 Abstract]</ref><ref name="PP">Torsten Porsch, Stephanie Pieschl (Hrsg): ''Neue Medien und deren Schatten: Mediennutzung, Medienwirkung und Medienkompetenz''. Hogrefe Verlag, 2014, ISBN 978-3801724795</ref> Besonders Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren setzen ihre Konsumwünsche vornehmlich durch „Quengeln“ durch.<ref name="PP" /> Zudem verfügen jüngere Kinder nicht über die nötige [[Medienkompetenz]], sind in hohem Maße beeinflussbar und neigen zu spontanem und unausgewogenem Konsum.<ref name="STB">Stephanie Theresa Bartomioli: ''Kinder als Zielgruppe von Werbung: Eine sozialethische Analyse.'' Diplomica Verlag, 2015, ISBN 978-3959347204, S. 29-33</ref> Mit steigendem Alter der Kinder verliert die Pester Power an Bedeutung; auch weil ältere Kinder zunehmend verstehen, dass sie ihre Eltern mit Erklärungen und Kompromissangeboten besser überzeugen können als durch fortwährendes Nörgeln.<ref name="PP" />


Viele Eltern stimmen den Konsumwünschen ihrer Kinder zu, um den Familienfrieden zu wahren oder unangenehme Situationen beim Einkauf zu vermeiden.<ref name="STB" /> Bei einer Untersuchung der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health im Jahr 2011 gaben 36 % der befragten Mütter an, als Gegenmaßnahme den Kontakt der Kinder mit Werbemaßnahmen zu beschränken; 35 % versuchten die getroffenen oder abgelehnten [[Kaufentscheidung]]en gegenüber den Kindern zu erklären.<ref name="JH">Johns Hopkins University Bloomberg School of Public Health. ''[https://www.sciencedaily.com/releases/2011/08/110815121519.htm The nag factor: How do children convince their parents to buy unhealthy foods?]''. ScienceDaily, 16. August 2011.</ref>
Viele Eltern stimmen den Konsumwünschen ihrer Kinder zu, um den Familienfrieden zu wahren oder unangenehme Situationen beim Einkauf zu vermeiden.<ref name="STB" /> Bei einer Untersuchung der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health im Jahr 2011 gaben 36 % der befragten Mütter an, als Gegenmaßnahme den Kontakt der Kinder mit Werbemaßnahmen zu beschränken; 35 % versuchten die getroffenen oder abgelehnten [[Kaufentscheidung]]en gegenüber den Kindern zu erklären.<ref name="JH">Johns Hopkins University Bloomberg School of Public Health. ''[https://www.sciencedaily.com/releases/2011/08/110815121519.htm The nag factor: How do children convince their parents to buy unhealthy foods?]''. ScienceDaily, 16. August 2011.</ref>

Version vom 30. März 2017, 18:28 Uhr

Als Pester Power (deutsch: Quengelkraft[1]) oder Nag Factor (englisch: Nörgel-Faktor) bezeichnet man im Marketing den Einfluss jüngerer Kinder, bei ihren Eltern den Kauf von in der Werbung wahrgenommenen Produkten durch Quengeln durchzusetzen.[2][3] Besonders Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren setzen ihre Konsumwünsche vornehmlich durch „Quengeln“ durch.[3] Zudem verfügen jüngere Kinder nicht über die nötige Medienkompetenz, sind in hohem Maße beeinflussbar und neigen zu spontanem und unausgewogenem Konsum.[4] Mit steigendem Alter der Kinder verliert die Pester Power an Bedeutung; auch weil ältere Kinder zunehmend verstehen, dass sie ihre Eltern mit Erklärungen und Kompromissangeboten besser überzeugen können als durch fortwährendes Nörgeln.[3]

Viele Eltern stimmen den Konsumwünschen ihrer Kinder zu, um den Familienfrieden zu wahren oder unangenehme Situationen beim Einkauf zu vermeiden.[4] Bei einer Untersuchung der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health im Jahr 2011 gaben 36 % der befragten Mütter an, als Gegenmaßnahme den Kontakt der Kinder mit Werbemaßnahmen zu beschränken; 35 % versuchten die getroffenen oder abgelehnten Kaufentscheidungen gegenüber den Kindern zu erklären.[5]

Obwohl sich Werbetreibende des Einflusses der Kinder auf die Kaufentscheidung seit vielen Jahrzehnten bewusst waren, gab es bis in die 1950er Jahre hinein bei den meisten Unternehmen und Werbeagenturen eine Selbstverpflichtung, Kinder nicht direkt mit Werbemaßnahmen anzusprechen.[6] Die Gründe dafür waren zum Teil moralischer Natur; zum Teil befürchtete man aber auch, die Eltern gegen sich aufzubringen und dadurch Umsatzeinbußen zu erleiden.[6]

1952 gab es mit dem Werbespot für Mr. Potato Head erstmalig eine im großen Umfang eingesetzte Werbemaßnahme, die sich direkt an Kinder richtete. Mitte der 1950er Jahre nahm die direkte Ansprache von Kindern in der Werbung stark zu.[6] In den Vereinigten Staaten wurde auf Kinder ausgerichtete Werbemaßnahmen erstmals ab 1955 im Umfeld des Mickey Mouse Club in großem Umfang eingesetzt.[6] Viele Werbetreibenden adaptierten daraufhin diese Maßnahmen und gestalteten Werbemittel zunehmend gezielter für die junge Zielgruppe. So wurden beispielsweise in Werbespots Kinder als cleverer und den Eltern überlegener dargestellt, was für Kinder besonders reizvoll ist, da „ihre Alltagswahrnehmung dem Gegenteil entspricht“.[4] Eine andere Möglichkeit ist die Einbindung von Kindern bekannten Persönlichkeiten (Testimonials) oder Comicfiguren.[4]

Als besonders kritisch wird auf Pester Power ausgerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel eingestuft; vor allem weil sie die Bestrebungen der Eltern zur Etablierung einer gesunden Ernährungsweise unterläuft.[5][2] Pester Power hat damit das Potential, Konflikte in der Eltern-Kind-Beziehung herbeizuführen oder zu verschärfen.

Die teils aggressiven Maßnahmen führten ab den 1960er Jahren verstärkt zu Beschwerden von Eltern und Jugendschutzorganisationen, die schließlich in vielen Ländern in strikteren Werberichtlinien mündeten. In Bezug auf den Jugendschutz wird die Werbung in Deutschland durch den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag beschränkt. Unter Übernahme der Regelung in der Richtlinie 89/552/EWG (Fernsehrichtlinie) dürfen alle Angebote in Telemedien (Teledienste und Mediendienste) und im Rundfunk nicht:

  1. direkte Kaufappelle an Kinder oder Jugendliche enthalten, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen,
  2. Kinder und Jugendliche unmittelbar auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Waren oder Dienstleistungen zu bewegen, oder
  3. das besondere Vertrauen ausnutzen, das Kinder oder Jugendliche zu Eltern, Lehrern und anderen Vertrauenspersonen haben.

Trotz dieser Vorgaben wird der durch Pester Power generierte Umsatz in Deutschland auf etwa 70 Mrd. EUR jährlich geschätzt.[7]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Denise Heseler, Robin Iltzsche, Olivier Rojon, Jonas Rüppel, Tom David Uhlig: Perspektiven kritischer Psychologie und qualitativer Forschung: Zur Unberechenbarkeit des Subjekts. Springer-Verlag, 2016, ISBN 978-3-658-14020-5, S. 213 (google.com).
  2. a b Laura McDermott, Terry O’Sullivan, Martine Stead, and Gerard Hastings: International food advertising, pester power and its effects. In: International Journal of Advertising Vol. 25 , Iss. 4, 2006, Abstract
  3. a b c Torsten Porsch, Stephanie Pieschl (Hrsg): Neue Medien und deren Schatten: Mediennutzung, Medienwirkung und Medienkompetenz. Hogrefe Verlag, 2014, ISBN 978-3801724795
  4. a b c d Stephanie Theresa Bartomioli: Kinder als Zielgruppe von Werbung: Eine sozialethische Analyse. Diplomica Verlag, 2015, ISBN 978-3959347204, S. 29-33
  5. a b Johns Hopkins University Bloomberg School of Public Health. The nag factor: How do children convince their parents to buy unhealthy foods?. ScienceDaily, 16. August 2011.
  6. a b c d D. Buckingham, V. Tingstad (Hrsg.): Childhood and Consumer Culture (Studies in Childhood and Youth). Palgrave Macmillan, 2010, ISBN 978-1349309788, S. 20-21
  7. Denise Heseler, Robin Iltzsche, Olivier Rojon, Jonas Rüppel, Tom David Uhlig: Perspektiven kritischer Psychologie und qualitativer Forschung: Zur Unberechenbarkeit des Subjekts. Springer, 2017, ISBN 978-3-658-14019-9, S. 213.